Ich kenne mich mit den gesellschaftlichen/politischen in Österreich nur sehr oberflächlich aus. Aber hunderttausend Unterschriften erscheinen mir jetzt eigentlich nicht als allzu große Hürde.
Das Volksbegehren „Don’t smoke“ (2018) für das Beibehalten eines generelles Rauchverbot in der Gastronomie, hat in derselben Zeit fast Neunhunderttausend Unterschriften gesammelt.
Für mich sieht es so aus, als würde es kein wirkliches Interesse an einem BGE in der Bevölkerung geben. Was möglicherweise mit den Fehlen eines realistischen Finanzierungkonzepts zusammenhängt. Letztendlich muss auch ein Menschenwürdiges Leben gegenfinanziert werden.
Da standen aber auch sowohl die Ärztekammer als auch große Teile der Grünen und der SPÖ dahinter. Bei dem BGE-Volksbegehren hingegen stand keine Partei o.ä. dahinter. Es konnte kaum beworben werden und wurde medial auch kaum bis de facto gar nicht aufgemacht. 100k Unterschriften ist in einem 8,7 Mio Menschen Land halt nicht unbedingt einfach so zu bekommen. Stell dir vor, du müsstest in Deutschland ~1 Mio Menschen zur Unterschrift bringen, ohne dabei ein breites, gut finanziertes Netzwerk zu haben.
Nicht zu vergessen, die deutsch-österreichischen Medienkonzerne, die im Falle eines BGE’s dazu gezwungen wären, ihre Schreiberlinge besser zu bezahlen.
Wenn Bertelsmann, Springer, Holtzbrinck, Burda, Bauer, Funke und Weltbild sich einig sind und irgendwas nicht möchten, dann passiert das auch nicht - sinnvolles Finanzierungskonzept hin- oder her.
Damit jeder österreichischer Staatbürger (über 18) 1200 Euro im Monat bekommt kann, benötigt man laut Herrn Hofer 92 Milliarden im Jahr – Zum Vergleich: Der österreichischer Bundeshaushalt 2019 betrug knapp 90 Milliarden. – Das soll durch eine Finanztransaktionssteuer (0,94%) auf jeden Geldwechsel erreicht werden. Laut der Schätzung von Herrn Hofer wären das dann 190 Milliarden. Leider kann die Rechnung auf der die Schätzung beruht, nicht nachvollzogen werden, da Herr Hofer keine Einzelheiten nennt. Das Bruttoinlandsprodukt von Österreich betrug 2018 übrigens etwa 386 Milliarden, also etwas mehr als das Doppelte der anvisierten Summe. Ohne die Faktoren (zb: Was er jetzt genau versteuern will.) zu kennen, mit dem Herr Hofer hier schätzt, ist es schwer zu sagen, ob die Rechnung aufgeht oder nicht. Ich denke, das ist auch der Grund, warum so viele Österreicher, das Begehren nicht unterstütz haben.
Vielleicht lag es aber auch an den etwas unseriösen Ton der Initiatoren?
das müsste man dann aber eben irgendwo machen, wo in der weiteren umgebung kein anderer ort ist, sonst hast du einfach nur verdrängungsmechanismen,
WEnn du zb sagst, alle Bewohner von Elmshorn (Norddeutschland) die zum 1.3.2020 in Elmshorn gemeldet waren, erhalten 500€ Grundeinkommen für 5 Jahre, dann würden da eben viele wegziehen weil sie dadurch sich irgendwo anders etwas mieten könnte, was ihre jetzige miete, plus 500€ wären, zb.
Gleichzeitig würden aber wohl viele Vermieter in Elmshorn die Miete soweit zu erhöhen versuchen, wie legal eben erlaubt ist, weil sie ja wissen, das die Leute nun 500€ mehr haben.
Ich sehe eben nicht was ein Grundeinkommen, egal ob regional oder deutschlandweit mehr machen würde, (vom Bürokratieabbau abgesehen) als die Mietpreise überall massiv anzuheizen.
das ist zumindest meine Meinung, oder was sagst du dazu?
