Film-Themen-Challenge: Part 2

Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens

Thema #21: Schaut einen abendfüllenden Stummfilm
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Darsteller: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder
Erscheinungsjahr: 1922
Laufzeit: 94 Minuten
gesehen auf: YouTube (Video verlinkt)


Habe mir diesen Film rausgesucht, da ich vor knapp 2 Monaten „Shadow of the Vampire“ geschaut habe. Die (nicht ganz ernstzunehmende) Entstehungsgeschichte zu diesem Film. Auch sonst kennt man mit großer Sicherheit einige Szenen aus diesem Film, zählt er doch zu den klassischsten Verfilmungen der Dracula-Geschichte. Nur ohne Lizenz der selbigen. So heißt Dracula hier „Graf Orlok“ und Jonathan Harker ist „Thomas Hutter“.

Aufgrund des hohen Alters (98 Jahre und damit das älteste Bewegtbild-Produkt, das ich bisher komplett gesehen habe) gibt es wohl nach meinen Recherchen unzählige Fassungen. Darunter auch mit wechselnder Filmmusik. Daher kann ich nicht beurteilen, welcher Fassung die von mir gesehene entspricht. Ich würde vermuten, dass es nicht die Originale ist. Fand die Musik oft stimmig und passend zu den gezeigten Bildern, aber auch oft zu fröhlich, was ein wenig dem Charakter des Filmes widersprochen hat.

Graf Orlok war aber toll in Szene gesetzt und seine Auftritte waren die Highlights des Films. Alles dazwischen war mir aber einfach zu lang. In seinen 94 Minuten ist recht viel Leerlauf mit handlungsleeren Bildern. Da hätte ich es mir etwas straffer gewünscht.

Sowieso fällt es mir schwer, den Film abschließend zu bewerten. Oft schaff ich es, Filme in den zeitlichen Entstehungsrahmen als Kontext zu setzen, aber bei einem fast 100 Jahre alten Film fehlt mir einfach der Zugang und die Fähigkeit, das zu tun. Ich kann nachvollziehen, dass er seinerzeit vielleicht sehr erschreckend gewesen sein muss. Grade gegen Ende das Auftreten von Graf Orlok und seinem Schatten. Aber ich kann ihn aus heutigen Sehgewohnheiten halt nur schwer konsumieren. Weil so erstaunlich wenig passiert, was die Handlung vorantreibt. Außer eben die Szenen mit Graf Orlok.

Deshalb komme ich zum Schluss, dass der Film aus meiner heutigen Sicht solides Mittelmaß ist, den man durchaus als Filminteressierter an frühen Werken mal gesehen haben muss. Aber er ist halt trotz allem schwere Kost. Alleine schon wegen der Länge.

2,5/5

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Hab den auch vor ein paar Monaten erst gesehen und fand den auch nur ganz okay. Aber wie du, fand ich auch die Szenen mit dem Graf Orlok wirklich toll.

Kann ich gut nachvollziehen, aber mir gefällt er doch ein gutes Stück besser, besonders im Vergleich zu der Verfilmung von Herzog oder Coppola. Die bieten mir erzählerisch kaum Mehrwert und ziehen sich umso mehr, auch wenn beide Filme ebenfalls ihre Stärken haben. Da gefällt mir dann aber doch der Stummfilm mit seiner vergleichsweise kompakten Erzählung und den von dir erwähnten fantastischen Szenen mit Graf Orlok am besten.

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Thema #21: Stummfilm
Film: A Page of Madness von Kinugasa Teinosuke
Erscheinungsjahr: 1926
Laufzeit: 71 Minuten
Wo gesehen: YouTube

Geschrieben und inszeniert von einer avantgardistischen Künstlergruppe, für fünfzig Jahre verschollen und im Gegensatz zu den Stummfilmen, die ich bislang gesehen habe, vollkommen ohne Texttafeln. Bei zeitgenössischen Vorführungen wurde der Film von Erzählungen eines „Benshi“ begleitet, um dem Zuschauer bei der Einordnung des Gesehenen zu helfen. Anstelle der Musikuntermalung hätte ich mir so etwas tatsächlich auch gewünscht, da ich mit meiner Interpretation laut Handlungsbeschreibung auf z.B. Wikipedia ziemlich daneben lag.

