Weil einige geschrieben haben, dass das Netflix-DRM nicht so schlimm sei: Ja, ich stimme euch zu. Netflix hat ein vergleichsweise harmloses DRM, da gibt es auch weitaus schlimmeres. Aber je weiter sich DRM verbreitet, desdo weniger nimmt man die Einschränkungen wahr, sie werden als normal angenommen und fließen so als “Standard” in den Markt ein. Das finde ich bedenklich, weil sich dadurch der gefühlte Normalzustand verschiebt hin zu mehr DRM. Das ist ein ähnliches Wettrüsten wie bei Adblockern.
Und selbst bei dem vergleichsweise milden Netflix gibt es große Einschränkungen. Bei Netflix schränkt das DRM ein, welche Software und Hardware man benutzen darf. Besonders auffällig ist es bei 4K-Inhalten: Nur der Edge-Browser wird unterstützt. Außerdem braucht man HDCP2.2-Kompatible Hardware (nur die neuen Intel CPUs UND nur die neuesten Grafikkarten UND nur Windows-Support. Funktioniert grundsätzlich nicht unter macOS, iOS, Linux und Android). 1080p-Inhalte funktionieren nur unter IE und Safari, beim Rest klappt maximal 720p (Quelle). In meinen Augen sind das gravierende Einschränkungen, denn ich kann nicht mehr frei wählen, welche Software und Hardware ich nutzen möchte. Und diese Einschränkungen liegen ausschließlich am DRM und wären technisch sonst nicht notwendig.
Die DRM-Technologie die Netflix, Disney+ und andere verwenden heißt Widevine und wird von Google entwickelt. Google schränkt ein, welche Browser Widevine benutzen dürfen. Neue Browser wie Brave haben in der Vergangenheit große Probleme gehabt oder wurden sogar daran gehindert, Widevine zu lizenzieren.
Da DRM proprietäre Technologien sowohl auf Softwareseite (wie Widevine) als auch auf Hardwareseite (wie HDCP) vorraussetzt, wird der Wettbewerb im Software- und Hardwaremarkt massiv eingeschränkt, da diese Technologien nicht ohne weiteres benutzt werden dürfen sondern streng kontrolliert wird, wie das eingebaut wird. Insbesondere freie Open-Source-Lösungen werden eingeschränkt. Dieses marktverzerrende Verhalten sorgt für weniger Konkurrenz und schadet uns Verbrauchern. Ein Hardwarehersteller kann nicht mehr “einfach so” HDMI einbauen, weil HDMI kein offener Standard ist. Sondern er muss Lizenzgebühren bezahlen und vertraglich zusichern, die Hardware nur in einer eingeschränkten Weise zu bauen, um das DRM durchzusetzen. Außerdem wird der Markt dadurch verzerrt, weil die Markteinstiegshürden immer größer werden und Wettbewerb durch die inhärente DRM-Kundenbindung verschlechtert wird.
Dabei ist HDCP (einschließlich 2.2) schon seit mindestens 2015 geknackt worden, und trotzdem muss man diese Gängelung hinnehmen, weil sich der Verbraucher noch nicht hinreichend eingeschränkt fühlt. Je mehr sich DRM aber durchsetzt, desdo mehr wird man eingeschränkt und desdo weniger Konkurrenz gibt es auf dem Markt. Dazu kommen die Datenschutz und SIcherheitsrisiken, die ich bereits angesprochen hatte.