Ein paar ungeordnete Gedanken.
Seit 1945 wird in Deutschland im Schnitt alle zwei Wochen ein jüdischer Friedhof geschändet. Gräber zerstört, mit Hakenkreuzen und Parolen beschmiert etc. Der Antisemitismus war in diesem Land nie weg. Er hat nur gelernt, sich besser zu verstecken. Aber das muss er seit einem Jahr gar nicht mehr so sehr.
Seit dem Krieg in Israel und Gaza geht der allgemein eh schon existente Antisemitismus auch nochmal von muslimischer Seite durch die Decke.
Hier in Wuppertal wanzt sich die AfD gerade an die jüdische Gemeinde ran, damit sie mit ihnen zusammen mehr Stimmung gegen Muslime macht.
Eine Schulpfarrerin berichtet, dass sie in ihrer Schule mehrere jüdische Schülerinnen und Schüler unterrichte. „Offiziell“ tauchen die nicht in den Statistiken auf, weil sie dann antisemitischen Ressentiments ausgesetzt sind. Ein Schüler, der so unvorsichtig war, in der Klasse seinen Hintergrund publik zu machen, wird von einer muslimischen Schülerin mitten im Unterricht angebrüllt, er solle „sein dummes J…maul halten“.
Die Synagoge hier in Wuppertal wird immer mehr zu einer Festung, sowohl nach Außen (immer wieder Staatsschutz mit vollautomatischen Waffen) als auch nach innen. Sämtliche Kooperationen mit uns als evangelischer Kirche wurden ihrerseits weitgehend gekappt. Es gibt praktisch niemanden, mit dem ein christlich-jüdischer Dialog möglich ist.
Die Pfarrerin, die die Kirchengemeinde „in Nachbarschaft“ zur Synagoge leitet, ist auch zunehmend frustriert: Als geistliche Frau wird sie von der Synagogengemeinde schlicht nicht ernstgenommen. Selbst als „Pfarrerin“ will sie dort niemand bezeichnen.
Schülerinnen und Schüler, die in Bezug auf den Nahostkonflikt keine wirkliche Partei ergreifen, sind häufig den antisemitischen Parolen muslimischer Schülerinnen und Schüler ausgesetzt (s. o.), während jüdische SuS weitgehend den Kopf unten halten (müssen) und auch mit deren Gemeinde kein wirklicher Dialog möglich ist. Was tun gegen Antisemitismus in dieser Gemengelage?
Und dann gibt es auch noch russische Jüd*innen, denen gerade doppelt daran gelegen ist, den Kopf unten zu halten.
Viele erwarten von uns als Kirche eine Vermittlerrolle. Scheißsituation.