Ja, wirtschaftlich mag das erfolgreich gewesen sein, weil man Dembele, Aubameyang, Sancho und Co. für viel Geld weiterverkauft hat. Aber Zorc war nicht nur für das Wirtschaftliche verantwortlich, sondern auch für das Sportliche. Natürlich ist man konstanter CL-Teilnehmer, konnte sich in den letzten Jahren auch häufig hinter Bayern München platzieren und wenn man damit zufrieden ist - bittesehr. Die vielen Trainerwechsel und Kaderanpassungen, die nicht nur aufgrund der Abgänge wichtiger Stützen vorgenommen worden sind, sprechen aber eine andere Sprache.
Wenn Borussia Dortmund ein reines Wirtschaftsunternehmen sein will, ist das sicherlich überwiegend löblich, was man da veranstaltet, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das der einzige Anspruch der Dortmunder ist.
Den Kritikpunkt verstehe ich wiederum nicht. Der Kader ist jetzt nicht breiter als der von den Bayern. Im Sturm hat man Werner und als Alternative Silva. Dahinter und auf den Flügeln kommen Nkunku, Olmo, Forsberg. Und der Rest hat eine für einen international spielenden Verein ganz normale Doppelbesetzung der Positionen. Klar, wenn mal Sörloth oder Poulsen jetzt noch mit rein rechnet, dann kann man den Kader künstlich groß reden. Aber das ist so als würde ich bei den Bayern fragen, wo Choupo-Moting und Zirkzee spielen sollen.
Nur ist Andre Silva kein Eric Maxim Choupo Moting, sondern Andre Silva, der sicherlich gerne mit Portugal zur WM fahren würde. Und Werner würde sicherlich sehr gerne mit der deutschen Nationalelf zur WM fahren. Der Kader mag nicht breiter als der des FC Bayern sein, aber da gibt’s potenziell schon das ein oder andere Pulverfass in der Offensive, zumal sich Nkunku sicherlich als unumstrittener Stammspieler sieht, der wiederum auch gerne zur WM fahren würde. Leipzig hat dadurch, dass man mit Dreierkette spielt und mehr oder minder auf LA und RA verzichtet, weil man dafür die Schienenspieler einbaut, ein brutales Überangebot im Offensivdrittel, weil Olmo, Szoboslai und Forsberg tendenziell relativ ähnliche Spielertypen sind, die über das Zentrum kommen, bzw. nicht mal eben so wie beispielsweise Coman als Schienenspieler eingesetzt werden können. Davon abgesehen, und das hat Tobi in der aktuellen Bohndesliga-Folge ebenfalls richtig angemerkt, verwundert auch der Raum-Transfer, weil der grundsätzlich eher mit Silva funktionieren würde als mit Werner. Angelino hat einfach besser in’s System gepasst bzw. hätte sowohl mit Silva als auch mit Werner im Sturm harmoniert. Vielleicht kriegt man das auch mit Raum noch gelöst, aber das ist auch so ein Transfer ohne jegliche Not.
Silva habe ich ja auch nicht mit Choupo-Moting verglichen. Sondern Poulsen und Sörloth. Silva ist halt die Alternative, falls Werner verletzt/außer Form/gesperrt ist. Ich verstehe nicht, wieso man das kritisiert. Das ist doch vollkommen normal. Sicher ist Silva theoretisch ein höherwertiger Ersatz als viele andere Vereine für ihren Stammstürmer haben. Aber das kann man doch jetzt erstmal nur positiv bewerten.
Szobsolai ist kein gesetzer Spieler, sondern Ersatz/Rotationsspieler. Normalerweise sollten Forsberg und Olmo klar vor ihm sein. Ergo wieder zwei Spieler für ein bzw. 1,5 Positionen. Also ganz normale Breite für einen Verein in dieser Riege.
Im Endeffekt hat Leipzig unter Tedesco im Sturm genau drei Positionen in der Startelf zu vergeben und vermutlich wird ihm das sowie die Tatsache, dass man immer noch viel zu häufig über Einzelaktionen kommt, am Ende den Job kosten. Er hat Leipzig letzte Saison stabilisiert, ja, aber nach all diesen Transfers muss er nun sehr viele Kompromisse in seinem Spielsystem eingehen, um seine Spieler nicht zu „verlieren“. Ganz zu schweigen davon, dass dieses System mit lediglich drei Offensivkräften international vermutlich an seine Grenzen stoßen wird, weil die Außen aktuell mit Raum und insbesondere Henrichs nicht ideal besetzt scheinen.
Wie gesagt: Ich frage mich, wo und wann die alle spielen sollen. Natürlich kommen die englischen Wochen, was deutlich mehr Rotation ermöglichen wird, aber den Leipzigern fehlt ein richtiger Sechser (sowohl Schlager, der aktuell eh keine Rolle spielt, als auch Laimer sind 8er, weswegen man kurzzeitig vielleicht auch versucht hat, Henrichs dort zu installieren), ein fähiger Schienenspieler auf Rechts (Baku wäre eine Option) und für eine Dreierkette auch eine Alternative für die Innenverteidigung. Dass man einen Werner-Transfer tätigt verstehe ich sogar noch irgendwie gerade so, weil Poulsen und Sörloth sicherlich nicht den Ansprüchen genügen und man vorne eh noch Tempo benötigte, die eigentlichen Problemzonen sind aber woanders und den Raum-Transfer kannste genau dann tätigen, wenn diese auch geschlossen wurden.
