Über Religion

Mit solchen Aussagen tu ich mir immer wahnsinnig schwer.
Solange der brutalste Vergewaltiger und Kinderschänder (ernsthaft) Reue und Buße zeigt, brav und ehrlich beichtet und vorallem an den richtigen Gott glaubt und anbetet, ist ein Platz im Himmelsreich frei.
Ich find das eigentlich wahnsinnig zynisch dann auch immer wieder die rätselhaften Wege Gottes auszupacken, die wir nicht begreifen können, aber der Ewige hat einen Plan und wir könnten sowieso nicht richten, denn das ewige Gericht macht man sich eh erst an der Himmelspforte aus und Vergebung wäre immer die größte und edelste Geste - oder so ähnlich.

Das ist natürlich total vereinfacht runtergebrochen, ist mir schon klar.

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Meine Mutter wurde, wie auch ihre Schwestern, von ihrem Stiefvater missbraucht. Sie meinte aber er könne nichts dafür weil sie sich ja ihr Leben ausgesucht hätte und man auch vergeben können muss.

Ihre Schwestern und ihre Brüder, die davon wissen, denken ähnlich. Für mich absolut unverständlich… Sie hat ihn dann sogar die letzten Lebensjahr gepflegt als er zum Pflegefall wurde…

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Das hat mir auch mal ein Assistent an der Uni erzählt.
Der meinte, jedes Kind würde sich aussuchen, wohin es geboren wird.

Ich find das einen ganz ekelhaften Gedanken, der einen so in eine grausige Sackgasse bringt, an der man nur aufhören kann zu denken.

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Ja, deswegen finde ich auch den Buddhismus mit dem Karma System nicht wirklich cool. Wenn dein Leben scheiße ist bist du da ja auch selbst schuld, immerhin ist es negatives Karma aus einem anderen Leben :clown_face:

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Dafür hast du unendlich viele Versuche, es einmal richtig zu machen.

Wie unfassbar mühsam - hilfe!

Es ist trotzdem Menschenverachtend. Was ich von Bekannten aus China gehört habe wird das dann als Grund genommen warum man Menschen nicht helfen braucht denen es schlecht geht. Und wenn es kleine Kinder sind.

Ich habe Menschen kennengelernt, die in ihrer Jugend schlimme Nazis waren, sich später aber zu Christus bekehrten und ihr Leben radikal verändert haben. Das ist die befreiende Kraft des Evangeliums: Egal wie schlimm du JETZT bist, du kannst jederzeit etwas ändern! Der verlorene Sohn kann zum Vater zurück.

Reue ist eine Lebenseinstellung, die Veränderung nach sich zieht. Nichts, das man eben mal tut und dann hat es sich auch wieder erledigt. Luthers erste seiner 95 Thesen: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht „Tut Buße“ usw. (Mt. 4,17), hat er gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“

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Das kann man auch ohne Religion

Wen man sich nur ändert weil man Angst hat bestraft zu werden (Hölle) dann ist das keine echte Reue sondern eine Alibi Aktion.

Und… manche Sachen können nicht vergeben werden. Trotzdem verdient es einen gewissen Respekt wenn man trotz diesem Wissen versucht einen Ausgleich zu schaffen.

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Du brauchst mir garnicht mit Bibelzitaten ankommen. Mir ist im Grunde herzlich egal, was der Herr und Meister so vermeintlich spricht bzw gesprochen hat.

Wie gesagt, wenn ein schlimmer Nazi sich wegen Religion bessert, dann bitte gerne, soll er im Club bleiben. Wahrer und realer, als einen Plazebo macht die Erzählung, dieses geläuterten Schicksals die Kraft des Evangeliums aber nicht.

Ich bin aber der festen Überzeugung, es gibt keinen positiven Effekt, keine gute Sache, die Religion hervorbringt, die nicht auch ohne Religion und Glauben erreicht werden kann und halte es vielleicht sogar für die schönere Geste, wenn das erreicht wird, ohne der Angst im Nacken, dass mir da Oben eine höhere Macht zuschaut, über mich wacht und am ende vielleicht auch noch über mich richtet.

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Aber nicht ohne eine neue Art zu denken, die das Konzept Reue in einem positiven Kontext sieht. Religion ist eine mögliche.

Das setzt zum einen voraus, dass Religion in erster Linie über Angst zu funktionieren hat, zum anderen wäre mir das auch herzlich egal, was nun letztendlich zur Reue geführt hat.

