[Archiv] Autorenwettbewerb #1

Transiente globale Amnesie

Am Abend

Es war ein kalter Winterabend. Stöhnend und ächzend kämpfte er sich den Hügel hinauf. Der Mann mit der Narbe. Sein Gesicht war eingefallen, die Haare an der Seite ergraut und sein Bart seit Tagen nicht mehr rasiert worden. Die Narbe bedeckte seine linke Wange und verzog seine Gesichtszüge zu einer skurilen Grimasse. Die grauen Augen, die einst wissbegierig und konzentriert die Umwelt beobachteten, waren nur noch erloschene Planeten. Die Sonne stand schon längst nicht mehr am Himmel und es wehte ein eisiger Wind. Er zog die Schultern an und atmete in seinen Schal, genoss die Wärme seines Atems und kniff die Augen enger zusammen. Einige wenige Straßenlaternen brannten und leuchteten ihm den Weg. Die Straße war menschenleer. In der Ferne konnte er eine Sirene aufheulen hören, die das stete Rauschen der Autos übertönte und ihn an diese vergangene Nacht erinnerte. Diese Stadt war nichts für ihn. Zu düster, zu dreckig. So fremd. Als er den Berg erklomm, überkam ihn langsam ein nagendes Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Was, wenn er zu spät kam? Das durfte nicht geschehen, nicht schon wieder. Er hatte schon einmal die Zeit seine Pläne durchkreuzen lassen, konnte das Unheil nicht aufhalten. Seine Füße trugen ihn nur langsam vorwärts, die Kälte lähmte seine Glieder und bei jedem Atemzug fühlte er die eisige Luft seine Lungen fluten. Von irgendwoher wehte ein schwacher Kuchengeruch. Er atmete tief ein, um sich der Illusion von Wärme und Geborgenheit hinzugeben. Es vergingen mehrere Minuten und es begann erneut zu schneien. In dieser Stadt wusste man nie, wie das Wetter werden würde, es konnte von einer Sekunde auf die andere von strahlendem Sonnenschein zu einem Unwetter umschlagen. Noch etwas, was er an dieser Stadt hasste. Der Wind zog an und peitschte ihm die winzigen Schneeflocken ins Gesicht. Keines der zarten weißen Gebilde blieb auf der Straße liegen, sie vereinigten sich mit dem reflektierenden Nass auf dem Asphalt, wurden eins mit den Pfützen, durch die Stunden zuvor bereits geschäftige Menschen ihre Schuhe schleiften. Jetzt war von der Eile nichts mehr zu spüren. Es gab vieles, was auch er in diesem Moment lieber täte, aber nichts davon war real. Er durfte nicht an all die vergangenen Momente denken, die jetzt wirkten als wären sie nie passiert, als entstammten sie einem faszinierenden, aber unwirklichen Traum. Ohne es zu wollen, musste er plötzlich an vergangenen Sommer denken. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dass er sie mit in das kleine Sommerhäuschen im Wald genommen hatte. Sie verbrachten einige glückliche Tage, waren im See schwimmen und saßen abends, nach einem kleinen, aber befriedigendem Essen zusammen und warteten darauf, dass es zu kühl wurde, um sich die dunklen Tannen am Horizont anzusehen. Dieser Moment war vergangen, er war in dieser verhassten Stadt und erklomm immer noch diesen Hügel, der nie zu enden schien. Er blieb stehen und drehte sich um. Von hier oben dachte er einen unglaublichen Ausblick zu haben, doch die Häuser um ihn herum versperrten ihm die Sicht. Alles was er sah, war den langen Weg, den er bereits hinter sich hatte und in weiter Ferne kleine aufblitzende Lichter, die schneller verschwinden zu schienen als sie aufgetaucht waren. Die Laternen waren die einzigen, steten Lichtquellen, doch ihr schwaches Licht vermochte lediglich ihre unmittelbare Umgebung zu erhellen. Der Schneefall wurde schwächer und er drehte sich wieder um und sah hinauf. Der Gipfel des Hügels verschwand in tiefster Dunkelheit. Es war scheinbar ein Ort, an dem es niemand für nötig hielt Licht zu machen. Wahrscheinlich war es ein Ort, den Menschen so selten betraten, dass es nie jemandem aufgefallen war, wie dunkel er bei Nacht ist. Schweren Schrittes ging er weiter, versuchte mit gleichbleibendem Tempo vorwärts zu gehen. Die Hände in seiner Manteltasche waren bereits eisig. Er hob sie an seine Lippen und hauchte sie an. Er konnte seinen warmen Atem nicht spüren. Entmutigt ballte er die Hände zu Fäusten und steckte sie wieder in die Manteltasche. Er versuchte beim Gehen seine Zehen zu krümmen, doch auch sie konnte er nicht mehr spüren. In der Hoffnung, bald einen warmen Ort zu erreichen, ging er zügiger. Schon bald atmete er schneller ein und aus, konnte sein rasendes Herz nicht kontrollieren. Fast befürchtete er in Ohnmacht zu fallen und von der Dunkelheit verschlungen zu werden. Würde ihn jemals jemand vermissen? Oder würde er in Vergessenheit geraten? Er wusste es nicht, doch war er nicht erpicht darauf es heraus zu finden. Er atmete ein letztes Mal tief ein, legte die Arme eng an seinen Körper an und ging weiter. Trotz der Kälte und den rutschigen Straßen begann er zu laufen.

