Es hat etwas gedauert, aber ich bin nun auch mit allem durch. Ich habe die Hauptstory abgeschlossen, alle Nebenquests gemacht und die Jagdmissionen erledigt. Keine Ahnung, wie lange ich insgesamt gebraucht habe (ich schätze ca. 50 Stunden), aber gefühlt war die zweite Hälfte des Spiels deutlich zäher als die erste. Das kann an all den Nebenmissionen liegen und an der drögeren Handlung.
Alles in allem bin ich von FF XVI leider enttäuscht. Es hat definitiv seine starken Momente und manche Dinge sind sehr cool in Szene gesetzt, aber es leistet sich auch so unglaublich viele grobe Patzer, dass ich mir vom nächsten Main-FF wieder einen klassischeren Ansatz wünsche. Am besten lässt sich meine Erfahrung wahrscheinlich so beschreiben: Das, was FF XVI gut macht, macht es sehr gut, und das, was es schlecht macht, macht es fürchterlich. Aber erstmal zu etwas Positivem.
Was mir an FF XVI von Anfang an gefallen hat, war die audiosvisuelle Präsentation. Das Spiel wirkt wie aus einem Guss und hat einen wirklich wunderbaren Soundtrack. Die Esper/Eikon-Kämpfe sind mit das Beeindruckendste, was ich auf der Konsole seit Jahren gesehen habe. Ich mag aber auch die Inszenierung der Zwischensequenzen, die bildhübschen Umgebungen und die Panoramen, die FF XVI immer wieder auf den Fernseher zaubert. Das Spiel ist super vertont und hat viel Liebe zum Detail (z.B. all die Verweise auf die alten FF-Spiele). Die Nebenmissionen sind aber merkwürdigerweise richtig schlimm inszeniert. Komplett statisch, Charaktermodelle ohne Gesichtsanimationen, hölzerne Dialoge und technisch wie auf dem Stand der PlayStation 3. Da hättet ihr euch echt mehr Mühe geben können, SquareEnix! Aber über die Nebenmissionen meckere ich gleich noch mehr.
Das Kampfsystem hat seine positiven Aspekte, da es grundsätzlich Spaß macht und man sich seinen eigenen Kampfstil ganz gut zurechtbasteln kann. Gleichzeitig fehlt es den Kämpfen aber an Tiefe, da man selbst mit simplen Kombos bei jedem Gegner weiterkommt und das Spektakel irgendwann nur noch in Button mashing ausartet. Irgendwann bearbeite ich jede Gegnerwelle mit denselben Angriffsmustern und sterbe so gut wie nie, da das Ausweichfenster äußerst großzügig ist und man ohnehin ein Powerhouse ist, wenn man sich stets die besten Waffen vom Schmied holt und die mächtigen Fähigkeiten ausrüstet. Was in den ersten 15 Stunden noch Spaß macht, fühlt sich in Stunde 45 wie zu wenig Butter auf zu viel Brot verschmiert an. Am Ende haben mir die Gegner nichts mehr gegeben, weil ich sie auf dieselbe Art und Weise plattgemacht habe. Völlig egal, ob Gegner der Stufe 30, 40, Rang A oder Rang S - alle ohne Probleme besiegt. All das macht FF XVI meiner Ansicht nach zum einfachsten Main-FF. Ich habe während der gesamten Spielzeit keinen einzigen wirklich harten Bossgegner erlebt. Wahrscheinlich muss man erst den New Game+ Modus freischalten, um eine echte Herausforderung zu bekommen. Doch auch dann sehe ich nicht, wie sich das Spiel großartig verändern soll, weil die Mechaniken größtenteils gleich bleiben. In FF XVI steckt ein gutes Kampfsystem, aber die Entwickler halten es stets an der Leine und werfen einem Gegner vor die Füße, die nur ganz selten fies werden.
