Thema #30: Wichteln (@MaxFX)
Fand alle drei Filme interessant. Hätte wohl alle drei irgendwann mal geschaut. Also wenn schon alle drei vorgeschlagen sind, hab ich einfach nacheinander jedes von @MaxFX geschnürte Wichtelpäckchen geöffnet. Heraus kamen für mich zwei ganz tolle Filme und einmal eher meh:
Film: 1917 von Sam Mendes
Erscheinungsjahr: 2019
Laufzeit: 119 Minuten
Wo gesehen: Sky
Am 6. April 1917 bekommen zwei Lance Corporals den wichtigen Auftrag so schnell wie möglich eine Nachricht über einen deutschen Hinterhalt an General Mackenzie zu überbringen. Das Leben von 1600 Soldaten steht auf dem Spiel. Auf ihrem Weg dahin, erleben sie mehr als ein Problem.
Selbst meist ohne Trailer und Informationen vor einem Film unter meinem Stein hab ich schon davon gehört, dass da so ein technisch brillanter Kriegsfilm bei den Oscars letztes Jahr gewesen sein soll, der so aussieht, als würde alles in einer Einstellung gedreht sein. Da ich den nicht im Kino gesehen habe, sind bei technisch brillanter Kriegsfilm meine Alarmglocken etwas aufgeschrillt und haben „Dunkirk“ gerufen. Ich finde ein Film mit interessanter Idee aber habe selten einen unpassenderen Film für Bildschirm/Leinwand zuhause gesehen als diesen.
Meine Befürchtungen sind nicht eingetreten. Ich fand den Film hier sehr stark. Was nicht heißt, dass er im Kino nicht wahrscheinlich noch besser gewesen wäre. Trotzdem, hat es der Film hier im Gegensatz zu Dunkirk bei mir geschafft, seine technische Finesse auch zu Hause zu entfalten (Ton und Musik sind echt der Hammer).
Abgesehen davon, dass der Film auch genial aussieht, fand ich auch die Geschichte interessant. Es ist schon fast so ein „Walk-Movie“ (der kleine Verwandte vom Road-Movie ) im Abenteuerformat im Kriegssetting. Genau für diese Idee passt dieser versuchte Eindruck des One-Shot auch perfekt finde ich. Da hat jemand die technischen Spielereien wunderbar auf seine Idee umgesetzt.
Was ich noch beeindruckend fand, war der starke Fokus auf die Natur. Dabei entstehen für einen Kriegsfilm oft ungewohnt cleane Bilder (obwohl die Protagonisten durch Berge von Scheiße, Ratten und Leichen waten müssen) was doch sehr ungewöhnlich ist. Ich denke aber das war beabsichtigt und ist mal was anderes und wer sagt denn, das auch in der größten Scheißsituation nicht mal ein strahlend, blauer Himmel mit Sonnenschein da war; anstatt einen üblichen grau-in-grau Quälfilter über das Elend zu legen.
Der Film war immersiv und traurig und trotzdem dabei so beeindruckend gefilmt, dass man ihn gerne und unter Hochspannung angeschaut hat. Ist natürlich auch eine Glaubensfrage, manche könnten jetzt sagen man sollte einen Kriegsfilm aber gar nicht gerne anschauen wollen. Krieg nicht, Film ja.
Schwachpunkte gab es dagegen wenig. Fand einmal nach der kompletten Verdunklung gibt es bis zum Waldabschnitt einige Verfolgungsjagden wo immer wieder leicht ungläubiges Staunen über die dermaßen schlechten Zielfähigkeiten von einigen Soldaten aufgekommen ist. In Kombination mit der ausgedehnten „Babyszene“ hat mich das mal aus diesem Sog des Films herausgezogen. Und da merkt man auch, wenn man bei so einem technisch stringenten Film (der wie ich finde sehr auf Immersion beruht) nie den Zugang findet, dann kann ich mir auch vorstellen, dass sich einige schnell bei so einem Film ohne viel „Storyidentifikationspotential“ langweilen.
Am Ende bleibt bei mir der Eindruck eines sehr guten Kriegsfilmes, der das was er machen wollte in Perfektion umsetzt.
