In der Welt wäre es vielleicht falsch.
Aber wir sind hier ja nicht in der Welt, sondern in nem fiktiven Fall der von einem Autor designt wurde, der einen interessanten Fall basteln wolllte.
Er baut ja ganz bewusst mehrere Verdächtige ein und stattet diese mit potenziellen Motiven aus.
Der Fall den wir bekommen ist ja kein statistisch akkurat ausgewählter Fall aus dem Durchschnitt aller Morde. Das wäre ja völlig unsinnnig weil, der die Durchschnittsmord langweilig ist (und nicht immer zu einem Gerichtsprozess führt).
Im „Was wäre wenn“ hat er auch kurz darüber gesprochen und z.B politische Themen ausgeschlossen.
Natürlich ist hier das Motiv sehr wichtig und völlig zu recht sein Fokus.
Das heißt, dass für dich immer die Person mit dem deiner Meinung nach stärksten Motiv der Täter ist?
Ich will dir da keine Worte in den Mund legen, korrigier mich also gern, wenn ich das überspitzt dargestellt habe. Aber was bringt dir das Motiv, auch in einem solchen Format? Es wird für die Jury etwas nachvollziehbarer, warum jemand etwas getan haben soll. Wenn ich aber Florentin wäre, würde ich immer dem wahrscheinlichsten Alternativtäter das bessere und naheliegendere Motiv geben. Warum? Weil das eine perfekte Ablenkung ist und gleichzeitig keiner sagen kann, dass es unlogisch ist. So müssen sich die Leute für die Falllösung umso mehr auf die objektiven Hinweise verlassen, die man in mühevoller Kleinstarbeit eingebaut hat, die eigentlich den Kern des Formates bilden sollen.
Selbst von einem Meta-Formats-Aspekt her betrachtet macht es also keinen Sinn als Jury da irgendeinen Fokus drauf zu setzen. Warum auch? Es gab ja schließlich mehr als genug Beweise, die Lauras Täterschaft da indiziert haben.
Warum gibt es also Leute, die trotz jeglicher Beweise hingehen und sie freisprechen und dann vorbringen, dass es „ja auch Brandi hätte sein können, weil der Pascal ihn ja vielleicht erpresst hat“? Sowas ist ein irrsinniges Argument basierend auf einem spekulierten Motiv eines Dritten, das völlig die objektiven Hinweise des Falles außer Acht lässt.
Ich halte sowas für eine Beleidigung für die Leute, die sich die Mühe gemacht haben da stringente Beweise gut zu verstecken und eine Geschichte durch Hinweise erzählen wollten.
Nein. Es heißt nur im Umkehrschluss, dass wenn man überhaupt keine Hinweise für Motive bei einer Person findet, diese dann als Täter für mich ausgeschlossen ist.
Z.b waren deshalb die Charaktere von Valentin, Collin, Lars, Florentin, Rene, Sarah, Peter, Sofia, Fabian Kr und Matthias für mich keine potenziellen Täter.
Du bist doch derjenige, der die mit Mühe versteckten Hinweise, die sich auch auf potenzielle Motive beziehen, für nicht relevant erklären möchte. Ich möchte sie einbeziehen. Genauso wie die anderen nicht-motivbezogenen Hinweise auch.
Du kannst aus dem Motiv keinen validen Schluss ziehen. Weder wenn eins da ist, noch wenn keines da ist. Und das ist der Punkt, es funktioniert immer nur als nebensächliche Bestätigung der objektiven Hinweise, wenn man den Fall lösen möchte. Oder eben als Möglichkeit, dass sich der Zuschauer besser empathisieren kann mit den Charakteren eines solchen Formates, bzw. als Nebelkerze für Alternativtäter.
Deswegen bringt es dir absolut nichts ein Motiv in den Mittelpunkt zu stellen, wenn du den Fall lösen möchtest.
