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Ich arbeite als freier Sportjournalist und kann euch verraten…

  • Für Überschriften und Teaser-Texte sind in 90% der Fälle Redaktionen verantwortlich. Praktisch nie stammt die Überschrift von mir. Die wissen nämlich besser, was Klicks erhält und was nicht. Da habe ich in der Regel auch kein Mitspracherecht. Ebenso wenig bei den Titeln meiner Bücher. Umso ärgerlicher, wenn jemand nichts gelesen hat außer die Überschrift und sich nachher bei mir als Autor beschwert.

  • Nach dem Ende der meisten Bundesliga-Pressekonferenzen folg ein inoffizieller Teil, in dem Trainer Fragen von Journalisten beantworten. Dort reden sie dann freier, da keine Kamera an ist und sie auch nicht zitiert werden. Der Teil dauert meist drei- bis viermal so lang wie die eigentliche PK (und ist deutlich interessanter).

  • Praktikanten sind meist die engagiertesten in der gesamten Redaktion. Nichts ist dümmer als der Spruch „Da hat wohl wieder der Praktikant gepennt“. Dumme Fehler stammen in der Regel von Leuten, die seit dreißig Jahren auf dem Posten sind und denen alles egal ist.

  • Ein nicht unerheblicher Anteil an Fußballreportern hat eigentlich eine andere Lieblingssportart, macht aber Fußball, weil dort das meiste Geld drinsteckt.

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FTFY :beankiss:

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weshalb genau machen die das?

Um freier sprechen zu können. Den Matchpläne erklären oder Personalentscheidungen, ohne dass es am nächsten Tag dick der Aufmacher der Zeitung ist. Die Journalisten erhalten dafür einen Einblick in die Entscheidungen, den sie sonst nicht erhalten.

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Also gibt es da so eine Art Embargo für diese Inhalte oder ist das einfach so ein ungeschriebenes Gesetz, dass alles was im inoffiziellen Teil besprochen wird, auch dort bleibt?

Das ist vermutlich wie bei den Hintergrundgesprächen mit Politikern. Das, was dort gesagt wird, kommt nicht in den Beitrag, mit der Info kann der Journalist aber weiter recherchieren oder Zusammenhänge besser einordnen.

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„Off the record“ ist ja generell ein Konzept im Journalismus. Wenn du das einmal brichst, hast du zwar die beste Schlagzeile der Welt, bekommst dann aber nie wieder irgendwo einen Fuß in die Tür.
Das ist in den meisten Fällen ziemlich „Selbsterhaltung“

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Ah, okay. War nur neugierig ob das aus einer gewissen Berufethik heraus funktioniert oder ob es da verbindliche Verzichtserklärungen o.ä. gibt.

Ja, so ähnlich hat es auch mal Andre Voigt, Ex-Chefredakteur der Five, in nem Podcast beschrieben.

Das ist dann so ähnlich wie die Hintergrundgespräche in der Politik.

Ey das war ziemlich interessant, danke dir!

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Jop, genau. Bzw bei PKs nach den Spielen geht es auch häufig um Details zum Spiel, gerade personeller oder taktischer Natur. Dass am Ende davon nix nach Außen dringt, liegt auch daran, dass die Trainer es dann sein lassen. Nicht jeder Bundesliga-Coach macht das noch.

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Ich bin in der aktuellen Amtsperiode als Schöffin im Amtsgericht meiner Stadt tätig. So eine Amtsperiode beträgt 5 Jahre und jeder Deutsche zwischen 25 und 70 Jahren kann sich dazu freiwillig zur Wahl stellen oder dazu verpflichtet werden (falls man von zB Dritten vorgeschlagen wird).

Als Schöffe hat man exakt das gleiche Stimmrecht zur Urteilsfindung wie der vorsitzende Richter, so dass es vorkommen kann das ein Richter von seinen Schöffen überstimmt wird im Beratungszimmer was das Urteil angeht. Kam in meiner Amtszeit zwar bislang nicht vor, ist aber einer der Richterinnen mit denen ich arbeite schon passiert.

Zumindest in meiner Stadt würde sich von den Richter/innen mehr Interesse vom „normalen“ Volk an den öffentlichen Gerichtsverhandlungen gewünscht, denen man in der Regel als Zuschauer beiwohnen kann, damit das Vertrauen in die Justiz wieder bessert.

Während normale Besucher ihr Handy am Einlass abgeben müssen, dürfen Schöffen ihr Handy genau wie Richter und Justizangestellte mit reinnehmen. Natürlich sollten sie es ausschalten oder wenigstens tonlos machen und im Gerichtssaal hat es nichts zu suchen.
Ein Schöffe wurde einmal wegen des intensiven Handygebrauchs im Gerichtssaal seiner Berufung verwiesen und der gesamte Straffall musste wieder von vorne begonnen werden.

Dank strenger Fristen und anderweitiger Regelungen die für eine Hauptverhandlung und Folgetermine eingehalten werden müssen, kann es schnell mal passieren das ein Termin platzt und das gesamte Verfahren wieder von vorne beginnen muss.
So etwas ist mir in meiner Zeit in verschiedener Weise passiert.
Einmal erschien zu einem Folgetermin keiner von der Seite des Angeklagten. Der Angeklagte selber hätte auch nicht erscheinen brauchen, solange stattdessen seine Anwältin da gewesen wäre. Diese hatte aber ein Autoproblem auf dem Hinweg zum Gericht und da kein neuer Termin innerhalb der gesetzten Frist gefunden werden konnte, musste alles mit neuen Schöffen wieder auf null gesetzt werden.
In einem anderen Fall tat mir der Staatsanwalt leid, welcher nach einer bereits geführten Hauptverhandlung abermals eine über ne Stunde dauernde Anklageschrift verlesen musste. Die Richterin war aber so gütig ihm zu erlauben sitzen zu bleiben (normaler Weise wird die Anklage stehend verlesen), da sie ja wusste, dass das eine Weile dauern würde.