8 von 10 Kirschblüten
Film: Contagion von Steven Soderbergh
Erscheinungsjahr: 2011
Laufzeit: 106 Minuten
Wo gesehen: Sky
Auf der Erde verbreitet sich eine neuartige, tödliche Krankheit. Nach und nach verändert sich das Leben aller. Doch wie reagieren Wissenschaftler, Mediziner, Politiker, Familien und jeder Einzelne konkret auf die neue Ausnahmesituation?
Ich habe den Film damals nie gesehen… wie anscheinend die Mehrheit der Menschen. Aus bekannten gründen, ist dieser Film aber jetzt gerade in aller Munde. Womit? Zurecht.
Der Film verfolgt einen derart unaufgeregten, schon fast dokumentarischen Stil; mit ein paar Sprenklern an Unterhaltung, dass auch niemandem langweilig wird, dass ich sehr positiv überrascht war. Der Film hat was Episodenfilmhaftes, was mir sehr gefallen hat. Klar emotionale mit den Charakteren mitfühlen kann man dadurch wenig aber das war wohl auch so beabsichtigt, passt es doch perfekt zum Inhalt. Egal wie groß der Weltstar der gecastet wurde (und es sind eine enorme Menge an Weltstars in dem Film), schneller tot als eine Eintagsfliege sind die meisten. Da bleibt keine Zeit für Abschied.
Eigentlich brauch ich gar nicht so viel schreiben, auf Letterboxd hab ich von unserem @UnclePhil gelesen – der Film sei technokratisch – kein Wort könnte auch für mich diesen Film besser beschreiben. Ich wäre sogar noch ein Stück weit euphorischer, denn ich finde ein technokratischer Stil ist nicht nur was Besonderes bei Katastrophenfilmen, sondern passt wie die Faust aufs Auge zu so einem Pandemiefilm. Der große, berühmte Cast passt recht gut dazu, da so eben trotz der kurzen Bildschirmzeit für alle ein gewisses „Hineinfühlpotential“ entsteht.
Übrigens, bei obigem Film hab ich die Technik so gelobt. Auch hier war das sehr gut (Hab ja das Gefühl unser VFX Artist @MaxFX hat mir schon ein paar technische Schmankerl bereiten wollen ). Besonders am Anfang diese kleinen ungewohnten Schnitte auf Dinge wie Türklinken, Gläser, Besteck etc. eben überall wo sich die unsichtbaren Überträger breit machen, fand ich sehr gelungen und die Musik war sehr gut.
Jetzt auf die ganzen Corona-Parallelen des Films einzugehen würde hart den Rahmen sprengen. Obwohl die Krankheit selber hier ja auch ziemlich anders agiert sind viele Parallelen schon beängstigend (Verschwörungstheorien, Herdentriebe, Ärzte mit Medienproblemen, Pharmaindustrie etc.). Klar vieles konnte man auch mit Experten erwarten aber das ausgerechnet die erste Mutationswelle, auch aus Südafrika stammt, fand ich schon so bisschen „Glaskugelerschrecken“.
Schwächen des Films? Mehr Laufzeit wäre wünschenswert gewesen (ist immer die beste Schwäche, wenn man möchte, dass der Film länger läuft) und außerdem hat für mich dadurch vor allem die Episode um Frau Cotillard sehr gelitten. Die fand ich mit großem Abstand am wenigsten gelungen.
Viele schlechte Kritiken, von jetzt schreiben, der Film hätte damals niemand gejuckt, also kann es ja auch kein so guter Film sein. Ich mein wie alle Filme kann man auch den hier scheiße finden, aber das Argument, weil ein Film früher nicht beachtet wurde sei er schlecht kann man ja mit hunderten von Beispielen widerlegen. Da sind Filme erst nach Jahrzehnten auf einmal zu einem Meisterwerk in der Wahrnehmung geworden etc. Abgesehen davon, ist doch toll wie sich so ein Film neben starren Qualitäten auch noch mit dem Kontext wandeln kann und dieser hat eben mal ausgesprochen stark vom Kontext profitiert und eine neue Vergleichsebene dazugewonnen.
Auch hier gibt es am Ende für einen technokratisch exzellent inszenierten Film
8 von 10 Impfdosen (für alle)
Film: Gone Girl von David Fincher
Erscheinungsjahr: 2014
Laufzeit: 149 Minuten
Wo gesehen: Sky
Nick und Amy Dunne scheinen das perfekte Ehepaar aus der typischen amerikanischen Oberschicht darzustellen. Doch am 5. Hochzeitstag verschwindet Amy plötzlich. Nur der überbordende Spieltrieb der beiden Eheleute oder steckt mehr dahinter?