Der Film startet mit einem rasanten Schnittgewitter von brandendem Wasser, Gitterstäben und einer ekstatisch tanzenden Frau. Sie befindet sich in einer „psychiatrischen Anstalt“ (ich sträube mich ein wenig, es so zu nennen, da es doch eher ein Kerker ist) in einer kargen Zelle und tanzt bis sie mit blutigen Füßen zusammenbricht. Die Insassen sind zwar einerseits eingesperrt, andererseits können sie oftmals die Ärzte und Pfleger attackieren, da bei „Frischluftpausen“ offenbar kaum Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. :smiley:

Meine Interpretation der Handlung war, dass sich der Hausmeister der Anstalt bei seinen nächtlichen Rundgängen in eine der Patientinnen verliebt und diese mit einem gestohlenen Zellenschlüssel „befreien“ und mit ihr durchbrennen möchte.
Tatsächlich handelt es sich aber offenbar um die Ehefrau des besagten Hausmeisters, die verrückt wurde nachdem ihr Mann als auf hoher See verschollen galt. (Daher auch das wilde Wasser zu Beginn) Als er zurückkehrte und von der Einweisung seiner Frau erfuhr, nahm er den Hausmeisterjob an, um sich um seine Frau zu kümmern. Die gemeinsame Tochter (die ich für seine untreue Frau hielt…) offenbart ihrem Vater, dass sie heiraten möchte, woraufhin er verhindern möchte, dass jemand von der Verfassung ihrer Mutter erfährt, indem er mit ihr aus der Anstalt abhaut.

Wahnvorstellungen und Träume werden ziemlich beeindruckend dargestellt und besonders die letzte Viertelstunde war insgesamt faszinierend anzuschauen. Was damals creepy war, funktioniert hier heute noch genau so gut. Auch das Spiel mit Schatten und Perspektiven verleiht dem ganzen Film eine sehr düstere, bedrohliche und surreale Stimmung.
Einzig die Dialogszenen, die oftmals recht lang ausfallen, aber keinen Ansatz geben, worum es denn da geht, haben die Gedanken zwischenzeitlich mal abschweifen lassen.

3,5/5 Nō-Masken

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Thema: Alle Filme, die im Originaltitel mit Q oder X beginnen
Film: the Queen
Regie: Stephen Frears
Erscheinungsjahr: 2006
Laufzeit: 97 Minuten
Wo gesehen: Prime

Biopics die sich auf Momente beschränken mag ich viel mehr und so auch diesen Film. Helen Mirren ist über alles erhaben und spiel einfach perfekt, aber auch ein Michael Sheen als Tony Blair macht seine Sache sehr gut.
In der Story geht um den Tod von Diana und wie das Königshaus damit umgeht, das wird im Bezug auf Diana selbst und William und Harry sehr feinfühlig gemacht, selbst Charles kommt gut weg. Die Queen und ihren Mann rückt man da schon eher ins Zentrum der Kritik und das ja auch zurecht. Trotzdem endet Film auf einer gut Noten und man versteht alle Seiten.

3,5/5

Nun habe ich noch mehr lust mir The Crown anzuschauen :grinning:

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Thema: Stummfilm
Film: The Birth of a Nation von D. W. Griffith
Erscheinungsjahr: 1915
Laufzeit: 193 Minuten
Wo gesehen: Youtube

The Birth of a Nation gilt als das erste US-amerikanische Leinwandepos und erzählt die Geschichte des Sezessionskrieges anhand des Schicksals zweier befreundeter Familien: den „Nordstaatlern“ Stoneman und den „Südstaatlern“ Cameron.
Nach Kriegsende wird die Zeit der Reconstruction, also der Wiedereingliederung und des Wiederaufbaus der Südstaaten, thematisiert und hier entpuppt sich der Film endgültig als zutiefst rassistisch. Nach Befreiung der Sklaven werden vermeintlich unhaltbare Zustände gezeigt. Schwarze (zu großen Teilen von angemalten weißen Schauspielern dargestellt) ziehen vandalierend durch die Straßen, demütigen die Weißen, begehren deren Frauen und gefährden somit die öffentliche Ordnung. Die Rettung bringt dann der erstarkende Ku-Klux-Klan, welcher mit Gewalt die „natürliche Ordnung“ wiederherstellt.
Dies löste auch schon 1915 Kontroversen aus und führte zum Verbot des Films in einigen Bundesstaaten.