Gegen Mittag

Der Lärm betäubte ihm die Ohren. Zu viele Menschen. Die Türen schlossen sich, die Bahn fuhr an. Schneller und schneller bewegte sie sich, nur um wenige Minuten später quietschend zum Stehen zu kommen und noch mehr Menschen aufzunehmen. Die Luft war dick, der Sauerstoff rar. Irgendjemand hatte zu viel Parfume aufgelegt. Wieder schlossen sich die Türen, die Bahn fuhr an. Ihr Rütteln versetze die Menschen in Trance, dicht an dicht standen sie und suchten Halt. Der Mann mit der Narbe saß an einem Platz am Fenster und hatte die Augen geschlossen. Niemand sah ihn an, es war fast so als wäre er nicht existent. Weiter vorne hustete jemand, ein Mädchen auf der anderen Seite des Ganges hörte Musik, die durch ihre Kopfhörer nach außen schallte. Vor dem Fenster zog die Stadt vorbei, grau und regnerisch. Der Mann seufzte und versuchte es sich auf dem harten Sitz bequemer zu machen. Plötzlich wurde es dunkel als die Bahn durch einen Tunnel fuhr. Das Herz des Mannes raste. Als die Neonlampen flackernd zum Leben erwachten, krallte er sich in seinen Sitz und wurde geblendet vom Schmerz, der tief in seiner Brust verankert war. An der folgenden Haltestelle stieg er aus, schweißnass und immer noch voller Angst. Gemeinsam mit unzähligen anderen Fahrgästen bewegte er sich im Schutz der Anonymität an den Gleisen entlang Richtung Ausgang. Die Masse strömten an ihm vorbei. Hektik hatte er schon vor langer Zeit aufgegeben. Als er sich auf der Rolltreppe an den äußeren Rand drängte, um Mütter, die genervt ihre Kinder hinter sich her zerrten, die Pendler mit ihren dunklen Anzügen und ausdruckslosen Gesichtern und die sonstigen Gestalten, die ohne besondere Beachtung für ihre Umgebung die Stufen erklammen, vorbei zu lassen, stieg ihm ein Geruch von Brathähnchen in die Nase. Der würzige Geruch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Rolltreppe bewegte sich stetig weiter, bis er das Ende erreichte und durch den kleinen Bahnhof auf die Straße ging. Der beißende Geruch von Zigaretten ging von einem Mülleimer aus, er machte schnell einen Bogen darum und bog in eine kleine Gasse ein. Hier war es ruhiger, die Läden hier hatten schließen müssen und so bemühte sich niemand mehr, die unbefahrbare Kopfsteinpflasterstraße zu passieren. Der Mann mit der Narbe machte sich nichts daraus, dass ein paar Jugendliche, die rauchend in einem Hauseingang standen, ihn anstarrten und kicherten. Solange er nicht wieder in der Enge und Dunkelheit der Bahn sein musste, was ihm alles gleichgültig.

