Fehlen mir beide noch, aber einer wird erstmal reichen.
Hier noch ne hilfreiche Liste:
Thema: Filme mit X oder Q
Film: The Queen
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Stephen Frears
Dauer: 97 Minuten
Ja nun, ein weiterer Film über das britische Königshaus. Ansetzend an dem Unfall von Lady Di wird hier mehr oder weniger gezeigt, dass auch eine Königin Fehler macht, Situationen falsch einschätzt und welch merkwürdiges Verhältnis einige der Inselbewohner zur ihrer Regentin und deren Familie haben.
Der Film an sich ist bestenfalls mittelmäßig. Wenig Handlung, die meisten Nebencharaktere bleiben sehr blass und konturlos. Großer Lichtblick des Films: Helen Mirren as Queen. Sie stellt mit einer großartigen Leistung alles in den Schatten und hat in meinen Augen auch zurecht hierfür einen Oscar erhalten. Sie alleine trägt diesen Film, erstickt dadurch aber auch alles um sie herum. Alles verblasst und nix bleibt im Kopf vom Film als die Erkenntnis, wie perfekt Helen Mirren für die Rolle der älteren Queen ist.
Mit viel Wohlwollen und gehörigem Bonus für die Hauptdarstellerin gerade noch
2,8 von 5 s
Thema: Filme mit Q oder X
The Quiet Family (1998)
von Kim Jee-woon
Eines Tages begeht ein Hotelgast Selbstmord und die Besitzerfamilie des schlechtbesuchten Hotels vertuscht den mysteriösen Selbstmord aus Angst vor schlechter Publicity. In der Folge sieht sich die Familie in der Situation immer mehr fragwürdige Dinge tun zu müssen, um wiederum ihre initiale Vertuschung zu vertuschen…
Tolle schwarze Komödie, die anfangs wie ein Mystery-Thriller beginnt, aber mich später eher durch den Humor, den abgedrehten Ton und die Figuren überzeugt hat. Ganz nebenbei darf man in den Nebenrollen unter anderem noch Choi Min-sik und Song Kang-ho in einem Film bewundern.
8/10
Thema: Alle Filme, die im Originaltitel mit Q oder X beginnen
Film: Q Ball
Regie: Michael Tolajian
Erscheinungsjahr: 2019
Laufzeit: 96 Minuten
Wo gesehen: Netflix
Diese Dokumentation beschäftigt sich mit den San Quentin Warriors, einer Basketball-Mannschaft, die aus Insassen des gleichnamigen Gefängnisses San Quentin besteht. Der Film leitet bereits damit ein, dass es sich bei den Leuten, die in dieses Gefängnis kommen, um ziemlich üble Typen halten. Nicht umsonst wurden Schwerverbrecher wie Charles Manson dort festgehalten. Doch Menschen können sich ändern. Man muss nur etwas finden, was sie auf den richtigen Weg bringen kann. Und in diesem Falle ist es Basketball. Der Film beleuchtet die Straftaten einiger Mitglieder des Teams und wie der Sport eine Veränderung in ihnen hervorgebracht hat.
Ich muss sagen, dass mir die Dokumentation überraschend gut gefallen hat. Ich habe diesen Film eigentlich nur geguckt, weil ich sonst nicht wusste, was ich zu diesem Thema gucken sollte und hab daher einfach mal ohne Erwartungen diese Dokumentation mit einem Thema, zu dem ich keine Bezugspunkte habe, angesehen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Film zeigt die Leute auf einer sehr menschlichen Ebene und geht auch auf deren Verbrechen und wie sie damit umgehen ein. Das Ganze hat zudem leichte Shawshank Redemption Vibes in mir ausgelöst. Das Thema ist vielleicht nicht das zugänglichste, aber es ist definitiv eine gut gemachte Auseinandersetzung damit.
Ich vergebe 8/10 Dunkings.
Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens
Thema #21: Schaut einen abendfüllenden Stummfilm
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Darsteller: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder
Erscheinungsjahr: 1922
Laufzeit: 94 Minuten
gesehen auf: YouTube (Video verlinkt)
Habe mir diesen Film rausgesucht, da ich vor knapp 2 Monaten „Shadow of the Vampire“ geschaut habe. Die (nicht ganz ernstzunehmende) Entstehungsgeschichte zu diesem Film. Auch sonst kennt man mit großer Sicherheit einige Szenen aus diesem Film, zählt er doch zu den klassischsten Verfilmungen der Dracula-Geschichte. Nur ohne Lizenz der selbigen. So heißt Dracula hier „Graf Orlok“ und Jonathan Harker ist „Thomas Hutter“.