Aus inszenatorischer Sicht ist der Film durchaus als bahnbrechend anzusehen und man merkt wie viel Aufwand in dieses Projekt geflossen ist. Besonders beeindruckt haben mich die gewaltig inszenierten Schlachten und welche filmische Mittel man bereits mindestens im Ansatz in diesem Film entdecken kann. Z. B. wird hier schon geschickt mit dem Prinzip der Montage gearbeitet, welches in der Parallelmontage dreier Handlungsstränge im Finale des Films seinen Höhepunkt findet.

Abschließend ist es mir nicht möglich The Birth of a Nation nach „normalen“ Maßstäben zu bewerten, aber ich möchte schon eine Empfehlung aussprechen, wenn man sich für die Anfänge des Mediums interessiert.

6 „Gefällt mir“

Ich fand den auch sehr anstrengend, stimme aber mit deinem Fazit überein. Ich habe schon einige Stummfilme aus der Zeit in ähnlicher Länge gesehen, die mich mehr erreicht haben, gerade aus dem indischen oder arabischen Raum.

Mir ist hier die Propagandakeule immer zu direkt dargestellt, aber das ist natürlich alles der Zeit geschuldet. Aber nur wegen der Technik und einigen Denkwürdigen Szenen habe auch ich den Film nie wirklich bewerten können, da man ihn im Kontext der Zeit 100 Jahre später kaum objektiv bewerten kann.

2 „Gefällt mir“

In dem Bereich kenne ich mich noch gar nicht aus, würde mich aber mal interessieren; habe bisher abgesehen von Battleship Potemkin immer nur Stummfilme aus den USA oder Deutschland gesehen.

Ich such dir die Woche mal ein paar Empfehlungen raus. Muss bei einigen selbst mal schauen, wie sie hießen. Oder kannst ja mal bei mir auf letterbox nach schwarz weiß oder silent movie suchen. Hab aber glaube viele nur auf imdb ider anderen Plattformen reviewed.

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Thema #21: Stummfilm
Film: The Phantom of the Opera von Rupert Julian
Erscheinungsjahr: 1925
Laufzeit: 106 Minuten
Wo gesehen: Arte Mediathek

Die Geschichte ist den meisten sicher bekannt. Ein Mann (von allen nur „Das Phantom“) genannt terrorisiert die Pariser Oper und versucht die junge Christine zum Star zu pushen - denn er ist in die verliebt. Seine Besessenheit für Christine gerät ausser Kontrolle, er entführt sie und will sie durch verschiedene Aktionen zwingen, seine Geliebte zu werden…

Ein weitere Klassiker, den ich von meiner Watchlist streichen konnte ist in seiner Inszenierung durchaus opulent. Bei Stummfilmen steht und fällt vieles mit der musikalischen Untermalung. Diese hat hier gut das Unheimliche und die spannenden Momente hervorgehoben. Es gab verschiedene Themes für einzelne Personen.

Wie bei vielen anderen Stummfilmen gibt es immer wieder verschiedenste Versionen, sowohl optisch als auch musikalisch.

Hervorheben möchte ich auch noch die Maske - und damit meine ich die Maske unter der Maske des Phantoms. Die Fratze von Darsteller Don Chaney wirkte schon sehr unangenehm.

Auch ohne den Gesang der Andrew Loyd Webber - Versionen, die wir heute mit Phantom der Oper verbinden wurde ich hier über die gesamte Strecke der Zeit gut unterhalten.