Greller Morgen

Der Tag begann für ihn immer auf die gleiche Art. Der Wecker klingelte. Ohne sich noch einmal umzudrehen und die Wärme des Bettes zu genießen stand er auf. Die ersten Sekunden des neuen Tages mochte er am meisten. In den ersten Sekunden, in denen er noch an seine Träume dachte und die Realität ihn noch nicht eingeholt hatte. Doch wenn sie es dann tat, und sie tat es jeden Tag mit gleicher Härte, sah er keinen Sinn darin etwas zu genießen. Während die Kaffeemaschine langsam vor sich hin plätscherte und ihren wohligen Duft in der kleinen Wohnung verbreitete, duschte er. Die Ärztin hatte gesagt, er solle die Narbe nicht zu oft berühren und heilen lassen, doch immer wenn er sein Gesicht im Spiegel sah, strich er über die Wunde. Sie war noch nicht ganz verheilt, die Fäden deutlich sichtbar und das Rot noch nicht abgeklungen. Er konnte den Anblick nicht ertragen, zu sehr schmerzte die Erinnerung an sie. Doch sie war weg. Während er sich weg drehte und weiter fertig machte, klingelte es an der Tür. Nicht an seiner Tür, hier hatte schon lange niemand mehr nach ihm gefragt, aber die neuen Nachbarn bestellten sich oft Pakete. Der Mann beobachtete den Postboten wie er wieder das Haus verlief und trank einen Schluck Kaffee. Er hatte für den Tag nichts geplant und würde einfach nur ein wenig spazieren gehen. Solange die Sache noch nicht abgeschlossen war, war er beurlaubt worden. Trotz der überfüllten Regale und zu dicht aneinanderstehenden Möbel wirkte die Wohnung groß. Leer und groß. Niemand konnte sie füllen. Er hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen, doch was nützte Reue jetzt noch?! Es war nicht seine Schuld, doch das nagende Gefühl in ihm behauptete etwas anderes. Sie würde nie wieder durch diese Tür kommen, ihn sanft küssen und seinen Tag erhellen. Er wusste nichts mit sich anzufangen und so ließ er die halb volle Tasse stehen und ging zur Tür hinaus. Vielleicht würde er einfach irgendwo hinfahren, etwas Neues sehen, die Gegend erkunden. Versuchen zu vergessen, was sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt hat. Schlurfend nahm er die wenigen Stufen nach unten, öffnete ohne jeglichen Elan die schwere Eingangstür und ließ sie hinter sich zufallen.

Dämmerung

Da stand er nun. Ohne es zu wissen, hatten seine Füße ihn wieder an jenen Ort getragen, an dem es passierte. Unwillkürlich zwang ihn sein Körper dazu hinzusehen und die Erlebnisse dieser verhängnisvollen Nacht noch einmal in Gedanken zu erleben. Sie hatte dort gelegen, ihre Augen geschlossen. Der Geruch des austretenden Benzins hatte seine Sinne verhüllt, die Sirenen in der Ferne wirkten wie vage Hoffnungsschimmer, die ihr Ziel nie erreichen würden. Er blickte sich um und sah die leere Straße. Nichts erinnerte mehr an den Zusammenprall und doch erinnerte ihn alles daran. Er lehnte sich an einen Baum, dessen Rinde an einer Seite abblätterte. Nur noch wenige Blätter hingen an seinen dünnen Zweigen. Wie ein Blitz traf den Mann der Schmerz. Auch in jener Nacht hatte er sich an den Baum gelehnt, sah zu, wie das Auto entbrannte und sie von den Flammen verschlungen wurde. Seine Sicht verschwamm. Die Erinnerung drohte ihm zu entgleiten, ihn wie ein unheilvoller Schleier jeden Tag zu verfolgen. Die Nacht wurde greller Morgen. Die Sonne tauchte die Wiesen in warmes Licht und erhellte die Szenerie. Langsamen Schrittes machte er sich auf den Weg. Wohin, das würde die Zeit zeigen.