Aufgrund des hohen Alters (98 Jahre und damit das älteste Bewegtbild-Produkt, das ich bisher komplett gesehen habe) gibt es wohl nach meinen Recherchen unzählige Fassungen. Darunter auch mit wechselnder Filmmusik. Daher kann ich nicht beurteilen, welcher Fassung die von mir gesehene entspricht. Ich würde vermuten, dass es nicht die Originale ist. Fand die Musik oft stimmig und passend zu den gezeigten Bildern, aber auch oft zu fröhlich, was ein wenig dem Charakter des Filmes widersprochen hat.
Graf Orlok war aber toll in Szene gesetzt und seine Auftritte waren die Highlights des Films. Alles dazwischen war mir aber einfach zu lang. In seinen 94 Minuten ist recht viel Leerlauf mit handlungsleeren Bildern. Da hätte ich es mir etwas straffer gewünscht.
Sowieso fällt es mir schwer, den Film abschließend zu bewerten. Oft schaff ich es, Filme in den zeitlichen Entstehungsrahmen als Kontext zu setzen, aber bei einem fast 100 Jahre alten Film fehlt mir einfach der Zugang und die Fähigkeit, das zu tun. Ich kann nachvollziehen, dass er seinerzeit vielleicht sehr erschreckend gewesen sein muss. Grade gegen Ende das Auftreten von Graf Orlok und seinem Schatten. Aber ich kann ihn aus heutigen Sehgewohnheiten halt nur schwer konsumieren. Weil so erstaunlich wenig passiert, was die Handlung vorantreibt. Außer eben die Szenen mit Graf Orlok.
Deshalb komme ich zum Schluss, dass der Film aus meiner heutigen Sicht solides Mittelmaß ist, den man durchaus als Filminteressierter an frühen Werken mal gesehen haben muss. Aber er ist halt trotz allem schwere Kost. Alleine schon wegen der Länge.
2,5/5
Hab den auch vor ein paar Monaten erst gesehen und fand den auch nur ganz okay. Aber wie du, fand ich auch die Szenen mit dem Graf Orlok wirklich toll.
Kann ich gut nachvollziehen, aber mir gefällt er doch ein gutes Stück besser, besonders im Vergleich zu der Verfilmung von Herzog oder Coppola. Die bieten mir erzählerisch kaum Mehrwert und ziehen sich umso mehr, auch wenn beide Filme ebenfalls ihre Stärken haben. Da gefällt mir dann aber doch der Stummfilm mit seiner vergleichsweise kompakten Erzählung und den von dir erwähnten fantastischen Szenen mit Graf Orlok am besten.
Thema #21: Stummfilm
Film: A Page of Madness von Kinugasa Teinosuke
Erscheinungsjahr: 1926
Laufzeit: 71 Minuten
Wo gesehen: YouTube
Geschrieben und inszeniert von einer avantgardistischen Künstlergruppe, für fünfzig Jahre verschollen und im Gegensatz zu den Stummfilmen, die ich bislang gesehen habe, vollkommen ohne Texttafeln. Bei zeitgenössischen Vorführungen wurde der Film von Erzählungen eines „Benshi“ begleitet, um dem Zuschauer bei der Einordnung des Gesehenen zu helfen. Anstelle der Musikuntermalung hätte ich mir so etwas tatsächlich auch gewünscht, da ich mit meiner Interpretation laut Handlungsbeschreibung auf z.B. Wikipedia ziemlich daneben lag.
Der Film startet mit einem rasanten Schnittgewitter von brandendem Wasser, Gitterstäben und einer ekstatisch tanzenden Frau. Sie befindet sich in einer „psychiatrischen Anstalt“ (ich sträube mich ein wenig, es so zu nennen, da es doch eher ein Kerker ist) in einer kargen Zelle und tanzt bis sie mit blutigen Füßen zusammenbricht. Die Insassen sind zwar einerseits eingesperrt, andererseits können sie oftmals die Ärzte und Pfleger attackieren, da bei „Frischluftpausen“ offenbar kaum Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Meine Interpretation der Handlung war, dass sich der Hausmeister der Anstalt bei seinen nächtlichen Rundgängen in eine der Patientinnen verliebt und diese mit einem gestohlenen Zellenschlüssel „befreien“ und mit ihr durchbrennen möchte.
