Über Religion

In einer katholischen Gemeinde in meinem Wohnort wurden in den vergangenen Wochen immer wieder Regenbogenfahnen und -plakate (mit dem Statement: Jeder ist Willkommen) entwendet. Die Gemeinde fühlt sich in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt. Auf einen offenen Brief bzw. Gesprächsangebote sind die Unbekannten nicht eingegangen, sodass nun Anzeige gegen Unbekannt erstattet wird.

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Und genau wegen so was sollten alle Bildungseinrichtungen streng laizistisch sein. Ich bin so froh, dass meine Eltern Atheisten sind und ich von religiöser Indoktrinierung verschohnt geblieben bin.

Zählen diese Zentren aus dem Beitrag denn offiziell als solche? Es hält dich in diesem Land ja auch niemand davon ab, einen Verein zu gründen und darin Grillkurse für Rechtsextremisten anzubieten.

Im Übrigen glaube ich, dass unser System in Deutschland mit öffentlichen und privaten Schulen (bzw. solchen in religiöser Trägerschaft) an und für sich ganz gut ist, da sich so verschiedene Konzepte gegenseitig befruchten können. Momentan leben wir in einer Zeit, in der weite Teile der Bevölkerung dem Staat ein weit größeres Vertrauen entgegen bringen als den Religionsgemeinschaften. Das kann aber durchaus kippen (die entsprechende Gesetzgebung stammt aus der Nachkriegszeit, wo dieses Verhältnis genau umgekehrt war). Wenn z. B. (was ich nicht hoffe) die AfD irgendwann in meinem Bundesland das Kultusministerium stellen sollte, wäre ich froh, mich staatlicher Indoktrination entziehen zu können. Und an und für sich gilt - unabhängig vom (a)religiösen Status der Einrichtung - das Überwältigungsverbot und positive wie negative Religionsfreiheit. Ich darf als lehrende Person niemanden gegen seinen Willen zu einem religiösen Bekenntnis zwingen und muss seine Religion(slosigkeit) akzeptieren, ohne dass daraus irgendwelche Nachteile erwachsen.

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Aber haben wir nicht das Problem nicht bald schon wieder mit der DITIB, die dann in NRW unterrichtet.

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Ich bezog mich mit meiner Aussage schon auf normale Bildungseinrichtungen. Grundschule, Uni und so. Bzw. Erziehungseinrichtungen wäre genauer, denn Kindergarten und Hort sollte auch streng frei von Religion sein. Ich finde es ein absolutes Unding, dass es kirchliche Träger geben darf. Ich bin auch strikt gegen jegliche religiösen Symbole in Schulen, egal ob Kreuz, Kopftuch oder Kippa. Die Trennung von Religion und Staat ist für mich persönlich das wichtigste Gut. Und ich sehe leider, dass diese Gut in den letzten Jahren immer mehr aufgeweicht wird.

Dein Beispiel mit staatlicher Indoktrination finde ich nebenbei ziemlichen Quatsch. Der Unterschied ist, dass 1) Religion immer indoktrinierend und immer entmündigend ist (wohingegen es der Staat nicht sein muss) und 2) Kirchen historisch betrachtet noch nie eine Instanz wirklich freier Entfaltung von Gedanken waren. Das ganze Konzept von Religion basiert darauf, dass man die Autorität einer (oder mehrerer) Gottheit akzeptiert, deren Existenz nicht bewiesen wurde.

Wenn alle um einen herum das Tischgebet sprechen und nur man selber nicht, dann ist das schon ein Nachteil, da es einem das Gefühl von gesellschaftlicher Ausgrenzung gibt. Das Überwältigungsverbot greift das viel zu kurz, weil es vollkommen ignoriert, dass eine Beeinflussung meistens nicht offensiv stattfindet, sondern unterbewusst und schleichend. Gerade bei jungen Menschen ist das äußerst perfide, weil diese sich nicht nur nicht dagegen wehren können, sondern auch später im Leben wahrscheinlich nie darüber reflektieren werden, da sie es als einen normalen Teil ihrer Kindheit wahrgenommen haben.

Ein Kumpel von mir meinte Mal, dass man jegliche Religion ab 18 machen sollte. Fand ich ehrlich gesagt ziemlich gut. Würde auch das Problem von Kindesmissbrauch endgültig lösen.