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Der Jo-Jo-Effekt

Jens setzt vorsichtig einen Fuß auf die Wiese. Das andere Bein steht noch immer standfest auf der Treppe. Bedächtig starrt er hinunter.
„Ich habe mir auf der Reise hierher ein paar Dokumentationen angesehen. Darunter auch eine zur ersten Marslandung“, ruft der hagere, junge Mann über seine Schultern, ehe er sanft nach vorne gestoßen wird.
„Bist das erste Mal auf einem Thaler, wie?“, fragt jemand, der nun an der Schleuse eines klobigen Transporters lehnt.
„Es ist überwältigend… Simon?! Wo bleibst du denn so lange?“, entgegnet Jens, der nun in den Himmel aufblickt. Zwischen den Wolken erspäht er eine gigantische Landmasse. Sie ist ungewöhnlich eben und von zahlreichen Wäldern überzogen. Dazwischen ziehen geradlinig Straßen hindurch, die bis in den Horizont reichen. Es handelt sich dabei um die gegenüberliegende Scheibe einer Raumstation, die sich aus zwei runden Platten zusammensetzt. Jede Seite der Scheiben besitzt einen Nutzen. Während auf den innenliegenden Seiten sich die habitablen Zonen befinden, die sich an ihren Rändern miteinander durch einen gigantischen Glasring verbinden, liegen auf den Außenseiten die Infrastrukturen für die interstellare Logistik und die Energieerzeugung durch flächendeckende Photovoltaikanlagen. Das gesamte Konstrukt, das einen Durchmesser von 3000 Kilometern besitzt und somit pro Seite eine Fläche von Australien aufweist, rotiert binnen 24 Stunden einmal um seine Hochachse, um so den zur Erholung dienenden Innenraum und die außenliegenden Solarzellen zu beleuchten. Zunächst die eine Seite, dann die andere, wobei es nur einen kurzen Augenblick andauert, dass beide Scheiben vom Licht der umkreisten Sonne durchdrungen werden, ehe eine der beiden ihren eigenen Zenit übersteigt und künstlich die Nacht anbricht, bis beide am Horizont nur noch die entlegenen Sterne aufblitzen sehen und die Energiereserven neu aufgeladen werden.
„Die Toilette konnte leider nicht mehr warten.“, ruft eine Stimme aus dem Vehikel, „Danke für die Mitfahrt, Nils“, spricht der stämmige Mann mit leicht zerzausten Haaren und Dreitagebart und klopft dem bärtigen Fahrer mit aufgesetzter Kappe auf die Schulter. Dieser schaut kurz auf seine Armbanduhr und dann Richtung Horizont.
„Kein Problem. Grad ging die Sonne auf, ihr kommt pünktlich an, um die Nachtwende für Kopf zu erleben.“, antwortet Nils, der den Kopf leicht in den Nacken legt und nach oben guckt. Die anderen Beiden sehen zur blau leuchtenden Sonne, die hinter den speziellen Gläsern des umschließenden Ringes über 400 Millionen Kilometer entfernt lodert, als schlagartig ein Schatten über die Scheibe huscht, die Jens gerade noch beleuchtet bestaunt hatte und im gleichen Atemzug die Lichter der endlosen Straßen erhellen und ein Schauer über seinen Rücken läuft.
„Der Reset ist immer etwas ruppig. Die Mittelnacht, die acht Minuten später auf der jeweils gegenüberliegenden Scheibe beginnt, ist da etwas langsamer, als bei der Eigenverschattung, wie man sie gerade bewundern durfte.“, erklärt Nils und richtet seine Kappe an dessen Schirm.
„Du meinst, wenn Kopf sich dann vor Zahl dreht.“, entgegnet Simon, stapft die wenigen Stufen hinunter und späht die Landschaft aus.
„Schön hast du’s hier.“, ergreift Jens das Wort.
„Danke, aber nicht mein Verdienst. Ich habe das Teil schließlich nicht entworfen und gebaut.“, stellt Nils fest, tritt ebenfalls hinaus und betätigt einen Knopf an der Seite der Schleusentür, die sich daraufhin zischend schließt.
„Es hat acht Generationen gedauert dieses Projekt zu vollenden. Ich finde es erstaunlich, dass nach 13 weiteren dieses Wunder von seinen Bewohnern nur noch als ‚Teil‘ bezeichnet wird“, erwidert Jens schnippisch.
„Ich bin hier aufgewachsen, es ist wirklich nichts Besonderes für mich. Zumal dies ja nicht der einzige Thaler ist.“, rechtfertigt sich Nils, der nun voran zu einem schlicht gestalteten Haus geht, während Jens und Simon ihm folgen.
„Trotzdem gibt es nichts Vergleichbares. Die Kolonien auf dem Mars - unsere Kolonie - sieht dagegen echt öde aus.“, stellt Simon fest. Jens nickt energisch und deutet dann mit dem Daumen nach oben.