Tatsächlich handelt es sich aber offenbar um die Ehefrau des besagten Hausmeisters, die verrückt wurde nachdem ihr Mann als auf hoher See verschollen galt. (Daher auch das wilde Wasser zu Beginn) Als er zurückkehrte und von der Einweisung seiner Frau erfuhr, nahm er den Hausmeisterjob an, um sich um seine Frau zu kümmern. Die gemeinsame Tochter (die ich für seine untreue Frau hielt…) offenbart ihrem Vater, dass sie heiraten möchte, woraufhin er verhindern möchte, dass jemand von der Verfassung ihrer Mutter erfährt, indem er mit ihr aus der Anstalt abhaut.
Wahnvorstellungen und Träume werden ziemlich beeindruckend dargestellt und besonders die letzte Viertelstunde war insgesamt faszinierend anzuschauen. Was damals creepy war, funktioniert hier heute noch genau so gut. Auch das Spiel mit Schatten und Perspektiven verleiht dem ganzen Film eine sehr düstere, bedrohliche und surreale Stimmung.
Einzig die Dialogszenen, die oftmals recht lang ausfallen, aber keinen Ansatz geben, worum es denn da geht, haben die Gedanken zwischenzeitlich mal abschweifen lassen.
3,5/5 Nō-Masken
Thema: Alle Filme, die im Originaltitel mit Q oder X beginnen
Film: the Queen
Regie: Stephen Frears
Erscheinungsjahr: 2006
Laufzeit: 97 Minuten
Wo gesehen: Prime
Biopics die sich auf Momente beschränken mag ich viel mehr und so auch diesen Film. Helen Mirren ist über alles erhaben und spiel einfach perfekt, aber auch ein Michael Sheen als Tony Blair macht seine Sache sehr gut.
In der Story geht um den Tod von Diana und wie das Königshaus damit umgeht, das wird im Bezug auf Diana selbst und William und Harry sehr feinfühlig gemacht, selbst Charles kommt gut weg. Die Queen und ihren Mann rückt man da schon eher ins Zentrum der Kritik und das ja auch zurecht. Trotzdem endet Film auf einer gut Noten und man versteht alle Seiten.
3,5/5
Nun habe ich noch mehr lust mir The Crown anzuschauen
Thema: Stummfilm
Film: The Birth of a Nation von D. W. Griffith
Erscheinungsjahr: 1915
Laufzeit: 193 Minuten
Wo gesehen: Youtube
The Birth of a Nation gilt als das erste US-amerikanische Leinwandepos und erzählt die Geschichte des Sezessionskrieges anhand des Schicksals zweier befreundeter Familien: den „Nordstaatlern“ Stoneman und den „Südstaatlern“ Cameron.
Nach Kriegsende wird die Zeit der Reconstruction, also der Wiedereingliederung und des Wiederaufbaus der Südstaaten, thematisiert und hier entpuppt sich der Film endgültig als zutiefst rassistisch. Nach Befreiung der Sklaven werden vermeintlich unhaltbare Zustände gezeigt. Schwarze (zu großen Teilen von angemalten weißen Schauspielern dargestellt) ziehen vandalierend durch die Straßen, demütigen die Weißen, begehren deren Frauen und gefährden somit die öffentliche Ordnung. Die Rettung bringt dann der erstarkende Ku-Klux-Klan, welcher mit Gewalt die „natürliche Ordnung“ wiederherstellt.
Dies löste auch schon 1915 Kontroversen aus und führte zum Verbot des Films in einigen Bundesstaaten.
Aus inszenatorischer Sicht ist der Film durchaus als bahnbrechend anzusehen und man merkt wie viel Aufwand in dieses Projekt geflossen ist. Besonders beeindruckt haben mich die gewaltig inszenierten Schlachten und welche filmische Mittel man bereits mindestens im Ansatz in diesem Film entdecken kann. Z. B. wird hier schon geschickt mit dem Prinzip der Montage gearbeitet, welches in der Parallelmontage dreier Handlungsstränge im Finale des Films seinen Höhepunkt findet.
