Thema: Edgar Wright’s 1000 Favorite Movies
Film: Zwei Banditen (Butch Cassidy and the Sundance Kid) von George Roy Hill
Erscheinungsjahr: 1969
Laufzeit: 106 Minuten
Wo gesehen: TV-Programm (arte)
Edgar Wright hat eine interessante 1000er Liste zum stöbern erstellt. Wurde hier ja schon diskutiert aber ich denke eine 1000er Liste, ziemlich egal in was, ist immer relativ unsinnig, vom Aussagegehalt her. Nicht unsinnig ist es dagegen so wie Edgar Wright es gesagt hat und @schucki96 es ja auch schon gepostet hat. Es macht Spaß, wenn man sich gerne mit Filmen beschäftigt, durch solche Listen zu klicken. Dabei ist auch völlig wurscht, um an andere Diskussionen anzuknüpfen, ob einem jetzt sein absoluter Lieblingsfilm in der und der Liste fehlt, oder man sagt der und der Film war eher so meh; was macht der in Top-Listen?
Genau so etwas zu lesen macht doch schon wieder Spaß. Ich gehe jede Wette ein, dass jeder Mensch der sich ausführlicher mit Film beschäftigt, oder sogar nur relativ viele Filme aus allen möglichen Genres konsumiert mindestens einmal (eher was weiß ich wie oft mal) auf einen Film gestoßen ist, der entweder bei der Allgemeinheit oder bei einem „Großteil der Kritiker“, mega abgefeiert wird; man selber aber sagt: Meh. Daraus brauch dann auch keine Faktendiskussion entstehen, sondern es macht solche Listen doch erst richtig interessant. Ich fühl mich nicht beleidigt oder so wenn ein Film den ich abfeiere von Kritikern zerissen wird, sondern finde das dann interessant zu sehen: „Ah so sieht das jemand anderes“ und umgekehrt genauso (Nur grundsätzlich, weil wir ja jetzt gerade immer ein paar Top-Listen abarbeiten und öfters diskutiert wird: Nerven einen schlechte/gute Kritiken bei anderer Auffassung).
In „Zwei Banditen“ (hey immerhin die Anzahl der Hauptpersonen ist hier im deutschen Titel richtig wiedergegeben. Gab schon noch schlimmere deutsche Titel: Ich schaue auf dich „Zwei glorreiche Halunken" ) werden die beiden Hauptprotagonisten von Paul Newman und Robert Redford gespielt. Zusammen mit dem Regisseur George Roy Hill hat das Dreiergespann vier Jahre später den Film „Der Clou“ gedreht, der sieben Oscars abgeräumt hat und den ich großartig finde. Dieser Film hier hat auch vier Oscars geholt und auch ansonsten hat er doch einige Parallelen zu „Der Clou“. Warum ich „Zwei Banditen“ aber nicht so toll finde, ja sogar ziemlich enttäuscht war, soll im Folgenden dargelegt werden.
Die Grundhandlung ist simpel erklärt: Zwei Banditen haben ihren Spaß beim Ausrauben von Zügen und Banken in den USA der Jahre 1890-1900. Als ihnen der Spaß genommen wird, treiben sie das selbe Spiel noch einmal in Bolivien, in den Jahren 1900-1910.
Was ist gut an dem Film: Die Schauspieler! Robert Redford und Paul Newman spielen beide nicht nur lässig und gut, sondern harmonieren als Duo auch perfekt miteinander. Die Chemie zwischen den beiden passt einfach. Auch die restlichen Rollen sind gut besetzt, herausheben kann man noch Kathrine Juliet Ross, die die Komplizin, Geliebte, Freundin, Mutter, Hausfrau, Lehrerin etc. von beiden spielt. Die Handlung basiert zu großen Teilen auf realen Ereignissen und Vermutungen und die drei Personen hat es wirklich gegeben. Der Abgesang auf den klassischen Western ist mit vielen kleinen und großen Details ausgeschmückt und einige Szenen halten ein paar Schmunzler bereit.
