Kurz zum Absatz mit der „Dunkelziffer“.
Ich bin da, so wie Du, unsicher, ob sich der auf Vlesk bezieht, oder auf andere Betroffene mit anderen Tätern.
Auch andere Passagen des Textes sind für mich nicht eindeutig beschrieben, so dass ich unsicher bin, was sie nun genau bedeuten sollen.
Das soll kein Vorwurf an Farbenfuchs sein. Sich das von der Seele zu schreiben, muss unfassbar schwer gewesen sein.
Es sollte aber dazu führen, dass die Spekulationen und Auslegungen ihrer Worte entsprechend zurückhaltend erfolgen, oder bestenfalls gar nicht.
Das ist natürlich heutzutage im Internet und speziell auf Twitter ein frommer Wunsch, der sich nicht erfüllt.
Ich finde das nimmt eine besondere Problematik an, wenn aus ihren Worten geschlossen wird, dass Vlesk sie vergewaltigt hätte, wenn sie damals nicht die Grenze gezogen hätte. Viel mehr aber noch, wenn geschlossen wird, er hätte tatsächlich eine Freundin von ihr vergewaltigt.
Ja, so kann man ihre Worte interpretieren, aber bei solch massiven Anschuldigungen, sollte man sich nicht auf Interpretationen stützen.
Generell fällt mir die Bewertung unfassbar schwer, weil so vieles eben auch nur angedeutet wird.
Was für mich eindeutig von ihr gesagt wird und auch nicht anders interpretierbar ist, ist folgendes:
- Vlesk hat damals mehrere Neins und damit ihre Grenzen nicht akzeptiert und sie dadurch genötigt
- Im Nachhinein dachte sie eine Entschuldigung seinerseits bezöge sich auf dieses Verhalten, es galt aber einem Lästern von ihm mit ihrem Ex über sie
- Erst später hat er nach seiner Aussage verstanden, wie sie es damals empfand. Bis dahin ging er, wieder nach seiner Aussage, von Einvernehmlichkeit aus
- Nun wollte er sich dem Stellen, mit ihr das Ganze aufarbeiten, seine Schuld annehmen und sich bessern, was ihr glaubhaft erschien
- Sie selbst konnte allerdings nicht damit abschließen und seine Beteuerungen erschienen ihr in dem Moment als falsch und unehrlich, als sie von ähnlichen, aber noch schlimmeren Erfahrungen einer Freundin mit ihm erfuhr
- Die Belastung wurde für sie nicht weniger und auch wenn er auf sie den Eindruck machte, nun wirklich alles richtig und gut machen zu wollen, tat es ihr teilweise noch mehr weh und sie hat nun den Schritt an die Öffentlichkeit gehen müssen, um diese Spirale der Belastung zu durchbrechen und für sich einen neuen Umgang mit den Geschehnissen finden zu können und vielleicht dann irgendwann heilen und wirklich abschließen zu können
Für mich ist es maximal unwahrscheinlich, dass irgendetwas von dem was sie beschreibt nicht genau das ist was sie empfindet und erinnert. Zudem sehe ich die Wahrscheinlichkeit gegen Null, dass sie das Öffentlichmachen aus irgendwelchen anderen Motiven, als den von ihr beschriebenen, gewählt hat.
Für sie ist die Öffentlichkeit zunächst mal eine enorme Belastung und ein weiterer massiver Kontrollverlust, dem sie sich bewusst gestellt hat, um langfristig endlich abschließen zu können. Außerdem ist es auch in gewisser Art selbstlos, weil sie in ihrer Position anderen Betroffenen ein Vorbild sein kann.
Trotz allem sind Schlüsse wie „Vlesk ist ein Vergewaltiger“ einfach zu voreilig und auch insofern gefährlich, als dass sie jeglichen Weg eines sinnvollen Umgangs mit so einem Thema verlassen. Sie wirft ihm das nicht direkt vor und sie sagt auch, dass er das bei ihr nicht gemacht hat. Indirekt kann man verstehen, dass er es laut ihr getan hätte, bzw. bei jemand anderem getan hat. Das eine ist ein Konjunktiv, das andere die Beschreibung einer Dritten.
Fazit: Es ist gut und wichtig, dass Menschen wie sie mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit gehen. Es hilft Betroffenen und kann potentielle oder ehemalige Täter mit ihren Taten konfrontieren, die sie vielleicht nie so gesehen haben. Es kann auch Auslöser einer allgemeinen wichtigen Debatte zu diesem Thema sein.
Eine Bewertung ihrer Erfahrungen und vor allem der Erfahrungen dritter Person lässt es aber nur bedingt zu. Vor allem weil es 7 Jahre her ist und man bisher nur ihre Seite kennt.
Das sollte ihre Aussagen nicht in Zweifel ziehen, aber es ist dann besser sich einfach nur solidarisch mit ihr zu zeigen. Das ist möglich, ohne dem vermeintlichen Täter direkt Anklage, Gerichtsprozess und Urteil in einem zu präsentieren.