Wonder Boy The Dragon’s Trap
Das Remake des dritten Serienablegers von 1989 fürs Sega Master System ist momentan Teil des Twitch Prime-Angebots und so habe ich das Spiel gestern ausprobiert. Eine komplette Überarbeitung hat die Optik erfahren, welche mit seinem detailverliebten Zeichenstil eine sehr lebendige Welt vermittelt, während das Gameplay abseits eines automatischen Speichersystems scheinbar unangetastet blieb, was sich als stark veraltet entpuppt.
Nach einem kurzen Prolog, in dem der Held bzw. Heldin in einen Drachen verwandelt wird und der bis zum Ende das einzige Storyelement bleibt, wird man in eine leicht verständlich aufgebaute 2D-Welt geworfen. Aus einem als Hub dienendes Dorf macht man sich auf klassische Gebiete wie Wüsten oder Küsten zu durchqueren, an deren Endes jeweils ein Dungeon wartet. Sobald der Boss besiegt wurde, verwandelt man sich in eine andere Tierform mit neuer Fähigkeit, wodurch sich das nächste Gebiet bewältigen lässt.
Jedoch unterscheiden sich die Abschnitte lediglich optisch. Sie teilen sich dasselbe primitive Leveldesign aus lang gezogenen Gängen mit gelegentlichen, sehr simplen Sprungpassagen und viel zu vielen Gegnern. Nicht selten besteht ein Abschnitt nur aus einer flachen Ebene, in der sich Monsterkonfrontation an Monsterkonfrontation reiht. Da zählt ein Bereich, in dem man sich statt horizontal dank der Mausfähigkeit, welche es ermöglicht, an bestimmten Wänden entlangzulaufen, vertikal fortbewegt, schon als Höhepunkt in Hinsicht Leveldesign. Die gelegentlichen Sprungpassagen bestehen aus nicht mehr als festen Plattformen. Interessante Elemente, die für Abwechslung gesorgt hätten, fehlen. Ohne die gleichzeitig auftauchenden Gegner wäre ihr Anspruch lachhaft.
Ebenfalls unterentwickelt sind die Tiertransformationen, da ihre spezifischen Fähigkeiten stets nur auf eine grundlegende Weise genutzt werden. Als Piranha-Man kann man beispielsweise unter Wasser schwimmen, als Maus kann man, wie erwähnt, an manchen Wänden gehen und passt durch enge Lücken. Es fehlt an kreativen, darüber hinausgehenden Anwendungsmöglichkeiten, welche den Verwandlungen etwas Tiefgang und damit eine individuelle Spielweise verliehen hätten. Weiterhin wird ihr Einsatz beschränkt, weil man nicht jederzeit zwischen den Formen wechseln kann, sondern erst ab einem bestimmten Spielfortschritt im Dorf.
Dies hat unnötig viel Lauferei zur Folge, sofern man mit der falschen Form unterwegs ist. Auch andere Komfortfunktionen fehlen. Das Warpsystem ist nur einseitig in Richtung Dorf nutzbar und Rücksetzpunkte fehlen komplett. Nach einem Ableben startet man wieder im Dorf und muss das Gebiet komplett von vorne beginnen, unabhängig davon, ob man am Areal-Boss oder ersten Gegner gescheitert ist. Angesichts des bescheidenen Leveldesigns wirkt dies sehr demotivierend.
Überdies leidet darunter das Backtracking, welches erforderlich wird, will man alle geheimen Truhen finden oder einen Shop erneut besuchen. Denn jeder Laden bietet unterschiedliche Ausrüstungsgegenstände der drei Kategorien Schwert, Rüstung sowie Schild an, die zum einen die zwei Charakterwerte Angriff und Verteidigung bestimmen, zum anderen gelegentlich aber fürs Voranschreiten notwendige Eigenschaften, wie Lava-Resistenz, besitzen. Die Preise können recht hoch ausfallen, weswegen sich ohne Grinding nicht jeder Gegenstand sofort erwerben lässt. Gleichzeitig ist eine gute Ausrüstung aber essentiell, um die vielen Auseinandersetzungen deutlich zu verkürzen.
Zwar ist die Gegnervielfalt erstaunlich hoch und stellt anfangs den wichtigsten spielerischen Motivationsfaktor dar, sobald man aber bemerkt, dass sich die Angriffsmuster kaum unterscheiden und sich Schaden dementsprechend mit zunehmenden Spielverlauf immer leichter vermeiden lässt, fehlt den Kämpfen der notwendige Anspruch, als dass sie unterhalten könnten. Im Grunde teilen sich die Gegnertypen drei Fähigkeiten. Entweder sie rennen blind auf einen zu, tauchen plötzlich vor einen auf oder schießen Projektile. Selbst Endbosse besitzen nur einen Angriff und sind schnell durchschaut.
Damit reichen ihre Kampffähigkeiten dennoch näher an die des Helden ran, als man es sich als Spieler wünscht. Das Schild wehrt automatische Projektile von vorne ab, sofern man keine Aktion außer Laufen ausführt, das sich als nettes, komfortables Feature herausstellt. Desweiteren lassen sich sammelbare Angriffsitems (z.B. Speere, die nach oben schießen, oder Feuerbälle) einsetzen. Diese verliert man jedoch nach jeden Game Over und ihr Einsatz ist eher situativ nützlich. Eure Hauptwaffe wird stets das Schwert bleiben. Umso enttäuschender ist dessen beschränktes Repertoire an Angriffen. Mehr als ein Schlag nach vorne ist nicht möglich. Weder Schwertstreiche nach oben, noch aufgeladene Schläge oder gar Kombos bereichern das Kampfsystem. Hinzu kommt, dass die meisten Tierformen eine lächerlich kurze Reichweite besitzen, sodass man für einen Treffer fast im Gegner stehen muss. Zusammen mit einen Hitstun, der ähnlich lange dauert wie die erhaltene Unverwundbarkeit, sind Folgetreffer oft unvermeidbar, was ein alles andere als zufriedenstellendes Kampfsystem ergibt. Da wirkt die misslungene Art, wie Drops von Gegnern hinterlassen werden, bedauerlich passend. Die Drops tauchen nicht wie üblich direkt an Ort des abgelebten Feindes auf, sondern springen erst in die Luft, bevor sie auf dem Boden landen. Daher muss man nach dem Kampf jedes Mal kurz warten, falls man das Geld, Herz oder Item einsammeln möchte. Somit wird der Spielfluss nicht nur durch die Kämpfe selbst, sondern sogar durch deren Ende verlangsamt.
Aus diesem Grund bin ich es nach kurzer Zeit dazu übergegangen, Kämpfen möglichst aus dem Weg zu gehen und mir das für Ausrüstung notwendige Geld aus Schatztruhen zu ergrinden. Diese resetten, wenn man das Spiel verlässt, weshalb es möglich ist, per Truhen nahe dem Startpunkt schnell an größere Geldmengen zu kommen, was den Gegnern die belohnende Komponente nimmt und sie zu unnötigen Hindernissen reduziert.
So optisch ansprechend die Neuauflage auch geworden ist, hätte das oberflächliche Gameplay mit seinem öden Leveldesign und umständlichen Kämpfen dringend eine Überarbeitung benötigt, um über die kurze Spielzeit von knapp vier Stunden durchgehend zu motivieren. Ohne einen nostalgischen Blick auf den Titel dürfte man nur schwer Freude daran finden.