Ich muss mir hier mal was von der Seele schreiben.
Wie 13811 andere Energie-Fans durfte ich gestern live im Stadion eines der dramatischsten Spiele meines Lebens erleben, leider mit dem schlechtestmöglichen Ausgang für meinen Verein. Die Ausgangslage gegen die Zweitvertretung des FSV Mainz 05 war klar, wir standen zwar über dem Strich, würden wohl aber aufgrund der leichten Gegner der Konkurrenz gewinnen müssen, um die Klasse zu halten. Das Spiel ging auch mit gutem Tempo los und wir erspielten uns ein leichtes Übergewicht, nutzten dies aber nicht, um Tore zu machen. Gegen Mitte der ersten Halbzeit bewegte sich das Spiel dann eher in die andere Richtung. So ging es gerechterweise mit 0:0 in die Pause.
Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass die anfängliche Annahme richtig war. Sowohl Wehen Wiesbaden, als auch Bremen II führten. Es mussten nun dringend 3 Punkte her. Die zweite Halbzeit begann dann denkbar ungünstig mit der Führung für Mainz II durch Derstroff in der 49. Minute. Die Mannschaft und die Fans gaben sich jedoch nicht auf und machten weiter Druck, was mit dem Ausgleich per Elfmeter in der 57. Minute durch Sukuta-Pasu belohnt wurde. Nun war richtig Feuer in der Partie. Die Fans brüllten die Mannschaft lautstark nach vorne. Energie erspielte sich in dieser Phase eine Chance nach der anderen, der Ball wollte jedoch noch nicht ins Tor. In der 78. Spielminute gelang dann endlich der Führungstreffer wieder durch Sukuta-Pasu. Die Stimmung auf den Rängen und auf dem Rasen war nun extrem euphorisch. Wir feierten den sicher geglaubten Klassenerhalt. Welche Mannschaft, die bereits gerettet ist, für die es um nichts mehr geht, kommt bitte am letzten Spieltag nach einer Führung in der 78. Minute nochmal zurück?!
Die Antwort ist ganz einfach: FSV Mainz 05 II. Ab der 85. Minute machten die Rheinstädter noch mal richtig Druck. Dann die 89. Minute: Ecke für Mainz, der Ball kommt hinein, wird abgewehrt und landet vor den Füßen von Kalig, der aus Richtung der Mittellinie den Strafraum anläuft. Er fasst sich ein Herz und zieht flach ab, wenige Momente später schlägt der Ball im Tor ein. Ausgleich, 2:2 und Totenstille im Stadion! Fassungslosigkeit. Die Frage “Zählt das?” steht jedem Einzelnen ins Gesicht geschrieben. Einige brechen in Tränen aus. Selbst die Spieler des FSV schauen sich verdutzt an und fragen sich scheinbar, ob das, was sie gerade getan haben, überhaupt erlaubt ist. In diesem Moment verstanden sie wohl erst die Tragweite dieses Tores kurz vor dem Ende, realisierten, dass sie mit diesem Schuss 19 Jahre Profifußball in der Lausitz endgültig beendet haben und ich könnte schwören, sie wären vor Ehrfurcht fast im Boden versunken ob der Tatsache, was sie mit ihrem Handeln erreichen können. Das 2:3 kurze Zeit später war nur noch Makulatur, ob Unentschieden oder Niederlage machte für den FCE nun keinen Unterschied mehr.
Dann der Abpfiff und damit die endgültige Gewissheit, dass es vorbei ist. Nicht nur das Spiel, auch die Zugehörigkeit zur 3. Liga und zum Profifußball. Pele Wollitz, seines Zeichens Coach der geschlagenen Cottbuser, richtet das Wort an die Fans: “Ihr habt den Abstieg nicht verdient – es tut mir von Herzen Leid. Die Spieler können aber nichts dafür.” Nach der letzten Aussage wird Wollitz ausgepfiffen. Er dreht ab. Die ersten Fans dringen aufs Spielfeld, einige vermummen sich. Es bleibt jedoch größtenteils friedlich. Ein Unbelehrbarer zerstört eine Bande und reißt eine Eckfahne raus. Die meisten Leute wollen jedoch nur die weinenden Spieler trösten. Bei diesen Anblicken kommen mir das erste Mal die Tränen. Ich denke, da habe ich angefangen, zu verstehen, was da gerade passiert ist.
Wir müssen den Blick jetzt wieder nach vorne richten, den nächsten Umbruch in Angriff nehmen. Heute ist das für mich jedoch noch nicht möglich, zu frisch ist die Wunde. Mein Fan-Herz ist gebrochen. Dieser Abstieg tut wirklich sehr, sehr weh. Man muss zusammenfassend sagen, dass der FCE nicht erst am letzten Spieltag abgestiegen ist. Nach diesem dramatischen Spielverlauf fühlt es sich jedoch so an, als hätten uns nur 2 Minuten zum Klassenerhalt gefehlt.