Dem könnte man ja mit einer Mietpreisbremse oder ähnlichen entgegenwirken. Da sehe ich nicht das Problem. Geld kriegt zudem nur derjenige, der zum Stichtag in dem Gebiet gewohnt hat und den Wohnsitz auch dort belässt. Ansonsten fällt man erstmal raus.
Alle Eventualitäten und Folgen kann man durch so einen Versuch sowieso nicht abdecken - aber man bekommt schon einen besseren Überblick über die Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens, wenn ein, zwei oder fünf Prozent der Bevölkerung 10 Jahre lang Versuchskaninchen spielen.
Irgendjemand muss mal mit so einem Großversuch anfangen. Kann auch gerne in einem anderen europäischen Land passieren.
Alle bisherigen Tests zum Grundeinkommen weltweit waren - soweit ich das beurteilen kann - realitätsfremd, liefen viel zu kurz und dadurch überhaupt nicht aussagekräftig.
Blöde Frage: Angenommen ich bewerbe mich für diese Studie und komme in die Gruppe mit BGE, dann werde ich arbeitslos und der Anspruch auf ALG 1 entfällt. Jetzt sind die drei Jahre um, ich bekomme kein BGE mehr und habe auch noch keinen neuen Job gefunden, könnte ich dann den Anspruch der vorher entfallen ist noch geltend machen oder habe ich das ALG 1 verschenkt?
Ich arbeite nicht in dem Bereich, aber was ich eben gegoogelt habe, klingt so:
Keinen Einfluss auf den Bezug von Arbeitslosengeld haben Kindergeld, Wohngeld und Arbeitslosengeld II. Diese Leistungen gelten als „unschädliche Leistungen“ und können also neben dem Arbeitslosengeld bezogen werden, ohne als Einkommen angerechnet zu werden.
Quelle: https://www.alg-i.de/einkommen-anrechnung.html
Nun ist es aber Definitionssache. Sollte das BGE unter den o.g. “unschädlichen Leistungen” dazuzählen(was es für mich ist, da es ja bedingungslos ist) solltest Du, wenn Du nicht selbst Deinen Job kündigen, ganz normal über die Laufzeit ALG I bekommen, und wenn die Zeit rum ist, und Du keine neue Arbeit haben ALG II, sprich Hartz IV beziehen.
Aber, das wäre meine Interpretation…ich nehme an, ALG I und II könnte wegfallen, sollte das BGE eingeführt werden. Jedoch habe nicht ich das zu entscheiden, sondern liegt im Bereich der Politik. Aber ich hoffe, ich konnte Deine Frage damit beantworten.
Kurz meine Meinung (da neu hier):
Das bedingungslose Grundeinkommen ist realisierbar und schon 20 Jahre überfällig.
War damals schon Thema, als ich noch in Ausbildung war.
Ich rede ja jetzt aktuell von dieser Studie, nicht von einem eventuell flächendeckend eingeführten BGE. Sollte das jemals passieren gehe ich davon aus dass es kein ALG mehr gibt, wäre dann ja überflüssig.
Bei dieser Studie gehe ich auch fest davon aus dass man, solange man das Geld bekommt, kein ALG1 bekommt. ALG2 sowieso nicht. Die Frage ist nur ob man den Anspruch verspätet geltend machen kann oder ob er verfällt.
Ich kenne die Fragen zu ALG-Ansprüchen und Alo-Meldungen meist von Langzeitreisenden, aber vom Sinn her, passt dies auch.
Und wenn du zurückkommst, kannst du den Anspruch direkt geltend machen – und zwar innerhalb von vier Jahren
Antwort: „Die Idee dahinter ist, dass es ungerecht wäre, wenn Sie arbeitslos geworden sind, bald aber eine Arbeit annehmen, die nur ein halbes Jahr dauert, Sie dann wieder arbeitslos wären, dann aber drei weitere Monate arbeiteten – es dann sein könnte, dass Sie nach den letzten drei Monaten keine 12 Monate Anwartschaftszeit mehr zusammenbekämen und Sie für Ihren Versuch, wieder in Arbeit zu kommen, dadurch sozusagen bestraft würden. Deshalb können Sie den einmal erworbenen Anspruch auf Arbeitslosengeld über einen Zeitraum von 4 Jahren sozusagen strecken, unterbrochen von kleineren Arbeitsphasen.“
Wenn ich nach Anwartschaft und 4 Jahren google, findet man die Passage aber auch öfter:
Der erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld bleibt Ihnen nach seiner Entstehung vier Jahre lang erhalten. Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieser Frist auf eine nicht verbrauchte Anspruchsdauer zurückgreifen können, falls Sie durch eine neue Beschäftigung nicht erneut die Anwartschaftszeit erfüllen.
