Thema #44: Out of the Box (Tatsuya Nakadai sowie Bud Spencer)
Film: Heute ich… morgen Du! (Oggi a me… domani a te!) von Tonino Cervi
Erscheinungsjahr: 1968
Laufzeit: 105 Minuten
Wo gesehen: Sky
Bill Kiowa saß fünf Jahre unschuldig im Gefängnis. Auch am Tag seiner Entlassung hat er nur eins im Sinn: Rache. Er stellt eine Truppe aus vier weiteren Gunmen zusammen um sich endgütlig an dem Schurken James Elfego und seiner Comancheros zu rächen.
Wenig Neues im Lande der Italowestern möchte man meinen und so ist es auch. Absoluter Standard -Revenge-Italowestern ohne Überraschungen und straight durchgezogen. Gibt nicht viel, was ich dazu erzählen könnte. Ich war ziemlich enttäuscht, da ich in diesem Jahr schon eine gute Stange an Italoswestern gesehen habe und auch neben den drei Sergios es doch so einige Perlen zu entdecken gibt. Die haben aber eben immer irgendwelche besonderen Kniffe, politische Bezüge, spannende Twists oder guten Humor; sucht man hier leider alles vergeblich.
Richtig frech fand ich außerdem die schlechte Kulisse. Der Film wurde wohl in irgendeinem Wald nördlich von Rom gedreht… und genau so sieht er auch aus. Leider reden die Charaktere ständig von Arizona und Utah… vollkommener Quatsch.
Wenn ich da schon gesehen hab, was für tolle Wüstenkulissen wirklich in den Canyons von Spanien oder Kroatien oder in den Bergen von Italien geschaffen wurden, wo man wirklich gedacht hat, man sei im Wilden Westen, dann war das hier schon eher am Rande der Unverschämtheit. Oder man überlegt sich halt was für die Dialoge oder lässt die Staaten ganz weg, macht Glaubhafteres daraus, irgendwas halt.
Mit was da so als Comancheros vermarktet wird, fang ich jetzt besser erst gar nicht an.
Immerhin war es für mich jetzt keine Vollkatastrophe, da Standard hier halt auch heißt, die Dinge die ich an Italowestern mag wurden recht routiniert abgerufen. Also zum größten Teil ein cooler Soundtrack, recht heftige Shootouts und gerade zum Ende hin ein paar kreative Kills. Außerdem kämpft Bud Spencer mit einem fetten Ast, gegen Tatsuya Nakadai mit Mini-Samuraischwert. Was will man mehr .
Was das Thema diese Woche betrifft, so gibt hier Tatsuya Nakadai einen mexikanischen Bösewicht mit Samuraischwert. What? Ja wer auf die Idee kam würde ich schon gerne wissen. Der einzige Film in Europa, den Nakadai je gedreht hat. Dabei wissen vielleicht einige von euch, dass er ein absoluter Superstar in Japan ist, der sowohl Hauptrollen, als auch die Antagonisten in vielen großen Kurosawa Samurai-Filmen hatte und auch einige große Filme von Kobayashi oder Naruse vorweisen kann.
Insgesamt also ein Kuriosum, warum er in diesem Italowestern mitspielt. Er wirkt in den Einzelszenen als vollkommen irrer Bösewicht aber schon echt gut. In den Gruppenszenen ist sein vollkommen anderes Schauspiel, im Vergleich zu allen anderen Figuren extremes Overacting, hier aber halt eher deplatziert.
Nakadai hat danach auch keinen Film mehr in Europa gedreht und erst 1989 einmal in einer Hollywoodproduktion („Zurück zum River Kwai“) mitgespielt. Hab den Film zwar nie geshehen aber lehne mich glaube ich auch nicht weit aus dem Fenster, dass ein 2. Teil zu „Die Brücke am Kwai“ Jahrzehnte später von Andrew V. McLaglen wahrscheinlich auch nicht gerade der super Film ist.
Aber man kann wohl sagen, dass Nakadai, der in Japan über 100 Filme gedreht hat, sich zwei mal Out of the Box seines gewohnten Settings bewegt hat.
Ein kleines Out of the Box gibt hier auch Bud Spencer. Klar, wissen wohl einige, dass er in mehreren frühen ernsteren Italowestern mitgespielt hat und auch einen Horrorfilm von Argento (der hier in diesem Western auch mal wieder das Drehbuch geschrieben hat, wie für einige Italowestern) zu seinem Repertoire gehört. Aber gerade in Deutschland verbindet man mit Bud Spencer ja immer den Comedy-Aspekt.
Wie hier schon diskutiert wurde, bin ich auch kein großer Freund, dieses „Box-Denkens“ aber hier sieht man auch, dass oft mehr die Vermarktung, als die eigentlichen Künstler an so etwas beteiligt sein können. Der Film hier ist 0 witzig und einfach ein typischer brutaler Italowestern. Deutscher Verleih: „Hold my Einnahmequelle“, oder irgendwie so. So kommt es, dass der Film auf den deutschen Markt kam unter den Titeln:
„Der Dicke ist nicht zu bremsen“ und
„Stoßgebet für einen Hammer“
Abgesehen davon, dass Bud Spencer hier sogar nur eine Nebenrolle hat, absolute Quatschtitel. Bei weitem aber keine Ausnahme. Habe dieses Jahr schon den Italowestern „Die fünf Gefürchteten“ gesehen. Ebenfalls Ensemble-Film, ebenfalls Drehbuch Argento, ebenfalls Bud Spencer mit einer kleinen Nebenrolle. Aber: Ein wirklich guter Film, wer auf Zugüberfall-Filme steht sollte den unbedingt anschauen. Ich fand ihn stark. Zum Thema: Deutscher Verleih:
„Dicker, lass die Fetzen fliegen“
„Der Dampfhammer“
(irgendein „haha er hat dick“ gesagt und Hammerfetischist muss da schon in den Verleihen gehockt sein )
Zu allem Überfluss, wurden hier am Anfang des Filmes sogar noch extra paar Comedyzeilen reingeschrieben, die 0,0 passen. Das wurde bei dem Film von Cervi immerhin nicht gemacht, hier schmerzt es aber etwas, da ich den Film wie gesagt ziemlich gut fand.
Man könnte also sagen Bud Spencer hat sich hier Out of the Box begeben. Gerade der Deutsche Verleih hatte darauf aber wohl nur wenig Bock. Könnte ein Fingerzeig sein, warum wir manche Schauspieler und Schauspielerinnen zum gefühlt hundertsten Mal durch das gleiche Setting springen sehen, im immer wieder gleichen Film. Frag mich ob die Leute damals, geschockt (überrascht, verärgert, etc.?) waren, wenn man ins Kino zu „Der Dicke ist nicht zu bremsen“ geht und dann so was bekommt und ob das in Zeiten vom Internet noch irgendwas bringt (auf den Streaming-Portalen oder so?).
So oder so: Bud Spencer Fans schauen lieber andere Filme, Tatsuya Nakadai Fans schauen lieber andere Filme, Italowestern gibt es bessere wie Sand am Meer – ich sehe keinen Wirklichen Grund diesen Film groß zu empfehlen. Vielleicht Komplettisten der jeweiligen Film-Biografien und echte Italowestern Hardcore-Fans. Mit viel Wohlwollen zum billig Italowestern noch
4 von 10 mexikanische Samurai (gab es wohl wirklich mal welche)