Twitch und YouTube -Streamer in der Öffentlichkeit

Ich muss ehrlich sagen, ich find das gerade in der Streaming- und YouTubeszene fast unmöglich zu trennen.
Hier gibts schließlich kein eigenständiges Werk, dass man losgelöst betrachten und sich aneignen kann. Hier werden die Person und die Inhalte automatisch direkt bewertet.
Hier schaut man im Grunde einer (mehr oder weniger) Privatperson bei irgendwelchen Aktivitäten(ob das jetzt Videospiele spielen, irgendwelche RealLife Geschichten oder auch Podcasts sind) zu, die sich selbst ihr eigenes Sendebedürfis so zurechtlegt und eben einfach in den meisten Fällen einfach drauf los quasselt.
Da gibt es null Korrektiv. Seis jetzt in konkreter Form einer Redaktion, einer wirklichen Auseinandersetzung mit Themen, oder in abstrakter Form eben ein Korrektiv durch die Künstlichkeit eines Werkes oder einer Rolle, einer bewussten Auseinandersetzung mit dem Auftrezen und den Inhalten.
Dieses direkte und aus dem Bauch heraus agieren mag im ersten Moment cool und lässig klingen, „ist doch gut, wenn die Leute einfach so reden, wie sie sind. Ist ja nicht so gemeint, und wenn mal was nicht stimmt ist auch egal - wer weiß schon alles?“, aber ich halte das für ein Problem. Fehlende Distanz und Reflexion zu den eigenen Inhalten, zur eigenen Oberfläche und nicht zuletzt zum eigenen Publikum.
Das „Kumpelhafte“ wird hier einfach zum Verhängnis. Nicht nur für die Zuschauer:innen, sondern auch für die Akteur:innen selbst.

Ich entschuldige mich schon im Voraus für dieses platte Beispiel, mir fällt grad nix besseres ein, aber wenn Jonathan Meese in einer Performance den Hitlergruß macht ist das einfach automatisch was anderes (und erfährt über den Kontext aus der Arbeit heraus und allgemein über den kulturellen Kontext, in dem das Stattfindet eine Einordnun), als wenn das eine x-beliebiger Streamer:in im Stream macht.
Egal wie ironisch oder ernsthaft die Geste schlussendlich gemeint ist.

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Nur, je nach STreamer ist das ganze für die doch auch eine Performance.

Wenn ein Ede über Fahrradfahrer abrantet wette ich, dass er das genauso macht, wie wenn ich mich mit Freunden mal über was auskotze und dabei gewollt und wissentlich übertreibe, weil es in dem Moment Spaß macht und auch jedem klar ist dass ich übertreibe.

Ich bin selbst ein ziemlich zynischer und auch sarkastischer Mensch, damit ich einen Streamer nicht mehr schauen, muss der schon richtig hartes Zeug sagen, für das der eh gebannt werden würde. ^^
Mir würde es auch viel mehr auf die Nerven gehen, wenn der Streamer mir seine Moral oder Politik predigen würde, als wenn er unangebrachte Witze machen würde.
Insgesamt schaue ich aber echt nur wenige Streamer und Youtuber.

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Bei Streamern ist es doch gerade nicht jedem klar, dass das Spaß ist. Lies mal den Po(r)n-Thread quer, wie oft sich da gefragt wurde, ob Etienne wirklich so wenig Allgemeinwissen hat.

Kommt echt darauf an was für Sachen der/die Streamer droppt und wie oft etc., denn wie schon angemerkt wurde ist ein Streamer ja kein Einzelwerk ala Filme, wo ich heute immer noch Problemlos ein „American Beauty“ gucken kann, mir aber nix neues von Spacy ansehen würde.

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Das ist schon richtig, und ich glaube auch, dass diejenigen, die sich in einem klar performativen Moment bewegen, sich damit leichter tun. Eine Milschbaum beispielsweise, bietet diesbezüglich wenig angriffsfläche. Was nicht heißt, dass alle so klar artifiziell mit ihrem Auftritt in der Öffentlichkeit umgehen müssen.

Außerden hab ich den Eindruck, dass die Streamingszene, wenn. auch nicht mehr so arg jung, aber noch zu jung ist, um hier eine eigene Sprache, einen eigenen Kontext, einen eigenen Raum, wenn man so will, um einen Umgang mit verschiedenen Arten von Performance, um Kunstfiguren, um die „Oberfläche Sendungsbedürfnis“ zu verhandeln, wirklich entwickelt zu haben.