3,5/5 fallenden Kronleuchtern

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Thema #21: Stummfilm
Film: Blancanieves
Erscheinungsjahr: 2012
Laufzeit: 104 Minuten
Wo gesehen: YouTube

Es tut mir wahnsinnig leid, aber Stummfilm ist absolut nicht meins. Und das lag nicht am Film selbst, aber diese Art Film gibt mir einfach gar nichts. Vielleicht bin ich dafür zu wenig Filmnerd, zu dumm, zu einfach, ich weiß es nicht. Aber mir hat das tatsächlich leider so gar keinen Spaß gemacht. Es ist nicht mal so, dass ich nicht folgen konnte oder so, der Film macht das schon gut mit den Stimmungen und Emotionen. Aber insgesamt hat noch das Erlebnis Stummfilm leider in keiner Weise gekriegt.

Ich habe den Film auch nicht bewertet, weil ich das unfair gefunden hätte. Ich glaube, wenn man mit Stummfilmen was anzufangen weiß, ist der super.

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@TIMBOlino1984
Nosferatu hab ich seit Jahren nicht mehr gesehen, vielleicht frisch ich meine Erinnerung irgendwann auf. Ich fand ihn damals allerdings sehr gut.

@boodee
Hab von dem erst letztens in irgendeinem YouTube-Video über „Regained Lost Media“ gehört und war auch direkt interessiert. Vielleicht wird das auch mein Pick.

@schucki96
Birth of a Nation fällt natürlich absolut in das, was ich das Olympia-Debakel nenne. Wobei ich finde, dass Griffiths Filme in ihren schlimmsten Momenten schon fast die Plakativität eines Jud Süß erreichen, wenn dieser die technischen Aspekte eines Riefenstahl-Films gehabt hätte.

@Drake4849
Großartiger Pick, ich hab für immer diese Szene im Kopf als er die Maske absetzt.

@anon60791430
Ich kann dir wirklich nur zutiefst ans Herz legen, sei offen für neue Erfahrungen und gib nicht auf.

Wenn irgendjemand in diesem Thread nichts mit Stummfilmen anfangen kann oder noch nie einen gesehen hat, guckt mal, dass ihr irgendwie an „City Lights“ von Chaplin kommt. Glaube der zieht nochmal jeden ins andere Lager rüber :heart:

5 „Gefällt mir“

Bin ich, sonst wäre spätestens diese Runde die erste gewesen, die ich auslasse. Aber ich habe mir vorgenommen, es mit allem hier zu versuchen.

Aber wenn mir etwas nicht zusagt, ich keinen Zugang dazu finde oder mir schlicht nicht gefällt, dann muss ich das auch nicht nochmal versuchen oder „dran bleiben“. Sorry.

Mag sein, dass mir (in deinen/euren Augen) dadurch was verloren geht, ich was verpasse oder ich engstirnig/dumm/intolerant bin… aber meine Watchlist ist zu lang und meine Neugier auf neue Dinge zu groß, um mich weiter mit etwas zu beschäftigen, was mich einfach nicht abgeholt hat.

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Es gibt Dinge auf der Welt, die müssen einem vielleicht leid tun, dass man irgendeinen Film oder Filmgenre nicht mag, gehört sicher nicht dazu :heart:.

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Thema #21: Stummfilm
Film: Ein Mensch der Masse (The Crowd) von King Vidor
Erscheinungsjahr: 1928
Laufzeit: 104 Minuten
Wo gesehen: arte-Mediathek

John Sims wird am 4. Juli 1900 in einem kleinen amerikanischen Dorf geboren. Wir begleiten nun das Leben von John Sims mit all seinen Höhen und Tiefen, die so ein Menschenleben in der Masse der anderen Menschenleben eben so mitbringt.

Definitiv ein Stummfilm, den ich schon lange mal sehen wollte, an den ich aber auch recht hohe Erwartungen hatte. Warum? Der Film ist ein bisschen der Wegbereiter von dem Slice-of-Life-Genre. Und egal ob jetzt Boyhood, Ladybird, in vielen Animes etc. ich mag diesen realistischen Fokus in der Fokussierung auf einen kleinen Ausschnitt des Lebens von einer bestimmten Person.

