Ich habe einen Religionsunterricht erlebt, der ähnlich aussah wie du ihn beschreibst: Wenn es um die Bibel ging, dann war eher die Frage relevant, wie diese aus historischer Sicht entstanden ist und welche Folgen bestimmte Bibelstellen in den verschiedenen Zeiten hatten. Ansonsten war es eine Mischung aus Ethik-, Geschichtsunterricht und Gesellschafts- und Sozialkunde.
Andere Religionen wurden ebenfalls durchgenommen, dafür hat unser damaliger Lehrer zwei oder drei Schulstunden das Feld geräumt und hat z.B. einen Rabbi den Unterricht machen lassen.
Im Gymnasium hatte ich vier (?) Reli-Lehrer (2 Pfarrer, 2 Lehrer), bei allen war der Unterricht OK bis interessant. Vielleicht gibt es da auch regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern, Schule ist ja Ländersache?
Deiner Aussage muss ich in dieser Absolutheit vehement widersprechen!
Ich kann mich noch lebhaft an einen Geschichtslehrer erinnern, dem man seine politische Meinung stark angemerkt hat. Selbst wir als Achtklässler haben kapiert, dass er nicht gerade der linken Fraktion angehört hat… um es mal gaaaanz vorsichtig auszudrücken.
Und wenn du sagst, dass wissenschaftliche Fächer wie Biologie nur ebenso unterrichtet werden: Nö. Eine Lehrerin von mir verströmte massiv ihre alternative Haltung und ließ ihre Meinung zu Homöopathie, alternativen Heilmethoden und seltsamen Schwurbeleien zu Mondschein öfters in ihren Unterricht einfließen.
Klar möchte ich hier hervorheben: Wir beide schildern nur Einzelfälle! Deine Aussage in der Absolutheit kann ich jedoch nicht so stehen lassen.
Deine Beispiele zeigen, dass Lehrende ihre Meinung zu Themen äußern, nicht aber dass sie indoktrinieren. Oder haben sie SuS in ieiner Form benachteiligt, unterdrückt, manipuliert, o.ä.?
Das ist doch ein Widerspruch in sich, wie soll es sich frei entfalten können wenn du ihm vorlebstvan was es zu glauben hat bzw was seine Religion ist?
Wüsste nicht wie du ihm was dadurch nimmst. Ob es für das Kind echt ist oder nicht, kann es ja immer noch selbst entscheiden, aber du triffst hier ja schon eine Vorauswahl was echt sein soll und was nicht.
Ich finde es ja interessant dass du einmal meintest ohne Religion wärst du vermutlich ein schlechterer Mensch da dich die Angst vor deinem Gott dazu bringt nett und hilfsbereit zu sein, hier aber scheinbar Angst bzw Abneigung gegenüber Menschen hast die ganz von sich aus und ohne Zwang hilfsbereit und sozial sind/sein können.
Definitiv ja! Angefangen davon, dass sie bestimmte Themen -obwohl im Lehrplan vorgesehen- gar nicht durchgenommen haben, bis hin zu echten Falschdarstellungen und Unwahrheiten bezüglich dem Dritten Reich (weswegen dieser Lehrer dann auch zwei Jahre nach uns in den nicht schulischen Dienst versetzt wurde).
Nochmal: Alles nur Einzelfälle, aber die Aussage „Religion Scheiße - Wissenschaft Super“ ist einfach zu kurz gedacht.
(Mir ist durchaus bewusst, dass mein letzter Satz in seiner Vereinfachung bei dir Widerworte ernten wird. Dazu nur: q.e.d. )
Meiner Meinung nach, sollte Religion in der Kita/Kindergarten und in der Grundschule nicht stattfinden. Gib den Kids Zeit bis sie alt genug sind um das Konstrukt Glaube, auch ausreichend hinterfragen zu können.
Hättest du auch was dagegen wenn deinem Kind „Flache Erde“, „Aliens bauten die Pyramiden“ oder sonstige Verschörungstheorien als real beigebracht würden von Lehrpersonal ?
Das sind eben auch völlig unhaltbare Theorien genauso wie das ein Typ das Meer gespalten hat mit Gottes Hilfe, etc.
