Thema #82: Neuland (Rumänien)
Film: The Sisters Brothers von Jacques Audiard
Erscheinungsjahr: 2018
Laufzeit: 121 Minuten
Wo gesehen: ServusTV-Mediathek
Im Jahre 1851 sind Joaquin Phoenix und John C. Reilly ein gefährliches Revolverheldenbrüderpaar, welches für den Commodore von Oregon die „schmutzige Arbeit“ erledigt. Doch Riz Ahmed als mysteriöser Chemiker erweist sich als harte Nuss und was hat der Privatdetektiv Jake Gyllenhaal eigentlich vor? Es beginnt eine Reise nach Westen.
Zum Thema: Rumänien war bei mir nun Land 67. Da ich ja erst seit den paar Jahren in denen ich bei der Challenge mitmache Letterboxd habe, ich recht wenig von früher nachgetragen habe und auch sehr selten Kurzfilme anschaue; bin ich damit ganz zufrieden und stöbere in sowas wie der World-Challenge auch mal gerne nach.
Was ich dagegen sehr überraschend fand, dass Rumänien bei mir gefehlt hat. Ja neben Zentralafrika und Mittelamerika (und die ganzen Inseln natürlich noch) ist Osteuropa bei mir das dunkelste Gebiet, aber irgendwie hatte ich mit mehr kleineren Ländern gerechnet, dabei hatte ich z.B. Nordmazedonien oder Bulgarien schon, Rumänien aber nicht. Mir war schon klar, dass man die ganzen Vampirhorrorfilme so gut wie nie in Rumänien gedreht hat aber wenn ich mir das bei Letterboxd so angeschaut habe, dann sind ja wirklich von diesen gefühlt tausenden Graf Dracula Filmen in Transsilvanien einfach 0,0 in Transsilvanien gedreht (Ist natürlich mal wieder gelogen Dracula 3: Legacy hat natürlich 1 Prozent Rumänienanteil … ihr wisst was ich meine ).
Überhaupt hab ich so die Filme aus den osteuropäischen Ländern überflogen und es sind schon noch erstaunlich wenig, wenn man dass mal mit anderen Ländern vergleicht, eben auch in größeren Ländern wie Rumänien, wobei sich langsam schon einiges tut. Cold Mountain und High Tension hab ich zwar mal vor Jahrzehnten gesehen aber sowas hab ich dann nicht nachgelogt – heißt dunkler Fleck bei Rumänien – bisher.
Zum Film: Fand ich richtig klasse. Irgendwie hatte ich von dem Film mal kurz gehört und dann wieder vergessen und weg war er. Aber ich fand das war ein ziemliches Brett. Auch in klassischen Western kann man die neuen Themen der aktuellen Neo-Western unterbringen dachte sich wohl Jacques Audiard und hat diesen wie ich finde richtig starken Western gedreht.
Von den Schauspielern her war das nicht nur eine absolute A-Besetzung sondern hat auch noch toll zusammengepasst.
Riz Ahmed und Jake Gyllenhaal, beide schon als Duo in Nightcrawler unterwegs sind auch hier wieder stark. Joaquin Phoenix und John C. Reilly als Gegenduo stehen den beiden aber in nichts nach. Nicht nur vier sehr unterschiedliche Schauspieler sondern auch für die vier jeweils sehr unterschiedliche Rollen bringen alle vier richtig zum glänzen.
Der Film sieht gut aus und gerade mit den Schießereien bei Nacht und kleinen CGI-Spielereien hat man gezeigt, was man an so klassischen Western heute herausholen kann. Und wenn die rumänische Kulisse das bietet – warum nicht mal in Rumänien drehen.
Man muss sich auf das typische Westerntempo einlassen, denn einen Actionfilm bekommt man hier nicht und die ersten zweidrittel des Films bummeln manchmal wirklich sehr durch die Gegend. Dafür zieht er am Ende ziemlich an, da wird es dann sogar deftiger – ohne zu übertreiben.
So entsteht schon teilweise eine philosophische Reise, die aber auch mal hier und da aufgelockert wird. John C. Reilly ist prädestiniert für ein bisschen Humor und streut das hier immer wieder ganz sanft ohne zu übertreiben ein. Fand ich gelungen (z.B. wie die Erfindung der Zahnbürste unsere Charaktere immer wieder begleitet).
Genauso wie den Fokus den man eben z.B. aus so Filmen wie „The Rider“, einiges von Kelly Reichardt oder auch älteren kritischen Spätwestern kennt: Hinterfragung des „coolen“ Revolverhelden, Systemhinterfragung von unendlich Profit, Gier, Umweltzerstörung, Tierethik, Hierarchien etc.
Klar man könnte in vielen Dialogen in dem Film schon sagen: 1851 in Oregon hat sicherlich niemand so geredet? Aber der Western war schon immer auf der einen Seite ein träumerisches Filmgenre oder später ein kritisches – beides vereint der Film wunderbar. Niemand glaubt hoffentlich, dass es im wilden Westen wirklich so zuging wie in den Filmen der Genregrößen Ford oder Hawks – die haben ihre Welt auch erschaffen.
Ich finde ein tolles Werk für das moderne Westerngenre, welches hier schöne Schritte macht die thematische Arthousekost schon leicht in den Mainstream zu tragen – mit Erfolg.
8 von 10 Goldnuggets