Naja, Du bist da ja ganz offensichtlich nicht allein mit und einige Gedanken will man vielleicht auch mal von erwartbar-ähnlich-aber-nicht-ganz-gleich-gesinnten Fremden abprallen lassen, statt von Freunden, Familie oder Fachpersonal, weil man ja bei den anderen Gruppen einen weit enger gefassten Erwartungsrahmen hat, was die Antwort/Meinung betrifft und die womöglich bestimmte Motive haben, die in diesen Antworten Ausdruck fänden.
Bei manchem hat man vielleicht auch das Gefühl es muss irgendwie raus und es sollen gefälligst auch Leute mitkriegen (und ggf. reagieren), aber auch da vielleicht nicht das eigene Support-System.
Ich glaube das ist der Knackpunkt. Nicht jede Meinung oder Erfahrung einer anderen Person, egal wie wichtig und schlüssig die für diese Person sein mag, muss für mich jetzt gerade Sinn ergeben oder kann ich ohne weiteres verbauen. Und sich dieses Aussortieren der Meinungen und Erfahrungen anderer Leute zu erlauben und in sich reinzuhorchen, um sicher sagen zu können „das trifft für mich nicht zu → tschüss“, muss man sich ja auch erstmal (zu)trauen. Je nach eigener Trotzigkeit ist es ja auch nicht unbedingt ein so toller Gedanke, mehr oder minder bewusst einen scheinbar vermeidbaren¹ Fehler zu machen.
Und gerade in der Schriftsprache wirkt ja vieles unumstößlich und absolut, selbst wenn es die Autor*innen gar nicht so meinen (siehe jeden Tag in diesem Forum ).
Will sagen: Gute Bedingungen für Verunsicherung. Durch die Kenntnis der wirksamen Faktoren, kann man aber daran arbeiten. Wird vielleicht nie perfekt, aber entscheiden und machen ist immer gut.
¹is it, though?
Ich habe mich jedenfalls schon oft ungewollt von sowas aus der Bahn werfen lassen und erst viel später nachgedacht und festgestellt: Nö, passt für mich gar nicht. Klang aber im ersten Moment so fundiert und wer bin ich, sowas in Frage zu stellen… yadayadayada. Mittlerweile kriege ich es auch ab und an hin, direkt zu sortieren, statt mit zeitlichem Versatz.
noch etwas mehr, aber klappbar
Erkenntnis lässt sich nicht herstellen. Allerhöchstens lassen sich Bedingungen bereiten unter denen jemand eine Haltung nachvollziehen und annehmen kann, aber das eigentliche Begreifen muss immer in einem selbst zu den eigenen Konditionen (Raum, Zeit, Zustand) erfolgen. Um etwas zu verinnerlichen braucht es persönliche Signifikanz und Lebensweltbezug. Ist das nicht gegeben wird eine „Lebenslektion“, egal wie nett gemeint und/oder tatsächlich hilfreich, nicht wirksam sein.
Und Leute die dann rumlaufen und mir wenig hilfreich was vorhalten à la „na, das hätte man aber wirklich wissen können/darf man nicht denken/vermuten “ oder mit meinen Lieblingssätzen „Das merkt man doch!“ und „Das weiß man doch!“ hantieren, kann ich getrost ignorieren.
Letztlich glaube ich, geht es um das Aussortieren gedanklicher Anstöße bzw. das klassische Thema der Verortung der eigenen Position zwischen sich selbst und den anderen. Es ist gut sich mit den Ansichten anderer zu beschäftigen, aber das bedeutet nicht automatisch, dass ich jedem dahergelaufenen Kommentar gedanklich Tür und Tor öffnen muss. Egal wie fundiert etwas wirken mag, ich darf immernoch entscheiden, dass es für mich nicht zutrifft. Seine eigene Haltung bei der Auseinandersetzung mit anderen Gedanken und auf der Suche nach Erweiterung nicht aus dem Blick zu verlieren ist nicht immer einfach, weil man ja auch nicht zu den ignoranten Deppen zählen will, die sich nichts erzählen lassen. Aber allein, dass man sich darüber Gedanken macht spricht dagegen, dass es soweit gekommen ist. ^^
Ich hoffe es klingt nicht zu laberig bzw. dass du es gebührend ablehnen kannst, sollte es so sein. Das sind gerade einfach meine Gedanken dazu.
Eine mäßig passende persönliche Anekdote aus dem Bereich Gaming zum Thema "eigene Erfahrungen sammeln":
Wir haben in unserer Gruppe eine Weile exzessiv Vermintide 2 gespielt. Man schnetzelt sich dabei Kooperativ durch einen in mehrere Abschnitte aufgeteilten Level durch Wellen von Gegnern, mit Bossgegnern und versteckten Items, für die es am Ende Belohnungen gibt.
Wir hatten in unserer Crew aber unterschiedlich viel Spielerfahrung bzw. Zeit zum Spielen und sind unterschiedliche Typen. Zwei kannten das Spiel seit Release, waren tief drin, kannten alle Level (Routenabweichungen, Boss-Spawns etc.) auswendig und wollten einen anderen Mitspieler -in bester Absicht!- einfach nur mit Infos betanken „jetzt kommt gleich das, nimm dieses build, etc.“, was der aber auch richtig blöd fand. Wäre zwar ggf. effektiv gewesen, aber dieses aufgedrückte Wissen (statt es selbst zu erleben und herauszufinden) passte ihm gar nicht. Auch wenn das Spiel schnell repetitiv wird, was alle wussten, dem Erlebnis aber keinen Abbruch tut), wollte er es ein mal selbst erleben und die anderen sollten still sein, er wollte überrascht werden und sich seinen eigenen Plan überlegen dürfen. Seitdem ist „los, erfahre!“ ein geflügeltes Wort bei uns, wenn jemand wieder anfängt ein Spiel durchzuoptimieren bzw. ungefragt „Arbeit“ draus zu machen, oder gut gemeinte Ratschläge abgelehnt werden (müssen).