Zweitens sei das Verwenden von genderneutralen Begrifflichkeiten keine unzulässige Form der politischen Meinungsäußerung. Im Gegenteil! Es „kann mittlerweile auch durch die Nichtverwendung von genderneutraler Sprache […] eine politische Zuschreibung in Betracht kommen“, urteilte das Gericht.
Nach diesen guten Nachrichten ging das Gericht dann aber noch einen Schritt weiter. Im Beschluss zur Klage wurde darauf aufmerksam gemacht, dass aus der entstandenen Debatte möglicherweise „eine rechtliche Pflicht zur Verwendung von genderneutraler Sprache im Allgemeinen und in der Schule […] oder dem Hochschulbereich […] herzuleiten ist.“
Interessantes Interview zum Thema Gendersternchen und warum vor allem die rechten daraus versuchen Potenzial zu ziehen, aber wohl nicht so weit damit gekommen, wie sie hoffen.
Also der Part, dass er als Experte für diskriminierungsfreie Sprache vorgestellt wird, und dann später sprachwissenschaftliche Kritiker mit der Bemerkung „in der Linguistik sind es mehrheitlich pensionierte, ältere Herren, die sich voll auf die Anti-Gender-Ebene begeben und dabei jede Art von fachlicher, disziplinärer Kompetenz aufgegeben haben“ abqualifiziert, ist jetzt nicht so gut gealtert.
Folgt man der Vorstellung, dass Sprache durch Sichtbarmachung/Nichtsichtbarmachung die Realität entscheidend mitprägt (etwa: Lehrer gesucht = mehr Männer bewerben sich), dann müsste sich Stefanowitsch hier doch den gleichen Vorwurf gefallen lassen. Er würde dann mit seiner Aussage dafür sorgen, dass alle, die sich nicht als alter Mann identifizieren, mit ihrer Kritik am Gendern nicht so recht nach vorne trauen.
Der Genderstern hat meiner Meinung nach große Probleme, z. B.
bei längeren zusammengesetzten Nomen wie Bürger*innenmeister*innenkandidat*innen
bei Adjektiven, die von Nomen abgeleitet sind (oder wie behandelt man diese zukünftig?): freundlich → freund*inlich
in Sätzen mit vielen Pronomen: Jede*r Schüler*in darf ihre/seine Hausaufgaben gerne freiwillig der/dem Lehrer*in abgeben, damit diese*r ein Feedback geben kann.
Das größte ist aber einfach, dass der Stern (oder Binnen-I oder Doppelpunkt) keine Lösung ist. Man entwickelt einfach eine neue sprachliche Form und sobald sich jemand nicht angesprochen fühlt, braucht man doch wieder n+1 Formen:
Liebe Leser → „Ich fühle mich als Frau nicht angesprochen.“ Also:
Liebe Leserinnen und Leser → „Ich fühle mich als Person, die sich nicht als Teil eines binären Geschlechtersystems versteht, nicht angesprochen.“ Also:
Liebe Leser*innen → Man kann jetzt eigentlich die Stoppuhr holen und warten, bis jemand sowas sagt wie: „Ich bin kein Stern.“ Oder „Ich fühle mich nicht der Gruppe zugehörig, die der Genderstern ansprechen soll, und werde somit nicht angesprochen.“
Ich finde das gesprochene Wort beim Gendern nicht schön. Genauso unschön empfinde ich das geschriebene Wort. Meine Sprache werde ich nicht ändern und ich finde es gut, dass ich die Freiheit habe, das selbst zu entscheiden.
Ich liebe es immer, wenn „das Gendersternchen hat viele Probleme“ als Argument genommen wird. In der Sprachwissenschaft wird man sich über Teile der Grammatik, die man gemeinhin als „gesetzt“ ansieht, mitunter nicht einig. Die deutsche Sprache hat Unmengen an Problemen, links und rechts, oben und unten, da wird so ein Gendersternchen, der nur ein linguistischer Versuch darstellt, nicht der Untergang sein. Das Argument, die deutsche Sprache sei bereits ohne das Gendern anspruchsvoll genug und man würde damit nur deutsch lernenden Ausländern schaden, ist ebenso absurd, weil 1. keinem Ausländer beim Beigebrachtbekommen der Sprache fucking Genderstern beigebracht werden würde. und 2. die deutsche Sprache für alle außer Muttersprachler schon so ein schweres Arschlochprojekt ist, dass optionales Gendern die Suppe nicht noch mehr versalzen könnte.
Auch wird völlig missachtet, dass auch das generische Maskulinum oder ein „Damen und Herren“ bereits Formen des Genderns sind. Ebenso ist das Rumgeheule wegen des Glotisschlages völlig überzogen oder weint ihr auch beim Wort Spiegelei so viel rum? Man kann sich auch einfach daran gewöhnen, so einen zu machen (oder man lässt es, ist ja jedem selbst überlassen). Aufzuhalten war und ist Sprachwandel nie. Das fängt beim Genitiv an und hört bei irgendwelchen Versuchen des Genderns nicht auf.
In der Politik spielt sowas übrigens keine Rolle. Die EINZIGE Partei, die in den letzten Jahren Anträge wegen des Genders im Bundestag rausgehauen hat, war die AfD. Sonst niemand.
Ich verstehe diesen Vergleich nie. Also die Pause zwischen Spiegel und Ei ist ja nicht das gleiche wie die Pause bei Spieler*innen. Würde ich letzteres wie ersteres aussprechen, dann gäb es keinen Unterschied zu Spielerinnen.