Da ein Entwurf des SBG geleakt ist,
mal eine Analyse.
Disclaimer: Als jemand, der viel mit Gesetzmacherinnen mich ausgetauscht hat, was für Grabenkämpfe und Unsinnigkeiten teilweise ausgefochten werden müssen und wie das politische Spiel läuft … Es ist ein Entwurf. Er ist nicht offiziell. Wir wissen nicht, was noch verhandelt wird und was unumstritten ist. Bei Gesetz für die eingetragene Partnerschaften in Österreich (die uns am Ende die Ehe für Alle brachte), waren viele aktiv diskriminierende Sachen dabei, zB dass homosexuelle Paare als Familiennamen nur Nachname1-Nachname2 (Müller-Meier), während bei heterosexuellen Paaren kein Bindestrich erlaubt war (Müller Meier). Was einem Zwangsouting gleichkam. Und eine Politikerin, die den Blödsinn verhandelte sagte offen: Sie wusste, dass der Scheiß sofort vor dem VfGH fällt. Aber es war nötig, damit das Gesetz überhaupt zusammenkommt. Sie ist nicht stolz drauf. Aber wenn die andere Seite der Verhandlungen darauf besteht, es war es wert, damit zumindest der Fuß in die Tür, das Gesetz zustande kommt. Also ja, Politiker*innen sind sich solchen Sachen oft sehr bewusst und es ist immer ein Abwägen ob man glaubt, damit vor den Verfassungsgerichten durchzukommen oder den politischen Erfolg einzustreichen, dass man es doch drinnen hat. Im betreffenden Fall ist es gut ausgegangen und wir haben heute in Österreich die Ehe für Alle. Es war aber ein langer (und echt unnötiger) Kampf.
Ich verwende den Begriff trans* mit *, da dass Gesetz über trans Personen geht und auch nicht-binäre, agender und inter Personen einschließt, auch jene, die sich nicht als trans (ohne *) empfinden. Also auch Personen einschließt, die weder männlich, noch weiblich sind, aber auch nicht trans im Sinne von: bei Geburt wurde Geschlecht X festgestellt. Die Person ist aber Y.
Zurück zum SBG:
- kein Gerichtsverfahren mehr: Yatta. Dass trans* Personen in Deutschland durchaus mittlere bis höhere vierstellige Beträge investieren müssen, nur um ihren Namen (und das sind die Kosten neuer Dokumente wie Perso, Pass, Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, Versicherungskarte, Bankomatkarte, … noch gar nicht einberechnet) war einfach eine Frechheit.
- gilt nur für Personenstands- und Namensänderung - nicht für medizinische Eingriffe: Na no, na net. Dass vor einem medizinischen Eingriff natürlich erst die Gesundheit der Person geprüft wird (wie bei jeder anderen Operation), sollte verständlich sein. Aber Sex =|= Gender und jede Person hat das Recht als die Person zu leben, die sie ist. Und ist der Operationszwang für trans* Personen sowieso verfassungswidrig.
- Änderung durch Willensbekundung vor dem Standesamt: Ja. Ich erkläre vor dem Standesamt, dass mein Personenstand falsch ist und ich ihn geändert haben will. Und ich bin mir die Konsequenzen bewusst. Der zweite Satz mag komisch klingen, aber das macht jedes Paar das heiratet. Das mache ich, wenn ich vor Gericht aussage und über meine Zeug*innenrechte belehrt werde. Das mache ich, wenn ich beim Würstelstand eine Currywurst bestelle.
- Regelungen für Minderjährige: Hier sehe ich eine Parallele zu anderen Schutzaltern (Arbeitsverträge, einvernehmlicher Sex, …) und Geschäftsfähigkeit. Dass Gerichte erst bei Ü14 die Zustimmung der Eltern oder Sorgeberechtigten einschreiten können, verstehe ich nicht. Hätte mir gewünscht, dass Jugendliche allgemein sich an Gerichte oder Behörden wenden können, wenn ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigte trans*feindlich sind.
