Unabhängig davon, dass ich Poor Things leider nicht so gut fand, wie ichs mir erhofft hatte (eher sogar gegenteilig - ich mag wohl den Lantimos vor The Favourite einfach lieber), empfand ich es als total heilsam wiedereinmal Sex, Schweiß und so eine patscherte Erotik im Kino zu sehen (auch etwas, dass ich am neuen Nosferatu mit am spannendsten fand und mir auch gewünscht hätte, dass da noch mehr hineingegangen worden wäre.) Ich find es ja sehr schade, dass das aus dem Mainstreamkino beinahe völlig verschwunden ist bzw wegnegiert wird und uns im Mainstream unfassbar brave, prüde, konservative und auch großteils sehr moralisierende Filme präsentiert werden.
Besonders in der derben, unästhetischen Ungelenkheit fand ich gerade das gut am Film. Hätte für mich sogar noch derber sein können. Meiner persönlichen Meinung nach hat der Film inhaltlich, wie auch ästhetisch größere Probleme als expliziten Sex.
Aber das ist dann wohl wieder die immer wieder zitierte Geschmackssache.
Och, da gibt es viele Leute die das schon ganz gut hinbekommen einen das so fühlen zu lassen.
Meine subjektive Wahrnehmung ist, das deine objektive Meinung sehr subjektiv ist.
Die Leute findens halt Kacke, wenn sie gesagt bekommen „Was guckst du denn da für einen Schund, Netflix hat da wieder Unmengen von Geld für rausgehauen, dabei ist das ja eine Katastrophe“. Aber es soll Leute geben, die genau auf der Suche nach so was sind und eben genau das gut finden. Denen ist ganz egal ob „Opfer“ die bessere Kamera hat, denn den würden viele einfach stinklangweilig finden.
Hat hier auch niemand behauptet, dass man keinen Müll gucken und genießen darf. Nur, dass es Blödsinn ist so zu tun, als gäbe es keine qualitativen Unterschiede.
Kannst Du gerne haben. Subjektiv kann man alles denken… nur ob man richtig liegt, bedeutet das nicht automatisch.
Das sind halt zwei verschiedene Schulen von Kunstverständnis, die schwer zu vereinen sind.
Es gab ja schon Künstler die mit ihrer eigenen Scheiße malen, Bananenschalen an die Wand kleben oder Toiletten als „Installation“ verwenden.
Die Einen sagen, solange das irgendjemand für Kunst hält, ist es Kunst, selbst wenn es nur der „Künstler“ selbst ist.
Die Anderen - und zu denen gehöre ich - sagen, dass wenn alles Kunst ist, nichts Kunst ist. Alles beliebig wird. Es keinen Streit mehr gibt… etwas, dass Kunst eigentlich erst zur Kunst macht.
Wenn jemand sagt van Goghs Sternennacht ist genauso ein Kunstwerk wie eine Leinwand, die mit Exkrementen beschmiert wurde, ist halt eine Grenze überschritten. Finde ich.
Danke für den Beweis meiner These: Ich sage lediglich, dass die Kamera in „Das Opfer“ besser eingesetzt wird. Bei dir kommt anscheinend an: „Was guckst du denn da für einen Schund, Netflix hat da wieder Unmengen von Geld für rausgehauen, dabei ist das ja eine Katastrophe“.
Ich sage nichts anderes, als das es durchaus objektive Maßstäbe gibt, die aber jeder natürlich subjektiv gewichten kann. Ich kann da weder „Gatekeeping“ noch irgendeine Überheblichkeit erkennen.
Gerade wenn den Leuten die Kamera so egal ist, dürfte es ihnen doch herzlich egal sein zuzugeben, dass sie woanders künstlerisch wertvoller eingesetzt wurde.
By the way. Wenn Du das Bild von mir als Arthouse-Snob haben solltest: Auch ich gucke alles Querbeet.
Die Frage ist doch wer die Qualität festlegt. Man kann manche Filme eben gar nicht miteinander vergleichen, sondern nur mit Filmen, die eben den gleichen oben erwähnten „Anspruch“ haben. Wenn ich Actionbombast sein möchte, dann sind Kamera, Schnitt und Sound mit einem Kammerspiel auch schlecht ins Verhältnis zu setzen.
Nein, ALLE objektiven Gesichtspunkte habe ihren Ursprung in der Subjektivität.
Schon das Konstrukt Sprache ist ganz ursprünglich eine subjektiv gewachsene Sache.
Alles was den Menschen betrifft und durch ihn „hergestellt“ wird kann nur in der Subjektivität verankert sein.
Beispiel:
Bleiben wir einfach beim Thema Film und vergleichen die Kameraarbeit von Barry Lyndon und Aliens versus Predator 2.
