Thema #24: Naturverbundenheit
Film: Die rote Schildkröte (La tortue rouge) von Michael Dudok de Wit
Erscheinungsjahr: 2016
Laufzeit: 80 Minuten
Wo gesehen: Sky
Ein namenloser Mann kommt auf dem Meer in einen schweren Sturm. Er erwacht auf einer einsamen Insel. Es beginnt eine sehr philosophische Geschichte des Naturalismus.
Echt interessant, wie unsere Themen und Filme verschmelzen können. Die ersten 20 Minuten hätte ich eher gedacht, dass wir es hier mit einer typischen Robinsonade zu tun bekommen. Was immer noch genug Bezüge zum Thema Naturverbundenheit aufgestellt hätte. Spätestens nach einer halben Stunde merkt man aber der Film verwandelt sich zum naturphilosophischen Werk.
Klasse Film. Die Bilder waren wunderschön, die Musik sehr gut und obwohl kein Wort gesprochen wird gibt es für die Emotionen der Charaktere immer noch z.B. ganz schöne Jubelschreie oder verzweifelte Seufzer etc. Das macht die Charaktere trotz Stummfilmatmosphäre und minimalistischem Zeichenstil nahbarer.
Obwohl die Figuren mit der Zeit immer mehr zu Metaphern verschmelzen war ich emotional des öfteren stark eingebunden (besonders eine Höhlentauchszene relativ am Anfang wo mir fast selbst die Luft ausgegangen ist). Was die ganzen Interpretationsmöglichkeiten des Films angeht, gibt es wohl Dutzende. Gerade zu unserem Thema passend war aber schon die typische Darstellung der wunderschönen aber auch oft unbarmherzigen Natur.
Dazu ging es für mich auch viel um Wünsche, Gestaltung des Lebens und eine Unmenge an mythologischen Einbindungen aus der östlichen und westlichen Mythologie.
Überhaupt, diese Zusammenarbeit zwischen Zeichnern aus verschiedenen Kulturteilen der Erde, hat dem ganzen noch einmal etwas Besonderes gegeben und wirft neben Ghibli auch mal wieder den Fokus auf zu unrecht vergessene frankobelgische Werke Abseits von den großen Reihen.
Hat mich da in seiner Besonderheit z.B. an „Louise und das Meer“ oder „Das Mädchen ohne Hände“ erinnert. Beides eben mal etwas andere Animationsfilme aus Frankreich (Letzterer z.B. knapp 15 Jahre von Hand nur mit Wasserfarben und Tusche gezeichnet).
Eine kleine Warnung gibt es aber auch. Der Film ist schon eher Arthouse (trotz der Beteiligung großer Studios) und die extrem ruhige Atmosphäre muss einem schon gefallen. Hinzu kommt, wenn man keine so große Lust auf Naturphilosophie hat und den Film eben doch mehr als Robinsonade aufnehmen will, es doch viele eher seltsame Dinge gibt.
Den Film kann man sicher noch ein paar Mal anschauen und entdeckt immer noch was Neues oder kann sich selbst was dazu überlegen. Ich mecker auch manchmal über Filme die mir zu viel Interpretationsspielraum lassen und vom Verständnis her so gar nichts hergeben. Aber hier macht es eben auch einfach noch dazu Spaß sich von den vielen Details der Natur faszinieren zu lassen. Und umso mehr Spaß mir ein Film macht umso lieber denke ich auch über die Vielschichtigkeit nach.
Da wurde schon echt clever gearbeitet. Besonders gut haben mir z.B. die Krabben als immer wiederkehrender Sidekick gefallen. Die haben eine schöne humorige Note reingebracht in die ja eher großen und manchmal erschlagenden existenzialistischen Themen (bisschen Rußmännchen-Ghibli-Feeling fand ich). So etwas finde ich immer stark, wenn man es in einen ernsten Film einbauen kann ohne tonal dann zu viel zu versauen.
Ich fand ihn also richtig klasse.
8 von 10 Schildis