Abschließend ist es mir nicht möglich The Birth of a Nation nach „normalen“ Maßstäben zu bewerten, aber ich möchte schon eine Empfehlung aussprechen, wenn man sich für die Anfänge des Mediums interessiert.
Ich fand den auch sehr anstrengend, stimme aber mit deinem Fazit überein. Ich habe schon einige Stummfilme aus der Zeit in ähnlicher Länge gesehen, die mich mehr erreicht haben, gerade aus dem indischen oder arabischen Raum.
Mir ist hier die Propagandakeule immer zu direkt dargestellt, aber das ist natürlich alles der Zeit geschuldet. Aber nur wegen der Technik und einigen Denkwürdigen Szenen habe auch ich den Film nie wirklich bewerten können, da man ihn im Kontext der Zeit 100 Jahre später kaum objektiv bewerten kann.
In dem Bereich kenne ich mich noch gar nicht aus, würde mich aber mal interessieren; habe bisher abgesehen von Battleship Potemkin immer nur Stummfilme aus den USA oder Deutschland gesehen.
Ich such dir die Woche mal ein paar Empfehlungen raus. Muss bei einigen selbst mal schauen, wie sie hießen. Oder kannst ja mal bei mir auf letterbox nach schwarz weiß oder silent movie suchen. Hab aber glaube viele nur auf imdb ider anderen Plattformen reviewed.
Thema #21: Stummfilm
Film: The Phantom of the Opera von Rupert Julian
Erscheinungsjahr: 1925
Laufzeit: 106 Minuten
Wo gesehen: Arte Mediathek
Die Geschichte ist den meisten sicher bekannt. Ein Mann (von allen nur „Das Phantom“) genannt terrorisiert die Pariser Oper und versucht die junge Christine zum Star zu pushen - denn er ist in die verliebt. Seine Besessenheit für Christine gerät ausser Kontrolle, er entführt sie und will sie durch verschiedene Aktionen zwingen, seine Geliebte zu werden…
Ein weitere Klassiker, den ich von meiner Watchlist streichen konnte ist in seiner Inszenierung durchaus opulent. Bei Stummfilmen steht und fällt vieles mit der musikalischen Untermalung. Diese hat hier gut das Unheimliche und die spannenden Momente hervorgehoben. Es gab verschiedene Themes für einzelne Personen.
Wie bei vielen anderen Stummfilmen gibt es immer wieder verschiedenste Versionen, sowohl optisch als auch musikalisch.
Hervorheben möchte ich auch noch die Maske - und damit meine ich die Maske unter der Maske des Phantoms. Die Fratze von Darsteller Don Chaney wirkte schon sehr unangenehm.
Auch ohne den Gesang der Andrew Loyd Webber - Versionen, die wir heute mit Phantom der Oper verbinden wurde ich hier über die gesamte Strecke der Zeit gut unterhalten.
3,5/5 fallenden Kronleuchtern
Thema #21: Stummfilm
Film: Blancanieves
Erscheinungsjahr: 2012
Laufzeit: 104 Minuten
Wo gesehen: YouTube
Es tut mir wahnsinnig leid, aber Stummfilm ist absolut nicht meins. Und das lag nicht am Film selbst, aber diese Art Film gibt mir einfach gar nichts. Vielleicht bin ich dafür zu wenig Filmnerd, zu dumm, zu einfach, ich weiß es nicht. Aber mir hat das tatsächlich leider so gar keinen Spaß gemacht. Es ist nicht mal so, dass ich nicht folgen konnte oder so, der Film macht das schon gut mit den Stimmungen und Emotionen. Aber insgesamt hat noch das Erlebnis Stummfilm leider in keiner Weise gekriegt.
Ich habe den Film auch nicht bewertet, weil ich das unfair gefunden hätte. Ich glaube, wenn man mit Stummfilmen was anzufangen weiß, ist der super.
@TIMBOlino1984
Nosferatu hab ich seit Jahren nicht mehr gesehen, vielleicht frisch ich meine Erinnerung irgendwann auf. Ich fand ihn damals allerdings sehr gut.