„Der Mars hat nicht mal eine verschissene Atmosphäre, die man bestaunen könnte. Ihr habt hier gleich zwei Troposphären. Wenn es an dieser Stelle regnet, sieht man auf der anderen Seite die Gewitterwolken von oben, wenn das eigene Wetter klar ist. Auch ein Flug zwischen den Scheiben in 50km Höhe würde mir wohl regelrecht das Hirn zermartern.“
„Lass dir mal durch den Kopf gehen, dass in 10 Minuten bereits 36% der Fläche entlang des Durchmessers verschattet ist auf unserer Seite. Weitere zehn Minuten später sind es bereits 65%. In einer Stunde liegt die Grenze des Schattens nur noch 85 km hinter uns, wird aber noch eine Viertelstunde brauchen, um uns 275km vor dem Rand des Thalers zu erreichen. Bis die Sonne am Rand des Thalers untergeht dauert es seit Sonnenaufgang allerdings 6 Stunden. So langsam die Sonne für die nördliche Seite von Zahl und Kopf aufgeht, so langsam geht sie auf der südlichen Seite unter“, erläutert Nils während er die Tür zu seinem Haus mit einem Wisch seines Arms entlang eines Terminals entriegelt.
„Deswegen liegen die Städte nur auf einer Hälfte der Scheiben, richtig?“, denkt Simon laut.
„Korrekt. Man hat es lieber, dass die Sonne schnell aufgeht und langsam untergeht, als dass sie langsam aufgeht und schnell untergeht. Es verwirrt oft Reisende, dass der nördliche Teil gegenüber des südlichen liegt und umgekehrt. Es hat etwas mit der künstlichen Gravitation zu tun glaube ich, ich merke es mir allerdings damit, dass man im Süden am Strand liegt und den Sonnenuntergang beobachtet.“, erklärt Nils weiter, streift seine Schuhe an der Ferse ab und stößt sie dabei ungeordnet gegen die Wand. Jens tut es ihm gleich, nur Simon zieht seine Schuhe ordentlich aus.
„Muss teuer sein am Rand des Thalers zu leben, wenn die Sonne dort am längsten scheint“, meint Jens, der sogleich durch eine Türöffnung verschwindet. Wenige Sekunden später aber zurück auf die Schwelle tritt, „aber du hast mich abgelenkt, ich will gar nicht in deiner Bude abhängen, ich will den Thaler begutachten. Hast du etwas schnelles, dass ich mir ausborgen kann?“
„Ist auch kostspielig. Der Ausblick ins All ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Du kannst mein Hover Bike nehmen.“
„Wirklich? Ach, komm schon! Wir sind gerade erst angekommen, Jens…“, stellt Simon entrüstet fest und schlendert beleidigt in die Küche. Jens antwortet allerdings nicht mehr. Er hat bereits den Schlüssel von Nils erhalten und schnellt barfuß wieder aus der Haustür, durch die er gerade erst gekommen war. Zielstrebig geht er um die Ecke des Hauses und erspäht schon sogleich das Hover Bike. Kurz wird obligatorisch der Seitenspiegel gerichtet, schon düst Jens unter einem leisen Surren los und gibt ordentlich Tempo.
„Soll Simon sich doch den Bauch vollschlagen…“, murmelt er und beschleunigt weiter. Querfeldein rast er über die Wiesen. In der Ferne kommt ein Waldstück immer näher, dass sich weit Richtung Glasring erstreckt. Während Jens langsam bremst um zwischen den Bäumen hindurch zufahren, macht das Bike mehrere Sätze in die Luft, ehe Jens erschrocken energisch abbremst und im Wald zum Stillstand kommt. Plötzlich folgt ein lauter Knall, dessen Echo in großen Abständen wiederhallt, aber in einer solchen Lautstärke, dass Jens sich die Ohren zuhält.
„Was zum… Ist da ein Blitz eingeschlagen?“, flucht er und blickt in den klaren Himmel hinauf. Dann folgt eine weitere Erschütterung, dass das Rascheln der Blätter in das Grollen mit einstimmt, doch es wird wenig später von einem tiefen Brummen übertönt, das den Boden immer schwerer vibrieren lässt. Der erste Baum wird entwurzelt, weil sich unter schwerem Getöse der Boden unter seinen Wurzeln nach oben drückt, bis unter der Erde die ersten Kabel zum Vorschein kommen. Ungläubig starrt Jens das Spektakel an, nimmt die Hände von den Ohren und jagt zurück aus dem Wald, als er sieht, dass überall der Boden aufplatzt und stellenweise Dampf emporschießt. Entsetzt dreht Jens langsam den Kopf nach links und erkennt mehrere enorme, glühende Löcher in weiter Ferne auf der gegenüberliegenden Scheibe.
„Das darf nicht wahr sein…“, flüstert er, kurze Zeit später wird er von einem Sog mitgerissen und fährt in schwerer Schräglage weiter. Nun unter dem ständigen Aussprechen von Flüchen.