Das große Problem von FF XVI ist, dass man als Spieler in Sachen Gameplay neben den Kämpfen so gut wie keine Abwechslung bekommt. Entweder man kämpft oder man redet mit Leuten. Minispiele? Nope. Selber mal ein Schiff steuern? Nö. Mit Gegenständen oder der Umgebung interagieren? Auch nicht. Wenigstens mal eine Tür aufmachen? Ja, das geht. Und das ist mit ein Grund, warum ich die Nebenquests in diesem Spiel zu 90% ätzend finde. Egal wie gut sie geschrieben sind und das Worldbuilding bereichern (und ja, manche Nebenquests lohnen sich), sie spielen sich in 9 von 10 Fällen komplett gleich bzw. sind gleich aufgebaut. Das hat mich irgendwann wahnsinnig gemacht. Die Nebenquests sehen in der Regel so aus: „Hey Clive, Person X ist schlecht drauf. Rede doch mal mir ihr.“ Ziel der Quest: Besiege eine Horde an Banditen. „Hey Clive, weißt du noch der eine Ort aus deiner Kindheit? Was da jetzt wohl los ist?“ Ziel der Quest: Besiege die akasischen Monster. „Hey Clive, mir ist was in den Brunnen gefallen.“ Ziel: Besiege alle Gegner! „Clive, Torgal ist schlecht drauf…“ Ziel: Töte den Bossgegner und seine Schergen.
Mein Gott, Square Enix, warum muss ich am Ende fast jeder Quest irgendeine Gruppe an Gegnern besiegen und warum laufen die Quests alle gleich ab? Ach ja, weil man in diesem Spiel nur das machen kann: Gegner verkloppen. Trotzdem wäre ein bisschen Abwechslung schön gewesen.
Apropos WTF-Momente. Das Crafting-System in FF XVI ist totaler Quatsch und sorgte bei mir für Unverständnis. Anstatt eine Waffe als Belohnung für den Sieg über einen starken Gegner zu bekommen, bekomme ich ein nichtssagendes Crafting-Material, womit ich zum Schmied rennen muss, damit er mir die Waffe craftet. Fühlt sich dadurch unnötig in die Länge gezogen und unbefriedigend an. Gebt mir doch gleich die neue Waffe und der Schmied kann sie meinetwegen verbessern. Nächstes Thema: Die Items und Schatztruhen in diesem Spiel lassen sich mit drei Worten ziemlich treffend beschreiben: Für den Arsch. 2 Gil hier, ein blutiges Fell da (wovon ich schon 4.938 im Inventar habe), ein Heiltrank dort und natürlich ganz viel Crafting-Müll. FF XVI ist das erste große FF, an das ich mich erinnern kann, das Erkundung aktiv bestraft. Man rennt bis an den letzten Zipfel der Map und findet…Trommelwirbel…2 Gil. Man will die Map erkunden, bevor es mit der Story weitergeht? Kann man machen, aber alle Orte bleiben verschlossen und man steht vor unsichtbaren Wänden. Irgendwelche versteckten Schätze? Fehlanzeige. Es macht in 99% der Fälle gar keinen Sinn, in FF XVI aktiv auf Erkundung zu gehen. Die fetten EXP bekommt man nicht in den Kämpfen mit wilden Chocobos und auf die zehn Zahnräder oder Felle, die es irgendwo in einer Truhe gibt, kann man auch locker verzichten. Der 1% lohnt sich, weil man so manchmal auf versteckte Gegner aus den Jagdmissionen trifft.
Visuell fand ich das Level Design wie gesagt spitze, spielerisch waren viele Umgebungen aber viel zu linear und statisch. Man kann so gut wie kein Haus betreten, nirgends draufklettern, mit nichts richtig interagieren und oft fühlt sich das Entlanglaufen eines Schlauchlevels voll wie in FF XIII an. Sehr altbacken. Ich brauche keine Ubisoft-Open-World voller Fragezeichen und Marker, aber gebt mir doch wenigstens ein bisschen Freiheit, SquareEnix.
Ich könnte jetzt noch lange weitermachen, aber unterm Strich will ich damit sagen, dass ich viele Entscheidungen der Entwickler nicht nachvollziehen kann. Es fehlt an Abwechslung, es fehlt an einem motivierenden Belohnungssystem, die RPG-Elemente wirken wie mit Sekundenkleber drangeklatscht und dadurch wird FF XVI zu einer sehr flachen Angelegenheit. Alleine wegen all der spielerischen Fauxpas kann ich nicht nachvollziehen, wie manche Reviewer dem Spiel eine 9/10 geben und es in den Himmel loben können. Ich kann es mir nur so erklären, dass sie sich von den hübschen Esper-Kämpfen und der düsteren Story haben blenden lassen. Sobald man aber hinter den Vorhang blickt, entpuppt sich FF XVI als ein sehr lineares, oberflächliches Action-Spiel ohne nennenswerte Herausforderungen oder Abwechslung. Dadurch erinnert es spielerisch sehr an ein NieR oder eine Lite-Version von Devil May Cry. Damit will ich nicht sagen, dass FF XVI kein richtiges FF ist. Das ist es sehr wohl, aber es ist spielerisch kein gutes FF.