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Ich habe mich damit niemals jenseits von Barbara Salesch auseinandergesetzt - braucht man dafür eigentlich Rechtskenntnisse oder ist Schöffe eher ein „Intuitionsding“?

Letzteres.

Interessant dass man sich bei euch dazu melden kann. In Österreich wird das zufällig aus der Bevölkerung ausgelost.

Bis zu welchem „Schweregrad“ dürft Ihr denn mitbestimmen, gibt es da eine Grenze? Also könnt Ihr dafür sorgen, wenn der Richter sagt Geldstrafe und alle Schöffen sagen lebenslänglich? :smiley:

Vier Jahre. Und sie können den Richter tatsächlich überstimmen.

Das mit den 4 Jahren als Höchsstrafe gilt aber nur bei uns am Amtsgericht. Wäre ich Schöffe am Landesgericht sähe es auch anders aus und dazu kann man sich ebenso bewerben.
In Deutschland gibt es Schöffen in folgenden Bereichen:

Amtsgericht (Schöffengericht/Jugendschöffengericht)
Landgericht (kl. bzw gr. Strafkammer/kl. bzw gr. Jugendstrafkammer

Die Strafen die ein Schöffe mit verhängen kann sind die für die jeweilige Straftat üblichen Strafen.
Während es im Amtsgericht eben „nur“ um kleinere Fälle geht und die Strafen dort eben ein Limit von wenigen Jahren haben, kann man im Landgericht auch als Schöffe nen Mordfall mit verhandeln und hat dadurch natürlich ganz andere Strafen die anstehen.
Was für einen Rahmen das Strafmaß haben kann wird einem als Schöffe vom vorsitzenden Richter erklärt, sollte man sich nicht eh einig sein.

Ein Fall bei dem es die Meinungsverschiedenheit Geldstrafe oder Lebenslänglich gibt, dürfte unsere Gesetzesvorlage nicht vorsehen, denn lebenslänglich bekommt man ja nicht ohne Grund und ich glaube das jemand für den lebenslänglich als Option anstünde bestenfalls eine niedrigere Gefängnisstrafe die Gegenoption ist.
Aber wenn es darum ginge wie viele Jahre „angemessen“ sind, da könnte es zwischen Schöffen und Richtern zu Uneinigkeiten kommen und die Schöffen könnten den Richter überstimmen.

In Deutschland kann sich wie gesagt jeder in gewissem Alter, wenn er denn Deutsch ist freiwillig melden, aber ich hatte auch schon einen Mitschöffen, der von seiner Nachbarschaft vorgeschlagen wurde, weil er sich so viel engagiert.
Im Gericht selber ist es aber dann egal wie der Weg dahin war, denn ein Schöffe ist im Gericht dem Richter gleichgestellt.
Wobei es ein paar Unterschiede gibt:

  1. Der Richter hat den Vorsitz und führt durch das jeweilige Verfahren, wobei auch Schöffen Fragen stellen dürfen, sobald der Richter und die Anwälte fertig sind.
  2. Der Richter bereitet sich auf seine Verhandlungen umfassend vor, während ein Schöffe bei der ersten Sitzung der Hauptverhandlung nicht weiß um was es geht. Anhand dessen in welchem Gerichtssaal man ist bzw welchem Richter man zugeteilt wurde kann man bissl abschätzen ob es eher um Sachdinge oder Körperverletzung geht, aber wirklich wissen tut man es erst, wenn man den Gerichtssaal betritt und nachfragt um was es an dem Tag geht. Vorbereitungen finden dann in einem kurzen Gespräch hinter verschlossener Tür statt, damit man als Schöffe in etwa weiß was die Geschichte zum Fall ist. Richter lassen aber auch gerne Dinge weg, denn als Schöffe hat man vor allem objektiv zu sein und neutral und durch manche Infos könnte das schon verfälscht werden.

Mit Barbara Salesch hat das reale Gerichtsverfahren nur wenig zu tun, wobei das ganz auf den Fall ankommt.
In einem Fall von angeblichem Diebstahl mit Körperverletzung innerhalb einer Familie hatte es durchaus TV-Unterhaltungspotential und die Richterin war wahnsinnig genervt.

Ich hoffe ich konnte die Fragen beantworten (gab hier ja auch schon Antworten). Ansonsten einfach weiter fragen. Ist auf jeden Fall etwas das ungemein vielseitig und interessant ist und gerade dadurch das Schöffen aus jedem sozialen Bereich kommen können, lernt man auch Menschen total auf Augenhöhe kennen, denen man sonst niemals so begegnet wäre.

@Ninetailed @Kraehe @Mush

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und wie machst du das ganze mit deiner normalen ARbeit ?

Die wenigsten ARbeitgeber, werden es ja toll finden wenn dauern ein Arbeitnehmer fehlt.
Klar kriegen sie den Lohn erstattet, aber dadurch wird ja die Arbeit nicht gemacht.