Nun, wie ich es mir gedacht habe, kam also keine explizite Verurteilung des Vorgehens bezüglich des Ausschlusses von Männerverbänden bei der Diskussion ums Wechselmodell (anders als ursprünglich von dir behauptet). Und um mal zu erklären, warum ich so auf diesem Punkt (und dem der nicht medizinisch begründeten Beschneidung von Jungen) rumhacke: Es ist bei diesen Themen verdammt einfach die richtige Position zu beziehen. Und die eigene politische Integrität oder feministischen Forderungen würden dadurch in keiner Weise geschwächt werden.
Es ist verdammt einfach zu sagen: „Bei einer Diskussion über das Sorgerecht sollten Väterverbände nicht ausgeladen werden.“ Es ist verdammt einfach zu sagen, dass das eine richtige Scheißaktion war. Und es ist auch verdammt einfach zu sagen, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit mehr gilt als der Wunsch der Eltern bleibende und unumkehrbare Veränderungen am Körper ihres Kindes vorzunehmen. Es ist verdammt einfach zu sagen, dass diese Steinzeitalter-Methoden verboten gehören.
Aber weder hier im Thread (im Bezug auf den ersten Punkt), noch in der Politik (im Bezug auf den zweiten Punkt) sehe ich, dass jene, die sich selbst ein feministisch betrachten, solche Positionen einnehmen. Die selben Leute, die sich darüber aufregen, dass (hauptsächlich) Männer sich über kostenlose Tampons auf öffentlichen Toiletten beschweren, wollen partout nicht solche einfachen Standpunkt einnehmen. Sie können anscheinend einfach nicht über ihren Schatten springen. Und der einzige Grund, der mir einfällt, warum das so ist, ist nun mal, dass diese Leute sich nicht für Diskriminierung interessieren, wenn sie Männer betrifft.
Und selbst das allein, fänd ich noch nicht mal so schlimm. Nicht jeder muss gegen jede Benachteiligung kämpfen. Man kann sich gerne einzig und allein auf eine Gruppe konzentrieren und da alle Kraft reinstecken. Aber viele Feministen präsentieren sich als die moralische Instanz für Gleichberechtigung. Die entsprechenden Kapitel in Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Die Linke sind auch immer schön groß überschrieben mit „Gleichstellung“ und „Geschlechtergerechtigkeit“. Der ganze Text ist sogar durchgehend in gegenderter Sprache. Außer das Wort Täter. Man ist gegen Genitalverstümmelung aber nur, wenn es Frauen betrifft will man auch tatsächlich politisch aktiv werden. Vergewaltigungen und häusliche Gewalt findet man ganz furchtbar und es muss alle menschenmögliche gemacht werden, um das zu verhindern. Aber männliche Opfer werden praktisch komplett ignoriert. Und bei dieser Doppelmoral, bei dieser Heuchelei kommt mir einfach die Galle hoch.
Sei gerne Feministin und kämpf gegen jeden noch so kleine Ungerechtigkeit. Aber tu nicht so als würden sich du oder andere Feministinnen ernsthaft für die Probleme der Männer interessieren. Versuch mir nicht einzureden, wie toll ich doch vom Feminismus profitieren würde und was er auch alles für Männer besser machen würde, wenn wirklich das absolut Mindeste schon zu viel zu sein scheint. Und ich bin hier wirklich nicht anspruchsvoll. Ich hab nur zwei Forderungen 1. nicht medizinisch begründete Beschneidung von Jungen wieder verbieten. 2. sexuelle und häusliche Gewalt gegen Männer endlich ernst nehmen. Explizit heißt das 100 Männerhäuser oder ähnliche Anlaufstellen für männliche Opfer in Deutschland (für den Kontext, das wäre nicht mal ein drittel von dem was weiblichen Opfer gerade zur Verfügung steht). Das beides erfüllt und ich wäre schon zufrieden für die nächsten 10 Jahre.