Und du verstehst mich falsch. Ich hab absolut nichts dagegen, wenn das Motiv näher beleuchtet wird und das auch mit Beweisen versteckt wird. Das Motiv ist die Würze in dem Fall. Aber ein Motiv sollte nie diese Beweiskraft zukommen, die du und andere ihm beimissen. Es ist ein logischer und juristischer Fehler, die in keinem Fall zu einer validen Lösung des Falls führen kann. Und da gehts mir bei dem Format drum: Den Fall zu lösen. Ein Denk- und Rätselspiel. Daraus ergibt sich für mich der Entertainment-Aspekt.
Mega Leistung von dir und Colin! Kuss auf die Nuss
Ich habe die Folge gestern nachgeholt und schaue gerade das Was Wäre Wenn. Mega gut gemacht. Habe die erste Folge nie gesehen und habe erstmal gar nicht gecheckt, dass Lars und Colin den Fall zusammen in der Show aufarbeiten. Das find ich dann umso beeindruckender und spannender.
Stimme dir zu, keine Frage. Nur ist dies eben ein Show-Format und ich würde Florentin nicht so einschätzen, dass er einen Angeklagten schreibt, der so ein Nicht-Motiv wie „Lust am Morden“ hat.
Gute Frage. Ich hatte stark den Kollegen des Opfers (Leon?) im Verdacht. Hätte man seine Unschuld stärker ausgearbeitet, wäre ich wohl auf Lifty umgeschwenkt. Das ist natürlich ein wenig unfair, weil es nicht darum ging die Unschuld der anderen zu beweisen, sondern die Schuld der Angeklagten.
Also ich hab jetzt mir mal Teile des Was wäre wenn angeschaut. Die Sache mit dem Grammatikfehler seh ich maximal als Indiz und nicht als Beweis. Klar, das hätte man unter Umständen ausschlachten können und in Kombination mit anderen Indizien und Beweisen wäre das vl ein entscheidender Bestandteil gewesen. Aber für sich genommen ist der Grammatikfehler echt nicht so viel mMn.
Auch wenn der Aufwand wirklich super ist und man merkt, wie viele Gedanken sich gemacht wurde: Bitte lasst nächstes mal eine:n Jurist:in oder allgemein eine fachkundige Person über euer Skript gucken. Musste nach einer halben Stunde aus machen, weil es wirklich viele Fehler und begriffliche Ungenauigkeiten gibt, die wirklich vermeidbar wären (damit meine ich nicht sowas wie der Fakt, dass es im deutschen Recht keine Jury gibt oder ein Mordprozess kaum nur einen Verhandlungstag in Anspruch nehmen würde, das sind ja Dinge, die man für die Inszenierung und die Abstimmung ändern muss!).
Was ich meine ist zum Beispiel: Ein Prozess beginnt eigentlich mit der Verlesung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft, bevor irgendwelche Plädoyers oder Einlassungen gemacht werden.
Die Anklage enthält eine genaue Schilderung der Theorie der Staatsanwaltschaft (wer soll was wann aus welchen Gründen gemacht haben, welche Beweise oder Indizien gibt es dafür, in welcher Beziehung standen Opfer und Beschuldigte:r), eine einfache Beteuerung wie schlimm alles ist reicht da nicht (zum Glück! ;)). Danach würde in dem Fall die Beschuldigte gefragt werden, ob sie oder ihr Anwalt für sie Einlassungen machen möchte, bevor irgendwelche Zeugen oder Sachverständige gehört werden würden., nachdem sie nach ihren personenbezogenen Daten gefragt werden würde.
Die Frage von Lars, ob es sich um einen Mord handelt, ist zum Beispiel auch totaler Quatsch - die Frage müsste lauten „Gab es zwangsläufig eine Fremdeinwirkung durch Dritte?“ oder etwas ähnliches. Ob ein Tötungsdelikt ein Mord oder ein Totschlag ist, wird durch die Mordmerkmale bestimmt, wie Mordlust, Habgier, Heimtücke etc pp. Wenn in einem Tötungsdelikt kein Mordmerkmal festgestellt wird, die Schuld aber bewiesen ist, dann wird nach Totschlag verurteilt.