Auf der anderen Seite und damit auch schon zu einem sehr positiven Merkmal des Films, ist der Film sehr humorvoll. Musste mehr als nur 1,2 mal lachen. Der Film war auch einer der Lieblingsfilme von Billy Wilder und wer „Das Appartement“ mag kann den Film hier allein schon deshalb einmal anschauen um über die vielen Parallelen staunen zu können.

Der Film ist eine große emotionale Achterbahnfahrt. Es geht immer wieder vor und zurück im Leben von John Sims; auf und ab. Die positiven Momente sind dabei eben oft lustig und charmant und gerade, wenn man sich richtig wohlfühlt, kommt wieder ein Schlag in die Magengrube und so geht das den ganzen Film.

Technisch sind die Filme von damals, von denen man heute noch redet, für die damalige Zeit ja sowieso meist sehr fortschrittlich. Das besondere hier, sind die Massenszenen, die mit ihrer Menge an Menschen zu beeindrucken wissen und in Kombination mit den Hochhausfassaden versucht man auch gut dieses „Massengefühl“ der Großstadt von New York einzufangen.

Dazu gibt es eine tolle Orchestermusik, man kann es sich denken; heiter und lustig in den Hochphasen des Lebens, beängstigend und bedrückend in den Tiefs.

Nun zur Bewertungsdiskussion von so Stummfilmen. Eigentlich ist es wie bei anderen Filmen auch, entweder er erreicht mich oder halt nicht. Wie schon gesagt, technisch sind die Filme die so im Gespräch sind ja meist herausragend aber meist interessiert mich das persönlich nur zweitrangig (außer er ist jetzt wirklich heutzutage unanschaubar).

Anstrengend und herausfordernd sind solche Filme heute natürlich trotzdem. Jeden Tag jetzt nur noch Stummfilme, da hätte ich schnell aber mal gar keinen Bock mehr drauf. Aber ist bei mir ehrlich gesagt mit gleichen Genres etc. recht ähnlich. Die Mischung muss es sein, das ja erst das tolle für mich am Film.

Der Film hat aus heutiger Sicht für mich aber auch Schwächen und klar viele davon sind der Zeit geschuldet. Aber ich mein es gibt Stummfilme, die sind 10 von 10 für mich und genauso hab ich welche, da penne ich in 9 von 10 Fällen weg, obwohl sie vielleicht als Meisterwerk gefeiert werden, die bekommen dann natürlich, trotz vielleicht technisch einem tollen Stummfilm, eine schlechte Wertung.

Bei dem Film fällt so der zweite Abschnitt des Films etwas schwächer aus. Die ersten 15 Minuten sind richtig beeindrucken und ab ungefähr Minute 60 geht es richtig ab. Dazwischen fand ich etwas viel Leerlauf mit einigen Emotionen die sich immer wieder wiederholt haben. Außerdem hab ich mir den Schluss etwas mutiger gewünscht aber das ist vielleicht für einen Hollywoodfilm zu der Zeit auch etwas viel verlangt.

Überhaupt, der Film ist eben für die damalige Zeit recht gewagt. Trotz Stummfilm versucht man bei den Schauspielern das Overacting etwas herunterzufahren um es eben der Filmthematik anzupassen. Das ist nicht immer ganz leicht, weil man manchmal denkt: So schauen die Leute jetzt bei den Emotionen? Naja. Der Film war damals wohl auch eher mäßig gefeiert und ist erst mit der Zeit gewachsen. Es hatte einfach niemand Bock seine realen Lebensprobleme auch noch auf der Leinwand zu sehen, was dann später durch den 2. Weltkrieg nochmal verstärkt wurde. Verständlich und zeigt auch, wie kontextabhängig jeder Film ist und zu welcher persönlichen Zeit er konsumiert wird.

Zum Schluss noch eine persönliche Sache zu Stummfilmen. Hier gibt es auch wieder einiges an Texttafeln.
Wenn man einmal „Der letzte Mann“ von Murnau gesehen hat mit seiner einen (!) Texttafel in über 100 Minuten, dann träume ich zumindest immer von diesem Film. Ich liebe den Film und er ist für mich das Stummfilm-Meisterwerk schlechthin. Hat natürlich viele Gründe aber einer ist sicherlich, dass man nicht nebenher noch einen Roman lesen muss.

