Das Boot ist zweifelsfrei ein Meisterwerk und hat auch von mir längst die Höchstwertung 5/5 und ein Herz bekommen. Die anderen weithin bekannten Troja, Unendliche Geschichte und Air Force One habe ich vor vielen Jahren mal gesehen und habe ich als nicht sonderlich wiederholenswert im Kopf. Wahrscheinlich hab ich auch mal Poseidon gesehen. Wie auch immer. Ich hätte gern Outbreak gesehen, den gabs per Stream aber nur zur Leihe, was mir mittlerweile zu doof ist. Also habe ich mich mal Petersens Frühwerk gewidmet.
Thema #109: Wolfgang Petersen
Film: Smog von Wolfgang Petersen
Erscheinungsjahr: 1973
Laufzeit: 86 Minuten
Ungefähr zehn Jahre nach dem ersten „Smog-Vorfall“ im Ruhrgebiet, bei dem 1962 mehr als 150 Menschen starben, und sechs Jahre vor dem ersten Smogalarm sowie einer Reihe weiterer in den Achtzigern, erschien dieser Fernsehfilm. Über weite Strecken ist er wie eine Nachrichtensendung oder Dokumentation mit Berichterstattern vor Ort auf der Straße, bei Pressekonferenzen und in der Messstation aufgebaut. Einige Zuschauer hielten es, im Stile von Orson Welles’ Krieg der Welten, für real und riefen besorgt die Polizei.
Im Vorfeld der Ausstrahlung gab es wohl sogar Proteste der Industrie und Bestrebungen dreier CDU-Abgeordneter, den Film zu verbieten. Er sei industriefeindlich und ein schwerer Schlag gegen die Attraktivierung des Ruhrreviers.
Es gibt keine wirklichen Protagonisten, aber Einblicke in eine handvoll Familien und die Behörden. Das kleine Kind der einen Arbeiterfamilie ist unentwegt am Schreien und die Mutter verzweifelt, doch die Ärzte können ihr nicht sagen, was es hat. Der Chef der Thyss… äh… Globag-Werke lässt derweil jeden Morgen seinen Chauffeur bei laufendem Motor warten bis er sein Frühstück verzehrt hat. Aus den Messstationen im ganzen Ruhrgebiet werden stündlich neue Höchstwerte der Schwefeldioxid-Konzentration gemeldet und im Krisenstab sowie den Behörden für die öffentliche Ordnung/Sicherheit ist Alarm. Mit ausbleibender Besserung der Wetterlage und steigenden Messwerten wird auch die Smog-Warnstufe zwangsläufig steigen, was Fahrverbotszonen und andere Beschränkungen erfordert. Und nach und nach entsteht Chaos.
Ich war überrascht, wie viel Greenscreen hier gerade im Nachrichten-Setting verwendet wurde. Man sieht zwischenzeitlich auch einfach mal den nicht rausgekeyten (und ich habe keine Ahnung, wie die das damals gemacht haben ) Greenscreen, aber es wirkt halt wirklich authentisch wie so ein altes modernes Studio. Die Schauspieler machen ihren Job super, es gibt bis zum Ende, glaube ich, keine Musik und die Inszenierung hat durchgehend die Spannung hochgehalten, ohne dabei auf willkürlich wirkende Dramatisierung zu setzen.
Und obwohl der Film nun schon bald 50 wird, wirkt er nicht weniger aktuell als damals. Selbst die bescheuert getragenen medizinischen Masken (unter der Nase oder überm Mund) kennen wir nun durch Corona. Als jemand, dessen Eltern im Ruhrgebiet zu genau dieser Zeit aufgewachsen sind und deren Geschichten von eben genau diesem Smog kennt, fühl ich den Film auch noch auf persönlicher Ebene. Schließlich haben meine Eltern dann Anfang der Achtziger, als das erste Kind da war, auch die „Flucht“ ins Grüne, aufs Land angetreten.
Gutes Ding. So mag ich Katastrophenfilme.
4/5 mg/m³
Zuvor hatte ich noch Einer von uns beiden (1974) mit Jürgen Prochnow geschaut. Ein sehr solider und „gut reingehender“ Thriller über einen erfolglosen Schriftsteller der zum Erpresser wird, als er ein Plagiat entdeckt. Der Plagiator hat allerdings gar keine Lust, erpresst zu werden und eskaliert immer weiter bei dem Versuch, seinen Erpresser loszuwerden. Dieser weiß sich aber zu wehren.
Petersens erster Kinofilm und ebenfalls durchaus empfehlenswert. Nach den beiden Filmen und halt Das Boot wundert es mich ehrlich gesagt überhaupt nicht, dass man später auch in Hollywood Vertrauen hatte, ihm ein ordentliches Budget zur Verfügung zu stellen.
4/5