Gendern in Schrift und Wort

Also wenn das wirklich so gemeint ist: Gendern in Bereichen A, B, C und Nicht-Gendern in Bereichen X, Y, Z, dann wäre das ja eine Art Loslösung von einer einheitlichen deutschen Grammatik hin zu einer bewussten Zweiteilung. Das wäre in meinen Augen ein GAU.

Es mag wie bei allen Dingen Begabtere und Unbegabtere geben. Also für die gesamte Bevölkerung fehlt mir da Phantasie und Glaube.

Studien liefern natürlich Ergebnisse je nach Design der Studie. Wenn ich das richtig sehe, befragen beide etwa nur Studenten. Also junge Menschen mit hohem Bildungsgrad. Blake und Klimmt legen dann etwa 200 Studenten einen Zeitungsartikel im Umfang von ca. 350 Wörtern vor. Ein Drittel davon liest dann die Version mit Binnen-I und bewertet die Lesbarkeit nur wenig schlechter als die Vergleichsgruppen mit generischem Maskulinum sowie Beidnennungen. Zudem heißt es aber auch: „Die Betrachtung des zeitbasierten Lesbarkeitsindikators weist hingegen darauf hin, dass die Artikelversion mit Binnen-I, bei der ein Eingriff in die natürliche Wortgestalt stattfindet, tendenziell schwieriger zu lesen ist als die anderen beiden Artikelversionen. Dies äußert sich in der deutlich angestiegenen Lesezeit pro Zeichen. Da der beschriebene Haupteffekt nicht signifikant ist ( p < 0,11), müssen H3a und H3b dennoch zurückgewiesen werden.“ (S. 298)

Sie zeigen halt genau genommen, dass eine Gruppe von 60-70 Studenten im Jahr 2010 bei einem bestimmten relativ kurzen Text mit Binnen-I keine größeren Lesbarkeitsprobleme hat (und selbst da knirscht es schon bei der Lesezeit). Daraus dann allgemeinere Rückschlüsse zu ziehen, halte ich nicht für sinnvoll. Ich kann mir eine Reihe von gegenderten Texten vorstellen, bei denen die Leser erhebliche Probleme haben würden. Beispiele liefert etwa Fabian Payr, allerdings nicht in einer Überprüfung durch Studienteilnehmer, sondern nach eigener Ansicht.

Den deduktiven Schluss „wenn ich ein System komplizierter mache, dann wird es auch komplizierter in Erlernung, Anwendung und Rezeption“ halte ich für zutreffend in der Sache.

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Nein.

Ich spreche von ganzen Schulklassen, die damit keine Probleme haben und nein, ich spreche von keiner Hochbegabtenschule, lange nicht.

Dann mach doch eine groß angelegte Studie, wenn du da so sicher bist. Die Studien, die wir haben und da sind die zwei nur Beispiele, zeigen, dass dem nicht so ist. Also wenn du glaubst, dass dus besser kannst, mach.
Aber wahrscheinlich fängst du eh mit dem Kardinalfehler an, dass du dir ein Ergebnis herbeizüchtest. Also lass es dann doch lieber und lass es Leute machen, die davon ne Ahnung haben und vertrau auf die Ergebnisse.

Bisher gibt es trotz aller Wiederholungen keine stichhaltigen Beweise dafür, dass Gendern das Lesen relevant erschwere. Und bevor du weiterhin was dazu sagen willst, gleich vorneweg. Für mich ist hier die Diskussion beendet.

Ich bin erschüttert @godbrakka

Du behauptest, dass keine stichhaltigen Beweise gegen das Gendern vorlägen, allerdings wurde hier, nicht zum ersten Mal, das sehr offensichtliche Argument „Mimimi“ vorgetragen, welches du einfach nicht sehen kannst oder willst - bin enttäuscht. :beansad:

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Ich mache selbst keine Studien. Aber ich hoffe, dass solche breit angelegten Studien noch kommen werden. Da ich die kritische sprachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema eher am Anfang sehe, bin ich da auch einigermaßen zuversichtlich.

Das spiegele ich dann gerne für die andere Seite. Trauriger Höhepunkt ist da sicher die Studie Garnham et al. von 2012, die als Versuchsgruppe für den Bereich der deutschen Sprache 36 ausschließlich weibliche Versuchspersonen des eigenen Fachs heranziehen, die alle dafür credit points erhalten. Das kann man machen, die Aussagekraft ist dann allerdings sehr beschränkt. Auf solche Defizite wird dann leider in der weitergehenden Zitation oft genug nicht mehr eingegangen. Da heißt es dann nur noch Studie XY legt nahe, dass…

Kein Mensch und auch kein Wissenschaftler ist frei von von Tendenzen und Voreingenommenheiten, geht auch gar nicht anders. Aber beim Gendern ist es nochmal besonders schlimm. Ich kenne kein Thema, wo es so stark korreliert zwischen Befürwortung oder Ablehnung zum Gendern und entsprechend progressiver oder konservativer Grundüberzeugung.