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Also ich hätte keinen Bock, dass irgendwelche Atheisten meine Kinder indoktrinieren. Mein Kind soll sich frei entfalten können und dazu gehört meines Erachtens auch, dass mein Kind seine eigene und andere Religionen kennen lernt und jederzeit die Möglichkeit hat, sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Und diese Möglichkeit nehme ich meinem Kind, wenn ich ihm Religion als theoretischen Gegenstand verkaufe.

Kannst du das näher erläutern, warum der Staat in dieser Hinsicht nicht indoktrinierend ist (oder sein muss)? Wenn du die Grundwerte dieses Staates teilst, dürftest du keine Probleme haben, deine Kinder in eine staatliche Kita zu geben. Wenn du sie nicht teilst, vermutlich schon (sieht man ja z. B. an den ganzen Impfgegnern, die sich wegen der Impfpflicht in den Kitas weigern, ihre Kinder dorthin zu geben). Das ist auch eine Form der „Indoktrination“ - die mag man für sinnvoll erachten oder nicht (ich finde sie hochgradig sinnvoll), aber auch bei staatlichen Bildungseinrichtungen wird mit Zwang gearbeitet (niemand fragt dich, ob du zur Schule gehen willst oder nicht, welche Fächer du belegen möchtest, welche Lehrer:innen du haben willst…).

Praktisch alle landeskirchlich-evangelischen Privatschulen in diesem Land arbeiten kompetenzorientiert und reformpädagogisch. Bei den anderen religiösen Bildungseinrichtungen bin ich nicht im Bilde.

Und ich werde nicht müde zu betonen, dass das zu kurz gegriffen ist. Wenn mir jemand sagen würde: „Hey, ich glaube an etwas, das ich nicht beweisen kann“, würde ich wahrscheinlich auch nicht sagen: „Hey, cool, da mach ich mit!“

Deswegen darfst du als Lehrkraft z. B. auch nicht mit deinen Schüler:innen beten, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, sich auszuklinken. Der Fall, den du beschreibst, ist verboten.

Dann lieber Shinchonji oder was? :cluelesseddy:

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Stimmt, kann ja nicht angehn das irgendwer den Christen in Deutschland das Monopol auf Indoktrination streitig macht.

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Ein Monopol haben wir darauf sicher nicht. Aber mir ist schon dran gelegen, dass mein Kind grundsätzlich weiß, worin die Stärken und Schwächen des christlichen Glaubens liegen und dass es weiß, dass es andere Weisen gibt, die Welt und sich selbst zu deuten und zu verstehen, die gleichwertig neben den eigenen stehen.

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Oh the irony :joy:

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Wieso? Ich dachte, indoktrinieren machen immer die anderen?

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Religion an sich sollte schon Thema in den verschiedenen Bildungseinrichtungen sein. Ich denk, darauf können wir uns einigen. Was allerdings ein absoluties Nogo sein sollte (was aber leider die Realität ist), ist konfessioneller Religionsunterricht, in welchem entweder nur die „eigene“ Religion beigebracht wird, oder „andere“ Religionen aus Sicht der „eigenen“ präsentiert wird. Das ist, als würde man z.B. Geschichte allein aus einer marxistisch-leninistischen Perspektive präsentieren.

Erstens wissen das die wenigsten und zweitens gibt es genügend soziale Mechanismen (insb. Machtposition der lehrenden Person), die da dennoch wirken können, egal ob verboten oder nicht.

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Oder Religion allein aus einer atheistischen Perspektive, stimmt.

Im Übrigen wüsste ich gerne, was ihr alle für einen Religionsunterricht erlebt habt, dass solche Aussagen entstehen. Ich erinnere mich sehr viel mehr daran, dass andere Religionen thematisiert wurden (Islam, Buddhismus, Katholizismus, Satanismus, Religionskritik nach Marx, Nietzsche und Feuerbach), als dezidiert „evangelische“ Inhalte. Und wenn, dann waren die eher historischer Natur rund um Martin Luther und hätten in der Form auch ohne Weiteres im Geschichtsunterricht laufen können.

Jede lehrende Person weiß das - oder sollte es wissen.

