Es ist mir eigentlich egal wer das Oberwasser hat. Der Spruch hat seine Gültigkeit bis heute. Es sollte eigentlich normal sein, dass die Gesetze Verfassungskonform sind und man es nicht immer darauf ankommen lassen muss, dass jemand die Bestätigung der Verfassungsgerichts einholt.
No offense, dann bist du da einfach naiv. Dass Ideologie in den Entscheidungen eine Rolle spielt ist klar ersichtlich (und in der Situation auch natürlich, ich mache den Richtern da nur bedingt einen Vorwurf).
Es geht nicht darum, dass die Richter Trumps Püppchen sind, das habe ich auch nicht behauptet. Aber halt klar konservativ, und daran ändern auch einzelne abweichende Urteile nichts.
Man sollte sich auch klar machen, dass der Supreme Court sich nicht nur damit befasst, ob Gesetze verfassungswidrig sind, sondern auch allgemein als höchste Instanz dient (anders als bei uns, wo das mit BGH und Verfassungsgericht getrennt ist). Damit hat er noch mehr Einfluss und gestaltet auch indirekt Gesetze. Und gerade da gibt es oft einfach nicht die klare juristische Antwort, sondern es kommt auf die persönliche Überzeugung an - die jetzt überwiegend konservativ ist, in einem Land mit mehrheitlich liberaler Bevölkerung.
Ach ja, und dass Abtreibung nochmal verhandelt wird, darauf kannst du Gift nehmen. Es gibt kaum ein Thema, dass für die Republikaner (zur Mobilisierung) wichtiger ist.
Kein Ding, das sehe ich wie gesagt anders und es hat sich ja schon bestätigt, dass die eingesetzten Richter von Trump keine Püppchen sind.
Ich hoffe ja nicht, dass die Richter nach dem Urteilen, was die Bevölkerung will, sondern nach dem was das Gesetz sagt, sonst wäre man schon sehr schnell bei einer ziehmlich willkürlichen Justiz angekommen. Es gibt ja nicht umsonst eine Gewaltenteilung.
Ich bin mir ziehmlich sicher, dass das Thema Abtreibung noch mal verhandelt wird, weil die Republikaner schon angekündigt haben, dass sie klagen wollen. Ich glaube halt nicht, dass der Surpreme Court das Gesetz kassiert und falls der Surpreme Court das Gesetz kassiert, wird es sicher eine Begründung geben, anhand derer die Demokraten, ein neues Gesetz das die Abtreibung erlaubt, schaffen können.
Das Problem ist, dass es eben kein „Abtreibungsgesetz“ in den USA gibt. Deswegen ist der Roe vs. Wade so wichtig dort, da mit der Entscheidung diese Frage unter dem Grundrecht auf Privatsphäre schützt und verhindert, dass die einzelnen Staaten Gesetze erlassen, die Frauen (de facto) in ihrem Recht auf Schwangerschaftsabbruch (und damit Grundrecht auf Privatsphäre) beschneidet.
Das ist allgemein (nicht nur in den USA) eine große Streitfrage - ab wann zählt etwas vom Grundrechtskatalog umfasst - und wie lange wird nur auf die Worte der Verfassung geachtet, ungeachtet wie sich die Gesellschaft änderte? In Österreich waren Verfassungsjuristen lange Anhänger der „Versteinerungstheorie“, wonach sie nur im Sinne der Worte und wie sie Kelsen gedacht hatte, interpretiert werden darf - Ruth Bader Ginsberg hatte den wichtigen Satz gesagt, dass die Verfasser der (amerikanischen) Verfassung sicher nicht an Schwarze, Frauen oder Homosexuelle dachten, als sie die Verfassung schrieben. Trotzdem genießen aber auch sie ihren Schutz.
Da hast du Recht, das habe ich leider auch grade erst erfahren. So weit ich weiß, wollen die Demokraten, wenn sie die Wahl gewinnen ein Gesetz schaffen. Was aus meiner Sicht, der beste Weg wäre.
Schwenkt euren Fokus mal weg von ACB und hin zu Kavanaugh:
Der Supreme Court (nach argumentativen Ausführungen von Kavanaugh) verbietet dem Staat Wisconsin, Wahlzettel, die nach dem 3. November bei den hiesigen Wahlämtern eintreffen, zu zählen. Das heißt bis heute oder in den nächsten 6 Tagen ausgefüllte und eingeworfene Wahlbriefe, die - aus welchen Gründen auch immer - bis zum 3. November, 20 Uhr nicht im Pool der auszuzählenden Stimmen landen, werden nicht beachtet.
Kontext:
- Die Anzahl der bis gestern angeforderten Briefwahlunterlagen liegt bei ca. 362000. Die alleine dürften in der Endabrechnung gut 22% der insgesamt abgegebenen Stimmen ausmachen.
- 2016 entschied der Oberste Gerichtshof noch, dass (bis zu 6 Tage) verspätet eingetroffene Wahlbögen in Wisconsin sehr wohl in das Ergebnis miteinzubeziehen seien. Das waren über 79000 Stimmen. Von ihnen entfielen nur rund 23000 auf Trump.
- Im April 2019 gewann ein konservativer Richter das Rennen um einen Sitz in Wisconsins oberstem Gericht mit nicht einmal 6000 Stimmen Vorsprung vor seiner demokratischen Konkurrentin.
- Biden führt in der Umfragen in Wisconsin derzeit mit 7 - 9 Punkten.