Da wir im Deutschen für alle drei Genera die Allpluralform „die“ haben (der Löffel, die Gabel, das Messer → die Löffel, die Gabeln, die Messer) ist es bei Pluralformen gewissermaßen noch all fun and games. Der Singular trennt dann die Spreu vom Weizen. Das kann man auch ganz gut an Beispielsätzen veranschaulichen (Ich benutze hier : statt *, weil ich so besser mit der Formation klarkomme).

  • Den aufgeschlossenen und hilfbereiten Ärzt:innen liegen die jungen Patient:innen besonders am Herzen, wenn diese an die gut ausgebildeten Mediziner:innen glauben.

  • Dem/der aufgeschlossenen und hilfbereiten Ärzt:in liegt der/die junge Patient:in besonders am Herzen, wenn dieser/diese an den/die gut ausgebildeten/ausgebildete Mediziner:in glaubt.

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Gut, es ging dir nur um den Begriff organisch? Also weißt du jetzt was ich meine oder immer noch nicht ?

Edit: Na ja, das es mittlerweile sehr viele Anglezismen im deutschen gibt, zeigt ja auch, dass man die Sprache nicht einfach regulieren kann.

Da ich mich nicht x-mal wiederholen will, muss dieses eine Wort als Antwort schlicht reichen: NEIN!

Sprache ist genauso wenig geplant wie ungeplant, organisch wie unorganisch.

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in frankreich sind die zum teil verboten :beanderp:

Frankreich ist aber auch ein Extrembeispiel was Sprache angeht. Da gibt es auch sehr strenge Gesetze für das Französische, und Minderheitensprachen sind sehr schlecht gestellt.

Und mMn auch genau das Paradebeispiel wie Sprachpolitik nicht ablaufen soll.

Achja, einerseits Gendern vorschreiben wollen, weil es sich sonst nicht durchsetzen würde, aber die bösen Franzosen sind auch schlecht, weil sie keine Anglizismen und Minderheitensprachen zulassen.
Erwischt! :kappa:

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Aber wahrscheinlich auch nur um Beamtensprech oder generell? Aber ja, stimmt die Franzosen sind schon sehr eigen, wenn es um ihre Sprache geht.

Warum sollte ich so Gendern, wenn es um eine Person geht? Dann kenne ich doch das Geschlecht.

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Es gibt, denke ich, eine ganze Reihe von Kontexten, in denen entweder etwas allgemein gültiges gesagt wird, die Person gegenüber anonym ist, eine bestimmte Rolle von einer unbekannten Person eingenommen wird etc. Also Singular = Person bekannt, trifft es nicht. Um einfach Beispiele zu bringen:

In Deutschland hat der Bundeskanzler die Richtlinienkompetenz.
Jedes Schiff hat einen Kapitän.
Der jüngste Spieler beginnt, danach setzt Spieler 2 fort.
Wer wird wohl unser neuer Mathelehrer?
Lieber Kunde, heute überraschen wir sie mit folgendem Angebot…
Bitte treffen Sie um 10:00 Uhr am Flughafen ein, ein Mitarbeiter der Lufthansa wird Sie dann abholen.

Also so wie immer.

Ich bin ja nun kein überzeugter befürworter des Genderns, das kann man gerne kritisieren und ich hab da ja auch viel hier im Thread diskutiert.
Aber diese Verbotsthematik momentan nervt richtig. Ich kann ja schon verstehen, das es bestimmte Rahmen für Schulen geben muss wenn es ums Gendern geht, aber dann nur im Unterrichtsrahmen, und auch nur wenn es darum geht, das man da nichts starr festlegen sollte, das man das muss, und keine Alternativen gibt wie. Aber wenn ich dagegen bin, das man Gendern starr vorschreibt, bin auch dagegen etwas zu verbieten. Wenn sich jemand damit wohler fühlt, dann soll er das doch bitte auch dürfen.

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Der Rat für deutsche Rechtschreibung lehnt es weiter ab, den Genderstern oder andere geschlechtergerechte Sprachzeichen in das amtliche Regelwerk aufzunehmen.
[…]
Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, die Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit“. Auch die „Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten“ sieht der Rat gefährdet.
[…]

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Dazu hätte ich jetzt gern mehr gelesen (eigentlich zu all dem Erwähnten :simonhahaa: ), aber das wäre ja wieder Journalismus und das mögen die bei der Zeit nicht :grimacing:

Ist das der entscheidende Punkt bei der Sache, weiß ich nicht.
Ich dachte es geht hier um etwas, das uns alle angeht, nämlich unsere Sprache. Und Sprache ist wichtig.