Kenn die Studien schon. Ich bin ganz ehrlich, ich verstehe nicht, wo die deine Aussagen belegen sollen. Und mir ist auch klar, dass Lehrer nur ein Beispiel war. Ich sage nicht, dass bei Ingenieur die Mehrheit der Leute an Frauen denken. Ich bezog mich schon explizit auf Lehrer und hab an dem Wort erklärt, warum meiner Meinung nach die realen Gegebenheiten einen größeren Einfluss haben als welche sprachliche Form man benutzt.
@Nesis90 also vielleicht verstehe ich die Untersuchung auch einfach falsch aber wird da nicht unter anderem gesagt, dass man bei der Verwendung von Wortpaaren (also einer gegenderten Sprache) anstatt dem generischen Maskulinum weibliche Jobs als weniger wert ansieht? Ist das nicht genau das Gegenteil von was man erreichen will?
Hier muss man etwas differenzierter ranschauen.
Ja, die Studie scheint darauf hinzudeuten, dass diese Geschlechts-Paarung in den Worten nicht nur positive sondern auch negative Aspekte mit sich bringt.
Aber dass es dadurch „genau das Gegenteil“ ist dessen was man erreichen will stimmt nicht (ganz).
Ja, das ist auf jeden Fall nicht etwas, was man erreichen will, aber ein anderes Ziel welche diese Wortpaarung hat ist, dass man Frauen in den betroffenen Berufen „sichtbarer“ macht und diesen unterbewussten Bias den wir in unserer Wahrnehmung haben entgegen zu wirken. Und DAS scheint durchaus erreicht zu werden.
Ist also nicht so, dass man nur das Gegenteil erreicht. Ist eher so, dass man in bestimmten Bereichen Fortschritte gemacht hat, aber diese Fortschritte auch mit unerwünschten Kosten gekommen sind.
Jetzt muss man anschauen, woran es liegt, dass diese Abwertung zustande kam und was man dagegen tun kann.
Some recent studies, however, have also shown that in a professional context word pairs may be associated with lesser status. The present research is the first to investigate both effects within a single paradigm. A cross-linguistic (Italian and German) study with 391 participants shows that word pairs help to avoid a male bias in the gender-typing of professions and increase women’s visibility; at the same time, they decrease the estimated salaries of typically feminine professions (but do not affect perceived social status or competence).
Ganz und gar nicht. „Sprache schafft Bewusstsein“ ist eine wissenschaftlichbelegte Tatsache. Wissenschaftliche Tatsachen sind nicht das gleiche wie Argumente. Wissenschaftliche Tatsache negieren meinungsbasierende Argumente und pure Behauptungen ohne Substanz. Wie bspw. das hier…
Habe die Diskussion jetzt schon eine Weile verfolgt und möchte mich hier gerne nochmal äußern. Viele Punkte wurden im Laufe schon erwähnt und ich bitte es zu entschuldigen, wenn ich hier Dinge wiederhole. Als erstes möchte ich auf den Punkt eingehen, dass das generische Maskulinum völlig ausreichend sein soll, um alle Geschlechter zu inkludieren, immerhin ist es ja genau das, was man von dem generischen Maskulinum erwartet. Und wenn es funktionieren würde, wäre ich super glücklich damit. Gebt mir eine Welt in der das Geschlecht einer Person keine Rolle spielt und ich verwende liebend gerne ausschließlich ein ausschließlich grammatikalisches Maskulinum. So wie die Dinge aber leider stehen, ist das generische Maskulinum kein rein grammatikalisches und geschlechtsneutrales Maskulinum. Weil das Geschlecht von Personen relevant in der Gesellschaft ist und die Bezeichnung für eine Gruppe von Männern sowie die Bezeichnung von einer Gruppe mit verschiedenen Geschlechtern bei Verwendung des generischen Maskulinum nicht unterscheidbar ist (ein generisches Femininum hat im Prinzip das gleiche Problem). „Liebe Leser“ spricht auf jeden Fall alle meine männlichen Leser an, ob es auch Personen mit einer nichtbinären Geschlechtsidentität anspricht, geht aus der Form nicht hervor. Ich könnte mich damit tatsächlich ausschließlich an männliche Leser wenden.