Und du brauchst gar nicht versuchen mich hier in eine Doppelmoral zu drängen mit Beispielen wie Abtreibung. Du willst es aus dem Strafgesetzbuch streichen? Bin ich dafür. 219a Abschaffen? Bin ich dafür. Mehr Geld für Frauenhäuser, Selbsthilfe/Selbstschutz-Gruppen? Bin ich dafür. Weibliche Genitalverstümmelung stärker verfolgen? Bin ich dafür. Wie ich schon Eingangs geschrieben habe, es ist verdammt einfach hier die richtige Position einzunehmen. Ich kann diese Positionen ohne Probleme einnehmen. „Der Feminismus“ allerdings nicht.
Du behauptest zwar, dass solche Diskrepanzen innerhalb des Feminismus aufgedeckt und verhandelt werden würden. Nur kommt davon nichts in der Politik oder der breiten Masse an. Andernfalls hätten wir keine Diskussion mehr über die beiden oben genannten Punkte. Andernfalls würden Männer, die über das Gefühl reden diskriminiert zu werden, nicht so oft mit „weinerlich“ „Rumgeheule“ oder „verletzter Männlichkeit“ abgekanzelt. Davon gab’s ja auch hier schon Beispiele im Thread. Genau deswegen reden Männer nicht so oft über ihre Gefühle. Weil sie selbst von denen, die immer wieder betonen, dass Männer öfter über ihre Gefühle reden sollen, dafür beleidigt werden, dass sie über ihre Gefühle reden.
Und die Strömungen, die wie du es so formulierst „Männer nicht exkludieren“, wollen Männer als Mitläufer aber sicher nicht als Individuen, die Männerhäuser fordern. Männer im Feminismus sollen sich der feministischen Idee anschließen und keine eigenen Ideen zur Benachteiligung von Männern haben. Du schreibst ja auch nicht ohne Grund, dass „Männer den Feminismus brauchen“, als ob der Feminismus der Heilsbringer für ihre Probleme sei. Natürlich fällt dir nicht auf wie herablassend das ist. Du wirst mir bei meiner Einschätzung wahrscheinlich widersprechen. Und dich dann aber doch wundern, warum ich selbst mit dem Teil des Feminismus nichts zu tun haben möchte.
Und um auch das mal hier ganz klar zu stellen. Ich erkläre nicht feministische Positionen für obsolet oder destruktiv, sondern den Feminismus. Das eine sind einzelne Forderungen, auf die der Feminismus keinen Alleinanspruch hat. Und das andere ist eine politische Bewegung, deren aktuellen Auswüchse ich einfach nicht unterstütze. Das mag die Vorstellungskraft mancher Feministinnen sprengen aber man kann problemlos für Frauenrecht, ohne Feminist zu sein. Man kann sogar einen Großteil der Forderungen des Feminismus (oder mancher Feministen) unterstützen, ohne sich mit der Bewegung gemein zu machen.
Und um das ganze Abzuschließen, glaubst du, dass du mich überzeugst, mit dem was du schreibst? Glaubst du, wenn du einfach nur oft genug behauptest, Feminismus würde sich auch der Diskriminierung von Männern annehmen, werde ich das irgendwann auch so sehen? Wenn du mich überzeugen willst, geht eigentlich ziemlich einfach. Zeig mir die politische Partei, die sich meinen Anliegen annimmt und sich selbst als feministisch bezeichnet. Alternativ, zeig mir einen feministischen Verein, der regelmäßig und lautstark über die Probleme von Männern berichtet. Hey, wenn du da was hast, ich würde heute noch 100€ an die Spenden. Ehrenwort. Es wäre sogar schon ein Anfang, wenn du mir einfach Social Media Persönlichkeiten zeigst, die andere Feministinnen mal dafür kritisieren, dass sie obige Positionen nicht in ihre politischen Forderungen auf nehmen. Da bekäme ich vielleicht auch mal was von dem vermeintlich stattfindenden Diskurs und Entwicklungsprozess mit.
Außerdem ist dieses Jahr noch Bundestagswahl. Da können wir ja alle sehen, wie viel sich in den letzten 4 Jahren auf politischer Ebene getan hat. Ich würde wetten nicht viel. Ich wette 1 Jahr meiner Forumsaktivität, dass sich bei keiner der drei feministischen Parteien SPD, Grüne und Die Linke auch nur irgendwas substanzielles bezüglich Diskriminierung von Männern in deren Wahlprogrammen findet. So sicher bin ich mir. Und ich kann mir schwer vorstellen, dass hier irgendwer dagegen wetten will.