Plötzlich bricht der Boden vor Jens auf. Ein Riss zieht sich blitzartig hindurch und er kann gerade noch die andere Seite erreichen, ehe eine Grube hinter ihm aufklafft. In der Ferne kann Jens bereits das Haus als Trümmerhaufen ausmachen. Das Fahrzeug, mit dem sie angereist waren ist bereits in Bewegung und scheint Jens schon vorher ausgemacht zu haben. Nils und Simon kommen ihm entgegen, als der Riss den Glasring erreicht. Ehrfürchtig starrt Jens den Sprung an, der sich glitzernd bis zur anderen Scheibe erstreckt. Endlich erreicht er das Vehikel, an dessen offener Schleusentür bereits Simon steht und die Hand ausstreckt. Im Schutze des Fahrzeuges vor dem stetig zerrenden Sog steigt Jens ab und wirft das Hover Bike durch die Tür, bevor er hastig einsteigt und Simon die Tür hinter ihm schließt.
„Ist das ein Scherz?!“, schreit Jens, ehe er merkt, dass der Geräuschpegel im Inneren des Transporters deutlich angenehmer ist als draußen, „haben Asteroiden den Thaler perforiert?“
„Sie haben sich aus dem Gürtel gelöst, aus dem die Ressourcen abgebaut werden, wir müssen schleunigst hier weg! Geht es dir gut?“, ruft Simon.
„Bestens, das selbe wollte ich dich gerade fragen“, antwortet Jens, der einen stark eingestaubten Simon betrachtet.
„Uns ist nur die Decke auf den Kopf gefallen. Solange nicht Kopf auf unsere Decke fällt, ist alles gut.“, scherzt Simon, streicht sich mit den Fingern durchs Haar und lächelt entnervt.
„Keine Sorge, wir schaffen es schon noch hier raus. Was machen wir jetzt?“, ruft Jens zu Nils hinüber, der am Steuer sitzt und die Straße entlang hetzt.
„Sieht beschissen aus! Der Notfallsender rät zur unmittelbaren Evakuierung an den Docks.“, überschlägt sich die Stimme von Nils. Jens und Simons Blicke treffen sich erneut, diesmal ist beiden die Angst ins Gesicht geschrieben.
„Wie lange noch bis zum nächsten Exit?“, fragt Jens, der nach vorne geht und sich auf den Beifahrersitz setzt. Simon stellt das Hover Bike auf und kommt dann ebenfalls hinzu und packt mit je einer Hand verkrampft in einen Sitz.
„Eine Minute. Du solltest dich auch anschnallen. Mein Transporter kann theoretisch auch eine Zeit lang im All bestehen, ist allerdings alles andere als empfehlenswert.“, spricht Nils unruhig ohne die Augen von der Straße zu lassen.
„Leck im Glasring entdeckt, sofort Schutz suchen…“, ertönt es nun aus dem Radio. Wenige Sekunden später wird der bisherige Sog aufgehoben, um dann stürmisch in alle Richtungen zu wirbeln, dass reihenweise Bäume aus dem Boden gerissen werden. Der Wagen wird ordentlich durchgeschüttelt und kurzeitig in eine schwere Schräglage versetzt. Schimpfend lenkt Nils bei, um wieder auf den Boden aufzusetzen.
„Das ist die Apokalypse! Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber sobald die künstliche Schwerkraft aussetzt, sind wir im Arsch…“, bebt Nils Stimme.
Endlich kommt der Eingang zum Schacht hinter einer Kurve zum Vorschein, doch während sie noch näher heranfahren, stößt eine große Stichflamme dutzende Meter aus ihm heraus.
„Das passiert sicherlich kein zweites Mal.“, scherzt Jens trocken, während er die Klimaanlage einschaltet. Simon lächelt in Gedanken versunken und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Die hinausgeschleuderten Trümmerteile werden vom Sturm wild in alle Richtungen versprengt.
„Hoffentlich stürzt der Kanal nicht ein. Müssen schließlich 10km bis an dessen Ende fahren.“, fürchtet Nils, der vorsichtig den Trichter hinunter fährt. Die Schwerkraft verläuft dort senkrecht, sodass sie in den runden Schacht hinein fahren können. Im Inneren leuchten nur noch vereinzelt Notlichter, dafür sprühen an vielen Stellen Funken.
„Solange die Schwerkraft besteht, haben wir eine reelle Chance.“, meint Nils, der sämtliche Lichter des Transporters anschmeißt. Niemand sonst ist vor ihnen zu erkennen. In der Ferne erkennt man ein schwaches Licht am Ende des Tunnels, das noch in sehr weiter Ferne liegt und nur als kleiner Punkt erscheint.
„Sollte sie ausfallen, aktiviere ich die magnetische Anziehung des Wagens, dies würde uns zwar enorm verlangsamen, kegeln dafür aber nicht in unser Verderben.“
Auf einmal verschwindet der Lichtpunkt und das Radio ertönt abermals: „Notausgang abgeschnitten, bitte verwenden sie einen anderen…“
Verärgert schlägt Nils aufs Lenkrad.
Im Thaler wird etlicher Dreck wie ein Sandsturm über die Landschaft gefegt. Dann hebt sich der ganze Unrat zusätzlich in die Höhe, bis die ersten Trümmerteile aus dessen Staubdecke herausschießen, und schlussendlich auf der anderen Seite wieder einschlagen.
Die Schwerkraft ist ausgefallen.