Bin sicher kein Fincher-Experte aber so einer, der Sieben sehr häufig gesehen hat, da ich finde, der Film ist wahnsinnig gut. In der Challenge hier hab ich dann auch mal Zodiac gesehen. Auch den fand ich überragend. Dieser Film hier lässt mich dagegen etwas ratlos zurück.
Mir ist nicht so ganz klar was das war, sehr lang war es auf jeden Fall. Ohne hier zu spoilern wird es schwer, ich versuch es trotzdem. Der Film hat für mich eine recht klare Unterteilung in drei Teile (die der Pedant Fincher gefühlt mit der Stoppuhr nach 60 und 120 Minuten abgestoppt hat). Die erste Stunde ist eine harte Überzeichnung der amerikanischen Alltagswelt. Charakterisiert vor allem auch durch extremes Overacting und keinerlei rotem Faden. Dachte eigentlich er baut hier eine Satire auf (dafür hätte ich die ersten 60 Minuten für sehr gelungen gehalten, da man da gerne mal so überzeichnen darf).
Dann gibt es aber 60 Minuten Krimi-Thriller, wie ich es bis jetzt auch aus Sieben oder Zodiac von ihm kenne. Die waren ordentlich bis gut, jetzt aber keine Offenbarung.
Dann dreht er noch ne knappe halbe Stunde bisschen frei.
Ich hätte mir wieder einen guten Krimi-Thriller gewünscht. Man nehme den Mittelteil, denkt sich ein spannenderes und besseres Ende aus und kürzt die erste Stunde radikal auf 20 Minuten oder so runter. Wären schöne 100 Minuten geworden, gewohnt spannend, optisch schön düster, top. Problem hierbei ist eben, konzentriert man sich darauf, den Film nicht als 100 prozentige Satire anzulegen und hat hier das Thriller-Element drin (aber auch nicht zu 100 Prozent) ist der Film für mich ein Schweizer Käse. Es gibt so unendlich viele Logiklücken und aus meiner Sicht unrealistisches Verhalten von verschiedensten Personen garniert mit teilweise dümmlichen Dialogen, dass ich davon schon sehr enttäuscht war.
Oder aber er baut die Satire der ersten 60 Minuten weiter aus, macht den Mittelteil dazu eben viel schärfer und auch da natürlich ein passendes Ende, dann wären mir die Logiklücken egaler.
So war der Film für mich aber wirklich nicht Fisch nicht Fleisch.
Wenn ich es mit den Qualitäten der beiden obigen Filme vergleiche fällt der Film für mich aber auch technisch ab. Klar der Film hat einen ordentlichen Look aber ich fand es nicht außergewöhnlich. Musik und Ton ebenso. Hinzu kommen durchwachsene Schauspielleistungen mit einem Ausschlag nach oben durch Rosamund Pike und leider einem klaren Ausschlag nach unten von Ben Affleck. Der Typ hat die Ausstrahlung eines Toastbrotes für mich.
Was auch ein großes Problem als ganzes ist, denn kommen wir zum Ende wieder zu technokratisch. Wenn du keine Satire bist, kannst du es dir, für mich, nicht erlauben so uninteressante Charaktere zu haben. Und Amy und Nick waren mir einfach komplett egal, da auch nie was ordentlich emotionales aufgebaut wurde.
Ich weiß viele lieben den Film, aber vor allem verglichen mit den beiden obigen Filmen oder Zodiac, kann ich keinen Aspekt finden, der für mich annähernd auf dem Niveau war.
Dank des Mittelteils der einen bei der Stange hält (man will ja schon wissen was denn jetzt immer wieder passiert (wird aber immer wieder enttäuscht )) war der Film jetzt aber keine Qual beim ansehen, sondern eben eher enttäuschend. Deshalb gibt es die graue Maus:
5 von 10 Spiele des Lebens
Danke @MaxFX für die tolle Auswahl der Filme. Dadurch gab es zwei neue super Filme und einen Film den ich jetzt zumindest als gesehen von der Watchlist streichen kann, für mich.