Mein Beileid
Danke
Ich bin halt echt zwiegespalten - einfach die vielen Dinge, die er mit uns noch machen wollte, dann wieder ist er genauso gestorben, wie er es wollte. Ja nicht im Krankenhaus. In seiner Wohnung. Die Familie da.
Aber ER ist nicht mehr da.
Solange man sich seiner Erinnert, ist er nicht weg.
A man is not dead while his name is still spoken
Du wirst lachen, aber wenn es nach mir ginge.
Das soll auf seiner Parte stehen. Und abseits all seiner Fehler, das war einfach mein Papa.
Ich hab das meiner Oma gesagt nach dem Tod meines Opas Anfang des Jahres. Ich glaube es hat sie aufgemuntert. Ich finde das ist ein sehr guter Spruch.
Nostalgie, hab ich selten, aber gerade extrem stark…
Aus irgendeinem Grund musste ich vorhin an eine Person denken, die ich vor 5 Jahren bei einem längeren Aufenthalt im Ausland kennen gelernt hatte und mit der ich mich in den paar gemeinsamen Wochen extrem gut verstanden habe. Wie das leider fast immer so ist, haben wir uns danach aus den Augen verloren, und zwar soweit, dass mir nicht mal mehr ihr Name eingefallen ist.
Hab dann mal Facebook geöffnet und bin meine Freundesliste durchgegangen, in der Hoffnung, sie dort wieder zu finden.
Dabei ist mir aufgefallen, wie viele dieser Menschen, mit denen ich auf Facebook befreundet bin, kaum oder gar nicht mehr kenne. Jetzt sitze ich seit einer Stunde da, schau mir Profile an, lese alte Chatverläufe und versuche mich zu erinnern, woher ich die Personen kenne und was wir erlebt haben.
Es ist krass, wie schnell die Erinnerungen an Personen und gemeinsame Erlebnisse verblassen, gerade bei Leuten, die man auf Reisen oder während man für ein paar Monate in einer anderen Stadt gelebt, kennen gelernt hat, verblassen.
Ich weiß, dass ich mit manchen von denen für ein paar Wochen oder Monate eine extrem intensive gemeinsame Zeit hatte und ich die sehr mochte und jetzt fallen mir nicht mal ihre Namen mehr ein.
Meine Emotionslage ist gerade so eine Mischung aus Bedauern, dass ich es nicht geschafft habe, Kontakt zu halten, Trauer um die Erinnerungen, die immer mehr verblassen und ein bisschen Angst, dass jetzt, wo Studium vorbei ist und man „sesshaft“ wird, die Chancen, nochmal neue coole Leute kennen zu lernen, mit denen man so intensive Phasen erlebt, immer geringer werden.
Das zu lesen und somit nicht alleine mit diesem Gefühl zu sein, hat mich gerade schon ziemlich beruhigt.
Okay, zukünftig muss ich wohl die WhatsApp Statusse meiner Mutter meiden.
Es ist schon schlimm genug, wenn ich bei meinen Eltern zu Hause bin und ich da im Flur die ganzen Bilder von mir und meinen Geschwistern sehen muss. Nun teilt sie ein Bild aus Zeiten, in denen wir drei uns noch zusammen gerissen haben miteinander klar zu kommen. Im Nachhinein habe ich festgestellt wieviel ich da ertragen und ausgehalten habe. Entsprechend fies fühlt es sich an, wenn ich diese Bilder sehe. Ich bin gerade kurz wütend geworden und war kurz davor meiner Mutter etwas dazu zu schreiben. Aber das wäre sicher keine gute Idee. Was soll ich von ihr dahingehend erwarten. Morgen ist Muttertag und wahrscheinlich hat sie ein Bild von ihren drei Kindern rausgesucht, damit sie nicht alle einzeln posten muss. Und nicht, weil sie nicht akzeptieren kann, dass ihre Kinder nicht miteinander klar kommen. Ich kann mir ja nur versuchen vorzustellen wie das für eine Mutter sein muss. Aber andererseits schleicht sich dabei auch gleichzeitig dieses Gefühl von "ja, natürlich hast du für andere wieder Ach so viel Verständnis, aber was ist mit dir? Wer nimmt denn auf dich Rücksicht? " ein.
Und meine Eltern nehmen schon enorm viel Rücksicht, indem sie uns 3 zb an Feiertagen so aufteilen, dass wir uns nicht begegnen. Das ist nur eines von vielen Beispielen.