Bei Personen wie Ede sehe ich viele verschiedene Baustellen. Zum einen sieht er sich selbst schnell als Comedian, als Performer, aber wird vom Publikum nicht so gesehen, weil er nur in der Behauptung stecken bleibt und im nächsten Moment eben dieses kumpelige ausgekotze bedient und betont, dass man ihm doch nicht jedes Wort im Mund umdrehen solle, weil er einfach ein Typ ist, der Videospiele mag und sich auch mal über Fahrradfahrer und Kassierer auslässt.
Nicht falsch verstehen, ich kann das schon einordnen und ich glaube auch nicht, dass alle seine Kritiker:innen alles ernst nehmen, was er so von sich lässt. Auch finde ich seine Rants bisweilen auch unterhaltsam, aber ich sehe da durchaus eine Dissonanz in den verschiedenen Rollen, die er abbilden und erfüllen will.
Er ist weder der unerreichbare Star, noch der Kumpel von nebenan, der Hobbymäßig einen Podcast hat.
Weder der scharfzüngige Satiriker, noch der Pausenclown und schon gar nicht der seröse Gesellschaftsanalyst.

Ich hoffe, man versteht halbwegs was ich meine. Ich tippe gerade in der U-Bahn auf dem Telefon.

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ich schau Twitch nur um unterhalten zu werden. Wenn das der Fall ist kann der Streamer oder die Streamerin auch mal ab und zu irgendein scheiß erzählen/sagen. Das ist mir absolut egal :slight_smile:
Habe ja keinerlei Beziehung zu der Person

Das stimmt, ein Film, wenn es nicht gerade eine Doku ist wo XY seine Meinung zu Z sagt, ist ja immer nochmal mehr getrennt von der Person.

Wenn ein Schauspieler X in Star Wars Character Z spielt und dann rauskommt, dass er Kindesmissbrauch begangen hat, ist das scheisse, aber macht den Film nicht schlecht.

Bedingt durch die parasoziale Schiene die der großteil der STreaming Szene fährt, verschwimmt die Kunstfigur ja auch oft mit der echten Person.

Sprich da wird auf der einen seite mit Absicht komplett übertrieben „verdammte Fahrradfahrer sollte man alle umrammen“, aber wenn es dann um ERziehunggeht , werden eventuell doch echte STories ausgepackt , oder wenn ein Ede von dem einen Nachbarn erzählt, der ja glaub auch eine echte Person ist die man kennt (hab den namen vergessen)

Das ist teils eine wirklich ungesunde Verschmelzung von Show und Realität.

Bei LEuten die Im Fernsehen auftreten, ist eben klar, dass es viel kalkulierter ist und wenn ein Atze Schröder, ein Kaya Yanar, oder auch ein Michael Mittermeier eine Story erzählen über die Kinder auf dem Rücksitz, kann es eventuell sein dass es im weitesten Sinne auf einer echten Sache beruht, aber kann auch genauso sein dass die echte Person gar keine Kinder hat.

Einfach weil bie Mittermeier, Yana, und Atze Schröder keiner glaubt, da jetzt etwas „echtes“ erzählt zu bekommen, sondern klar ist dass man einen Auftritt sieht, eine Performance

Absolut.

Andererseits gibt es wahrlich genug Leute, die sich früher angesichts eines Serdar Somuncu oder heute angesichts einer Lisa Eckhart in der Glotze oder auf der Bühne vor Empörung fast zu Tode schnappatmen, eben weil sie die Kunstfigur, die Performance, die Provokation, gerade um damit eben auch die Verlogenheit des ach so aufgeklärten Publikums herauszukitzeln, nicht verstehen bzw. nicht verstehen wollen.

Da braucht man die Niederungen des Parasozialen gar nicht zu bemühen, um Sensibelchen ganz dolle Aua zu machen. Alles schreit „Achtung, Kleinkunst! Die Darbietung enthält kalkulierte Provokation!“, aber einige Zuschauer denken trotzdem: „Boah, das hat X echt gesagt! Nazi!“

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Ich glaube in meinem Fall ist zeitlicher Abstand nicht so hilfreich. Zumal Streamer oder „Content Creatoren“ ja auch in größeren Gruppen oder Shows auftreten, und ich will mir auch keine an sich coole Show vermiesen lassen, weil eine Person teilnimmt, die manchmal mit doofen oder verrückten Aussagen auffällt.

Damit struggle ich seit 'ner Weile. Einerseits finde ich die Personen sehr sympathisch und unterhaltsam, aber dann kommt immer mal wieder so ein Moment wo ich mir denke „come on ey, das ist doch scheiße und gemein“. Aber ich bin auch ein Mensch, der immer wieder Chancen geben will und sich nicht nur auf das Negative konzentrieren will, wenn es ja auch viel positives an der Person gibt. Aber es kommt immer wieder vor, wo ich einfach wegschalten muss, weils mir zu unangenehm wird.

Ja, das stimmt. Das ist dann der Unterschied zwischen Filmemachern/Musikern und Streamern. Streamer sind Menschen, mit denen ich gewissermaßen digital abhänge und deswegen ist der Maßstab da auch viel höher als bei einem Musiker, der privat ein schlechter Mensch ist aber tolle Musik macht.