- Wartefrist: Zynisch würde ich jetzt sagen, dass haben wir auch in Österreich. Nennt sich Rechtsmittelfrist (14 Tage nach Bescheidzustellung) und kann ich binnen der Frist noch einlegen, wenn ich, als Antragsstellerin, doch nicht meinen Namen bzw. Personenstand ändern will. Ich zahlte je ~15 Euro, um meinen Verzicht auf das Rechtsmittel zu erklären und konnte die weiteren Schritte (Änderung des Namens bzw. Ausstellung der Dokumente) einleiten. Warum hier drei Monate? Weil es die (hinlänglich als falsch klassifizierte) Theorie der „Rapid-Onset Gender Dysphoria“ ergibt, wonach trans Männer nicht wirklich Männer sind, sondern nur wegen dem gesellschaftlichen Druck und mentaler Krankheiten sich als trans identifizieren. Und die Eltern (die einzigen die gefragt wurden) sich das nicht erklären konnten. Würde inter Personen diskriminieren, die bislang keine Wartefrist haben.
- Hausrecht: Ja, schreiben wir in ein Gesetz, dass Diskriminierungen verhindern soll, rein, wie man trans* Personen weiterhin diskriminieren könnte - auch wenn die Gleichbehandlungsstelle diese Diskriminierungen nicht durch das AGG gedeckt sieht. Siehe Bindestrich-Debatte, dass kann nie durch den VfGH in Karlsruhe durchgehen, es ist einfach eine unnötige Diskussion und was ist falsch an alle, die glauben sowas ist eine gute Idee. Bestenfalls: eine Bindestrich-Sache wie beim Partnerschaftsgesetz in Österreich
- Kriegsfall: Hier finde ich, dass hier viele einen Fehler denken: Alle, die bei Ausrufung der Wehrpflicht im Kriegsfall als männlich eingetragen sind, sind dann wehrpflichtig. Nicht eingetragene trans Frauen, wohl aber trans Männer. Ab der Ausrufung des Verteidigungsfalles wird aber die Änderung des Personenstands erschwert „sofern dies im Einzelfall keine unbillige Härte darstellen würde“, wie oben, sollte sich das im Gesetz wiederfinden, wtf, was ist falsch bei euch. Der einzige Grund, dass das erwähnt wird ist, dass man zeigen will, dass man natürlich daran dachte, es ist ein absolut unnötiger Absatz und als solches ein unnötiger Bestandteil des Gesetzes. Reine Profilierung. Dass ist eigentlich in der Erklärung *dass der gewählte Geschlechtseintrag ihr Geschlechtsidentität am besten entspricht und ihnen die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist" umfasst.
- sportliche Leistungen Yeah, Genitaltest bei Sportevents. What could go wrong?
- Offenbarungsverbot : Einerseits gut, weil viele Idiot*innen da mal recht heftige Strafen bekommen würden, würden sie weiterhin Scheiße verbreiten wie bisher, aber „öffentliche Interesse“ sollte bessere definiert werden. Bloß weil ich noch nicht out war, als ich meine Diplomarbeit schrieb und da deswegen mein Deadname oben steht, darf kein Grund sein, mich zu misgendern.
- Quotenregelungen Solange die Quotenregelung gesetzlich ist, kein Problem. Vereine und Parteien sollten weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Quotenregelungen inklusiver zu gestalten (ja, da hatte ich unlängst einen großen Beef mit der Anerkennung von nicht binären Personen und jemand wollte, dass auch bei denen der eingetragene Personenstand gilt. Das nur nicht binäre inter Personen divers/inter/… in Österreich sich eintragen lassen können und das nicht gerade unbürokratisch, vergas die Person leider zu erwähnen).
Danke für die Einordnung
Meint das jetzt das die Änderung hinterher nicht mehr anerkannt wird oder
das potentielle Änderungen erschwert werden, weil wegen Wehrpflichtfluchtgefahr ?
So wie die Medien (die den Entwurf haben) es kommunizieren: Zweiteres. Der Umstand, dass eine solche Regelung eigentlich unnötig ist (weil natürlich wird im Kriegsfall genauer überprüft werden, dass hier niemand falsche Angaben macht, trotzdem sagt der Entwurf, dass weiterhin die Möglichkeit der Änderzung geben wird (unbillige Härte-Klausel).