„seine eigene“ damit sagst du ja bereits welche Religion DU für dein Kind ausgewählt hast, und wenn man religion nicht nur als theorie betrachtet am Anfang, kann man ja schlecht das kind „erfahren“ lassen.
Wie stellst du dir das vor ?
1 Woche Islam, wo dann erstmal ja gesagt wird, was eigentlich allen Apostathen laut Koran blüht ?
Dann 1 woche Buddhismus
Dann 1 Woche Christentum (und welche Strömung bitte ? 1 mal later day saints zb?)
Ok, meine absolute Wortwahl war wohl falsch gewählt. Mir ist durchaus bewusst, dass es manche Religionslehrende gibt, die einen ordentlichen Unterricht abhalten. Das ist aber leider eindeutig nicht die Regel und durch die Aufmachung als konfessioneller Unterricht auch nur erschwert möglich, einfach weil man per definitio in eine Sichtweise gedrängt wird.
Dasss deine Lehrenden hier Lehrpläne einfach über den Haufen werfen, ist per se furchtbar und widerlich und gehört eigentlich noch weit stärker sanktioniert. Dies ist aber eben ein individuelles Problem und nicht wie beim konfessionellen Religionsunterricht ein systemisches.
Auch wenn man den Religionsunterricht (in welcher Form auch immer) konfessionsfrei macht, wird es dennoch Trotteln geben, die zu Indoktrination neigen. Diese gehören aber rausgefiltert und vom Unterricht entfernt.
Ich verstehe die Argumentation, dass Kinder „unbeeinflusst“ aufwachsen sollen. Aber geht das überhaupt? Den größten Einfluss hat (bis zu einem gewissen Alter) unbestreitbar das Elternhaus. Wenn dort Religion praktiziert wird, dann ist das für die Kinder ihr ganz normales Leben, das sich auch in der Schule widerspiegeln sollte. Eine zwanghafte Ausklammerung würde u.U. auch Nachteile mitbringen: Kinder mit extrem streng religiösem Elternhaus würden dann nie die Chance bekommen, den Glauben und die Religion aus einem anderen, gemäßigteren Blickwinkel zu sehen.
Einig sind wir uns wohl alle, dass Extreme nie gut sind. Und so halte ich den Religionsunterricht mit Schwerpunkt auf Geschichts- und Gesellschafts-Kunde für durchaus sinnvoll. Dass man im Religionsunterricht den Glauben aktiv praktiziert (Beten etc, …) halte ich für nicht sinnvoll und habe es auch nie selbst erlebt.
Weder habe ich den mir anvertrauten SuS Bibel- oder Lehrverse zum Auswendiglernen gegeben, noch habe ich sie zum Beten gezwungen, noch wollte ich, dass sie zu meiner Weltdeutung kommen und sie für die einzig richtige erachte.
Ja, als ironischen Kommentar darauf, dass ich diesen Begriff so weder im Religionsunterricht erlebt habe noch ihn bewusst praktiziert habe. Anscheinend bist du indoktriniert worden, ich aber nicht. Und jetzt bin ich Pfarrer.
Kompetenzorientierung ist unwissenschaftlich? Wenn du hier etwas anderes für „Prinzip“ einsetzen willst, haben wir hier anscheinend wirklich zwei verschiedene Welten erlebten Religionsunterrichts.
Und auch guter Religionsunterricht hat genau das zu sein.
Genau. Idealerweise bringt man ihnen auch bei, konkrete eigenständige (!) Aussagen zu Religion zu formulieren (die nicht identisch mit der der Lehrkraft sein müssen). Eigene Thesen formulieren zu können ist für ein Werturteil immer besser als eine bloße Kritik anderer Aussagen - unabhängig vom RU.
Und das würde ich als massiven Einschnitt in mein Privatleben und meine Erziehung empfinden, wenn von staatlicher Seite kontrolliert würde, dass ich meine Kinder areligiös erziehe. Und erzähle mir nicht, dass du es gut finden würdest, wenn regelmäßig das Jugendamt bei dir auf der Matte stünde, um nachzuschauen, ob keine Kreuze an den Wänden hängen. Zumal dann ja auch die Frage wäre, wo man für eine Behörde definiert, wo strafbare religiöse Erziehung anfinge.
