In dem von dir angeführten Artikel steht ausdrücklich:
Die Schuldenbremse war nicht Gegenstand von Lindners Amtseid.
[…]
und
Fakt ist allerdings auch, dass der Finanzminister nicht direkt über die Aussetzung der Schuldenbremse entscheiden kann. Denn dies ist die Aufgabe des Deutschen Bundestags, der das Haushaltsrecht ausübt. Lindners Aufgabe als Finanzminister wäre es gewesen, einen Haushaltsentwurf vorzulegen, über den dann im Bundestag abgestimmt wird.
Der Finanzminister entscheidet nicht über den Haushalt und somit auch nicht über den Bruch der Schuldenbremse. Das Haushaltsrecht liegt beim Parlament.
Deshalb ist die Aussage „Scholz hat Lindner aufgefordert, die Schuldenbremse zu brechen und damit gegen das Grundgesetz zu verstoßen“ mindestens gezielt irreführend.
Hinzu kommen die angegebenen möglicherweise in Frage kommenden Ausnahmeregelungen und andere Möglichkeiten, die diskutiert, aber abgelehnt wurden. Für Gesetzesinitiativen, die der FDP wichtig waren, z.B. Aktienrente oder „kalte Progression“ stand ja offenbar ausreichend Geld im Haushalt zur Verfügung oder Tricks wie Umbuchungen für die Bahn usw. usf.
Eine Einschätzung für Kredite in Notsituationen gibt hier die Staatsrechtler Alexander Thiele und Henning Tappe
„Wenn Lindner hingegen behauptet, das sei offensichtlich verfassungswidrig“, so Thiele weiter, „will er die Verantwortung für eigene politische Entscheidungen auf die Verfassung abschieben“.
„Offensichtlich verfassungswidrig wäre ein Überschreitensbeschluss sicherlich nicht“, meint auch Professor Henning Tappe, Steuerrechtsexperte der Universität Trier.
Der Autor des ZDF-Artikels kommt zum Fazit:
Bleibt also ein Befund: Zum Koalitionsbruch mag Olaf Scholz den Ex-Finanzminister je nach Lesart angestiftet haben - zum eindeutigen Bruch von Verfassung und Amtseid eher nicht.
edit:
Sogar die Einschätzung, Scholz habe Lindner aufgefordert, einen Verfassungsbruch zu begehen, erfordert viel Interpretationsleistung. Denn zum einen liegt die Hoheit über den Haushalt beim Parlament (also gar nicht beim Finanzminister) und zum anderen müsste ein möglicher(!) Bruch mittels Notlagenregelung erst vom BVerfG festgestellt werden. Da wird also etwas in der Begründung vorausgesetzt, nämlich der Verfassungsbruch, der noch gar nicht festgestellt wurde und erst entschieden werden müsste.
Beides ist unlogisch. Der Finanzminister kann in der Sache nicht die Verfassung brechen, weil er nicht die Entscheidungshoheit hat und ein Verfassungsbruch kann nicht vorliegen, bevor er festgestellt wurde.
edit: Ende
Deshalb kann man mMn schon sagen, dass die Behauptung „Man kann auch Fragen, warum Scholz Lindner aufgefordert hat die Schuldenbremse zu brechen und damit gegen das Grundgesetz zu verstoßen.“ mindestens eine tendenziöse irreführende Desinformation, wenn nicht sogar Lüge, darstellt, die leider, wie so oft, ohne Begründung einfach als Tatsachenbehauptung aufgestellt wurde. Auf eine Nachfrage, wie und wann das denn passiert sei, reagiert man dann nicht und lässt die Behauptung einfach im Raum stehen.
Und solange man kein Dementi hört, keine Gegenrede erfährt, gilt das dann als Wahrheit.