@boodee
Hab von dem erst letztens in irgendeinem YouTube-Video über „Regained Lost Media“ gehört und war auch direkt interessiert. Vielleicht wird das auch mein Pick.
@schucki96
Birth of a Nation fällt natürlich absolut in das, was ich das Olympia-Debakel nenne. Wobei ich finde, dass Griffiths Filme in ihren schlimmsten Momenten schon fast die Plakativität eines Jud Süß erreichen, wenn dieser die technischen Aspekte eines Riefenstahl-Films gehabt hätte.
@Drake4849
Großartiger Pick, ich hab für immer diese Szene im Kopf als er die Maske absetzt.
@anon60791430
Ich kann dir wirklich nur zutiefst ans Herz legen, sei offen für neue Erfahrungen und gib nicht auf.
Wenn irgendjemand in diesem Thread nichts mit Stummfilmen anfangen kann oder noch nie einen gesehen hat, guckt mal, dass ihr irgendwie an „City Lights“ von Chaplin kommt. Glaube der zieht nochmal jeden ins andere Lager rüber
Bin ich, sonst wäre spätestens diese Runde die erste gewesen, die ich auslasse. Aber ich habe mir vorgenommen, es mit allem hier zu versuchen.
Aber wenn mir etwas nicht zusagt, ich keinen Zugang dazu finde oder mir schlicht nicht gefällt, dann muss ich das auch nicht nochmal versuchen oder „dran bleiben“. Sorry.
Mag sein, dass mir (in deinen/euren Augen) dadurch was verloren geht, ich was verpasse oder ich engstirnig/dumm/intolerant bin… aber meine Watchlist ist zu lang und meine Neugier auf neue Dinge zu groß, um mich weiter mit etwas zu beschäftigen, was mich einfach nicht abgeholt hat.
Es gibt Dinge auf der Welt, die müssen einem vielleicht leid tun, dass man irgendeinen Film oder Filmgenre nicht mag, gehört sicher nicht dazu .
Thema #21: Stummfilm
Film: Ein Mensch der Masse (The Crowd) von King Vidor
Erscheinungsjahr: 1928
Laufzeit: 104 Minuten
Wo gesehen: arte-Mediathek
John Sims wird am 4. Juli 1900 in einem kleinen amerikanischen Dorf geboren. Wir begleiten nun das Leben von John Sims mit all seinen Höhen und Tiefen, die so ein Menschenleben in der Masse der anderen Menschenleben eben so mitbringt.
Definitiv ein Stummfilm, den ich schon lange mal sehen wollte, an den ich aber auch recht hohe Erwartungen hatte. Warum? Der Film ist ein bisschen der Wegbereiter von dem Slice-of-Life-Genre. Und egal ob jetzt Boyhood, Ladybird, in vielen Animes etc. ich mag diesen realistischen Fokus in der Fokussierung auf einen kleinen Ausschnitt des Lebens von einer bestimmten Person.
Auf der anderen Seite und damit auch schon zu einem sehr positiven Merkmal des Films, ist der Film sehr humorvoll. Musste mehr als nur 1,2 mal lachen. Der Film war auch einer der Lieblingsfilme von Billy Wilder und wer „Das Appartement“ mag kann den Film hier allein schon deshalb einmal anschauen um über die vielen Parallelen staunen zu können.
Der Film ist eine große emotionale Achterbahnfahrt. Es geht immer wieder vor und zurück im Leben von John Sims; auf und ab. Die positiven Momente sind dabei eben oft lustig und charmant und gerade, wenn man sich richtig wohlfühlt, kommt wieder ein Schlag in die Magengrube und so geht das den ganzen Film.
Technisch sind die Filme von damals, von denen man heute noch redet, für die damalige Zeit ja sowieso meist sehr fortschrittlich. Das besondere hier, sind die Massenszenen, die mit ihrer Menge an Menschen zu beeindrucken wissen und in Kombination mit den Hochhausfassaden versucht man auch gut dieses „Massengefühl“ der Großstadt von New York einzufangen.
Dazu gibt es eine tolle Orchestermusik, man kann es sich denken; heiter und lustig in den Hochphasen des Lebens, beängstigend und bedrückend in den Tiefs.
