Mal wieder ein bisschen was „abgearbeitet“:
A Righteous Thirst for Vengeance vol.1 von Rick Remender und André Lima Araújo ist ein zumindest optisch toller Auftakt zu dieser neuen Serie. Der nicht genannte Protagonist ist hier auf dem Weg zu einer Adresse. Als er dort ankommt, sind die Bewohner des Hauses allerdings tot und er flüchtet. Wieder bei sich zu Hause stellt man fest, dass er einen Zugang zu einer Dark Web Seite hat, auf der Auftragsmorde vergeben werden. Er sieht sich den nächsten Auftrag an, eine junge Frau, und macht sich auf den Weg. Immerhin zieht Remender das hier ohne zu viel Text auf, das macht den Weg frei für Araújo und für seine Bilder und im Bezug auf visuelles Storytelling ist „A Righteous Thirst for Vengeance“ ganz vorne mit dabei. Und die Story ist auch so angelegt, dass nicht gleich alles klar ist. Schönes Ding.
Telepaths vol.1
Ich dachte ja, das ist die Fortsetzung zur „The Resistance“ aber J. Michael Straczynksi zieht das als eigenständige neue Serie auf. Dummerweise recycled er gleich den Plot von „The Resistance“ und das war auch schon nur eine moderne Neuinterpretation der „X-Men“. Immerhin sieht „Telepaths“ dank Steve Epting schon sehr gut aus.
Kurz zum Plot: eines Tages trifft eine Sonneneruption die Erde und als Ergebnis bilden einige wenige Millionen Menschen telepatische und/oder telekinetische Fähigkeiten aus. In dem Chaos versucht eine Gruppe von Cops aus Boston, die jetzt Fähigkeiten haben, herauszufinden wer die Leute im Norden der Stadt plötzlich kontrolliert. Das ist ein frisch entkommener Krimineller, der auch Leute mit Fähigkeiten um sich geschart hat. Und als Nebenfiguren gibt es ein paar Government-Heads (die aber plötzlich in der Story erst einmal keine Rolle mehr spielen) und natürlich ein Professor als Erklärbär. Problematisch wird es, wenn man man sich dann den Rest anschaut. Die „Bösen“ (auch wenn Straczynksi das erst einmal mit einem offenen Ende anlegt) sind fast durchgehend PoC, die Cops zwar zu Anfang eine bunt gemischte Truppe, aber trotzdem ist das alles schon fragwürdig angelegt.
Und das andere Ding ist halt, dass Straczynksi eben seine eigenen Ideen recycled (wenn man die X-Men halt ausblendet), aber es gibt wieder einen Event (Sonneneruption anstelle von Alien-Virus), wieder bekommt ein kleiner Teil der Bevölkerung Kräfte (nur auf Geisteskräfte beschränkt anstelle von Kessel Buntes), wieder muss die Regierung unverhältnismäßig reagieren und wieder regt sich in der betroffenen Bevölkerung Widerstand. Das Straczynksi jetzt im Anhang noch ein Fass aufmacht im Bezug auf Privatsphäre, die in einer Welt mit ein paar Millionen Telepathen ja nicht mehr existiert und wie er versucht, Parallelen zu unserer Welt voller Überwachung aufzubauen. Wenn er dann aber eine große Zahl seiner Figuren aber als Unsympathen inszeniert, ist das auch nicht unbedingt ein Wunder, wenn man dann zum Rest tendiert, obwohl das Programm, dass in seiner Story die US-Regierung auflegt, trotz aller Wortwahl, die er den Figuren in den Mund legt, ein unangenehmes Geschmäckle hat.
Catwoman Lonely City Band 1
Der erste von zwei Bänden, komplett geschrieben und inszeniert von Cliff Chiang. Selina Kyle wird nach 10 Jahren aus dem Gefängnis entlassen und versucht in Gotham wieder Fuß zu fassen. Batman ist tot (kein Spoiler, wird gleich als allererstes etabliert), Harvey Dent ist der Bürgermeister und Gotham erinnert doch sehr an einen Polizeistaat mit (digitaler) Überwachung an jeder Ecke. Und Selina wird schnell klar, dass es mit Harvey nicht sauber laufen kann.
Wenn man sich dieses Jahr einen Comic zulegt, dann gehört dieser hier definitiv zu denen, die man dafür ins Auge fassen sollte und das gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen inszeniert Chiang Catwoman hier im Ansatz wie damals Frank Miller „The Dark Knight“. Wir treffen auf einen sichtlich gealterte Selina, die zumindest scheinbar mit dem neuen Gotham so Ihre Probleme hat und auf eine Welt, wo die meisten Feinde von Batman noch aktiv sind, aber sich ohne Batman auch weiterentwickelt haben und nicht zwingend die Schurken von Damals sind. Diese Entwicklung der Figuren macht den Comic auch so interessant. In den normalen Heftserien findet ja bloß keine Änderung am Status Quo statt! Aber hier, mit einem heruntergekommenen Crock, der an einen abgewrackten Boxer erinnert, einem Edward Nigma, der sich um seine Tochter kümmern muss oder einer Poison Ivy, die tatsächlich mit Ihren Kräften den Planeten (oder Teile davon) retten will, ohne gleich die Menschen umzubringen, muss sich eine Selina jenseits der 40 Jahre eben eine Crew zusammenstellen, für Sachen die sie früher prima alleine machen konnte.
Und wie das erst aussieht. Hier kommt der Vorteil zum Tragen, dass Panini die Black Label Serie ins übergroße Albenformat packt. Jede Seite und jedes Panel sitzt und sieht zum Anbeißen gut aus. Wenn Cliff Chiang dann hin und wieder auch noch in die Historie von Catwoman eintaucht und z.B. alte Kostüme zitiert (unter anderem das von Eartha Kitt aus der ollen Batman TV-Show), bildet das sowas wie die Kirsche auf der Sahne.
Grundsolide Story mit einer grandiosen Inszenierung.
Exhalation
Und dann noch eine Kurzgeschichtensammlung von Ted Chiang, die ich schon ewig vor mir hergeschoben hatte. Und das nur, weil ich schon zwei Sammlungen von Chiang-Kurzgeschichten auf deutsch habe, aber in dieser englischen Ausgabe sind zwei drin, die es mittlerweile auch auf deutsch gibt. Aber egal. Ted Chiang zeigt jedenfalls, warum er aktuell zur Speerspitze der Science-Fiction gehört. Jede seiner Geschichte ist immer innovativ, durchdacht, philosophisch und trotzdem nicht langweilig.