…was nach meiner Erfahrung aber nichts dezidiert mit dem Religionsunterricht zu tun hat und in anderen Fächern genauso passiert. Und dann diskutieren wir auch auf der Ebene, ob einzelne Lehrkräfte gemeint sind und verlassen die Ebene der allgemeingültigen Rahmensetzung.

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Bei uns quasi gar nicht stattgefunden.

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Wie wars denn bei euch?

Wozu Kita Kinder aber noch gar nicht in der Lage sind und selbst in der Grundschule sind erst in den höheren Klasse Kinder dazu in der Lage das Konzept Religion in seiner Gesamtheit zu Begreifen.

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Religion sollte aus genau einer Perspektive unterrichtet werden, nämlich der wissenschaftlich-pädagogischen, so wie JEDES andere Fach auch.

Zu deiner Frage: Mein Religionsunterricht hat aus folgenden Dingen bestanden:

  • Bibel lesen
  • Gebete auswendig lernen
  • Vermittelt bekommen, dass dieses und jenes eine Sünde ist (und ja, da waren so Dinge wie Homosexualität, Sex vor der Ehe u.ä. Zeugs dabei)
  • Lieder (mit teils sehr fragwürdigen Texten) singen
  • Betrachtung anderer Religion aus der katholischen Perspektive, was immer auf sowas rausgelaufen ist wie: „warum >>unser<< Glaube der richtige ist“

Und wir wissen beide, dass sich nicht jede Person in einer Machtposition (die nun mal eine lehrende Person inne hat) an alle Gesetze hält, insbesondere wenn nach der Maxime gegangen wird „wo kein Kläger, da kein Richter“.

Meine Erfahrung als LEHRER und SCHÜLER sagt das genaue Gegenteil. Es sind bisher IMMER die Religionslehrenden gewesen, die indoktriniert haben, nie die Geschichte-, Mathe-, oder Biolehrer*innen. Denn all die arbeiten stets nach wissenschaftlich-pädagogischen Prinzipien, Religionslehrende eben kaum. Dass es Lehrende in anderen Fächern gibt, die genauso Scheiße bauen, das ist klar (ich denke da besonders an meine Volksschullehrerin und an meine GwK-Lehrerin in der Oberstufe), aber indoktriniert hat da niemand.

Weißt du, wo wir diese Dinge richtig (im Sinne von wissenschaftlich-pädagogisch) besprochen haben? In Philosophie.

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:point_up:

Bei uns war es im Grunde eins zu eins Ethik Unterricht, nur das wir noch zusätzlich in der Bibel gelesen haben… Über nicht abrahamitische Religionen haben wir gar nichts gelernt.

In der Grundschule kann ich mich an das Nacherzählen von Bibel-Geschichten erinnern. Das waren so Comic-Strips mit 6 Bildern, die eine Geschichte erzählt hat. War eher langweilig und hatte, meines Wissens nach, nicht viel mit Indoktrination zu tun.
Als ich konfirmiert werden sollte, hat meine Mum mich quasi gezwungen. Heute trage ich zufällig mein Kirchentags-Shirt. Man kann mich also als parteilich bezeichnen.

In der späten Mittelstufe war es auch sehr Ethik-Lastig, dazu noch ein paar verschiedene Schöpfungs-Mythen (Gilgamesch fällt mir da grade spontan ein). Meine Lehrerin damals war auch Biologie-Lehrerin. In der Oberstufe war es dann sehr viel Interpretation und „Wie sieht Jesus eigentlich im Islam aus“ und ähnliches. Fokus war hier auf jeden Fall ziemlich Abrahamistisch, wenn ich mich richtig erinnere. Meinen Abi-Aufsatz in Religion habe ich mit der These „Die Bibel ist quasi wie Herr der Ringe oder Moby Dick“ geschrieben. Grundthese ist quasi, dass man Moral und Überzeugungen sowohl aus religiösen Texten, als auch aus Fiktionalen Geschichten beziehen kann (eine Überzeugung, die ich bis heute teile!)

Können wir alle der Basis-Meinung „schlechter Religions-Unterricht ist schlecht!“ zustimmen?

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Also ich weiß von meiner damaligen BFF das die im Religionsunterricht Katholische und Protestantische Lehre hatten, ne bissel Judentum und der Rest war Bibelverse Vorgestellt und Bilder ausgemalt.

Was du beschreibst hatten wir in Ethik, Sozialkunde und später noch als Wahlfach Sozialwesen.