Mir kann’s ja egal sein, aber ich bin bei Leipzig ziemlich skeptisch. Die Champions League wird man damit sicherlich erreichen, die Frage ist nur: Mit welchem Trainer? Tedesco wird je nach Startaufstellung und Verletzungen taktisch häufiger anpassen müssen als ihm lieb sein kann, zumal Automatismen extrem wichtig sind und er bislang immer noch keine Lösung für Gegner hat, die seinen Spielern das Zentrum verweigern. Mal sehen, ob er das bewerkstelligen kann, eine einfache Aufgabe ist’s jedenfalls nicht. Wenn Eberl tatsächlich kommt, dürfte der vereinslose Rose eine ernsthafte Alternative werden.
Du musst hier aber auch sehen, dass RB gerade zwar mit 2 Punkten da steht, aber wo man wenn der BVB jetzt 9 Punkte hätte über Glück gesprochen hätte, ist das bei RB schon Unglück dabei gewesen, die hätten jedes Spiel sicher gewinnen müssen (ja, Fußball ist kein Spiel der Konjunktive) und hätte wenn alles normal läuft mindestens sieben Punkte.
Wollte ich nur mal für die Leute sagen, die vielleicht nur die Ergebnisse lesen oder die Tore gesehen haben.
Nö, ich habe auch die Spiele der Leipziger gesehen, sofern ich konnte (u.A. auch die in der Vorbereitung) und sehe da einfach keine (positive) Entwicklung, auch wenn natürlich erst drei Saisonspiele gemacht wurden. Und das war sicherlich Tedescos Hauptaufgabe für die Vorbereitung. Im Supercup gegen Bayern hat man ein, zwei sinnvolle Anpassungen vorgenommen, aber Leipzigs Anspruch ist es ja nicht, ausschließlich die offensiv denkenden und agierenden Mannschaften hier und da zu kitzeln, sondern man möchte ja auch gegen Köln, Union Berlin, Stuttgart etc. gewinnen. Und in allen bisherigen Pflichtspielen, also egal ob in der ersten Hälfte durch Bayern, in Spielabschnitten durch Stuttgart, weitestgehend durch Köln und quasi durchgehend durch Union Berlin wurden die Leipziger relativ simpel kaltgestellt, indem man das Zentrum verdichtet und/oder halbwegs schlüssig gepresst hat. Im Leipziger Spiel fehlt’s aktuell wieder - wie schon unter Marsch - an der richtigen Balance. Sicherlich war da auch Unglück dabei, aber es war eben auch zu keiner Zeit so richtig überzeugend, was man da spielerisch anbot.
Eher vier. Aber selbst, wenn wir bei den drei bleiben sehe ich immer noch nicht das Problem. Werner-Nkunku-Olmo und als Ersatz dahinter Silva-Forsberg-Szoboszlai/Kampl. Wenn wir das mit Bayern vergleichen, müsstest du doch dort genauso die Kaderbreite kritisieren. Da von Coman, Gnabry, Musiala, Sane auch in der Regel zwei auf der Bank sitzen müssen. Und im Zentralen Mittelfeld ist es ja noch deutlicher mit Kimmich, Sabitzer, Goretzka und Gravenberch. Die anderen 4 könnte man ja im Zweifel noch im Sturm oder im Zentrum einsetzen. Aber Sabitzer oder Kimmich werden nicht über die Außen kommen. Also wenn du Leipzig für ihren vermeintlich großen Kader kritisierst, musst du es bei den Bayern eigentlich doppelt machen.
Nö, weil Nagelsmann taktisch noch flexibler als Tedesco agiert oder agieren kann, diese Spots noch dazu unterschiedlich besetzbar sind UND viele polyvalente Spieler besitzt: Mané, Müller, Musiala und Gnabry haben gegen Frankfurt und Wolfsburg begonnen, Mané und Gnabry im Sturmzentrum könnte man durch Sané und Coman im Zentrum ersetzen, Musiala kann ebenfalls auch mal vorne spielen, Sané und Coman können wiederum für Müller und Musiala hinter der Spitze spielen, etc. pp… Theoretisch könnte er auch auf 4-3-3, 4-2-3-1 umstellen oder auf 3-5-2, wo dann wiederum Coman als rechter oder linker Schienenspieler agieren könnte. Du weißt, worauf ich hinaus will. Nagelsmann ist nicht nur taktisch flexibler, sondern hat auch flexibleres Spielermaterial zur Verfügung. Oder Tedesco erkennt die Flexibilität seiner Spieler nicht vollständig, who knows? Werner und Silva jedenfalls sind nicht flexibel einsetzbar, Szoboslai und Forsberg ebenfalls nicht - und das limitiert Leipzigs Handlungsspielraum, wenn ein Matchplan mal nicht funktioniert.