Was hat mir persönlich alles nicht so gut gefallen? Nach dem Anschauen hatte ich das Gefühl, dass wenn ich den Film als kleiner Steppke mit meinem Vater gesehen hätte, sicher schöne Kindheitserinnerungen geblieben wären. Der Film ist nämlich eher der Archetyp der Buddy-Komödie als des Spätwesterns. Zu keiner Zeit kam bei mir groß Spannung auf, eher hat mir der Teil in den USA wirklich noch als fast reine Komödie gut gefallen. Der zweite Teil in Bolivien bricht mit diesem Eindruck aber und mir hat der Bruch überhaupt nicht gefallen. Am Ende stand keine reine Komödie aber auch kein ernstzunehmender Western.
Moment! Aber genau solche krude Mischungen sind doch ein Zeichen von Spätwestern. Ja! Und deshalb in anderen solcher Werke schon um Welten besser gesehen. Es gibt dazu viele weitere Details die in diesem Western störend auftreten. Besonders die Collagen am Anfang, in der Mitte und am Ende vom Film, welche echte Bilder der Banditen zeigen, finde ich komplett deplatziert. Die erste Collage macht den Eindruck als hätte man den ersten Western der Geschichte; „Der große Eisenbahnraub“ von 1903 nochmal in Kurzform gepresst und auch sonst sind diese Collagen kein cooles Gimmick sonder stören mit ihrer schlechten Qualität und eher nervigem Soundtrack den Fluss des Films. Fluss des Films… der ist wie auf einer Kaffeefahrt: Der Film ist ein absoluter „Bummelfilm". Die Handlung ist also nicht nur langsam sondern steht schon fast in der Landschaft herum. Die Landschaft… die ist teilweise ganz schön gefilmt aber kein Vergleich zu einigen Werken von Ford, Leone, Hawks, Peckinpah etc. Nichts Besonderes eben.
War die Rede vom Soundtrack des Films… 2 Oscars gab es für Song und Filmmusik. Für mich 0 nachvollziehbar. Ja die Fahrradszene ist mit „Raindrops Keep Fallin’ on My Head“ sicher eine der stärksten des Films und die Musik ist nicht schlecht. Aber auch hier darf man ja vergleichen und abgesehen von dem Fakt, dass es heute lächerlich erscheint wie die ganzen europäischen Western durchgehend übergangen wurden hab ich die Musik des Films schnell nicht mehr im Kopf gehabt; etwas was bei fast allen Filmen von Howard Hawks ganz anders ist, aber nie mit Preisen bedacht wurde.
Aber Preise hin, Preise her, diese Gesamtkonstellation aus: Zähigkeit, wenig mitreisender Musik und Landschaft, wenig Ernsthaftigkeit und auch nur stellenweise gutem Humor, Spannungslosigkeit etc. schieben den Film trotz großartiger Schauspielerei bei mir in die Bedeutungslosigkeit. Kleine charmante Seitenhiebe gegen Geldwesen und Politik sind gut, gehen aber im Gesamteindruck etwas unter (Auch wenn es wirklich clever gemacht war, dass die erste wirklich brutale Eskalation im Film dann stattfindet, wenn die beiden einmal in ihrem Leben einen legalen Job annehmen).
Das jetzt nach der Einleitung rauskommt, dass ich einen Klassiker nur „naja, geht so“ finde war nicht beabsichtigt. Ich empfehle mit Blick auf die 1000er Liste, mehr die Dollartrilogie oder„Rio Bravo", wenn man Western mit Humoreinlagen will. Und wenn man Spätwestern mit Humor will, greift man besser zu „El Dorado" oder „Abgerechnet wird zum Schluss", die haben auch tolle Anspielungen auf den Abgesang des Western.
5 von 10 Teardrops Keep Fallin’ from My Head