Aus der Reihe lustige Fun Facts noch etwas zum Regisseur. King Vidor ist wahrlich der King. Er hält den Weltrekord im Guinnes-Buch für die längste Regiekarriere in Hollywood. 67 (!) Jahre von 1913-1980 hat er Filme gedreht und der Fakt, dass jemand wirklich King heißt und diesen Weltrekord als Regisseur trägt finde ich schon sehr amüsant :grin:. Stelle mir die Unterhaltung mit dem Menschen sehr interessant vor, wenn jemand 1913 angefangen hat Filme zu drehen und 1980 immer noch am drehen war. Der hat wohl wirklich alles in Hollywood mitgenommen.

Wie sooft hab ich bisher nur ein paar Western von ihm gesehen (und den Krieg und Frieden irgendwann glaub mal) ansonsten noch nichts. Bin jetzt auch sehr auf seine anderen Filme gespannt.

Am Ende lässt sich sagen, ich mochte den Film sehr. Der Ausschnitt aus dem Leben eines Menschen hat mich gepackt und ich war emotional, zu großen Teilen drin im Film. Auch die vielen Verweise auf so Dinge, wie: Individualität vs. Gruppenzugehörigkeit, Kapitalismus als Fluch oder Segen etc. sind auch heute einfach noch sehr interessant. Trotzdem ein herausfordernder Film, wie eben sehr viele bei diesem Thema.

8 von 10 Herdentriebe

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Thema: Schau einen abendfüllenden Stummfilm
Film: The Lost World
Regie: Harry O. Hoyt
Erscheinungsjahr: 1925
Laufzeit: 68 Minuten (gekürzte Version, die 104 Min. lange Originalfassung existiert nicht mehr)
Wo gesehen: Public Domain Movies

Der Reporter Ed Malone hat ein Problem. Er möchte sich als einen echten Mann beweisen, um seinen Schwarm zu heiraten, die es nur auf richtige Abenteurer abgesehen hat. So kommt es, dass er an einer Vorlesung von Professor Challenger teilnimmt, der behauptet, dass es eine Region im Amazonas-Regenwald gibt, in der Dinosaurier überlebt haben. Er sucht nun nach Freiwilligen, die sich mit ihm auf einer Expedition dorthin begeben, um Beweise zu sammeln.

Neben Malones guten Freund, der anerkannte Jäger Sir John Roxton, möchte auch Malone selbst teilnehmen, da er in dieser Expedition seine Chance wittert. Doch als Prof. Challenger erfährt, dass Malone ein Reporter ist, jagd er den Mann durch die Stadt, den Challenger scheint einen Groll gegen Journalisten zu hegen. In seinem Anwesen kann Malone den Professor jedoch davon überzeugen, an der Expedition teilnehmen zu können. Hier erfährt man auch die wahren Beweggründe der Expedition. Challenger handelt im Auftrag der jungen Paula White. Ihr Vater Maple White hat ursprünglich den Bericht geliefert, Dinosaurier im Urwald entdeckt zu haben, doch der Forscher gilt mittlerweile als verschollen. Daher startet Challenger die Expedition nicht nur um die Existenz lebender Dinosaurier zu beweisen, sondern auch um das Leben von Maple White zu retten.

Ich muss sagen dass ich den Film überraschend unterhaltend fand. Bei einem so alten Film, der obendrauf noch ein Stummfilm ist, hätte ich erwartet, dass er mir recht schnell langweilig wird. Tatsächlich war der Streifen aber recht interessant, was vor allem an den Spezialeffekten liegt. Klar heute ist deutlich zu erkennen, dass die Dinosaurier durch Puppen und Stop-Motion-Technik zum Leben erweckt wurden, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass vor knapp 100 Jahren diese Effekte locker den Oscar gewonnen hätten. Der Mann, der für die Spezialeffekte verantwortlich war, ist übrigens niemand geringerer als Willis O’Brien, der sich auch 8 Jahre später für die Effekte in King Kong und die weiße Frau verantwortlich zeigte.