Die Spieler und das System mögen flexibel sein. Die Anzahl der Spieler, die am aufstellen darf ist es nicht. Und wenn die Kritik ist, Leipzig hat zu viele Spieler in der Offensive, die sich nicht auf die Bank setzen wollen. Dann gilt die genauso für die Bayern. Und wenn die Kritik ist, dass das System von Leipzig nicht so variable, wie das von Bayern ist, dann sorry aber ist die halt schon ein wenig lächerlich.
Aber Nagelsmann hat doch viel mehr Möglichkeiten, um das System so anzupassen, dass seine Spieler alle möglichst vernünftige, zufriedenstellende Einsatzzeiten erhalten, zumal man speziell bei Coman, Gnabry, Goretzka und Co. immer auch mal von einer Verletzung ausgehen muss. Davon abgesehen ging es mir auch nicht ausschließlich um die „Explosionsgefahr“ in gewissen Kaderbereichen, sondern eben auch um diese Flexibilität, die Leipzig vorne einfach nicht hat sowie die Tatsache, dass man in Leipzig eigentlich ganz andere Baustellen hat.
Wir drehen uns im Kreis.
Bayern hat aktuell, wenn man EMCM ausklammert: Coman, Mané, Sané, Müller, Sané, Musiala und Tel
Leipzig hat aktuell, wenn man Sörloth und Poulsen ausklammert: Silva, Werner, Nkunku, Olmo, Forsberg, Szoboslai, Novoa
Dabei kann man wahrscheinlich auch Novoa und Tel ausklammern, weil beide eher herangeführt werden. Also haben beide sechs Spieler für vier bzw. drei Positionen, wobei die Bayernspieler auch weiterhin flexibler einsetzbar sind und alleine schon dadurch zu Einsatzzeiten kommen werden. Wer weiß, vielleicht verkackt’s Nagelsmann auch vollständig, das wird sich natürlich noch zeigen müssen, aber theoretisch hat er mit seinem vorhandenen Spielermaterial einfach deutlich mehr Handlungsspielraum. Tedesco hingegen ist nicht als der große „Rotator“ bekannt, weswegen ich u.A. auch meinte: Wo sollen die alle spielen, zumal alle nicht besonders verletzungsanfällig sind.
Dortmund hat nun wirklich absolut keine Rumpeltruppe…
Das ist ein Problem. Dortmund hat wirklich genug gute Spieler - klar, Verletzungspech, ständige Integration neuer Spieler, weil die guten immer nicht gehalten werden können, viele Junge, die noch so ihre Fehler machen - trotzdem haben sie einen guten Kader, aber seit Tuchel habe ich keine gute Trainerhandschrift mehr gesehen. Was der aus Mkikitarjan, Guerreiro rausgeholt hat, war unglaublich. Ein Spiel aus einen Guss, das Team spielte einheitlich. Das war damals innerhalb kurzer Zeit einstudiert und schon in der Saisonvorbereitung konnte die Mannschaft überzeugen und deutete an, was da kommt. Alle Trainer danach hatten nicht ansatzweise dieses Niveau und auch von Terzic ist dies in meinen Augen nicht zu erwarten, da erkenne ich bislang mehr schlechtes als gutes. Aber kann ja noch kommen, dass sie zumindest wieder guten Fußball spielen und am Ende Platz 2 holen. Sollte auf jeden Fall der Anspruch sein.
Ich frage mich immer noch, was da zwischen Tuchel und dem BVB vorgefallen sein muss, dass man einen Trainer dieses Formats verjagt. Gerne würde ich glauben, dass das an Tuchels schwieriger Art lag, aber ich glaube eher, dass man beim BVB viel zu viel auf Harmonie getrimmt ist. Das muss schon harmonisch sein, bis zu einem gewissen Punkt, aber wenn man Erfolg haben will, kann Reibung auf Dauer auch nicht schaden. Bei PSG ist er natürlich auch angeeckt, aber deren Sportdirektor ist auch ein übler Hanswurst; mit den Spielern, insbesondere mit Neymar und Mbappe schien er aber extrem gut auszukommen - und bei Chelsea gab’s bislang auch keine Probleme.
Im Nachhinein ist’s natürlich leicht, so’ne Behauptungen aufzustellen, aber ich würde nicht wenig Geld verwetten, dass man mit Tuchel den Bayern auf Dauer deutlich gefährlicher geworden wäre, weil er Spieler eh besser macht und nicht zwingend die kranken Weltstars benötigt, um 'ne gefährliche Truppe zu formen. Das hebt ihn im BVB-Kontext halt von den Boszs, Stögers, Roses und Terzics ab. Ich fand auch Favre nicht so übel, aber da war man sich wohl auch nie über die Zielsetzung einig und Favre vielleicht auch manchmal zu „defensiv“, was Ziele anbelangte.
Das hat dazu geführt, dass Tuchel sich mit der restlichen BVB Führung nicht mehr grün war. Ging dann auch darum, dass die Spieler direkt nach dem Schock entscheiden mussten, ob sie am nächsten Tag spielen können usw. Kann man sicher irgendwo nachlesen, die Details habe ich jetzt auch nicht parat.