Aber ich kann auch nur beurteilen, was ich mitbekomme und darauf vertrauen, dass meine Eltern meine Privatsphäre schützen, meine PTBS ernst nehmen und entsprechend meine Grenzen einhalten. Auch, wenn das sicher nicht einfach ist damit zurecht zu kommen, dass die eigenen Kinder sich Schaden und Traumata zugefügt haben.
Kommt mir sehr bekannt vor.
Ich bin gerade einfach am Limit. Mit allem. Vertrete jetzt in der vierten Woche einen Kollegen, weil der Corona hat. Ich will natürlich nicht, dass er zu früh wieder kommt, darum geht es nicht. Hab nur einfach doppelt so viel zu tun, weil Hochsaison ist. Das heißt, es bleibt mehr länger liegen, aber geht halt nicht anders. Meine Chefinnen haben da vollstes Verständnis und ich kann auch jederzeit nach Hilfe fragen und mache das auch, aber Fakt ist, ich schaffe nicht so viel, wie ich will und werde meinem eigenen Anspruch nicht gerecht. Dazu kommt, dass die Pandemie (Isolation etc) wohl langsam auch mehr Spuren hinterlässt, ich bin schnell gereizt, schlafe schlechter, bin voll schnell nah am Heulen. Es würde mir sicher gut tun, mich mal richtig auszuheulen, aber irgendwie komme ich nie da an. Es fühlt sich immer so an, als ob ich losheulen könnte und dann arbeite ich weiter oder der Moment ist vorbei.
Natürlich sorge ich mich auch ständig um meine Mutter, die sich zwar erholt, aber eher langsam und jede Stimmung landet bei mir. (Wenn sie sich nicht meldet, mache ich mir Sorgen und rufe sie an.) Ich habe ständig Angst, dass sie nochmal einen Schlaganfall bekommt und wie es dann weitergeht.
Mittlerweile merke ich alles auch gesundheitlich, der chronische Mist meldet sich öfter und ich bin schlapp und energielos. Ich fühle mich mit allem allein gelassen und hasse es sehr, dass ich niemanden habe, der mal für mich da ist. Bei meiner Mutter und meiner Schwester bin ich immer stark, weil die damit nicht umgehen können und mich die Reaktionen noch mehr belasten, als alles mit mir auszumachen.
Ich bin einfach fertig, gerade.
Ist es so bei dir, dass deine Mutter das nicht akzeptiert oder wie meinst du das?
Akzeptieren tut es meine Mutter. Dass ihr das zusetzt oder sie sich wünscht, dass es anders wäre möchte ich ihr gar nicht absprechen.
Damit es nicht nur bei einem wachsenden Herzchen-Counter bleibt: Ich finde gut, dass Du Dich mitteilst. Sowas ist wichtig, schafft Klarheit, baut etwas Druck ab. Was du beschreibst klingt hart; es ist furchtbar sich so kraftlos, überanstrengt und allein zu fühlen. Ich hoffe, dass diese Phase für Dich bald vorbei ist und Du mit dem kommenden Sommer wieder mehr Energie bekommst als du aufwenden musst.
Ja, so ungefähr. Sie denkt halt, dass alles einigermaßen ok ist zwischen mir und meinem Bruder. Ich lasse sie aber in dem Glauben, weil ich keinen Bock Streit habe und sie auch nicht unnötig Belasten will.
Seht ihr drei euch denn noch regelmäßig?
Stelle ich mir hart vor, wenn du und dein Bruder euch dann quasi zusammen reißen müsst jedes mal.
Ich finde es generell schwierig sowas von außen zu beurteilen. Manchmal bleibt einem für den Moment nur über abzuwägen was einem gerade gut tun oder eher schaden würde. Und manchmal bedeutet das etwas zu verheimlichen dem eigenen und eventuell dem Seelenheil anderer zu liebe. Ist bestimmt keine einfache Situation für dich. Tut mir leid.
Ach, das geht schon. Klar nervt es natürlich, aber bei mir mir ist es nicht so schlimm wie bei dir oder anderen bzw. belastet es mich nicht (mehr) so wie früher. Noch dazu könnte ich ihn in den Boden stampfen, wenn er mich zu sehr nervt. Aber ich mache es nicht, weil ich meiner Mutter wenigsten etwas Familienfrieden und Freude im Leben gönnen will.
