[Vorsicht, langer (und langweiliger) Post mit statistisch-methodischen HaarSPALTE(N)reien und ganz leiser Kritik ]
Hier im Thread wurde ja schon viel zu vermeindlichen Fehlinterpretationen diskutiert und auch auf die Anmerkung, dass eine richtige Auswertung noch aussteht, wurde verwiesen. Darauf will ich hier gar nicht weiter eingehen. An dieser Grafik, beziehungsweise der Frage dahinter, muss ich aber doch noch kurz einhaken, aber zwei Dinge erst einmal vorweg schicken:
1.) Die Gestaltung der Evaluation ist vom methodischen Blickpunkt aus schon ziemlich weit oben mit dabei, daher könnte mein Kritikpunkt als Lapalie aufgefasst werden, aber ich will versuchen, sie dennoch gut zu begründen.
2.) Ich bin angehender Soziologe, kurz vor meinem Masterabschluss, und habe gerade in der Erstellung von solchen Erhebungen einige Erfahrung. Bin sicher kein Vollprofi, aber ganz unqualifiziert eben auch nicht.
Jetzt direkt zum Thema:
Wenn ihr euch die Antwortkategorien anschaut, so seht ihr ein sehr gebräuchliches Format: die sogenannte Likert-Skala. Fünf (oder mehr) Antwortmöglichkeiten, idealerweise in ungerader Zahl, damit man einen neutralen Mittelpunkt bekommt. Hier kommt es dann auch zu dem Problem: In der Mitte dieser Skala hier befindet sich KEINE neutrale Antwortkategorie. Dazu entsteht so eine Asymmetrie von der Mitte aus zu beiden Extrema (Unwichtig und Sehr wichtig), denn es gibt drei positive, jedoch nur zwei negative Antwortkategorien.
Statistische Auswertungsverfahren basieren bei solchen auf Meinungen basierenden Umfragen fast immer auf der Annahme einer neutralen Antwortkategorie in der Mitte der Skala; die könnte etwa Unsicher, Teils/teils oder so heißen. Dass der Aufbau dieser Skala davon abweicht, bedeutet einerseits, dass sämtliche Ergebnisse der späteren Auswertungen diese Asymmetrie bei der Interpretation der Daten berücksichtigen müssen (sonst kann es hinten raus zu Verzerrungen kommen) und andererseits, dass die für die Mitglieder der Community „wahrgenommene Mitte“ der Skala (also eine Unentschlossen- oder Teils/teils-Kategorie) inhaltlich gar nicht als neutrale, sondern als positive Antwort (in dieser Frage Wichtig genannt) gewertet wird. Vielen wird das aufgefallen sein, vielen jedoch auch nicht; zu so einer Problematik gibt’s jede Menge Studien, die darin ein Problem sehen.
Ich erinnere mich nicht mehr, wie viele der Fragen mit genau dieser Skala arbeiten, aber selbst eine Frage - vor allem, wenn es so eine zentral wichtige ist - reicht hierbei schon aus, um das Endergebnis der Auswertung zu verzerren und dessen muss man sich bewusst sein.
TL;DR:
Die Skalierung der Antwortkategorien in dieser Frage (und möglicherweise weiteren) ist asymmetrisch und damit methodisch schwierig sauber auszuwerten. Hierauf müssen die Bohnen unbedingt achten, wenn sie verlässliche Ergebnisse produzieren wollen.
Natürlich kann man jetzt sagen, ich betreibe hier Haarspalterei (und sicher hat das seine Berechtigung), aber wenn man sich mit einer solchen Evaluation so viel Mühe macht und ein - wie ich finde - tolles Survey konzipiert, dann sollten auch solche Kleinigkeiten angesprochen werden, um dazu beizutragen, die Ergebnisse noch aussagekräftiger zu machen.