Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich denke ich verstehe woran Kaw00m ursprünglich Anstoß nahm. Mir ging es beim Ansehen des Trailers (auch damals beim Trailer zu Black Panther) zumindest so, dass ich unwillkürlich mit den Augen rollte.
Mich hat gestört (und stört noch), dass diese Filme so offensiv mit im eigentlichen Werk nur marginal angelegten Botschaftten für sich werben. Es ist eine unschöne Mischung aus Predigt und Selbstbeweihräucherung. Diese Überhöhung in der Werbung schwächt die Botschaft meiner Meinung nach. Die Leute werden den Film sehen und wenn der Film gut gemacht ist, dann verstehen sie auch die Botschaft - weil diese fester Bestandteil des Films ist. Wie Timmy und Jimmy in South Park. Wie Negasonic-Teenage-Warhead und ihre Freundin in Deadpool 2. Normalisierung erzeugt man nicht durch Hervorhebung und holier-than-thou-Predigten; das erzeugt eher Reaktanz.
Im Trailer zu Captain Marvel bspw gibt es eine Stelle wo “Meet a hero” eingeblendet wird. Dabei erscheint aber zunächst, durch den Ausschnitt des virtuellen Scheinwerfers, nur “Meet her”. Sowas ist mir zu sehr auf die Nase gedrückt. Das sorgt bei mir nicht dafür, dass ich denke “Wow” oder “endlich traut sich mal wer”, sondern für besagtes Augenrollen, weil die Absicht ein billiges Abfischen der gegenwärtigen Stimmung ist, vielleicht ohne oder nur mit schwachem Bezug zum eigentlichen Film.
Ich bin nicht genervt, weil ich dagegen wäre, dass eine Frau im Mittelpunkt steht, oder dass hier ein weiteres Vorbild für heranwachsende Frauen und Mädchen erscheinen soll. Sondern weil das Marketing hier so schamlos ausnutzt, was gerade en vogue ist und dadurch die eigentlich gute Botschaft aushöhlt und schwächt.
Dazu kommt, dass der Film diese Botschaft gar nicht unbedingt so offensiv vertritt wie im Marketing vorgegaukelt wird.
Das ging mir zumindest bei Black Panther so (wen es interessiert):
Kleiner Exkurs
Ich fand die Figur des Black Panther beim Auftritt in Civil War echt stark. Ich kanne den überhaupt nicht (kein Comic Afficionado, sorry) und wollte gern mehr sehen.
Dann lief Im Trailer zu Black Panther damals “The Revolution Will Not Be Televised” als musikalischer Background. Da war der Film erstmal für mich gestorben. Denn für mich war das schamlose Ausschlachtung einer wichtigen Civil Rights-Phrase, die - von dem was zu sehen war - nichts oder wenig mit dem Film zu tun hatte. Sie sollte einfach nur die aufgeheizte Stimmung abgreifen und den Leuten vermitteln: Wenn du “woke” bist, wenn du sagst “black lives matter”, wenn du genug hast von der Unterdrückung dann guck unseren Film.
Das empfand ich als der Sache zutiefst unwürdig und konnte hier auch zunächst Werk und Drumherum nicht trennen.
Als ich den Film dann später gesehen habe, fand ich ihn gut. Hat mir wirklich gefallen, einfach so für sich genommen, als Film. Aber “The Revolution Will Not Be Televised” und alles was damit zusammenhängt, habe ich allerhöchstens ganz am Rande gefunden (Killmongers Kindheitsgeschichte und die Einrichtung des Wakandischen Hilfsprogramms in der alten Nachbarschaft); definitiv aber nicht präsent genug um damit im Trailer zu werben.
Und diese Aushöhlung und Mogelpackerei stört mich. Das ist nicht nötig für die Filme und das ist den, hier nur vorgeschobenen(!), Botschaften nicht würdig. Damit meine ich nicht, dass Schauspieler und Produzenten ihre Reichweite nicht nutzen sollen um gute Botschaften zu senden; die Filme senden die Botschaften ja auch. Aber es den Leuten vorgekaut auf den Teller zu würgen, nur um sich schleimig anzubiedern, das finde ich tatsächlich auch doof.
Also meine These:
Störend ist nicht die Botschaft an sich, sondern die als unehrlich empfundene Art und Weise wie sie zur Vermarktung genutzt wird. Sie wirkt “aufgedrückt”, statt durch das Werk selbst erschlossen zu werden.
Und unter dieser Prämisse dachte ich dann wieder einmal an die grundlegende Frage, ob ein Werk getrennt von den Umständen der Entstehung und der Verbreitung betrachtet werden kann und falls ja, ob es das sollte.