Tatsächlich ja.
Ein kurzer Schwenk in die feministische Historie, die ich auch durch das Interview erfahren habe.
Im Zuge der Frauenbewegung der 60er Jahre (Second Wave Feminism) entstanden feministische Gruppierungen und Denkschulen. Ein Thema war dann natürlich auch neben der sexuellen Selbstbestimmung auch die Darstellung von Sexualität.
Grundsätzlich war sich die feministische Bewegung einig dass die Pornographie abzulehnen sei.
Grundsätzlich bestand unter den feministischen Gruppierungen Konsens darüber, dass Pornographie im Kern ein männliches Produkt sei – die Rede ist beispielsweise von Pornographie als «Subkultur für Männer» (Streckeisen 1984: 10) oder von einer «Industrie, gemacht von Männern für Männer» (Fetz; Hungerbühler; Marx et al. 1983: 6) – und dass Pornographie ein sexistisches Frauenbild reproduziere
Aber was die Schlussfolgerungen darauf sei, da gab es zwei konträre Ansätze. Es gab einmal einen Ansatz Pornographie vollständig in der Gesellschaft zu verbieten. Das wurde zum sogenannten PorNO-Ansatz. Eine der radikalsten Verfechterinnen davon war die Frauenrechtlerin Catharine MacKinnon. Sie hatte 1984 vor Gericht in den USA, in Minneapolis für das Verbot gekämpft. Der Antrag wurde abgelehnt. Zwar bejahte das Gericht dass das Frauenbild sexistisch ist und viele der Anklagen der Frauenbewegungen, aber wiegte die Meinungsfreiheit höher.
Der andere Ansatz war kein Verbot anzustreben.
Zur Position kontra den staatlichen Eingriff gegen Pornographie führt die Emanzipation die
Zensur ins Feld, die als «fragwürdiges Mittel» beschrieben wird, «erst recht, wenn sie von
einem bürgerlich patriarchalischen Staat ausgeübt [wird]»
(auch etwas ironisch, dass die Ablehnung des Verbots ebenso feministisch begründet wird)
Die Auseinandersetzung dieser beiden Ansätze wurde als „sex wars“ bekannt
Feminist sex wars - Wikipedia
Das ganze war teilweise recht heftig. Eine Aktivistin die für das Verbot von Pornographie war, setzte sich vor einem Buchladen in Brand
(ist nur ein Nachrichtenartikel, da sind keine gewaltsamen Beschreibungen oder Bilder - SFW)
https://www.upi.com/Archives/1984/07/11/Woman-fighting-pornography-sets-self-afire/3021458366400/
In Deutschland gab es ab 1987 eine Kampagne der feministischen Zeitschrift Emma (in der Zeit bevor für Schwarzer Wagenknecht und Putin noch wichtig waren) für das Pornographieverbot. Inklusive kleiner Skandale wie dem damaligen Leitartikel der die Diskussion in Deutschland startete.
(Achtung, nur lesen wenn man es möchte. Der Text ist richtig heftig. Er setzt Pornographie mit dem dritten Reich gleich (inklusive „übler“ Vergleiche). Der Text hat mich schon geschockt. Sowas würde heute wohl nicht mehr erscheinen.)
Pornografie: Das kalte Herz | EMMA
Auch in Deutschland wurde vor Gericht bzw. mit Gesetzesinitiativen ein Verbot angestrebt.
Die Gesetzesvorlage blieb jedoch erfolglos und stiess auch in feministischen Kreisen auf
Skepsis. Insbesondere der Vorschlag zur Definition von Pornographie löste Kontroversen aus:
Das enge Verständnis von Pornographie als «Theorie der Vergewaltigung» (Schmitter 2010:129) erntete Kritik, unter anderem weil man darin die Gefahr sah, dass alte, rigide Moralvorstellungen wiederbelebt werden könnten.
https://www.film.uzh.ch/dam/jcr:42a5efe6-b0c7-40e1-8b12-f298b3a5c019/Rehmann_Judith_Feminismus_und_Pornografie-Kino_Xenia-Mano%20Destra_2020.pdf
Immer wenn ich irgendwelche alten Texte aus den 70ern oder 80ern lese stoße ich immer wieder auf Dinge wo ich mir denke, „wie krass“
Aber damals wurden ja auch in Talkshows noch Tische mit Hammern zerschlagen.