Thema: Howard Shore
Film: Spider
Regisseur: David Cronenberg
Erscheinungsjahr: 2002
Es hat mich, wie die meisten hier anscheinend , ziemlich gefreut, als ich in der Liste all die Cronenberg-Filme gesehen hab. Ne super Gelegenheit, einen von ihm zu schauen, der schon länger auf meiner Watchlist ist, also hab ich mir in England schnell Spider bestellt, weils den sonst weder als VoD noch als Disk so wirklich gab… was vielleicht auch mit dem Film selbst zusammenhängt.
Dennis Cleg, von seiner Mutter in der Kindheit „Spider“ genannt, wird im London der 70er aus der Psychiatrie entlassen und kommt in einer Art Wohnheim unter, wo ein paar wenige andere Menschen wohnen, die nicht sehr gut mit ihrem Leben klarkommen und dort wenigstens ein bisschen Hilfe bekommen. Dennis kann sich nur schwer anderen mitteilen, er spricht nur in gemurmelten Halbsätzen, füllt ein Notizbuch mit unlesbarem Geschreibsel, und zusätzlich muss er sich mit seinen Erinnerungen herumschlagen. Denn Ebenezer-Scrooge-mäßig scheint er in seine Vergangenheit zurückversetzt, bewegt sich darin und beobachtet sich als kleinen Jungen und wie sein Vater scheinbar seine Mutter hintergeht und sie umbringt. Oder nicht? Ist alles nur in seinem Kopf, oder nur manches; und was ist eigentlich die Realität?
Uiuiui, kein Feel-Good-Movie, so viel wird direkt zu Beginn allein schon durch die Atmosphäre und den Look des Films deutlich; alles wirkt hohl und unwirklich und so, als wäre ein Leben in der gezeigten Umgebung nicht lebenswert. Es ist auch nicht die Metropole London, die Dennis the Spider hier durchwandelt, sondern eher der heruntergekommene Außenbezirk, in dem sich die einfache Arbeiterschaft der Stadt tummelt.
So weit so unangenehm. Die positiven Aspekte des Films halten sich im Weiteren aber leider in Grenzen. Ralph Fiennes gibt den verwirrten, abgerockten Hauptcharakter erschreckend gut, keine Frage, aber die ab und an entstehende Langeweile kann auch er nicht überspielen (was ein bisschen in der Natur des Charakters liegt).
Die Musik von Howard Shore beschränkt sich vorwiegend auf zarte Klaviermusik, die immer wieder zwischen romantisch und mysteriös hin und her wabert. Sie verstärkt dieses Traumartige, Unwirkliche, das dem Film anhaftet. Manchmal wirkt sie aber fast unpassend im Angesicht dessen, was gerade passiert, wobei dies völlige Absicht seitens Cronenberg sein könnte, weil dadurch in solchen Szenen auch das Gefühl entsteht, das irgendwas gerade ganz und gar nicht stimmt. Vielleicht spiegelt sich darin die Zerrissenheit und Verwirrung des Charakters, der sich nicht sicher darüber sein kann, was für ihn denn wahr ist.
Ich habe öfter gelesen, dass Spider als Horrorfilm bezeichnet wird - und das vorher auch erwartet - aber leider trifft dies so gar nicht zu. Ein Horrofilm von David Cronenberg, sofort schießen einem Nahaufnahmen von glibschigen Körperteilen in den Kopf, die von spitzen, scharfen Gegenständen durchtrennt, aufgespießt oder aufgeschnitten werden, organische Masse, die irgendwo eindringt, herausquillt oder sonstwie ihren Weg in oder aus menschlichen Körpern findet. Davon gibt es nichts in Spider. Der Film ist ein klassisches Drama mit ein paar Psycho- oder Mystery-Einlagen, die aber nie soweit gehen, das der Film und das ihm Zugrundeliegende ein besonderes Faszinosum darstellen. Hier fehlt das große Geheimnisvolle, das Filme wie Videodrome, Naked Lunch oder eXistenz für mich ausmachen. Wahrscheinlich kann man bei einer Zweitsichtung mehr auf das Spiel mit den Realitäten und Erinnerungen achten, aber jetzt beim ersten Mal war das alles etwas unterwältigend.
Und der Film ist einfach verdammt zäh, so.
Trotzdem kann ich keine schlechte Wertung abgeben, ganz uninteressant ist das alles nicht, und die Qualitäten, die Cronenberg in so einen Film hineinbringt, sind auch nicht von der Hand zu weisen. Aber es ist kein Wunder, dass sich VoD-Anbieter nicht gerade um so einen Film prügeln.
Etwas unschlüssige 2,5/5.
(Sorry, etwas lang geworden… Spricht ja eigentlich eher für den Film. Je mehr ich so darüber nachdenke, könnte alles, was ich als eher langweilig oder zumindest sperrig empfunden habe, haargenau so von Cronenberg beabsichtigt gewesen sein. Vielleicht muss ich ihn bald wieder schauen, könnte sich mir dann um einiges mehr erschließen. So, reicht jetzt!)