Wahrscheinlich wird niemand bestreiten, dass Barry Lyndon nahezu perfekt fotografiert wurde, wohingegen Aliens versus Predator 2 einfach nur wie konturloser Matsch wirkt.
Gehen wir jetzt also „objektiv“ an die Sache ran, müssen wir uns fragen, was wir bewerten, um die objektiven Merkmale abzuhaken. Natürlich gibt es da eine ganze Reihe an Punkten, die wir dann vergleichen. Nur woher stammen diese Punkte? Diese wurden irgendwann, quasi stillschweigend, festgelegt, weil viele Menschen die immer gleichen Punkte als „angenehm“ erfahren haben. Sie haben sie „erfahren“, sprich es sind subjektive Erfahrungen, die Objektivität überhaupt erst ermöglichen.
Auf nichts anderes will ich heraus. Objektivität ist ein Regelkonstrukt, das auf Konsens basiert, während Subjektivität immer gilt und Objektivität möglich macht.
Das tut doch jeder, du auch. Oder willst du mir erzählen, um mal bei deinen Actionfilmen zu bleiben, dass für dich Schutzengel mit Til Schweiger und Stirb langsam auf demselben Qualitätslevel sind?
Um mal eine Analogie zu bedienen, ich finde es okay, wenn man Lust auf nen McDonald’s hat und den genießt. Problematisch wird es in den Moment wo man sich selbst einredet, dass das eine vollwertige und ausgewogene Mahlzeit ist.
Ich denke es ist ein natürlicher Abwertungsmechanismus Dinge herabzuwürdigen, die als klug/anspruchsvoll etc. gelten, zu denen man aber selbst kennen Zugang hat. Das ist es immer die einfachste Möglichkeit diese Dinge irgendwie herabzustufen, damit man sich selbst keine Blöße geben muss.
Wahrscheinlich nicht, aber ich hab Schutzengel auch nie gesehen.
Aber du kannst eben Stirb Langsam auch nicht mit Vom Winde verweht vergleichen. Da ist Clark Gable natürlich schauspielerisch besser als Bruce Willis, aber in diesem bestimmten Film passt es eben, auch wenn er keinen Oscar dafür bekommen würde, also ist die Qualität des Schauspiels sehr gut und wollte auch nie etwas anderes sein.
Problematisch ist wenn jemand einem vorschreiben möchte, was denn nun die beste Mahlzeit für ihn wäre, obwohl er eben gar keine Schnecken mag und ihm das einfache Jägerschnitzel besser schmeckt.
Ja, so mach ich das seit Jahren mit Mulholland Drive, ich bin halt einfach zu blöd dafür, also ist er eben schlecht. Könnte aber auch daran gelegen haben das ich mir jahrelang anhören musste wie blöd ich doch sei, wenn ich dem nur 2 Sterne gebe.
Was der Mensch erschafft ist natürlich subjektiv. Ebenso ist es jedem Menschen ohne Wertung frei überlassen, was er als für sich „erfüllend“ betrachtet.
Das heißt aber nicht, dass es keine objektive Wahrheit gibt.
Beispiel: Cate Blanchett ist objektiv eine um Welten bessere Schauspielerin als Gal Gadot. Als Anschauungsbeispiel nehmen wir „Tár“.
Blanchett versinkt komplett in der Rolle, sie hat extra für die Rolle ganz eigene Mannerismen entwickelt, von der Sprache bis zur Körperhaltung, jede Geste ist kalkuliert und jede Line Delivery genau so wie sie es will und es zur Figur passt bzw. diese formt.
Nach allem, was man bisher von Gal Gadot gesehen hat, also ein sehr limitiertes Minenspiel und steife Sätze, wäre sie dazu nie in der Lage.
Trotzdem kann man gerne mit Gal Gadot mehr Spaß haben und ihre Filme bevorzugen. Dagegen sagt auch keiner was.
Ich habe das Gefühl, dass „Subjektivität“ heute sehr gerne eingesetzt wird um seine Meinung unangreifbar zu machen.
Genau da liegt das Problem. Subjektiv ist ein Big Mac bestimmt für viele leckerer als eine Banane. Objektiv ist eine Banane trotzdem gesünder.
Das Problem in dieser Diskussion ist ein anderes. Es gibt nicht „Den besseren Film“, „Die bessere Kamera“, „Den besseren Score“ usw. Nicht objektiv.
In der Sight and Sound Top 100 war Jeanne Dielmann auf der 1, ich hatte den schon lange gesehen bevor die Liste herauskam und dann nochmal, mir ist es bis heute ein Rätsel unter welchen objektiven Gesichtspunkten der dort als bester Film aller Zeiten gelten kann und hab mir damals dutzende Reviews dazu durchgelesen, die mir das auch nie begründen konnten.
