Die Institutionen mit integrativer Kraft und Orte der Begegnungen von verschiedensten Leuten verlieren zumindest in Deutschland im Vergleich zu früheren Jahren immer mehr an Bedeutung. Und das sehe ich definitiv als Problem. Egal ob Gewerkschaften, Parteien Sportvereine, Kirchenvereinigungen, Musikgruppen und Chöre und so weiter und sofort. Fast alle mit schwindenden Mitgliederzahlen. Und sowas auf das Individuum „abzuwälzen“ ist halt schwierig. Etwas was dir eine gewisse Identität gibt, einen Halt, Freunde, Begegnungen und vllt. auch Erfolge auch abseits des Arbeitsplatzes. Natürlich gibt es das heute auch immer noch, aber die einzelnen Sachen gelten nicht mehr als so attraktiv, aus verschiedensten, teilweise auch berechtigten Gründen oder passen einfach nicht mehr so zum Lebensstil von vielen Leuten. Oder die einzelnen Angebote die es noch gibt, sind nicht mehr so offen, sondern da treffen sich dann nur noch sehr ähnlich gesinnte Leute.
Denke auch, dass sich viele recht allein gelassen fühlen und nicht ernst genommen. Das mein ich nicht mal unbedingt nur mit politischen Ansichten oder Sorgen (aber natürlich auch), sondern einfach ganz allgemein als Person. Ob zu Recht oder Unrecht, sei jetzt mal dahingestellt. Das Problem ist auch einfach, dass wir als ich bezeichne sie mal als „demokratische, liberal eingestellte Gegengesellschaft“, aktuell leider keine guten, für viele Leute annehmbaren Narrative haben. Sogar im Gegenteil, geht es eigentlich aktuell fast nur noch um den Untergang der Welt (Klimawandel) und das alles immer und überall scheiße ist. Und das halte ich tatsächlich für ein Problem. Natürlich ist es richtig darauf hinzuweisen, was wir überall für Probleme haben, aber kein positives narrativ und kein gemeinschaftliches „Wir -Gefühl“ in einer Gesellschaft zu haben, ist glaube ich nicht hilfreich. Es fehlen Hoffnung auf Verbesserungen und eine Idee davon, wo wir als Gesellschaft eigentlich genau hinwollen. Da fehlt eine gewisse Grundorientierung…
Allerdings kann ich das für die USA nicht so gut beurteilen, die haben ja eine sehr andere Gesellschaftsstruktur was Kirchen, Sport usw. angeht. Gefühlt müsste da eigentlich mehr Begegnung stattfinden, aber wahrscheinlich halt nicht zwischen Stadt und Land oder zwischen roten und blauen Staaten, zwischen „Arbeitern“ und Akademikern und dann zieht sich es daran halt auseinander.
Und dennoch sehe ich auch, dass wahrscheinlich einige schon verloren sind und man mit denen kaum mehr reden kann. Damit es nicht noch mehr werden ist Prävention angesagt. Denn niemand wird als Arschloch, Verschwörungstheoretiker, Erz-Konservativer, sodass das Mittelalter neidisch ist oder Rassist geboren und das in Ländern, wo es einem wirtschaftlich meistens einigermaßen gut geht (auch wenn da der relative Vergleich entscheidender ist für die Psyche, als der absolute, dass ist mir bewusst und es natürlich auch genug Menschen gibt die wirklich ganz unten sind und sehr arm).
Aber wir als Gesellschaft verlieren diese Leute an irgendwelchen Punkten im Laufe derer Lebensläufe. Ganz aufhalten und verhindern kann man das vermutlich nicht, aber wenn es so viele sind, dann sollten wir darüber nachdenken, warum das so ist und was wir wieder besser machen können, um in Zukunft wieder deutlicher weniger von denen zu haben.