Spoiler zur Story:
Kommen wir also zum zentralen Element des Spiels - der Story. Diese teilt sich meiner Meinung nach in zwei Hälften auf: Final Fantasy of Thrones und generische Gut-gegen-Böse-Geschichte. Der erste Part des Spiels ist wirklich cool und hat mir sehr, sehr gut gefallen. Ich mochte die Charaktere, die Domini, die Intrigen und die harten Szenen. Man hatte das Gefühl, die Welt von FF XVI ist greifbar und es gewinnt derjenige mit der größeren List. Der Höhepunkt war für mich der überraschende Tod von Annabella und ihrem Sohn. Das war eine klasse inszenierte Szene, denn ich hätte gedacht, dass Dion stirbt und Annabella die Haupt-Antagonistin wird. Stattdessen bringt sie sich um und ihr Junge wird abgestochen. Solche Momente gaben der Story einen frischen Wind und haben mich das repetitive Kampfsystem vergessen lassen.
Bis dann der zweite Teil der Story anbricht und man wieder mal den Gott der Finsternis töten muss. Ultima labert im letzten Drittel und labert und labert und es ist alles pathetischer Blödsinn. Gähn. Plötzlich sind die Intrigen weg, die Kriege spielen keine Rolle mehr und alles dreht sich um Ultima und seine neue Weltordnung. Ultima hier, Ultima da. Selbst Odin war nur noch Ultimas Marionette. Im letzten Drittel hat mich das nur noch gelangweilt. Die Nebenquests rund um Jill und Torgal waren nochmal ein kleines Highlight - aber der Rest…uff. Das Ende fand ich leider auch nicht so toll. Joshua überlebt zwar, aber Clive stirbt, obwohl er vorher gefühlt durch Raum und Zeit reisen, einen Gott besiegen und alles mögliche torpedieren konnte. Warum er dann doch noch sterben muss? Tja. Die arme Jill. Übrigens war der Endkampf gegen Ultima ein komplettes Durcheinander. Mein Fernseher hat nur noch geblitzt und geflackert. Alles explodierte, alles war voll von Partikeleffekten und ich habe keine Ahnung, was das sollte.
Was mir wiederum sehr gut gefallen hat, sind die Charaktere - bis auf Clive. Clive ist okay. Nicht besonders interessant, aber auch nicht ätzend. Am Ende des Tages fand ich ihn relativ unspannend, weil er kaum Charakterfacetten hat. Er ist der wütende Muskelprotz mit einem reinen Herzen, der typische FF-Helden-Dinge sagt. Dafür mochte ich die anderen Charaktere. Jill braucht eine Weile, bis sie interessant wird, aber am Ende bekommt sie ein paar schöne Quests und entwickelt sich zu einer guten Figur. Joshua und Jote sind toll, Cid und Benedikta haben mir gefallen, Dion war super. Und Gav & Torgal! <3 Schade fand ich nur, dass FF XVI ziemlich humorbefreit ist. Wären Mid und Gav nicht da, würde das Spiel keinen einzigen Gag beinhalten. Das fand ich dann doch befremdlich, weil dadurch oft ein Comic Relief fehlte.
Insgesamt musste ich mich bei FF XVI also erst stark umgewöhnen. Es ist kein richtiges RPG, es fehlen zahlreiche FF-Elemente, die man über die Jahre liebgewonnen hat, viele einzelne Mechaniken fühlen sich unbefriedigend an. Gleichzeitig mochte ich den Soundtrack, die hübschen Zwischensequenzen, die erste Hälfte der Story und die Charaktere. FF XV, der Vorgänger, hat mir aus reiner FF-Sicht tatsächlich deutlich mehr Spaß gemacht. FF XVI ist aber das bessere und rundere Action-Spiel. Müsste ich eine Wertung vergeben, tendiere ich bei XVI bestenfalls zu einer 7/10. Respekt dafür, dass man sich in vielen Bereichen etwas Neues getraut hat, aber ein XVI-2 bräuchte ich wirklich nicht.