Ich bin nur eine ReFa, die lange in einer Strafrechtskanzlei arbeitet und bei einigen großen Prozessen war, ich bin mir sicher Strafrechtler:innen würden sicher noch mehr Sachen auffallen. Ganz unironisch: Alexander Hold und Barbara Salesch sind zwar natürlich total überspitzt, sind aber relativ akkurat bzgl den prozessualen Abläufen und Begrifflichkeiten, da tatsächlich alle Beteiligten Jurist:innen sind.
Es wäre super, wenn ihr da etwas mehr drauf achten könntet. So ist das nämlich kaum geniessbar.
Es ist nicht Ziel der Sendung, einen realistischen Gerichtsprozess nachzubilden. Es ist ein Spiel. Tut mir leid, wenn du es deswegen nicht genießen konntest aber dann war die Sendung eben auch nicht für dich, wenn Realitätsnähe deine Priorität ist.
Es ist ein UNTERHALTUNGSFORMAT. Kein echtes Gerichtsverfahren. Wenn es dich nicht unterhalten hat, tut mir das Leid, aber das Argument ist Quatsch. Dann müsste ich mich auch über jedes Grey’s Anatomy oder sonstige Serien aufregen, weil die nicht akkurat sind…
Ich habe ja gesagt, dass ich durchaus verstehen kann, dass man bestimmte Sachen angepasst hat, fände es nur gut, wenn man versucht Realitätsnähe und Unterhaltung irgendwie zusammenzubringen, vor allem wenn es nur kleine Änderungen bräuchte, die einem dramaturgisch nichts kosten (wie zB den Begriff Mord richtig benutzen). Da geht es einfach um inhaltliche Qualität, die man mit kleinen Sachen WEITER verbessern kann, wenn man schon so einen großen Aufwand betreibt.
Ich weiß auch nicht, wo man aus meinem Beitrag das herauslesen könnte, dass ich eine komplett realistische Nachstellung eines Prozesses erwarte (oder Greys Anatomy für das Maß aller Dinge halte).
Aber gut, wurde ja auf den Punkt gebracht: „dann war die Sendung eben auch nicht für mich“. Dann halt nicht.
Zum Begriff Mord: ist halt eine Eigenart des bundesdeutschen Rechts, dass Mord diese Bösartigkeitsqualifizierung hat, bei uns Ösis ist jede vorsätzlich begangene Tötung Mord und in Amerika ist fahrlässiger Totschlag 3rd degree murder.
Aber dass der Staatsanwalt seine Theorie am Anfang erzählt inkl. dem möglichen Motiv, die Angeklagte (bzw. die Verteidigung) dann dazu Stellung nimmt (oder nicht) - ja da bin ich bei dir und sollte in jedem zivilisierten Strafverfahren so sein. Gerade, dass auch die Zeugen über den Sinn und Unsinn dieser Theorie befragt werden können. Und kann das Verfahren trotzdem unterhaltsam sein.
Das hat aber ja auch Florentin gut erklärt. Finde ich. Es muss halt einen Spannungsverlauf geben. Wenn der Anwalt direkt zu Beginn alles auf den Tisch legt, wird es mit unter danach recht langweilig. Ein echtes Verfahren braucht keine Spannung, nur schnelle Gerechtigkeit. Aber bei einem fiktiven Fall, bei dem der Chat entscheiden soll, ist das nicht nützlich.
Und wie auch Florentin sagte, in einem deutschen Gericht gibt es auch keine Chatentscheidung von Geschworenen. Man sollte einfach wissen, dass das alles fiktiv mit eigenen Regeln ist.
