Thema #71: VES Awards – Supporting Visual Effects
Film: Birdman oder (Die Macht der Ahnungslosigkeit) (Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)) von Alejandro González Iñárritu
Erscheinungsjahr: 2014
Laufzeit: 119 Minuten
Wo gesehen: Sky
Michael Keaton war früher mal der weltberühmte Darsteller des Superhelds Birdman. Die Zeiten sind lange vorbei und er versucht sein Glück am Broadway. Doch sowohl die Zusammenarbeit mit Edward Norton als Broadwaystar als auch seine familiären Verhältnisse um seine, von Drogen und Entzug geprägte Tochter Emma Stone sowie seine Ex-Frau Amy Ryan; entziehen ihm noch seine letzte „Superheldenkraft“. Oder entziehen ihm ganz andere Dinge die Kraft?
Den Vogelmann hab ich mir jetzt also geschätzt mindestens 6 Jahre später als die meisten anderen angeschaut, wurde er doch mit dem Oscar als bester Gesamtfilm 2015 ausgezeichnet. Wie immer bei so hochdekorierten Filmen, war ich recht gespannt wo die Reise hingeht, vor allem da 2014 bei mir bis jetzt ein rechte ambivalentes Jahr war, was die gefeierten Filme angeht. Da haben mich einige enttäuscht und andere wiederum komplett begeistert – wenig dazwischen, eher ungewöhnlich.
Wohin also mit Birdman? Fliegt ganz schnell zu meiner Top-Gruppe, was für ein phantastischer Film.
Zuerst mal war ich sehr überrascht wie unglaublich lustig und unterhaltsam der Film war (klar hat der Film auch viele ernste Kerne). Ich hatte eigentlich durchgehend ein Grinsen auf und dazu kommt dann noch, dass er ohne Ende One-Liner raushaut, die fast alle bei mir gezündet haben; ein Unterhaltungsfest an schwarzem Humor, der bei mir nicht immer zündet, hier schon.
Das in Kombination mit den vielen interessanten Themen, macht den Film auch zu keiner Sekunde langweilig. Im Gegenteil es wird noch untermauert, durch teilweise überragendes Schauspiel (Michael Keaton eigentlich durchgehend in dem Film, Edward Norton besonders in seinen Film-im-Film-Rollen und der Monolog von Emma Stone - wow) und absoluter Top-Kamera. Soll ja wieder das One-Shot-Feeling vermitteln, ist aber vor allem eben unglaublich dynamisch (in den Gängen und draußen am Himmel eine absolute Wucht).
Das alles in einen Filmtopf zusammengeworfen ergeben ein kurzweiliges, interessantes, unterhaltsames und trotzdem nachdenkliches Filmgericht.
Kritik hab ich keine so richtig. Vielleicht (!) fand ich die wirklich letzte, letzte Endszene bisschen zu: Offenes Ende. Offenes Ende kann gut sein, aber bei so einem Meisterwerk hätte ich mir da noch einen kleinen Kniff oder so gewünscht. Ich mein der Film hat mit seinen mannigfaltigen Themen wie gleichzeitiges Feiern als auch zynisches beklagen der Film- und Schauspielbranche mit all seinen Problemen und Annehmlichkeiten; Kritik an Kritiker und Medien; Gesellschafts- und Erwartungshaltungen; Konsumentenkritik und vielem mehr schon mehr als genug zu bieten. Ein offenes Ende fügt diesem im Grunde noch ein paar philosophische Ebenen mehr hinzu. Hätte es hier gar nicht gebraucht, hat aber natürlich den Vorteil, dass sich jeder und jede nach seinem Geschmack ein paar Themen herauspicken kann, die einem besonders wichtig erscheinen, in diesem Werk und wenn man dabei so gut unterhalten wurde; warum nicht?
Die Romanze von Frau Stone mit Edward Norton hätte man außerdem für meinen Geschmack bisschen anders ausgestalten können (vielleicht ist die aber gerade auch mit als Kritik zu verstehen, was eben alles so in den Sphären von Schauspielern und Schauspielerinnen abläuft). Denn klar, der Film wurde ja eben auch von Hollywood gedreht, aber ist für mich schon auch eine Anklage auf die zum großen Teil doch schon narzisstischen Egomanen und Egomaninnen, welche in dem Business ihre Kreise ziehen. Sollte man bei aller berechtigter Kritik an den teils sehr schäbigen Hintermännern eben auch nie vergessen.
Man sieht schon auch die Kritik wird zu den Stärken des Films. Trotzdem die absolute Trumpfkarte des Films ist seine unterhaltsame Inszenierung, denn intelligente Filme gibt es viele, stumpfe Unterhaltung gibt es viel – beides zusammen gibt es selten. Insofern von mir auch ein Lob (interessiert die sicher ganz dolle) an die Oscars – dem kann man mit gutem Gewissen den Oscar für den besten Gesamtfilm eines Jahres geben.
Wahrscheinlich unrealistisch, dass ihn hier jemand noch nicht gesehen hat. Falls doch – anschauen und genießen.
9 von 10 Rundflüge