Aus dem Artikel, den ich weiter oben gepostet habe:
An solchen Personalien wird das Machtverhältnis noch einmal sehr konkret: Fußball spielt mittlerweile in einer anderen Liga. Dieser Status quo liegt in der unglaublichen Kommerzialisierung des Fußballs begründet - und in seiner rasant gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung. Vor allem der Profi-Fußball ist kein Spiel, keine Sportart mehr, sondern diesem Zustand längst entwachsen - und macht es den anderen schwer.
Allein die Fußball-Bundesliga erwirtschaftete in den letzten Jahren etwa einen Umsatz von 2,6 Milliarden Euro. Pro Saison. Die zweite Liga folgt mit gut einer halben Milliarde, die dritte mit knapp 150 Millionen Euro - und erst jetzt gelangt man in Bereiche, in denen sich die Profiligen der anderen Mannschaftssportarten finden lassen: Wie zum Beispiel die Deutsche Eishockey Liga mit gut 100 Millionen Euro sowie die Basketball-Bundesliga oder die Handball-Bundesliga mit je knapp 100 Millionen Euro.
Das alles sind Zahlen, die das Ergebnis eben jenes Teufelskreises sind, in dem es um Aufmerksamkeit geht: Denn nur diese Zahlen bringt jene Präsenz, der die Sponsoren folgen, die das Geld bringen, was benötigt wird, um attraktive Stars verpflichten zu können, um wieder Aufmerksamkeit generieren zu können. Die gesteigerte Aufmerksamkeit wiederum führt dazu, dass Fußball mittlerweile fast in alle gesellschaftlichen Bereiche vorgedrungen ist, die versuchen, von der Aufmerksamkeit zu profitieren: Wirtschaft, Politik, Medien, aber auch Mode, Lifestyle, bis hin zu Sprache.
Der Effekt: „Gerade Großunternehmer sind lieber Sponsor Nummer zehn im Fußball als die Nummer eins im Handball“, hat Thorsten Storm, Geschäftsführer des Handball-Rekordmeisters THW Kiel einmal festgestellt. Von den 100 größten Unternehmen, die im Sportsponsoring in Deutschland tätig sind, sind 71 im Fußball engagiert.
Ein ähnliches Bild gibt es übrigens bei der TV-Präsenz: Während mittlerweile in der ARD Amateurspieltage live gezeigt werden und im ZDF zur besten Sendezeit ein Werbe-Fußball-Cup läuft, finden Handball- oder Volleyball-Weltmeisterschaften einfach gar nicht statt.
Und diese Dominanz des Fußballs lässt sich auch auf dem politischen Parkett beobachten: Nicht nur, dass es zahlreiche Politiker mit Funktionen bei Fußball-Vereinen gibt, die Stärke der Fußball-Lobby zeigt sich vor allem auch beim Kampf um die Unterstützung für Großereignisse. Zum Beispiel im Sommer 2013 beim DOSB-Wahlhearing in Berlin: Gut 14 Wochen vor der Bundestagswahl ging es darum, die Positionen der Politik für den Sport abzuklopfen. Und da stand auf einmal der damalige DFB-Generalsekretär auf und wollte wissen, wie denn die Politik zum Thema Steuer- und Visa-Befreiung bei Sportgroßereignissen in Deutschland stehe.
Bei den Politikern gab es damals große Zustimmung, nur die Grünen waren skeptisch. Aber neben mir saß der Verbandspräsident einer kleineren Sportart und murmelte nur: „Ich müsste mich nur mal trauen, für meine WM nach so etwas zu fragen: Mir würde keiner zuhören.“ Zitieren lassen wollte er sich übrigens nicht. Zu groß war die Sorge vor dem mächtigen Fußball.