Was ganz Banales und es werden hier sicher einige die Nase rümpfen, dass man dabei ein rühriges Gefühl empfindet, aber ich empfand das am Heimweg echt schön, die ganzen Lokale zu sehen, in die man ständig gegangen ist, in denen sich wieder Leben abspielt. Das hat mir richtig ein Schmunzeln entlockt. Hab jetzt extra noch eine geraucht und eine extra Runde über den Platz, am Eck meiner Wohnung gemacht, weil ich das so rührend fand.
Keine Ahnung, irgendwie hat mich das jetzt ganz eigenartig emotional gekriegt.
Ich glaube auch, dass einmal alles richtig rauslassen befreiend sein kann.
Ich hatte neulich auch meinen Corona breakdown. Hab auf der Heimfahrt plötzlich angefangen zu weinen. Daheim war ich dann stinke wütend. Ich war kurz davor die Teller aus dem Schrank zu reißen und zu zerdeppern. Anschließend war ich wieder am heulen. Und am nächsten Tag gings mir echt besser. Seit dem Tag, an dem mir auch erst wirklich bewusst geworden ist, wie schlecht drauf ich generell bin, geht es bergauf.
Vielleicht bricht es bei dir auch irgendwie raus und danach geht’s besser. Oder du versuchst dir wirklich „Zeit“ für das zu nehmen.
Ich weiß nicht, wie die Sache bei euch ist, aber bei uns ist ein Problem, dass meine Mutter mit der einen Schwester ein Problem hat und mit der Frau meines Bruders. Wir Geschwister stehen eigentlich ganz gut zueinander und - wenn du mich fragst - ist das Problem einfach, dass meine Mutter sich nicht anhören will, warum einer meiner Schwestern bzw. meine Schwägerin mit ihr ein Problem hat. Die Probleme sind nicht einmal - soweit ich es beurteilen kann - böse gegenüber einer anderen Person, sie reden nur nicht miteinander, weil dann müssten sie über ihr Handeln nachdenken und auch wenn sie eigentlich nichts falsch machten - der andere fasste es falsch auf und reden sie nicht darum.
Ich habe vor gut einem Jahr reinen Tisch gemacht, dass ich bei dem Scheiß nicht mehr mitmache, gerade weil meine Mutter die Angewohnheit hatte, je mehr sie „getriggert“ war, umso eher sprach sie mich (unbewusst) mit meinem falschen Namen an und das stresste mich unnötig und habe ich in den Familienchat eiskalt reingestellt, dass sie den Scheiß bitte unter sich ausmachen und mich nicht in ihre Streitigkeiten reinziehen sollen.
Danach gab es noch eine große Aussprache mit meiner Mutter, die sich dem Problem gar nicht bewusst war (Nein, habe ich doch nie so gesagt - Ja, genau, deswegen traute ich mich erst mit 38 zu outen - Aber ich hab doch keine Probleme damit - Ja, eben weil du das glaubst und keine Widerrede erlaubst …)
Und es ist verdammt schwer, dass ich nicht mehr eingreife, meist will ich die beiden einfach mal an einem Tisch zwingen und sie sollen sich mal anhören, was sie glauben, das die andere von ihnen denkt, aber andererseits.
Ich habe mein Leben zu führen. Es ist so verdammt hart, sich kalt zu zeigen, aber ich kann nicht mehr die Kraft aufnehmen, dass sie endlich über sich nachdenken. Dass sie Kritik zulassen und das nicht gleich als Angriff gegen sich gelten lassen.
Hab Kraft. Steh zu dir. Achte auf dich.
Und hin und wieder: sage ihnen, dass es bestimmte Sachen nicht dich betreffen und bei den Dingen die dich betreffen: Das sind deine Werte, deine Entscheidungen. Deal with it (also deine Familie muss damit umgehen können, nicht du, du hast genug Stress).
Das klingt genauso wie das, was ich erwarte. Einfach mal alles raus lassen, sich der Situation stellen. Mal schauen, vielleicht klappt es ja doch mal, sich richtig auszuheulen…
Seit ich das von der Seele geschrieben habe, ist es auch tatsächlich etwas besser.
Nimm dir die Zeit die du brauchst.
Aber bring uns gefälligst endlich den versprochenen Sommer mit wenn du wiederkommst