Es ist nicht so eindeutig und klar. Die theoretische Stoßrichtung, die mir hier in den Sinn gekommen ist, ist eher implizit zu finden in den Thesen von Butler, aber auch bei anderen poststrukturalistischen Denker/innen wie Hannah Arendt oder Giorgio Agamben.
Konkret bezogen auf den Holocaust, geht es den Post-Strukturalisten darum die Einzigartigkeit des Verbrechens zu relativieren. Die Shoah wird dann zu einem weiteren Fall von kolonialen Verbrechen und soll implizit gleichgestellt werden mit dem Kolonialismus im sog. globalen Süden. Dazu gehören Aussagen von Judith Butler, wie diese:
„Es ist extrem wichtig, Hamas und Hisbollah als soziale Bewegungen zu sehen, die progressiv, auf der Linken und Teil der globalen Linken sind. Das hindert uns nicht, kritisch gegenüber bestimmten Dimensionen beider Bewegungen zu sein. Das hindert nicht die unter uns, die an gewaltloser Politik interessiert sind, die Frage zu stellen, ob es andere Optionen neben der Gewalt gibt.“
Butlers Solidarität mit den Palästinenser/innen geht hier zusammen mit einer Unterstützung von islamistischen Terrorgruppen, die Israel von der Karte streichen wollen.
Noch ein Beispiel zur Relativierung des Holocaust wird in folgendem Kommentar aus der Jungle World benannt. Bezogen auf ihr Buch " Am Scheideweg : Judentum und die Kritik am Zionismus"
In jedem Kapitel versichert Butler aufs Neue, sie wolle die Zionisten sicher nicht mit den Nazis in Verbindung bringen, um genau das zu tun, wenn sie beispielsweise im selben Satz, in dem sie die »deutschen Konzentrationslager« erwähnt, vom »›Erfolg‹ des konzentrierenden Kolonialismus im Westjordanland und vor allem in Gaza« spricht, wo die »Lebensumstände ganz nach dem Modell der Konzentration beengt und verarmt« seien.
(jungle.world - Deconstructing Israel)
Butler ist sicher eine prägende und daher wichtige Philosophin, keine Frage. Ihre Position zu Israel, die Unterstützung von BDS und als Vertreterin einer bestimmten poststrukturellen Schule (wie oben angedeutet) ist in meinen Augen aber kritikwürdig.