Meinungen (prinzipiell subjektiv) sind immer angreifbar, auch wenn sie, wie auch immer, hinter Subjektivität versteckt werden. Ich finde nicht, dass dies eine valide Taktik ist und wenn das jemand versucht, hat diese Person sehr wahrscheinlich keine Lust auf Diskussionen und Selbstreflektion. Da diskutiere ich dann gar nicht erst. Würde dir da aber zustimmen, die gegenwärtige Diskussionskultur ist sehr „egoistisch“.
Worauf ich hinaus will, habe ich weiter oben editiert. Ich betrachte es ganz losgelöst von der ursprünglichen Diskussion, in einem weiteren Kontext.
Niemand gibt sich „ne Blöße“, weil man sagt: „Dieser Film geht mir auf die Eier. Die sollen aufhören rumzulabern und sich auf die Fresse hauen“ oder sowas.
Es sagt exakt gar nichts über irgendwas aus, wenn ein Mensch solche Art von Filmen nicht mag. Ich weiß gar nicht, woher die Idee kommt, man gäbe sich damit eine „Blöße“.
Ich glaube irgendwer hier im Forum war auch mal der Meinung @boodee wäre kein richtiger Filmkenner / Filmconnaisseur, weil er Film X nicht gesehen hat, und den „MÜSSTE“ man aber gesehen haben als Filmfan
Und es mag vielleicht „objektive“ Kriterien für bestimmte Sachen geben, die sind ja aber dennoch sehr subjektiv von uns Menschen verhandelt.
Auch was „gute“ Kameraarbeit ist, wurde ja mal irgendwann von irgendwem festgelegt und ist kein Naturgesetz
Ich würde es nicht als Naturgesetz bezeichnen, aber dem Stimme ich nicht zu. Man kann gute und schlechte Kameraarbeit ovjektiv bewerten.
Wenn jemand es schafft mit seiner Kamera zu erzählen, Gefühle zu pointieren und neue Blickwinkel zu präsentieren, ist das künstlerisch wertvoller und besser als die Kamera einfach nur hinzustellen, Schuss/Gegenschuss und mit dämlichen Gewackel schlecht choreografierte Action zu kaschieren, vielleicht sogar offensichtliche Fehler wie Achsensprünge drin zu haben etc…
Keine Ahnung, ich gebe zu ich befinde mich in keiner dedizierten Filmbubble und konsumiere außer Kino+ keinerlei Content zum Thema Film. Und mir ist es im Normalfall auch völlig egal, was andere von Filmen / Serien / Spielen halten.
Das Team rund um Kino+ schafft es aber immer wieder, mir Lust auf Filme zu machen (mal anspruchsvolle, mal dummes Haudrauf), einfach weil sie es (in Teilen) ganz gut schaffen Filme oft relativ wertfrei zu besprechen.
Ich kann für mich genommen, jederzeit „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“ (oder alles andere was ich versucht habe von Fritz Lang zu gucken) als (heutzutage) blödsinnigen und langweiligenFilm bezeichnen. Einfach deshalb weil ich da absolut nicht durchhalte sowas zu gucken.
Dabei habe ich sicherlich nicht das Gefühl mir eine Blöße zu geben. Kann dir aber Versprechen, dass ich damit in der richtigen Situation instant die Leute aus ihren Verstecken locke, die dann rumpöbeln, wie wenig Ahnung ich von Film habe und warum der Film das Beste Filmerlebnis ihres Lebens war und ich das als Laie einfach nicht schätzen kann und überhaupt
Kommt doch auf den Kontext an. Here scheint ja exakt von dieser Kameraarbeit zu leben (noch nicht gesehen, nur das Feedback von der Kino+ Crew dazu konsumiert).
Da haben wir ja wieder das Problem mit der Vergleichbarkeit. Du kannst eben einen Film wie Red Notice schwer mit Vertigo vergleichen, da sie ja als sie gemacht wurden schon in verschiedene Richtungen wollten.
Es ist ebenso schwierig Harry Potter mit Krieg und Frieden zu vergleichen, aber ist denn Krieg und Frieden unter allen Gesichtspunkten wirklich das bessere Buch?
Du kannst auch Beethovens 9. nicht mit Let it be von den Beatles vergleichen.
Es findet doch genauso das Gatekeeping bei Klassikern oder Meisterwrkemit, wo viele noch nicht mal geboren waren oder kleine Knirspe waren. Das geht doch schon soweit, dass man hier oder YouTube-Kommentaren lesen durfte, ob jemand sich den überhaupt Filmkritiker nennen dürfte, weil man Film X oder Y nicht gesehen hat. Das halte ich auch für großen Schwachsinn und reines gatekeepen.