Nun zur Bewertungsdiskussion von so Stummfilmen. Eigentlich ist es wie bei anderen Filmen auch, entweder er erreicht mich oder halt nicht. Wie schon gesagt, technisch sind die Filme die so im Gespräch sind ja meist herausragend aber meist interessiert mich das persönlich nur zweitrangig (außer er ist jetzt wirklich heutzutage unanschaubar).
Anstrengend und herausfordernd sind solche Filme heute natürlich trotzdem. Jeden Tag jetzt nur noch Stummfilme, da hätte ich schnell aber mal gar keinen Bock mehr drauf. Aber ist bei mir ehrlich gesagt mit gleichen Genres etc. recht ähnlich. Die Mischung muss es sein, das ja erst das tolle für mich am Film.
Der Film hat aus heutiger Sicht für mich aber auch Schwächen und klar viele davon sind der Zeit geschuldet. Aber ich mein es gibt Stummfilme, die sind 10 von 10 für mich und genauso hab ich welche, da penne ich in 9 von 10 Fällen weg, obwohl sie vielleicht als Meisterwerk gefeiert werden, die bekommen dann natürlich, trotz vielleicht technisch einem tollen Stummfilm, eine schlechte Wertung.
Bei dem Film fällt so der zweite Abschnitt des Films etwas schwächer aus. Die ersten 15 Minuten sind richtig beeindrucken und ab ungefähr Minute 60 geht es richtig ab. Dazwischen fand ich etwas viel Leerlauf mit einigen Emotionen die sich immer wieder wiederholt haben. Außerdem hab ich mir den Schluss etwas mutiger gewünscht aber das ist vielleicht für einen Hollywoodfilm zu der Zeit auch etwas viel verlangt.
Überhaupt, der Film ist eben für die damalige Zeit recht gewagt. Trotz Stummfilm versucht man bei den Schauspielern das Overacting etwas herunterzufahren um es eben der Filmthematik anzupassen. Das ist nicht immer ganz leicht, weil man manchmal denkt: So schauen die Leute jetzt bei den Emotionen? Naja. Der Film war damals wohl auch eher mäßig gefeiert und ist erst mit der Zeit gewachsen. Es hatte einfach niemand Bock seine realen Lebensprobleme auch noch auf der Leinwand zu sehen, was dann später durch den 2. Weltkrieg nochmal verstärkt wurde. Verständlich und zeigt auch, wie kontextabhängig jeder Film ist und zu welcher persönlichen Zeit er konsumiert wird.
Zum Schluss noch eine persönliche Sache zu Stummfilmen. Hier gibt es auch wieder einiges an Texttafeln.
Wenn man einmal „Der letzte Mann“ von Murnau gesehen hat mit seiner einen (!) Texttafel in über 100 Minuten, dann träume ich zumindest immer von diesem Film. Ich liebe den Film und er ist für mich das Stummfilm-Meisterwerk schlechthin. Hat natürlich viele Gründe aber einer ist sicherlich, dass man nicht nebenher noch einen Roman lesen muss.
Aus der Reihe lustige Fun Facts noch etwas zum Regisseur. King Vidor ist wahrlich der King. Er hält den Weltrekord im Guinnes-Buch für die längste Regiekarriere in Hollywood. 67 (!) Jahre von 1913-1980 hat er Filme gedreht und der Fakt, dass jemand wirklich King heißt und diesen Weltrekord als Regisseur trägt finde ich schon sehr amüsant . Stelle mir die Unterhaltung mit dem Menschen sehr interessant vor, wenn jemand 1913 angefangen hat Filme zu drehen und 1980 immer noch am drehen war. Der hat wohl wirklich alles in Hollywood mitgenommen.
Wie sooft hab ich bisher nur ein paar Western von ihm gesehen (und den Krieg und Frieden irgendwann glaub mal) ansonsten noch nichts. Bin jetzt auch sehr auf seine anderen Filme gespannt.
Am Ende lässt sich sagen, ich mochte den Film sehr. Der Ausschnitt aus dem Leben eines Menschen hat mich gepackt und ich war emotional, zu großen Teilen drin im Film. Auch die vielen Verweise auf so Dinge, wie: Individualität vs. Gruppenzugehörigkeit, Kapitalismus als Fluch oder Segen etc. sind auch heute einfach noch sehr interessant. Trotzdem ein herausfordernder Film, wie eben sehr viele bei diesem Thema.
8 von 10 Herdentriebe