Donnerstags ist bei mir immer Therapietag, wofür ich insgesamt um die 2 Stunden für unterwegs bin mit Zug und Straßenbahn. Entsprechend erledigt bin ich dann, wenn ich zu Hause angekommen bin.
Hatte noch geschafft mir etwas zu essen zu machen und mich dann ins Bett gelegt, um zu entspannen.
Plötzlich rief mein bester Freund an und wir haben schon einige Monate nicht mehr miteinander gesprochen. Er würde nie anrufen, wenn es nicht dringend wäre, also bin ich dran gegangen. Er brauchte meine Hilfe und, weil ziemlich schnell für mich klar war, dass ich die einzige bin, auf die er gerade zurück greifen kann, bin ich trotz großer Trägheit und Unlust nochmal in meine Klamotte, um ihn unterstützen zu können.
Ich will das jetzt nicht groß ausführen, aber wir haben eine sehr lange Geschichte hinter uns. Kennen uns jetzt bald 10 Jahre und 7 davon waren wir zusammen, haben erst in einer Wohnung gelebt und dann zwei Jahre in einem Wohnwagen, hatten beide schon immer mit unseren Psychen und daraus resultierend auch unserer Umwelt zu kämpfen, irgendwann die Beziehung geöffnet, dann polyamor gelebt, einige Jahre auch als Familie zu viert, dann mit unseren jeweiligen Partnern, er und seine andere Partnerin hatten ein Kind geplant, mein damaliger und jetziger Partner und ich hätten uns auch um das Kind gekümmert.
Ja und dann gab es viel Stress mit der Partnerin meines Exfreundes / besten Freundes, alles wurde sehr schlimm, wir sind getrennte Wege gegangen, viel Vertrauensmissbrauch seitens der Exfreundin und dann fiel mir auch vermehrt auf wie sehr mir rückblickend einiges in unserer 7 jährigen Beziehung geschadet hat. Wir haben uns beide sehr gut und dann wieder überhaupt nicht gut getan rückblickend betrachtet. Aber wir waren immer froh uns zu haben und ein gutes Team.
Um die komplexe Geschichte zu einem Ende zu führen: Zuletzt vor etwa einem halben Jahr hatten wir noch sporadischen Kontakt, ich merkte aber immer mehr, dass mir dieser nicht gut tat und wie erschöpft ich seelisch und körperlich nach jedem Wiedersehen war.
Ich bin dann auf Abstand gegangen, aber er ist und bleibt Familie und damit meine ich wirklich Familie. Nicht wie meine Geschwister oder Eltern, die mir über mein beinahe gesamtes Leben geschadet haben, weswegen ich mich von ihnen langfristig fern halten muss. Ich hab da auch regelmäßig mit meiner Therapeutin drüber gesprochen und letztlich war so das Fazit, dass sich unsere Dynamiken nicht gut miteinander vertragen. Vereinfacht gesagt triggern wir uns gegenseitig mit Dingen, die feste Teile unserer Persönlichkeit sind. Wir sind uns in so vielen Punkten einig und gleich, aber in manchen wesentlichen wird es für mindestens einen von uns sehr kraftraubend. Ich hab ewig gebraucht mich von ihm zu trennen und das zu akzeptieren und bin heute sehr erleichtert das irgendwann durchgezogen zu haben. Aber wie es ihm danach ging, mich daran zu erinnern macht mich immer noch traurig. Auch, wenn de facto ich diejenige war die während des gesamten Trennungsgespräches geweint hat, weil es mir so leid tat. Bis dato wurde ich immer von Partnern verlassen für eine andere, ich hatte gefühlt keine Ahnung was ich da tat und gleichzeitig fühlte es sich nur fair und richtig an.
Heute geht es ihm richtig gut, er führt eine glückliche Beziehung mit einem Mann (auch etwas was er sich jahrelang nicht getraut hat auszuleben u.a , weil seine Familie ähnlich bescheuert ist wie meine), wohnt in einer neuen Stadt, hat endlich einen Job der seinem Akademiker Status gerecht wird und wo er so arbeiten kann wie es zu ihm passt und wo er gewertschätzt wird, er hat mittlerweile eine neue Diagnose die vieles für ihn besser einordnet und verständlicher macht. Und ich hab auch den Eindruck, dass ich jetzt wo ich so viel über meine und er über seine Erkrankungen dazu gelernt hat, können wir besser miteinander auskommen. Weil jeder für sich alleine schon viel besser zurecht kommt.
Ich bin gerade wirklich gut drauf und froh ihn gesehen zu haben. Auch mit ihm wieder sprechen zu können tat gut und war auch sehr lustig teilweise. Es tat einfach gut und nun bin ich aber auch wieder etwas erschöpft und erleichtert, dass ich wieder hier alleine in meiner Bude bin.
Ich hoffe wir können den Kontakt lose halten.
Es ist noch viel zu früh für irgendwelche Prognosen und ich weiß derzeit auch gar nicht was ich konkret mir von unserer Zukunft erhoffe.
Nur, dass es gut tat ihn zu sehen und mit ihm zu sprechen.