Aber das generische Maskulinum hat noch ein anderes Problem und an diesem zeigt sich auch noch deutlicher, warum es eine Veränderung in der Sprache geben muss und nicht einfach nur eine im Denken der Menschen. Die Art und weise wie wir denken, wird ja gerade durch die Sprache bestimmt (philosophischer Streitpunk, aber ich bin einfach überzeugter Konstrukivist)
Die Sprache, die wir verwenden, formt die Welt, die wir sehen. Die Art und Weise, wie wir Dinge und Personen bezeichnen, hat direkten Einfluss darauf, in was für einer Welt wir leben.
Und das kann eine Welt sein, in der ganze Gruppen von Menschen unsichtbar gemacht werden, weil sie nie angesprochen, sondern immer nur (im besten Fall) mitgemeint werden. Oder eine Welt, in der alle Menschen angesprochen und somit sichtbar und gleichwertig gemacht werden.
Zum Abschluss noch ein Gedanke zum Thema „Genderzwang“ und verbale Abgriffe, weil das hier auch schon in mehreren Kommentaren angesprochen wurde. Natürlich steht es Personen frei in der Sprache das generische Maskulinum zu verwenden, ebenso wie es ihnen freisteht zu gendern. Grundsätzlich darf (abgesehen von strafrechtlich relevanten Inhalten) alles gesagt, aber eben auch kritisiert werden. Ich kann sagen, was auch immer ich möchte, aber du findest mich aufgrund meiner Äußerungen dann vielleicht unsympathisch. Dagegen kann ich nichts machen, außer meine Äußerungen zu überdenken, wenn mir denn etwas an deiner Sympathie gelegen ist. Wenn ich in einer Situation kritisiert werde, weil ich keine geschlechtsneutrale Sprache verwendet habe, dann kann ich auch versuchen mich zu erklären. Immerhin habe ich doch das generische Maskulinum verwendet und natürlich alle Geschlechter mitgemeint. Aber ich habe sie eben nur mitgemeint und nicht mit angesprochen.
Vielen Dank an alle Leser*innen und Entschuldigung für den langen Text
The ANOVA for perceived social status revealed a significant interaction between stereotypicality of profession and linguistic form, F (1, 363) = 4.95, p = 0.027, ηp2=0.01. Pairwise comparisons showed that typically feminine professions were perceived as having lower status than masculine professions, both when presented with masculine forms ( p = 0.021, η2 = 0.02) and with word pairs ( p ≤ 0.001, η2 = 0.07). It is noteworthy that the difference between typically masculine and feminine professions was stronger when word pairs were used. In fact, when word pairs were used, the perceived status of feminine professions declined slightly compared to masculine forms, whereas that of masculine professions increased slightly.
und außerdem:
The main effect for linguistic form, F (1, 359) = 5.85, p = 0.016, ηp2=0.02, indicated that professions presented with masculine forms were believed to earn higher salaries than professions presented with word pairs (as predicted in Hypotheses 2). In addition, the interaction between stereotypicality of professions and linguistic form was significant, F (1, 359) = 4.36, p = 0.037, ηp2=0.01. Pairwise comparisons showed that feminine professions were estimated to have lower salaries than masculine professions in both linguistic conditions (masculine form: p < 0.001, ηp2=0.09; word pairs: p < 0.001, ηp2=0.09); however, salaries of feminine professions were estimated higher when designated with masculine forms than with word pairs ( p = 0.003, η2 = 0.03). The salary ratings for masculine professions did not differ according to linguistic form ( p = 0.416, η2 = 0.002).
Wenn du die Information des Geschlechtes und die Gruppenbezeichnung einfach als zwei verschiedene Dinge behandelst, also das Geschlecht nur per Adjektiv ausdrückst, ist all das, was du schreibst, im Grunde obsolet.