Im Prinzip ist das ein P&P, und da gelten halt die Regeln des Spielleiters.
Kommt immer ganz idividuell auf den Fall an, finde ich.
Da die Show ja nicht geskriptet ist, war es ja auch nicht Florentins Plan, dass Collin erst am Ende dem Zuschauer das Motiv präsentiert. Er könnte ja nichtmal wissen, dass Collin überhaupt in diese Richtung ermittelt.
Da nen Spannungverlauf zu haben ist also eher Glücksache finde ich.
Es gibt eben die Schlussplädoyers, die den Fall zum Ende nochmal Zusammenfassen. Dann bekommen die Zuschauer, die nicht ganz so Aufmerksam zugehört/mitgedacht haben, vielleicht nochmal Neues präsentiert.
Als Strafrechtler kann ich sagen, dass das Format schon in einem vernünftigen Umfang realitätsnah ist. Ich glaube nicht, dass noch viel mehr realitätsnähe dem Sinn des Formates, also dem Unterhaltungsaspekt und dem Rätselaspekt, zwangsläufig gut täte, weil hauptsächlich reine Formsachen fehlen. Es muss ja kein perfekter deutscher Strafprozess abgebildet werden. Das Einzige, was ich vielleicht im Sinne der Realitätsnähe noch ändern würde ist die Untersuchungshaft. In der Realität wäre es absolut undenkbar, dass eine Anklage wegen eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes erhoben wird, bei der der oder die Angeklagte nicht in Untersuchungshaft käme und in Handschellen vorgeführt würde. Bei so einer Anklage wird eine Fluchtgefahr immer angenommen.
Abseits davon finde ich, dass das schon eigentlich perfekt als Mischung zwischen dem deutschen und amerikanischen Strafprozess umgesetzt ist, die für das Format am besten passt. Auf Einsprüche würde ich da auch gänzlich verzichten, das kann der Richter effektiv besser selber regeln. Insoweit eine gute Verbesserung vom ersten Teil zu diesem Teil.
Was den Mord angeht, waren die Mordmerkmale derart offensichtlich, dass die juristisch nicht einmal erklärt werden müssten. Gemeingefährliches Mittel (Giftgas) und Heimtücke, die beide problemlos vorlagen. Da geht man als Staatsanwalt auch nicht tiefer ein, sondern setzt Prioritäten beim Nachweis der Tathandlung.
Wo ich @anon48782895 verstehe ist die Kritik zur Anklagerede. Da kann Colin tatsächlich am meisten verbessern und viele Leute überzeugen. Ich denke es täte der Show auch ganz gut, wenn direkt von Anfang an ein grober Tathergang zusammengefasst und das Motiv aufgezeigt wird, damit die Beweisführung danach verständlicher ist. Das sollte den Zuschauern dann auch erleichtern, der Verhandlung zu folgen. Ich habs ja schon im Kommentar unter dem VOD geschrieben: Ich biete dem Staatsanwalt gerne an, mit ihm eine passende und realitätsnahe Anklageschrift zu formulieren und berate ihn auch gerne bei der Strukturierung der Anklage und der Beweisführung, wenn das gewünscht ist.
Ich erinnere mich nicht daran, das so gesagt zu haben. Der Staatsanwalt sollte am Anfang die Anklage darlegen. Wie genau er das macht, ist aber völlig ihm überlassen. Also ob Colin auf das Motiv eingeht oder nicht, ist seine Entscheidung.
Hatte das auf das Fehlen eines Eröffnungsplädoyer bezogen. Nicht auf den Verlauf der Verhandlung. Dachte, das so verstanden zu haben, dass zumindest das eine Vorgabe war, dass es das nicht gibt.
Dann hab ich das falsch verstanden. Dachte das sei nur die Anklageverlesung gewesen und man wollte sich den Rest bewusst für die Verhandlung aufsparen. Aber mir soll es so recht sein, mir hat ja gar nichts gefehlt