Das Problem ist aber immer, dass sie Aussagen durch den Schnitt aneinander reiht, ohne diese zu kontextualisieren. Z.B. die Textnachrichten von Depps Assistent Stephen Deuters, in denen er direkt Amber Heards Aussage, dass Depp sie im Flugzeug zu Boden getreten hat, bestätigt: Die Doku lässt die Implikation zu, dass diese manipuliert worden seien, etwas was Stephen Deuters zunächst auch behauptete. Das Ding ist aber, dass er vor Gericht in den UK bestätigte, diese Nachrichten selbst geschrieben zu haben. Diesen Kontext gibt die Doku nicht und lässt zu viel Spielraum für Interpretationen. Überhaupt ist der Fall in den UK, wo Johnny Depp verloren hat (weswegen sich auch seine Aussage in den USA auf einmal änderte und Zeugenaussagen die Zeugen wechselten) , nur eher eine Fußnote.
Auch werden z.B. Heards Audioausschnitte, also ihre vermeintlichen Fehler wie z.B. das „Tell the World, Johnny…“ (welches übrigens immer falsch zitiert wird) völlig ohne Push Back und Kontextualisierung stehen gelassen. Im vollen Kontext ergibt sich nämlich ein ganz anderes Bild dieser Aussage.
Und wenn es um die Reaktionen auf Social Media geht: Die Doku schenkt dem Fakt kaum Beachtung, dass Johnny Depps Team, insbesondere Depps Anwalt Adam Waldman, ganz gezielt mit Social Media Leuten wie z.B. Youtubern seit Jahren mit dem Ziel der Verbreitung von Falschinformationen und Hetze zusammengearbeitet hat (weswegen Adam Waldman nicht mehr als Anwalt in der Verhandlung in den USA teilnehmen durfte). Adam Waldman hat das in der Verhandlung zugegeben!
Als Regisseurin einer Dokumentation über die Reaktionen auf zu Social-Media müsste man doch hier sofort die Verbindungen ziehen, also warum wird das nicht zum Fokus gemacht?
Die Doku versucht zu sehr „neutral“ zu sein, zu sehr 50/50, um sich ja nicht zu positionieren, wodurch zu wenig hinterfragt und zu vieles einfach ohne Push Back und Aufklärung im Raum stehen gelassen wird.
Ich weiß nicht, welches Bild du von dem Fall hattest, bevor du dir die Doku angeschaut hast, aber ich bezweifle, dass Leute, die Amber Heard als die Täterin sehen, nach dieser Doku so viel anders über sie denken werden. Vielleicht werden dann ein paar zu dem üblichen uninformierten „BEIDE WAREN TOXISCH“ übergehen. Und das ist ein Problem.
Was wir brauchen, ist eine bessere Darlegung der Fakten und keine sensationsheischende Darstellung der misogynen Hexenjagd, die wir schon alle live miterlebt haben. Wir brauchen Expertenmeinungen, die über Dinge wie DARVO, Litigation Abuse, Coercive Controle, Opferreaktionen und Dynamiken in Partnerschaftsgewalt aufklären. Es braucht Experten, die über Medienmanipulation, Schmierenkampagnen usw. aufklären. Dass Emma Cooper laut eigener Aussage, kein Interesse an Experten hatte, ist meiner Meinung nach unverantwortlich.
Für mich bietet die Doku da einfach keinen Mehrwert, dafür ist das alles zu halbgar, effekhascherisch und streckenweise einfach nur ärgerlich
Edit: Es wirkt halt einfach nur, als habe man ganz schnell versucht, eine Doku zu produzieren, solange der „Hype“ noch nicht gänzlich abgeebbt ist. Das würde die Oberflächlichkeit zumindest erklären.