Das klingt für mich nach „es gab Unterschiede bei einzelnen Gegenüberstellung, aber keine Veränderung im Gesamtbild“.
Ich bin sicher nicht Statistiker genug um eine Studie auf dieser Ebene zu hinterfragen und werde mich auf die Interpretationen der Verfasser verlassen müssen.
Die Studie endet ja auch auf der Note, dass die negativen Folgen die Positiven nicht aufwiegen.
On the other hand, word pairs in comparison to masculine forms may also lower estimated salaries of typically feminine professions. These effects appear to be inevitable for the time being. However, negative consequences of gender-fair language may diminish over time (Formanowicz et al., 2015; Gustafsson Senden et al., 2015). Furthermore, masculine generics are semantically ambiguous and thus problematic: they can refer to men only or to a group of women and men (Stahlberg et al., 2007). Therefore, we would recommend the use of gender-fair forms, such as word pairs or neutralizations in response to the question whether one should use gender-fair forms or masculine generics.
Zudem ging es mir ja auch eher darum an wen man denkt, wenn man einen Beruf in einer Bestimmten Formulierung präsentiert bekommt.
Wenn ich deinen Vorschlag richtig verstehe, dann verzichten wir in unserer Sprache einfach komplett auf grammatikalische Geschlechter? Fänd ich nicht schlecht, aber das scheint mir eine ziemlich weitreichende Forderung zu sein. Aber vielleicht sind ja die Menschen bereit ihre geliebten Artikel durch ein „the“ auszutauschen (nur eine kleine Ergänzung der Theorie, welche die Entkopplung der Geschlechter in der Sprache etwas leichter für uns macht). Dann müssten wir noch eine Form für die ganzen Pronomen finden, aber auch da kann uns die englische Sprache vielleicht was entleihen. Also ich wäre für eine geschlechtergerechte Sprache bei deinem Vorschlag dabei.
Entschuldigen impliziert sich schuldig gemacht zu haben. Eine interessante Wortwahl. Wie wäre es mit erklären? Gibt es überhaupt den Willen, Nicht-Gendern nebenher bestehen zu lassen oder ist das Ziel ganz klar, es über die Zeit so negativ wie möglich aufzuladen, um dann mit vermeintlicher Schuld und Moral dagegen vorzugehen?
Ich habe in meinem Text das Wort entschuldigen gewählt, weil das typischerweise meine Reaktion ist, wenn ich eine Person mit einer Äußerung verletzte, provoziere oder verärgere. Aber ich erkenne an, dass man sich in dem Beispiel natürlich auch erklären kann und werde den Vorschlag auch übernehmen.
Mit dem Willen oder Ziel tue ich mich ehrlich gesagt etwas schwer. Ja, ich würde mir wünschen, dass alle auf eine geschlechtergerechte Sprache Wert legen. Und möglicherweise kommt es hier irgendwann auch zu einer Abwertung des generischen Maskulinums. So wie Menschen möglicherweise irgendwann keine anderen Bezeichnungen für Schokoküsse mehr verwenden. Aber das ist nun mal eine Sache des Sprachwandels, der irgendwann passiert, oder nicht. Wird letzten Endes davon abhängen, wie viele Menschen sich eine geschlechtergerechte Sprache wünschen.
Eins vorweg: ob und wie Sexus und Genus zusammenhängen und demnach auch die Frage, ob sie getrennt werden können, ist insgesamt ein ziemlich schwieriges und kontroverses Thema. Da kann ich nicht viel zu sagen. Ich weiß nur, dass der Sexus in den meisten Fällen ja gerade durch den Genus realisiert wird und deswegen ergeben sich hier wahrscheinlich auch die Probleme.
Hier ein Umdenken einzufordern, wäre aber definitiv eine anspruchsvolle Forderung. Es müsste ja eine Bedeutungsänderung stattfinden, ohne die Wörter in neuen Kontexten zu gebrauchen. Keine Ahnung, ob das klappen kann. Bin da eher pessimistisch eingestellt.