Wenn der Staat sich die Mühe macht, das Geschlecht zu erfassen, muss er Änderungen bei trans* Personen zulassen. Wenn er aufgrund des eingetragenen Geschlechts andere Standards vorschreibt, muss er sich an das eingetragene Geschlecht halten.
Der ganze Passus ist meines Erachtens unnötig und soll nur transfeindliche Vorurteile zementieren.
Danke für die Aufklärung
Warum geht sowas nicht ohne beschissenen Clickbait-titel, der direkt Vorurteile gegen trans Leute bedient und für alle dann uneingeordnet stehen bleibt, die das Video nicht gucken, was halt die allermeisten sind, wenn man sowas auch noch in social media bewirbt.
Es ist doch als Frage formuliert, (für mich, vielleicht übersehe ich auch etwas) auch neutral. Ohne das Video zu sehen, wüsste ich nicht, ob im Video die Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden wird. Warum empfindest du das als Clickbait? Wie hätte man es anders formulieren können?
Naja, wenn ich ein Video mache mit ‚ist Apfelbonbon ein Arschloch?‘ dann hab ich zumindest schonmal impliziert, dass es so sein könnte und wenn das dann über mehrere Jahre auf verschiedenen Kanälen und Medien passiert, werden unbekümmerte Leute dich erstmal mit nem anderen Blick betrachten.
Genau das ist ja das Problem. Gehört nicht in einen Titel. Vor allem nicht so suggestiv formuliert.
Nur ist es eben suggestiv formuliert.
Würde in deiner Tageszeitung dein Klarname stehen mit „hat apfelbaum kinder etwas zu gerne?“ wärst du auch nicht glücklich
Für mich ist es kein Clickbait, wenn genau diese Frage dann auch beantwortet wird. Zumal für mich CLICKbait nicht damit zusammen passt, dass NaitomeaX dann schreibt, dass das Video ja die allermeisten eben nicht klicken und anschauen. Da widerlegt sich Naitomeax doch bisschen selbst, zumindest was das Thema Clickbait angeht.
Und zum Thema Formulierung:
- Leute, die sich mit dem Thema auskennen, können die Frage im Videotitel mit einem „Nein“ beantworten, ohne das Video zu sehen.
- Leute, die bereits bei diesem Thema falsch voreingenommen sind („Das ist doch alles nur eine kurzfristige Mode!“), klicken das Video vielleicht an und müssen ihre Meinung revidieren. Oder klicken es nicht an und bleiben bei ihrer Meinung. Ein Video wie „Why being trans is not just a social fad“ würden sie wahrscheinlich erst recht nicht anklicken.
- Leute, die zu dieser Frage noch keine Meinung haben, würden bei dem Original-Titel vielleicht noch am ehesten von den 3 Gruppe klicken. Ich finde halt nicht, dass jemand, der bei dieser Frage völlig voreingenommen ist, aufgrund der Formulierung der Frage jetzt annehmen müsste, dass die Frage mit Ja beantwortet werden müsste. Sie macht eher neugierig, die Wahrheit zu erfahreb. Aber: ich muss auch zugeben, dass bei dieser Gruppe ein Titel „Why being trans is not just a social fad“ selbst wenn das Video nicht angeschaut wird, trotzdem direkt die Information vermittelt wird, dass es eben keine Mode ist.
Aber unterm Strich ist für mich bei dem Titel eben nicht klar, dass dieser der trans Sache schadet, im Gegenteil. Und wir reden hier immerhin von einem Video, das wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt. Deshalb empfinde ich die Kritik am Titel daran auch überzogen. Belegen wird man weder die eine, noch die andere Auswirkung können.
Genau das ist doch Clickbait. Stell ne blöde Suggestivfrage, die du dann im Beitrag - den man anklicken muss - beantwortest.
Hä?
… vermutlich gar nicht und geben sich mit einem „Ja“ zur Clickbait-Frage zufrieden. Und genau das ist das Problem.
