Ukrainekrieg 2022 - Diskussionsthread (Teil 1)

Macron war bisher nicht in Kiew, Draghi war bisher nicht in Kiew.
es ist also auch nicht nur Scholz.

Keine Schlacht wurde in der Ukraine nicht gewonnen weil die drei Regierungschef der wirtschaftlich stärksten EU-Staaten nicht in Kiew waren

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Die einzige Auswirkung war, dass sich in Großbritannien der PM halten konnte durch so einen Besuch^^

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Aber unter anderem genau diese Reaktionen wird er sich erhoffen.

„Schaut mal, der Kanzler fährt nicht, aber der Merz, der tut es“.

Sehr durchschaubar.

Macron und Draghi sind auch nicht die Anführer des wichtigsten Landes der EU. Die beiden sind auch nicht in Ihrem politischen Handeln als die größten Bremser/Zauderer momentan bekannt.

Wenn Scholz nach Kiew reisen würde, hätte das einfach ein ganz anderes Signal und da geht es nicht um irgendeine Schlacht, da geht es um Symbolik die es nun einmal für solch einen langen Krieg brauchen wird, schon alleine für die Bevölkerung daheim.

Also soll der Besuch in erster Linie innenpolitisch helfen? Oder versteh ich dich da falsch?

Sowohl als auch. Es würde innenpolitisch das Signal senden das er endlich mit dem „Putin nicht verärgern“ aufhört und würde ein Signal an die Ukraine senden. Es würde ihnen zeigen das wir unmissverständlich an Ihrer Seite stehen. Viele in Europa erwarten von Deutschland eine Führungsrolle, da gehört so etwas dazu.

Wobei:
Seine Unfrageresultate sind immer noch Scheisse. Party-gate scheint einfach nicht verschwinden zu wollen.
Gut für die Briten, dass sie sich hier nicht ablenken lassen.

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Klingt ja alles ganz nett, aber konkret was den Ukrainer*innen bringen tut so ne Aktion auch wieder nicht, oder übersehe ich da ein entscheidendes Detail?

Ich denke, dieser Fokus auf Symbolpolitik bringt in der aktuellen Situation genau gar nix. Wenn Deutschland wirklich was machen will, dann soll es die Führungsrolle auch wirklich einnehmen und was tun und nicht nur diese Rolle spielen. So wie es D auch bei der Geflüchtetensituation 2015 konkret getan hat. Da gab es konkrete Handlungen, konkrete Versprechen, mit konkreten Effekten.

Ist das so?
Selbst wenn, dass es erwartet wird, heißt ja nicht dass man es auch machen muß. Ich sehe D in Kriegszeiten nicht in einer (alleinigen) Führungsrolle.

Was wurde übrigens aus „Selenskyj hat besseres zu tun?“

Und @M1rko Scholz wurde explizit von Selenskyj eingeladen, die wünschen sich diesed deutliche Zeichen. Das kann man halt nicht mit Steinmeier der nur ein Grüßonkel ist, nicht vergleichen.

Wenn Scholz dann auch noch was vernünftiges zu verkünden hätte, umso besser.

Das aber „nur“ Bundestagsmitglieder sich das Geschehen vor Ort ansehen, aber niemand aus der Regierung, erachte ich als beschämend.

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Kannst du gern so empfinden, das nimmt dir auch niemand weg. Ich seh das aber recht nüchtern als Kosten-Nutzen-Abwägung. Und - auch wenn Selenskyj die Einladung ausgesprochen hat - da seh ich einfach keinen konkreten Nutzen von so nem Besuch. Da wäre es mMn sinnvoller, die Zeit für die Ausarbeitung und Durchführung effektiver Maßnahmenpakete zu nutzen, als sich die Hand zu geben und mit gespielt offenen Mündern vor den Trümmern zu stehen.

Ich glaube wenn er irgendwann nach kiew fährt ist das der Moment in dem er die leos freigibt.
Die haben Neben ihrem nutzen noch ne ziemliche Signalwirkung

Ich denke hier steht uns vielleicht unser Politik-Zynismus etwas im Weg.
Irgendwie driftet man gerne etwas ab in die Idee, dass Politiker einfach kalte Opportunisten sind, welche nur an ihre politische Karriere denken und so…

Aber man darf nicht vergessen, dass die meisten Politiker dann doch Menschen sind wie du und ich.
Klar gibt es in dem Beruf vermutlich einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Eiskalten Psychopathen, welche sich von nichts ausser Karriere leiten lassen und wo wirklich ALLES gespielt ist.
Aber ich glaube bei den meisten Politikern wird, wie beim Durchschnittsbürger auch, unter umständen etwas losgelöst, wenn er/sie dann plötzlich vor den echten Trümmern einer Stadt steht und die Zerstörung und die Tode und das Leid persönlich sieht.

Ich kann mir vorstellen, dass Zelenskyy darauf hofft. Je mehr er den Politikern zeigen kann, wie grauenhaft die Situation ist, desto grösser seine Chance in den Parlamenten der Welt dann Leute zu haben, welchen die Schrecken der Invasion als Realität im Hinterkopf hockt und von welchen er damit verstärkt Unterstützung erhoffen kann.