Und um die Frage nach Wissen oder Fürwahrhalten oder „glauben an“ geht es im Religionsunterricht ja auch nicht (oder nach den Schilderungen hier besser gesagt: In gutem Religionsunterricht sollte es nicht darum gehen). Das Christentum beschäftigt sich ja auch seit dem Mittelalter nicht mehr mit Gottesbeweisen. Sondern es geht im RU um das Hinterfragen und Urteilen, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Glauben und den entsprechenden Texten aussehen kann.
Ich lebe ihm weder vor, was es zu glauben hat, noch habe ich geschrieben, dass es „meine“ Religion kennen lernen sollte. Mein Kind soll die verschiedenen Aspekte von Religion kennenlernen und zu einem eigenen Werturteil dazu in der Lage sein. Und es könnte sich meines Erachtens nicht frei entfalten, wenn ich den religiösen Zweig in ihm von vornherein abschneide.
Tue ich das? Ich hab meinem Kind nie ein „Glaub das jetzt“ vorgesetzt. Und erst Recht kein „Das ist echt“. Und werde es auch nicht tun.
Weder funktioniert mein Glaube aus Angst, noch habe ich eine Abneigung gegen diese Menschen. Wie kommst du darauf?
Ja, hätte ich was gegen und widerspricht meinen Aussagen auch nicht, weil es darum nicht im RU zu gehen hat.
Nein, damit sage ich, dass mein Kind eine eigene Form von Religiosität entwickeln soll. Das schließt die Möglichkeit, a- oder anders religiös zu sein, mit ein.
Ich bringe ihm einfach bei, kein Arschloch zu sein. Dass es unterschiedliche Menschen gibt, die unterschiedliche Sachen glauben. Und dass unsere eigene Sicht der Dinge niemals absolut ist und dass es in Ordnung ist, in solchen Dingen anderer Meinung zu sein, zumal es eh mit vielen Kindern anderer Weltanschauungen konfrontiert sein wird. Und dadurch, dass ich durch meinen Beruf auch für etwas stehe, soll es in dieser Hinsicht kompetent und auskunftsfähig sein, wenn es nach einer eigenen Meinung gefragt wird.
Nur weil etwas kompetenzorientiert ist (wobei der Begriff heutzutage gern als Label für alles verwendet wird, um modern zu wirken und oft nix mit dem Konzept von Kompetenzorientierung zu tun hat), heißt das noch lange nicht, dass hinter der Lehre irgendeine Wissenschaftlichkeit steckt.
Natürlich kann er das, wenn er eben nicht konfessionell unterrichtet wird. Wie gesagt, ich bin sehr wohl der Meinung, dass Religion im Schulunterricht behandelt werden soll, aber eben von einer neutralen, wissenschaftlich akkuraten und pädagogisch wertvollen Position aus.
Habe schon mit zig Religionslehrenden und -studierenden unterschiedlichster Konfessionen zu tun gehabt und der Großteil war aus pädagogischer wie wissenschaftlicher Sicht unter aller Sau. Stellten ihren Glauben immer wieder als das einzig Wahre dar, betrieben Othering noch und nöcher und verurteilten alles, was gegen ihre Moralvorstellungen verstieß.
Das kannst du auch sein und spricht dir sicher niemand ab. Was wer wie glaubt, ist Privatsache und geht niemand was an.
Sollte auch tatsächlich das Fach sein, was einfach eingeführt wird. Im Kern ist Religion ja nichts anderes und ein schön objektiver Philosophie-Unterricht, der unterschiedliche Denktichtungen einfach nebeneinander darstellt wäre 10 x besser als konfessioneller Religionsuntterricht.
Wenn Kinde dann unbedingt religiös gebildet werden sollen, können die Eltern sie ja nachmittags in Bibelklassen stecken.
Vielleicht war „nicht dürfen“ schlecht gewählt dafür. Irgendwelche Kontrollen oder so, am Ende mit Strafen oder was weiß ich, sind falsch und kontraproduktiv. Das wäre ja auch wieder staatliche Umerziehung.
Ich würde mir eher wünschen, dass jeder Mensch das aus eigenem Wunsch oder zumindest aus Einsicht in die Notwendigkeit tut. Das das Wunschdenken ist ist mir auch klar. Ich halte es aber trotzdem für richtig, kann damit aber falsch liegen.
