Und weil ich für heute noch nicht genug gepostet hab…
…sind hier noch zwei nachgereichte Reviews zu den Themen der letzten Wochen, weil ich a) immernoch sehr gerne hier mitmache und b) einen leichten Tick hab was Unvollständigkeit angeht.
Robert De Niro / In den Straßen der Bronx
Thema: Robert De Niro
Film: In den Straßen der Bronx
Erscheinungsjahr: 1993
Laufzeit: 116 Minuten
Wo gesehen: Amazon Prime Video
Tatsächlich zum ersten Mal gesehen und wirklich der erste Mafia-Film seit langem, der mich so richtig gepackt hat. Ist wohl zum Großteil der tollen Vorlage von Chazz Palminteri zu verdanken, weil ich mir immer wieder gedacht hab „Wow, das würd ich mir safe auch als Theaterstück ansehen“. Es gab einfach ständig Momente, die ich mir vom inhaltlichen „Fleisch“ her auch in simplerer Form auf der Bühne vorstellen konnte und die daher im Film erst recht funktioniert haben.
Auch die Regie-Arbeit De Niros ist echt positiv aufgefallen. Verstehe gar nicht, warum er das insgesamt nur zweimal gemacht hat. Besonders herausgestochen sind die dazwischen gestreuten POV-Momente. Klar, manchmal ein bisschen schlecht gealtert, aber bspw. diese Auseinandersetzung der Kinder mit dem Gemüsehändler aus der jeweiligen Perspektive fand ich ganz nett und die Schläge bei der Klopperei mit den Bikern ballern auch immer noch gut rein (wenn auch etwas verwackelt).
Story-technisch ist es wohl diese etwas andere Art der Mafia-Erzählung, die ich wahnsinnig erfrischend fand. Es geht nicht um jemanden, der komplett „reinrutscht“, sondern eigentlich immer genug Distanz bewahrt. Kein klassisches „Aufstieg und Fall“ über Jahrzehnte hinweg, sondern in einem relativ kurzen Zeitraum und mit (für mich) unerwartetem Ausgang. Der Disput „Vater vs. Mafia-Dude“, der mit grundlegendem Respekt beginnt. Und das alles einfach in diesem spannenden Zeitraum zwischen Kindheit und Jugend.
Die Liebesgeschichte fand ich auch ziemlich süß eingeführt. Besonders gegen Anfang wirkte alles sehr unkitschig und ernsthaft romantisch. Was mich dann als eine der wenigen Sachen leicht rausgerissen hat, war der weitere Umgang mit dem N-Wort. Das erste Mal als wir die junge Dame nach der Beleidigung damit gesehen haben, wartete sie vor Calogeros Tür, um ihn eNdLiCh wieder zu sehen. Vielleicht bin ich auch durch die aktuellen Konflikte in den USA noch stärker sensibilisiert, aber irgendwie hätte ich mir fast schon mehr Konsequenz gewünscht und dass sich die junge Beziehung davon nicht mehr erholt bzw. es einfach weitreichendere Folgen hat und nicht einfach weggelächelt wird. Naja, war auch ne andere Zeit… - Wenigstens ENTSCHULDIGEN können hätte sich der Depp aber.
Ach, und die finalen Momente mit Joe Pesci fand ich auch wahnsinnig sympathisch - und überraschend! Man sieht ihn ja in der ersten Szene nur ganz kurz im Anschnitt und da dachte ich mir schon so: „Ey, von der Körperhaltung her könnte er es sein, aber vielleicht auch nur Klischeedenken, weil Mafiafilm.“ Von daher war das am Ende für mich fast schon eine Art Cameo.
Fazit: Toll geschriebener Mafia-Coming-of-Age-Film, dem man die Bühnenluft als Ein-Mann-Stück total anmerkt. Und WARUM zur Hölle sieht Lillo Brancato WIRKLICH aus als wär er Robert De Niros Sohn?
8/10
Cinematic Firsts / Russian Ark
Thema: Cinematic Firsts (First Feature Film shot entirely in uncompressed HD & First Feature Film to consist of a single unedited take)
Film: Russian Ark von Aleksandr Sokurov
Erscheinungsjahr: 2002
Laufzeit: 96 Minuten
Wo gesehen: Netzkino (auch auf YouTube)
2000 CAST MEMBERS / 3 ORCHESTRAS
33 ROOMS / 300 YEARS
ALL IN ONE TAKE
Das waren die großen, fetten Worte im Trailer zu „Russian Ark“. Und soooo viel mehr kann und möchte ich zum Film auch nicht sagen. Nur soviel: Ich empfehle uneingeschränkt jedem Film-Fan, sich das mindestens einmal im Leben reinzuziehen. Einfach IRRE.
Die ziehen halt einfach anderthalb Stunden lang in einem echten, unbeschönigten One-Take durch den ehemaligen Winterpalast in Sankt Petersburg und springen ganz nebenbei durch Jahrhunderte der russischen Geschichte. Die Kamera nimmt dabei die Perspektive eines unsichtbaren „Erzählers“ ein, der gemeinsam mit einem ungewöhnlichen Begleiter auf unterschiedlichste historische Persönlichkeiten trifft.
WICHTIGER DISCLAIMER an dieser Stelle: Auch wenn das für Geschichts- und Kunst-Verdrossene erstmal alles andere als spannend klingt, sollte euch diese Kurzbeschreibung auf keinen Fall abschrecken.
Ich habe wirklich kaum Ahnung von der Vor-Weltkriegsgeschichte Russlands, geschweige denn der Kunst aus dieser Zeit. Aber selbst ohne irgendeinen Plan zu haben über was die quatschen und wer das überhaupt alles ist, lag mein Kiefer für einen Großteil des Films hinweg auf dem fucking BODEN.
Denn alleine der technische + Planungsaufwand ist schon unvorstellbar, (vor allem für die frühen 2000er - checkt die Bilder von den Festplatten, die die mitschleppen mussten). Aber auch darüber hinaus schafft Regisseur Alexander Sokurow eine einmalige Atmosphäre, die m. M. n. in der deutschen Synchro (durch die starke Erzähl-Stimme) sogar viel besser rüberkommt. Gepaart mit der Live-Orchester-Musik, immer wieder skurrilen Situationen, die man 0 einordnen kann, der generellen Frage WAS die Protagonisten überhaupt sind (Geister, Zeitreisende,…?), weil sie manchmal mit den Menschen interagieren und manchmal nicht…
UND WENN EUCH DAS ALLES NICHT CATCHT, dann schaut den Film wenigstens dafür, wie viele der 2000 Komparsen immer wieder panisch in die Kamera gucken, aus Angst, dass das alles allein wegen ihnen zum fünften Mal wiederholt werden muss. Tolles Trinkspiel! (Hab einige Favoriten, bei denen man sich echt fragt, ob die irgendwelche bekanntermaßen nervösen Persönlichkeiten darstellen sollen oder sie sich einfach gerade seeehr unwohl fühlen. )
Warum trotzdem nur 7/10? Ja, da blutet mir ein bisschen das Herz. Aber dieses tolle Erlebnis wird irgendwie merkwürdig zu Ende geführt und die Momente, in denen der französische Begleiter nicht anwesend ist und man eben nur beobachtet, sind ein bisschen zäh. Könnte mir aber auch vorstellen, dass der noch wächst wenn man über mehr Geschichts-Skills verfügt und sich demzufolge mehr darauf einlassen kann.
Fazit: Jetzt hab ich doch wieder viel zu viel geschrieben… Der ist umsonst bei Netzkino & YouTube - guckt mal rein!
7/10