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Ich hab nicht mal gemeint, dass die Politikszene nur aus eiskalten Psychopath*innen bestünde. Aber gerade solche Symbolakte sind im Grunde mehr Schein als Sein, mehr Show für gute Bilder, dass man sich damit daheim gut profilieren kann. Und mir ist bewusst, dass das ein zynischer Blick auf die Politik ist. Aber so läuft leider nunmal das politische Spiel. Denn sobald man in der Politik mal wirklich sein echtes Selbst zeigt, wird man angreifbar und ist schneller weg vom Fenster, als dass man Parlamentswahlen sagen kann.
Kotzt mich das tierisch an? Ohne Frage. Aber so wies ist, ist es leider halt. Und deswegen bin ich in der Zwischenzeit ziemlich angepisst auf diese ganze Symbolpolitik, jetzt nicht nur in Sachen Ukraine, sondern generell. Sie bringt im Grunde gar nix und führt nur dazu, dass sich einzelne mal mehr mal weniger profilieren können. Den Leuten, die Hilfe ganz konkret brauchen, hilft sowas genau 0, Josef.

Das stimmt natürlich schon. Ich wiederspreche dir hier nicht. Ich denke, die Politiker gehen dahin, weil sie die Foto-Op wollen.
Das heisst aber nicht, dass das so bleibt, wenn sie mal dort sind. Ich glaube nicht, dass sie dahin gehen um sich emotional berühren zu lassen… ich denke eher dass sie Zelenskyy einlädt, in der Hoffnung dass es passiert. Und das wird es! Zumindest bei einigen.

Zwei Beispiele:
Denke ich dass Boris Johnson irgendwie einen „echten“ Moment hatte da drüben?
Nope… dem Typ traue ich nicht viel Empathie zu und denke nicht, dass das irgendwie seine Absicht gestärkt hat, der Urkaine zu helfen.
Aber ein anderes Beispiel ist Joe Biden (der nicht in der Ukraine selber war, aber sich mit Flüchtlingen getroffen hat). Bei ihm denke ich absolut dass dies eingefahren ist (ein Grund warum er danach bei der Pressekonferenz so klare, undiplomatische Worte für Putin hatte). Ich denke bei ihm wurde der Wille durchaus gestärkt mehr zu machen, auch wenn ich denke dass die Aktion ursprünglich ein Publicity Stunt war.
Und ich sehe die meisten Politiker halt doch eher wie Biden als wie Johnson: Opportunisten auf jeden Fall… aber trotzdem emotional abholbar und beeinflussbar wenn sie die Realität am Boden sehen.

Weshalb ich denke, dass diese Besuche vielleicht doch etwas bringen können. Und ich denke, diese Hoffnung hat Zelenskyy auch.

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Sind halt alles schwer zu belegende Vermutungen (auch auf meiner Seite). Wir können nicht wissen, was in deren Köpfen vorgeht. Ich persönlich orientiere mich halt nach den Erfahrungen mit solchen Situationen, die ich bisher gemacht hab und da waren solche und ähnliche Aktionen de facto ausschließlich durchkalkulierte PR.
Und zu Biden: Ich bin mir einfach nicht sicher, dass das wirklich was in ihm bewirkt hat, zumal es hier ja gegen den alten großen Feind geht. Da ist man sicherlich eher bereit, sich da zu engagieren.

Aber wie gesagt, sind alles nur Vermutungen.

Ich bringe mal noch ein Beispiel unten.
Robert Habeck (so langsam Everybody’s Darling habe ich das Gefühl)
Falls das reiner Opportunismus oder „de facto ausschließlich durchkalkulierte PR“ war, sehe ich das zumindest nicht. Es dürfte ihm zu dem Zeitpunkt klar gewesen, sein dass er mit der Aussage, gerade in der eigenen Partei, eher wenig Begeisterung auslöst.

Vor einem knappen Jahr besuchte Habeck die Frontlinie zu den bereits damals umkämpften Separatistengebieten des Donbass. Mit kugelsicherer Weste und Schutzhelm kniete er an einer Straße, die übersät war von Patronenhülsen, danach sprach er einem Reporter des Deutschlandfunks ins Mikrofon: »Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung, Defensivwaffen, kann man meiner Ansicht nach der Ukraine schwer verwehren.«
Das war damals ein unerhörter Satz, er brach mit der bisherigen Linie der deutschen Außenpolitik unter Angela Merkel genauso wie mit der Linie der Grünen. Und Habeck widersprach damit der Kovorsitzenden und Kanzlerkandidatin Baerbock, deren Mantra lautete: keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. In der Partei brach Protest los.
Baerbock versuchte zu retten, was zu retten war, sie versuchte mitten im Wahlkampf, Habecks Aussage bis zur Unkenntlichkeit umzudeuten. Unter dem emotionalen Einfluss des Frontbesuchs habe er sich eben ungeschickt ausgedrückt, so lautete die Erklärung, die kaum jemanden überzeugte. Habeck schwieg, um keinen weiteren Schaden anzurichten. Doch er hatte mitnichten im Affekt gesprochen, sondern aus Überzeugung.

Jep, oder um es ganz platt zu sagen.

Ein Friedrich Merz hat bei Blackrock zwar ziemlich sicher in Dinge investiert, die am Ende zu Massengräbern geführt haben, aber er ist ziemlich sicher noch vor keinem gestanden und wer weis, vielleicht ist auch in einem Merz noch irgendwo ein STück Mensch vorhanden.

Genauso viel oder wenig wie in anderen Bereichen und Berufen der Gesellschaft auch. Die Auswirkungen und Dimensionen von Personen die in den Spitzenämtern handeln sind dann halt oft nur größer und werden in einer breiten Öffentlichkeit bekannt.