Und ich würde auch keinem Erwachsenem vorschreiben, dass ein Elternteil nicht religiös sein darf. Allerdings werden Kinder immer vom Verhalten ihrer Eltern geprägt. Und in meiner Wunschvorstellung würden die Eltern dann ihre eigenen Bedürfnisse, Wünsche und religiösen Gefühle hinten an stellen und das Kind nicht durch ihre religiösen Ansichten und Handlungen beeinflussen wollen.
Ich denke auch nicht, dass meine Wunschvorstellungen realistisch sind, zumindest nicht in einer nahen Zukunft. Vielleicht nie. Religiösität gibt es ja nicht ohne Grund, es hat/hatte evolutionäre Vorsteile, zu glauben und religiös zu sein. Auch sonst hat es Vorteile zu glauben. Und es ist sehr tief in der Natur der Menschen verwurzelt.
Aber das ist vieles andere auch, was zur menschlichen Natur gehört. Und wie vieles anderes halte ich Glauben für viel zu mächtig in uns allen, hat negative Seiten und sollte deshalb nicht auch noch gefördert werden.
Aber mit Zwang erreicht man gar nicht. Und das wäre auch nicht mein Wunsch, selbst wenn es (vorübergehend) funktionieren würde. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich aus sich selbst heraus das selbe wünschen würden und es deshalb Realität werden würde.
Och, war für uns in der religionspädagogischen Ausbildung das, wo mit Abstand am meisten Wert drauf gelegt wurde, dass wir das auch ja schnallen.
Wenn du damit kirchliche Lehre meinst - die hat auch erstmal im kompetenzorientierten RU nur insoweit was zu suchen, dass man sich damit kritisch ins Verhältnis setzen und von ihr unabhängige Urteile fällen kann und darf. Sonst nicht.
Wenn sich hinter „konfessionellem RU“ das verbirgt, was du damit beschreibst, kann ich nicht anders als dir 100% zuzustimmen. Meine Ausbildung ist jedoch komplett anders verlaufen als das, was du beschreibst und persönlich kenne ich auch niemanden, der in der von dir beschriebenen Weise unterrichtet.
Da bin ich anderer Meinung. Gerade beim Thema Religion sollten wir gesellschaftlich einen differenzierten, öffentlichen und gegenseitig wertschätzenden Diskurs suchen. Ich krieg immer wieder die Krise, wenn undifferenziert von „den Muslimen“ oder „den Juden“ gesprochen wird. Ein Gefühl dafür, warum bestimmte Religionsgruppen in bestimmten Fragen wie ticken, erachte ich als eine sinnvolle Kompetenz.
Nope.
Also da hätte ich wieder Bedenken. Da bin ich eher für Sachen, die Religionsgemeinschaften und Schulen miteinander abstimmen.
Etwas, für dessen Bildung ich ihm die nötigen Kompetenzen mitgeben will.
Und weder habe ich da etwas über Angst vor Gott geschrieben, noch von der von dir benannten Angst oder Abneigung gegenüber meinen Mitmenschen.
Was sind die 10 Gebote schon anderes als ein eher mangelhaft ausgestalteter kategorischer Imperativ
Aber lassen wir das.
Für mich wird Religion immer Privatsache sein. Wenn der Staat dort schon mitmischen will, dann soll er in seinem Bikdungssystem alle Religionen gleichberechtigt nebeneinander stellen und die vor allem kritisch beleuchtet.
All deinen Bekundungen zum trotz ist die Lebensrelität der meisten Menschen wenn es um Religionsunterricht geht eine andere.
Der kategorische Imperativ regelt nicht den Geschlechtsverkehr mit dem Ochsen deines Nachbarn.
Das tut er in dieser Hinsicht auch. Es ist dann die Frage der Religionsgemeinschaften, ob sie da mitmachen wollen oder nicht. Aber konfessioneller RU ist erstmal das einzige Unterrichtsfach, auf das du grundgesetzlich verbrieft ein Anrecht hast.
Dann diskutieren wir aber wieder auf der Ebene, wie qualifiziert das Lehrpersonal ist, die Anforderungen der Kultusministerien umzusetzen. Wenn das das Problem mit konfessionellem RU ist, dann muss man den Hebel auch an der Stelle ansetzen. Denn den rechtlichen Rahmen des kompetenzorientierten RU finde ich mehr als gelungen.