Und warum Wisconsin Key State ist/sein könnte, erklärt euch bei Bedarf der Grund, warum ich bei US-Wahlen vor allem CNN schau: John King, Statistiker und Erklärbär.
Diese schwachsinnige Regelung gibt es in anderen Staaten sogar schon seit Jahren. Dort ist es so das für die Gültigkeit der Zeitpunkt des Eintreffens zu Auszählung zählt und nciht etwa das Datum wann der Stimmzettel ausgefüllt wurde oder das Datum des Poststempels.
Lupenreine Demokratie und so
Also wenn man sich die Positionen der konservativen Richter anschaut, gibt es nur wenig Hoffnung, dass die Roe vs. Wade Entscheidung nicht gekippt wird. Mit Barret, Alito und Thomas hat man schon 3 klar erklärte Abtreibungsgegner. Dazu kommt Neil Gorsuch, der zwar noch nie über einen Abtreibungsfall entschieden hat aber ebenfalls als Abtreibungsgegner gilt und auch deswegen von Trump nominiert wurde. Und Brett Kavanaugh der ebenfalls etwas schwierig einzuschätzen ist, weil seine bisherigen Entscheidungen beide Lager nicht wirklich zufrieden gestellt hat. Aber auch hier schätze ich ihn eher als jemanden ein, der die Roe vs. Wade Entscheidung widerrufen würde. Der einzige konservative Richter von dem man hoffen kann, dass er pro Choice stimmt ist John Roberts. Also hängt es letztendlich davon ab, ob man Kavanaugh und/oder Gorsuch auf die Pro Choice Seite ziehen kann. Und das sehe ich ehrlich gesagt nicht.
Wie ist das eigentlich in Deutschland? Da gibt es doch auch eine Frist und die liegt doch nicht nach dem eigentlichen Wahltermin, oder doch?
In Deutschland muss bei der Briefwahl vom Wähler darauf geachtet werden das sein Stimmzettel rechtzeitig, heisst bis um 18 Uhr am Wahlsonntag, eintrifft um gezählt zu werden.
Das hab ich mir gedacht. Wieso ist das im Amerika jetzt so ein riesen Ding, wenn die Unterlagen, die nach der Wahl erst eintreffen nicht gezählt werden?
Oder versteh ich irgendwas falsch?
Weil wir ein funktionerendes Briefwahlsystem haben, bei dem man darauf vertrauen kann, dass es ausreicht, wenn man den Wahlzettel spätestens einen Tag davor einwirft. Das ist in Amerika halt nicht der Fall.
Weil in Amerika ein Präsident an der Macht ist der alles dafür tut um den Postale-Service zu ruinieren so dass dieser Briefe nicht mehr zuverlässig ausliefert.
In Deutschland ist das nicht der Fall.
Weil es halt einfach keine einheitliche Regelung gibt. Es gibt halt auch Staaten in denen das Datum des Briefstempels zählt und teils noch ganz wirre andere Regelungen.
Das diese Regelung ausgrechnet jetzt zur Zeit einer Pandemie während der die Post teils sowieso schon mit Überlastung (auch dank fragwürdiger Ereignisse und Neuregelungen (man erinnere sich nue an die Demontage ganzer Sortierstrecken, das Abschleppen und Beschlagnahmen ganzer Flotten an Postfahrzeugen, die Weisung alle Sendungen die ein neues Tageslimit überschreiten unzugestellt liegen zu lassen, etc)) zu kämpfen hat, so geändert wird das möglicherweise tausende Stimmen ungültig werden stößt vielen Leuten sauer auf.
Deren Post scheint ziemlich unfähig (oder unfähig gemacht sein) zu sein, wenn Briefe die heute oder schon vor heute, abgeschickt werden, nicht rechtzeitig ankommen. Was doppelt scheiße ist, wenn Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig kommen oder man „außversehen“ von der Registrierungsliste gestrichen wird.
In Deutschland kann man relativ sicher sein, dass Briefe max 2 Tage brauchen, eine extra Registrierung zur Wahl braucht man nicht. Und selbst wenn man zu spät dran, kann man die Briefwahl auch noch am Wahltag im Wahllokal abgeben. All das ist in den USA sehr viel umständlicher und schlechter organisiert (oft sogar gewollt…)
In Österreich auch, weshalb ab ca. einer Woche bis drei Tage vor der Wahl spätestens am Wahlamt gemacht wird, dass sie am besten gleich wählen und die unterschriebenen Wahlkuverts direkt abgeben. Bei uns kannst das aber auch in jedem Wahllokal machen und musst nicht extra zur Bezirkswahlbehörde fahren …
(@Kaineahnung das ist es nämlich, was in Bezug der Brief-/Vorabwahl zu den langen Schlangen führt. Dass man eben nicht daheim diese Wahl vornehmen kann, sondern nur in den oberen Wahlbehörden - die noch dazu reduziert wurden).
Vielleicht kann man Die Usa noch etwas entlasten, indem man ihr die schiere Größe zu Gute hält. Ich mein, wie breit ist das Land? 7.000 Kilometer?
Das wäre vielleicht ein Argument wenn das alles per LKW transportiert werden müsste. Aber air mail ist in den USA wesentlich weiter verbreitet als z.B. in Europa. Und grad in der aktuellen Zeit sollte es möglich sein große Mengen per Luftfracht zu bewältigen.
Der progressive Flügel steht schon auf den Barrikaden. Da hoffe ich mal, dass Biden nicht Einknicken, wenn er gewählt wird und eine bessere Lösung findet.