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Ich sehe bei Religion eher Angst vor Strafe als Motivation sich, angeblich, zu ändern. Das ist wie wenn ein Verbrecher vor Gericht lügt oder meint er habe zwar jemanden umgebracht, aber gestern hat er einer alten Frau über die Strasse geholfen. Finde das fast schlimmer als wenn man sich nicht ändert.

Änderung muss kommen weil man das aus eigenem Antrieb macht weil man merkt dass man was falsches gemacht hat und nicht weil man Bestrafung vermeiden will.

Wie gesagt, ich sehe es nicht als Reue wenn man es aus Angst macht oder um Bestrafung zu entgehen. Das ist sich rauswieseln.

PS:

Das ist eines der Probleme die ich mit Religion habe. Man solle gefälligst so tun als wäre man ein guter Mensch. Wirklich sein muss man es nicht, es reicht der schein.

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Nu is das in dieser Situation halt völlig absurd. Stell dir vor, du bist ein Straftäter, Neonazi, was weiß ich. Und dann sollst du dir denken: „Boah ey, jetzt Angst vor Gott kriegen!“ Wie soll das rein praktisch funktionieren?

Reue impliziert ja eben, dass du es fühlst, nicht, dass du nur so tust als ob.

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Das ist nun mal ein Thread über Religion. Hast du ein Problem damit, wenn ich religiös argumentiere?

Edit: Rechtschreibung. x)

Thats the neat part. Da man egal was man macht immer seine Sünden vergeben lassen kann braucht, muss man sich nie einschränken. Einfach danach immer bereuen und auf gehts zum nächsten verbrechen. Dazu kann es ja sein dass man vorher schon religiös ist, sich aber denkt dass einem eh alles spätestens am Totenbett vergeben wird, also warum sollte man bis dahin nicht die Sau raus lassen.

Was ein Außenstehender nie wissen wird, es reicht dass man es glaubhaft rüber bringt.

Merkste also selbst, dass Religion nicht so funktioniert, wie du behauptest, ne?

Dann machst du deinen Take zu „religiöser Reue“ ja selbst nichtig.

Ich glaube eher dass du mich nicht verstanden hast.

Weil ich nicht glaube dass es religiöse Reue gibt. Religion funktioniert über Angst.

Offensichtlich nicht:

Soviel zur Angst.

Aber ne, ernsthaft. Ein Problem damit hab ich nicht. Zumindest nicht direkt. Ich kann aber die Sinnhaftigkeit von Bibelzitaten als Argumentation schon infragestellen.
Das ist in meinen Augen nämlich schon sowas, wie eine argumentative Sackgasse.
Dass durch den Anspruch des Textes selbst (und den Anspruch des Gläubigen an den Text) an „Gott“ und „Ewig“ und „Unfehlbar“ und „Gültig“, schon sowas wie eine vermessene Idee von Absolutheit an Wahrheit innewohnt, ist finde ich in einer Argumentation und Diskussion sehr ungelenk und sowas wie eine Sackgasse.

Ja klar steht da drin, was der liebe Jesus vielleicht mal über Buße und Reue und Liebe gesagt haben soll und das ist auch nicht alles nur falsch, was da drin steht.
Aber wenn man in einer Diskussion, die Bibelzitate auspackt, auf diese Zeigt und dann die Macht des Evangeliums erklärt, weil irgendein Mensch sich die Worte zu Herzen nimmt und autosuggestiv nun sein Leben ändert, ist mir wenig geholfen.
Am Ende wird der Text vielleicht sogar auch nur aus sich selbst heraus verargumentiert und gerechtfertigt - davon hab ich genausowenig. Ja das steht halt da, und weiter?

Leben verändern, das schaffen andere Texte auch.
Einer liest Simone de Beauvoir und denkt sich, es muss was geändert werden, ein weiterer liest Herr der Ringe und findet da was darin, was ihn am Leben hält und wieder ein anderer krempelt sein Leben um, weil Helene Fischer was wunderbares gesungen hat.
Auch fein, auch okay.
Der Kraft des Evangeliums bin ich so einfach nicht näher gekommen. Nicht in der Diskussion, nicht in der Erfahrung und überhaupt.

Ich hoffe es ist halbwegs klar, was ich damit sagen will.

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Bei mir hat die Lektüre von Herr der Ringe tatsächlich mehr bewegt als die Bibel, allerdings nicht auf einer religiösen oder moralischen Ebene :sweat_smile: