Thema: Geburtsjahr-Anfangsbuchstabenkombomovieextravaganza
Film: Chungking Express
Erscheinungsjahr: 1994
Laufzeit: 102 Minuten
Mein erster Wong Kar-Wai und gleich ein richtiges Brett, bei dem ich nicht so recht weiß, wie ich es einordnen soll. Hätte auch fast diese Woche nicht teilgenommen, obwohl ich den Film zur Challenge gesehen habe - einfach weil es mir so schwer fällt dieses Stück Arthouse-Kino in Worte zu Fassen und meine Gedanken zu sortieren. Ich kann auch immer noch nicht sagen, ob und in welcher Hinsicht mir der Film gefallen hat, da mit vielen Sehgewohnheiten gebrochen wird.
Zunächst einmal gibt es da im Prinzip überhaupt keine Story oder nennenswerten roten Faden.
Der Film lässt sich grob als Liebesfilm umreißen, der in zwei Episoden die „Geschichten“ zweier Polizisten erzählen, die jeweils erst kürzlich von ihrer Freundin verlassen wurde und nun in Kontakt mit einer neuen Frau kommen - allerdings noch geplagt von den Erinnerungen an die frühere Beziehung und einer Mischung aus Melanchonie und Einsamkeit.
In der ersten Hälfte trifft dabei Cop Nr. 1 (der im Film tatsächlich als Nr. 223 bezeichnet wird) auf eine namenlose Femme Fatale, die als Drogenschmugglerin arbeitet, während Polizist Nr. 663 von einer jungen Frau, die in einem Imbiss arbeitet, umgarnt wird.
Beides sind voneinander losgelöste Geschichten, die allerdings ähnlich inszeniert und erzählt werden und bei denen die Parallelen schnell deutlich werden. Es ist dabei auch kein klassischer Liebesfilm, da irgendwie nie aufgelöst wird, in welche Richtung die beiden Beziehungen jetzt steuern - kommen sie sich näher oder verläuft sich der Kontakt im Sande?
Gefilmt ist das ganze gewohnt arthouse-typisch sehr dialogaarm. Es wird viel über das Visuelle und den Soundtrack transportiert. Ersteres ist ganz fantastisch in Szene gesetzt, das Framing und die Position der Figuren im Bild geschehen nie zufällig, es wird wunderbar mit Unschärfen gearbeitet und auch die bunte Optik Hong-Kongs weiß zu gefallen. Einziger Minuspunkte waren die vielen abgehakten Schwenks im Stile eines 90er-Jahre-Musikvideos, die nicht so gut gealtert sind.
Der Soundtrack hat mir vor allem bei der ersten Hälfte auch gefallen, wohingegen bei der zweiten Hälfte eigentlich nur „California Dreamin’“ geschätzte 200x rauf und runter gespielt wird. Zumindest am Anfang allerdings noch im Plot verwoben. Bin eh kein großer Freund des Songs und irgendwann hat sich das auch totgelaufen, auch wenn die stete Nutzung sicherlich gewollt war.
Eine besondere Abneigung hege ich auch gegenüber der Darstellung des zweiten Love-Interests Faye: Ein typisches Manic Pixie Girl, das mich mit Ausnahme von (500) Days of Summer bisher in Filmen IMMER abgefuckt hat. Wenn jemand in deine Wohnung einbricht und Sachen umstellt, ist das nicht süß oder charmant, sondern Stalker-Verhalten. Da kann dieser jemand noch so süß sein. Und wenn Faye, dann doch endlich die Aufmerksamkeit des Polizistens bekommt, hat sie kein richtiges Interesse mehr. Ja, toll. Toll, toll, toll.
Man merkt, ich war von der zweiten Hälfte nicht ganz so angetan, auch weil sich der träumerische Erzählstil irgendwann abgenutzt hat. Dafür hat der erste Teil viele schöne Momente, eine super-interessante Frauenfigur und trifft mit seiner Quirkyness und der Darstellung der unübersichtlichen Großstadt genau den richtigen Punkt. Und einen Flirtversuch in vier Sprachen mit der Frage, ob jemand Ananas mag, zu beginnen, ist eine fantastische Idee, die ich kopieren werde. So werde ich sicher nie in die Verlegenheit kommen müssen, jemanden zu daten, der Pizza Hawaii mag
Auf jeden Fall kein einfacher Film. Kaum Dialoge, kein roter Faden, sehr unorthodox erzählt. Irgendwie ohne Ecken und Kanten.
Dafür visuell sehr eigen (im positiven Sinne) und teils atemberaubend schön inszeniert. Mehr ein verschwommenes, träumerisches Gedankenspiel, das über die vielen kleinen Dinge kommt, die man beim Gucken aufschnappt und definitiv im Gedächtnis bleibt.
Keine Sterne-Wertung an dieser Stelle, dazu muss ich ihn noch einmal gucken.