Mehr will ich an dieser Stelle aber nicht dazu schreiben, gerne in einem anderen Thread weiter.
Es ist immer „Nein“. Egal welches Video.
Ich kann keine Aussage treffen zur Seriosität des Videos und zur Datenlage, aber am Ende formuliert sie doch, dass ein „Trend“ durchaus eine Rolle spielen kann. Teilweise denken die jungen Menschen fälschlicherweise, dass sie trans sind. Weil sie derzeit so viel davon darüber hören.
Sudden increase in teens identifiying as trans
Demographic group is shifting, now heavily skewed towards those assigned female at birth, many of which present with other mental health disorders. Evidence that those children would benefit from puberty blockers or hormone therapy are slim with large uncertainties, the side-effects can be substantial and the long-term consequences are mostly unknown.
The reasonable expectation is that the current increase in reports of gender dysphoria is caused by a mixture of two causes. Young people are more comfortable being openly trans AND some erroneously believe they are trans because they’ve heard so much about it.
Dazu übrigens mal auch ein Video von Bill Maher. Ist schon ein wenig älter (11 Monate), bedient eher einen humoristischen Ansatz, aber ist dafür kurz/knapp/prägnant und vergleichsweise ausgewogen
Ich habe mit der dem Titel des Videos kein Problem. Das hast du auch bei Faktenchecks ständig, dass die eine kontroverse Aussage nehmen und deren Wahrheitsgehalt überprüfen. Da jetzt reinzuinterpretieren, dass man damit bestimmte Vorurteile bedient und verstärkt, finde ich übertrieben. Zumal die Autorin des Videos die „Suggestivfrage“ ja sogar teilweise mit „Ja“ beanwortet > some teens erroneously believe they are trans because they’ve heard so much about it.
Ich glaube das Problem ist eher, das man hier subtil
(ungewollt) die Idee verfestigt, das es nur eine Modeerscheinung sein könnte
Also wer diesen Schluss daraus zieht, hat aber wahrscheinlich generell ein paar Verständnisprobleme. Wenn junge Menschen fälschlicherweise glauben, sie seien trans, dann sind sie davon überzeugt, vielleicht missinterpretieren sie andere Symptome, für die sie einfach keine Antwort haben, frühe Jugend und Pubertät ist ja bekanntlicherweise eine sehr verwirrende Zeit für viele. Dass diese Zahl nach oben geht, nachdem die Transthematik im öffentlichen Diskurs landet finde ich aber auch die einzig logische Konsequenz, man kann nichts fälschlicherweise annehmen, was man garnicht kennt.
Etwas wegen einer „Modeerscheinung“ zu tun wäre für mich zu sehen, wie positiv etwas allgemein wahrgenommen wird und man möchte einfach für eine Weile ein Teil davon sein (was ich schon oft als Argument gelesen habe ist, dass viele Leute einfach nur behaupten trans zu sein, weil sie die Aufmerksamkeit wollen, was aber mMn direkt in sich zusammenfällt, wenn man überlegt, welche Art von Aufmerksamkeit trans Menschen in der öffentlichkeit bekommen).
Ich finde es übrigens garnicht schlimm, etwas fälschlicherweise anzunehmen. Wenn man als Junge fälschlicherweise annimmt, man sei hetero, weil es einem überall so vorgelebt wird und bei der ersten Beziehung mit einem Mädchen merkt, dass da irgendwas nicht stimmt, so what.
Das „Problem“ hier entsteht ja erst aus der damit oft einhergehenden Behandlung, die irreversible Veränderungen mit sich bringen kann. Hinzukommt die unheimlich dünne und nur bedingt belastbare Datenlage (und die unheimlich belastbaren Anekdoten, die auch sehr gerne eingestreut werden ())
Und als Überreaktion kommen dann manche Leute zum Schluss, Aufklärung und Behandlungen komplett verbieten zu wollen und schaffen es dann sogar, selbst Leuten, die deise Behandlungen wirklich benötigen, einen Stein in den Weg zu legen.
Jedenfalls sind das meine Gedanken, mit denen ich aus dem Video herausgegangen bin.