Thema: Actor/Actress of the last Decade
Film: Warrior
Erscheinungsjahr: 2011
Laufzeit: 139 Minuten
Wo gesehen: Blu-ray
Bei meiner Suche nach der Schauspielerin / dem Schauspieler der letzten Dekade hab ich mich ganz stumpf durch etliche Listen geklickt, bin bei ein paar Namen hängengeblieben und am Ende zu einem (für mich) überraschenden Ergebnis gekommen: Tom Hardy.
Lustigerweise war er zuerst gar nicht unter den Kandidat*innen, die ich so im Kopf hatte, aber wenn man sich einmal seine Filmographie der letzten Jahre anschaut ist das wirklich mehr als beeindruckend. Große Blockbuster wie Inception, Dark Knight Rises (), Mad Max, Revenant, Dunkirk & Venom. Aber auch kleinere, ruhigere Film wie Locke oder The Drop (den ich sehr mochte). Und das sind nur die Filme aus den letzten 10 Jahren, die ich von ihm gesehen hatte! Also hab ich mich an die erste große Lücke von 2011 gewagt und auch endlich mal wieder den Blu-ray-Pile of Shame bemüht.
Warrior erzählt von einer sehr kaputten Familie, die vor allem durch den starken Alkoholmissbrauch und das damit einhergehende aggressive Verhalten des Vaters Paddy Conlon (Nick Nolte) so zerrüttet wurde. Sein jüngster Sohn Tommy (Tom Hardy) kehrt nach 14 Jahren zu ihm zurück, um sich (wie früher) von ihm für ein MMA-Turnier trainieren zu lassen. Tommy will, dass es bei der rein professionellen Beziehung bleibt, während sein mittlerweile trockener Vater alles dafür tut, um wieder mehr im Leben seiner Kinder stattzufinden. Denn auch der ältere Sohn Brendan (Joel Edgerton) hat sich von ihm abgewandt und steigt derweil selbst wieder in den Ring, um seine eigene Familie finanziell über Wasser zu halten.
Wie man an dieser verkürzt beschriebenen Ausgangslage merkt, steckt in Warrior viel viel mehr als nur der übliche Kampfsport-Film. Klar gibt es viele bekannte Tropes, die aufgegriffen werden (zerstrittene Brüder, gescheiterte Trainer-/Vater-Figur), aber in der Masse der Konflikte sind der Film und die Beziehungen zwischen den Figuren weitaus komplexer. In jedem Dialog steht so viel aufgestaute Frustration, Wut, aber auch Verunsicherung und Verletzlichkeit zwischen diesen Männern - die sich dann in den packend inszenierten Kampfszenen entlädt.
Vielleicht ist es nicht das, was Regisseur Gavin O’Connor in erster Linie mit dem Film ausdrücken wollte, aber ich wurde darin bestätigt, wie wichtig es ist, das uns beigebrachte Bild von „Männlichkeit“ stärker zu hinterfragen und auch Jungs beizubringen, mehr Ehrlichkeit und Schwäche zuzulassen. Wieviele der Konflikte im Film könnten vermieden werden, wenn Stolz und Ehrgefühl gegen eine schmerzhafte, aber ehrliche Aussprache über eigene Fehler und Traumata ausgetauscht worden wären? Natürlich ist es für den Film gewollt, dass sich dies alles im großen Finale entlädt. Aber im „echten Leben“ gibt es eben viele verletzte Männer, die keine krassen MMA-Fights absolvieren, sondern ihre innere Frustration an Mann/Frau, Kindern oder anderen Mitmenschen auslassen.
Aber kommen wir zu dem Grund, wegen dem ich den Film endlich nachgeholt hab: Tom Hardy. Wie ich finde ein grandioser Schauspieler, auch (oder gerade weil) er oberflächlich gesehen gar nicht so viel macht. Klar, hatte er sich für Warrior wieder utopisch aufgepumpt, aber die Rolle auf die körperliche Vorbereitung zu reduzieren, wäre meiner Meinung nach unfair. Man sieht zu jedem Zeitpunkt, in jeder Szene allein durch seine Augen welche Konflikte in ihm brodeln. Vor allem in den gemeinsamen Szenen mit Nick Nolte erkennt man trotz der „harten Schale“ und abweisenden Haltung sofort wie sehr er sich wünscht, dass diese ganzen Streitereien und Qualen ein Ende haben.
Was dagegen hat mir nicht so gefallen? Ähm, diese Trainingsmontage fand ich furchtbar. In sämtlichen anderen Fighting-Filmen immer eins der Highlights, wirkte diese wirklich deplatziert und merkwürdig umgesetzt. Wie teilweise 3-4 Bildausschnitte gleichzeitig gezeigt werden, die dann auch noch so Windows-Movie-Maker-mäßig aneinander vorbeifliegen, empfand ich leider als Fremdkörper in diesem ansonsten sehr hochwertigen Film. Ich hatte auch anfangs ernsthafte Glaubwürdigkeitsprobleme damit, dass es der über 30-jährige, vor ein paar Wochen noch nahezu untrainierte, Lehrer tatsächlich irgendwie in das Turnier der Top 16-Kämpfer weltweit schafft?! Aber spätestens wenn es dann ins eigentliche Turnier geht und man sich wirklich das komplette letzte Drittel des Films Zeit dafür nimmt, waren alle diese Zweifel verflogen.
Abschließend möchte ich noch kurz erwähnen, wie fantastisch gewählt ich den Titel finde. Dadurch, dass er im Singular gehalten ist, liegt es an uns, zu interpretieren wer für uns „der eine“ Warrior ist, oder welcher Aspekt welchen Charakter zum „Warrior“ macht. Denn obwohl es die beiden Brüder sind, die in den Ring steigen, hab ich den Titel primär auf Nick Noltes Figur bezogen, der nicht nur gegen die Sucht und Dämonen der Vergangenheit, sondern vor allem um die Liebe seiner beiden verlorenen Söhne kämpft.
8/10