Das heißt: Wenn ich bei der BGE-Studie teilnehme und im Job stehe, dann aber arbeitslos werden würde, gehe ich zur Agentur für Arbeit und melde mich arbeitslos. Dann besteht zwar kein ALG-Anspruch zurzeit, aber die Frist und Anwartschaft ist nicht weg. Dann würde ich mich abmelden und ggf. dann wieder kommen, wenn die BGE-Studie vorbei ist, falls man kein Job hat.
Ich hoffe mal, dass Teilnehmer an so einer Studie und auch Ämter zuvor auch darüber aufgeklärt werden und niemand mit einem Fragezeichen im Gesicht da steht.
Vor allem das zweite Zitat klingt für mich auch danach. Allerdings kann es auch sein dass du direkt nach der Kündigung gar keinen Anspruch hast da du ja 1.200€ monatlich bekommst und nach den drei Jahren erfüllst du die Vorraussetzungen nicht mehr.
Interessante Sichtweise, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, das das Ziel hat Armut zu beseitigen, in den USA funktionieren könnte. Die Idee ist prinzipiell, dass jeder monatlich ein Einkommen von ca 1000$ bekommt, das die Minimalbedürfnisse abdeckt. Das bekommt jeder, aber Gutverdiener zahlen Steuern in einer Höhe, dass sie gleich viel Geld zur Verfügung haben, wie vor der Einführung des BGE. Damit belaufen sich die Kosten auf 155 Mrd $/Jahr, was im Beitrag noch mit den Kosten von Armut, derzeitigen Sozialleistungen usw. gegen gerechnet wird.
Es klingt immer so schön einfach wenn man sich einfach die nackten Zahlen anguckt. Wenn die die darunter „leiden“ würden nur nicht auch die Macht darüber hätten darüber zu entscheiden
Es klingt einfach, weil viele Faktoren ausgeklammert und mögliche negative Entwicklungen nicht berücksichtigt wurden.
Hier ein Interview mit einem der Verantwortlichen der Studie:
Ziehen nicht viele Unternehmen ins Ausland, wenn sie die Hälfte ihres Gewinns als Steuer abgeben müssen?
Wenn der Gewinn im Unternehmen bleibt, kann man ihn weiterhin niedriger besteuern. Ausschüttungen würden aber stärker belastet. Im Extremfall könnte das zur Auswanderung führen.
Und würden nicht viele Leute weniger arbeiten wollen als heute?
Viele Ökonomen befürchten das. Die Steuersätze auf eigene Einkommen steigen, zugleich erhöht das Grundeinkommen das Nettoeinkommen auch bei Normalverdienenden. Das macht weniger Arbeitszeit interessant. Oder die Schwarzarbeit, die muss man dann konsequent bekämpfen.
Haben Sie in dem Modell einkalkuliert, dass die Steuereinnahmen möglicherweise sinken, wenn weniger gearbeitet wird und dann weniger Mittel zur Finanzierung des Grundeinkommens zur Verfügung stehen?
Das haben wir nicht berücksichtigt, weil diese Wirkungen nur schwer einzuschätzen sind. Möglich ist, dass viele Leute dann mit weniger materiellem Wohlstand zufrieden sind, weil sie weniger arbeiten, mehr Zeit haben, vielleicht gesünder sind und eine höhere Lebensqualität genießen. Dadurch kann aber auch Arbeitsfreude und Produktivität steigen. Das soll in den Grundeinkommens-Experimenten genauer untersucht werden.
In dem Konfigurator kannst du ja mit all diesen Faktoren herumspielen: Keine Unternehmenssteuer, Leute arbeiten weniger und ähnliches sind da alles Optionen. Unter den ausgeklammerten Faktoren sind ja auch potentiell positive.