Danke auch an die anderen Leute für die Antworten, auch wenn sich das Problem für mich nicht gelöst hat war es hilfreich unterschiedliche Ansichten zu lesen!

Geht aber manchmal leider nicht anders. Dafür ist ja RBTV ein ziemlich gutes Beispiel. Und da kommts bei mir auch hin und wieder mal vor, dass mir eine Bohne quasi zum Hals raushängt.

Wenn ich merke, ich bin davon dann zunehmend genervt beim gucken, dann beisse ich lieber in den sauren Apfel und meide für eine gewisse Zeit Formate mit der Person, als mich selbst damit zu quälen.

Ein paar Wochen Abstand können da teilweise Wunder bewirken, kanns nur empfehlen. Bisher hab ich dann auch immer gut nen Weg zurückgefunden und gerade wenn es so Runden mit mehreren Leuten sind, fällt das ja nicht so ins Gewicht, wenn eine Person dann vielleicht mal was sagt, was mir nicht so gefällt.

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Es kommen ja weitere Ebenen hinzu. Einzelne Aussagen, Bits oder whatever finde ich völlig unproblematisch. Wenn eine Kunstfigur jedoch anfängt, sich mit wiederkehrenden Inhalten einer problematischen Zielgruppe anzubiedern, sehe auch ich das kritisch.

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Manche Kunstfiguren sind aber auch sehr subversiv angelegt, wirken z. B. wie der Parade-Hassredner - z. B. Somuncus groteske Hasstiraden auf der Bühne -, die aber gerade dadurch entlarvend sind. Zumal jemand wie Somuncu in seiner Bühnenfigur auch wirklich jedem vor den Koffer scheißt. Habe ich eine selektive Wahrnehmung, sehe ich in seiner „Hassias“-Kunstfigur aber nur, was ich sehen will, z. B. den Parade-Nazi, den er mit seiner „Mein Kampf“-Bühnentour ja als Hitler-Performer schon früher ins Gehirn vieler Leute gedämmert hat. Sein Bühnen-Hitler war aber damals schon durchbrochen von gegenläufigen Bühnenmomenten, der den „Nazissimus“ konterkariert und ihn - zudammen mit seinen Anhängern - der völligen Lächerlichkeit preisgeben.

Sicherlich. Aber gerade somuncu kann ich leider nicht mehr gutheißen. Das liegt jedoch weniger an seiner Kunstfigur als an den zahlreichen fragwürdigen Auftritten in noch fragwürdigeren Medien.
Nuhr wär so ein Beispiel, der natürlich als Kunstfigur im Fernsehen auftritt, allerdings offensichtlich ein bestimmtes Klientel mit seinen Witzen über ricarda lang, greta thunberg und anderen Personen des grünen Spektrums bedient. Da schalte ich dann gern ab.
Jeder Witz für sich völlig legitim. Die Ausrichtung des Programms ist für mich jedoch problematisch im gesamtgesellschaftlichen Kontext.

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Anderes Beispiel: Sarah Bosetti wiederum biedert sich mit ihren Inhalten auch einem bestimmten Klientel an - und beweist dabei auch keinesfalls reine Menschenfreundlichkeit (z. B. der „Blinddarm der Gesellschaft“ war wirklich eine ganz üble Entgleisung, was auch immer man von den von ihr unter diesem Ausspruch Subsumierten halten mag), obwohl sie im Namen dieser spricht.

Ich denke, dass diese ersehnte oder vorgestelllte Unparteilichkeit schlichtweg eine Illusion ist. Die, die einem sympathischer sind, kommen einfach bei einem persönlich besser weg. Man hält den eigenen Champion natürlich für based - übersieht dabei aber gerne seinen eigenen bias.

Und bei Streamern und Influencern ist es halt auch nicht anders. Ich halte es da mit Solschenizyn: „Die Linie, die Gut und Böse trennt, verläuft nicht zwischen Staaten, nicht zwischen Klassen und Parteien, sondern quer durch jedes Menschenherz.“ (Sogar durch die Blutpumpen von Shurjoka und KuchenTV.)

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Man sollte jedoch auch einer Kunstfigur, Comedian etc. nicht die absolute Freisprechung geben, sie von jeglicher Kritik freisprechen und meinen, dass diese immer nur den Spiegel der Gesellschaft vorhalten oder sonst etwas mit der Provokation bewirken möchten. Niemand ist unfehlbar.

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Wer wünscht denn Unparteilichkeit? Ich will nur keinen Menschen zuschauen, die sich willentlich bei besorgten Bürgern und AfD anbiedern.

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Ich kenne z. B. den aktuellen Dieter Nuhr zu wenig, um wirklich gut begründet entscheiden zu können, wie eindeutig er ein Steigbügelhalter der AfD ist.