Nichtsdestotrotz kann man aber aus heutiger Sicht einige technische Mankos einfach nicht übersehen. Die Musik ist zum Beispiel in den meisten Fällen recht unpassend, das Bild ist generell sehr klein und dunkel, sodass es oftmals schwierig zu erkennen ist, was genau jetzt auf dem Bildschirm los ist und da es keine Vertonung gibt und man nur Texttafeln bekommt, hat man diverse Male das Gefühl, nur einen Teil der Handlung mitzubekommen.

Allerdings kann ich den Film für das respektieren was er ist und vor allem in welcher Zeit er erschienen ist. Und wenn man das im Hinterkopf behält kann man immer noch ein wenig Unterhaltung aus diesem Spielfilm-Klassiker herauskratzen.

Ich vergebe 6,5/10 Dinosaurierzähne.

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Das hat mich auch sehr beeindruckt, als ich den vor ein paar Monaten gesehen habe.

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Ich bin gerade eben hierüber gestolpert und meine, sowas in der Richtung auch schon vorher gelesen zu haben weshalb ich dazu noch mal kurz etwas klarstellen und „eine Lanze für den Stummfilm brechen“ möchte. :smiley:

Soweit ich weiß wurde die Möglichkeit, Filme mit einer tatsächlichen Tonspur zu versehen, erst Ende der 20er überhaupt entwickelt (s. „Der Jazzsänger“, 1927) und wohl erst ab den 30ern „regelmäßig eingesetzt“. Bei den allermeisten (ich weiß es nicht hundertprozentig, aber das ist mein Wissensstand, der gern berichtigt werden darf^^) Filmen von 1890 bis 1930 bekommen wir nicht das zu hören, was die Filmemacher dafür im Sinn hatten. Filme wurden u.a. von Pianisten begleitet oder, wie von mir im japankontext erwähnt, von erzählern kommentiert.

Die Musikuntermalung, die wir bei Stummfilmen dieser Zeit hören, wird also in der Regel von irgendwem (z.b. dem uploader) drübergelegt. Gerade so berühmte Beispiele wie Metropolis, Nosferatu, aber eben auch Page of Madness gibt es mit unterschiedlichsten „Soundtracks“. Mal wird sich an zeitgenössischen Aufzeichnungen orientiert, mal wird aber auch komplett „losgelöste“ mucke drübergelegt, wie bspw. Industrial-synthis bei Metropolis.

Da liegt es leider in der Natur der Sache dass diese oftmals sehr unpassend und merkwürdig wirken und ich finds da teilweise gewissermaßen „unfair dem Film gegenüber“, die Musik in die Bewertung des Films mit reinzunehmen. :smiley:
Wobei ich natürlich verstehe, dass es das sehvergnügen durchaus beschädigt. Bei verschiedenen Fassungen auf Youtube o.ä. geht daher auch meist ne ganze zeit für die Recherche drauf, welche „vertonung“ denn wohl irgendwie „im Sinne der Macher“ ausgewählt wurde bzw. Dem authentischen Erlebnis nahekommt.

Sorry, wenns ein bisschen klugscheißerisch rüberkommt, aber das wollte ich im aktuellen Kontext auf jeden Fall noch mal anmerken. :smiley:

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Hab das in meinen Review ja auch schon erwähnt, dass es von „Nosferatu“ zig Versionen gibt und ich deshalb nicht glaube, dass ich es mit der eigentlich vorgesehenen Musik höre. Das ist natürlich schade, aber auch mir war halt aufgefallen, dass die Musik nicht immer das wiedergibt, was man sieht. Dadurch geht natürlich leider was verloren, aber man hat teilweise einfach keine Möglichkeit mehr, an das Original ranzukommen.

Jup, und auch bei Nosferatu gibt es ja praktisch einfach kein „Original“ in diesem Sinne. :smiley: Zusätzlich gibt’s dann auch noch unterschiedliche kolorierte Fassungen etc. pp. :smiley:

Ich hatte da die „offizielle“ Version der Murnau-Stiftung ausgewählt, da dort wohl sehr wahrscheinlich großer Wert darauf gelegt wurde, das Erlebnis möglichst authentisch zu gestalten.