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EIN TAG

Volume 19, 08:00 - 08:35
Die Sonne strahlt durch mein Fenster und reisst mich aus dem Schlaf.
Erstmal den Rechner anschalten und die Rolladen herunter.
Ein Panda lächelt mir fröhlich von meinen sechs Bildschirmen aus zu.
Pandas. Ich mag Pandas.
Während der Kaffee durch die Maschine läuft logge mich im Forum ein.
47 neue Nachrichten.
Schon wieder. Warum, frage ich mich.
So viel kann doch in den drei Stunden seit meinem letzten Besuch nicht passiert sein.
Dann sehe ich es. Ein Etienne Thread der direkt von der selbsternannten Foren Elite gekapert wurde.
122 Kommentare über Ede’s Dutt.
Warum dies der erste Schritt Richtung Hipster sei. Warum Etienne die einzige Person ist, die so etwas tragen kann und darf.
Ich lösche die unpassendsten 35 Beiträge und fange leise an zu weinen.
Die stumpfe Dummheit der Beteiligten lässt mich an der Menschheit zweifeln.
25 Nachrichten.
Einige User sind der Meinung, dass die Diskussion über YouTube Uploads es verdient hat über diverse Threads verteilt zu werden. Ich verwarne sie nur. Vielleicht ändern sie sich.
13 Nachrichten.
Das Nacktbild einer Bewunderin. Nicht schlecht. 5/7. Doch meine Position als Moderator erlaubt es mir nicht, Beziehungen einzugehen. Und seien sie noch so flüchtig.
12 Nachrichten.
Spoiler der vorletzten Staffel irgendeiner Drachen Show.
Gelöscht.
10 Nachrichten.
Ein Mit-Moderator schickt mir eine Sammlung der besten Mutterwitze. Ich quäle mich durch die scheinbar endlose Liste. „lol“ antworte ich. Das wird mir hoffentlich ein paar Stunden Ruhe verschaffen.
9 Nachrichten.
Ich lösche sie ungelesen. Es reicht mir.
Die rechte Hand wandert langsam an meinem Körper hinunter.
Das einzige, was mich jetzt noch aufmuntern kann…
Nach 5 Minuten ist das Wunder vollbracht und ich fühle mich fast wieder wie ein Mensch.
Ich schalte Rocketbeans ein und schaue in den Chat.
Kappa.
Das wird noch ein langer Tag.

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Das Bauchgefühl

Samantha, oder auch Sam, wie ihre Freunde sie nannten, war schon immer sehr nervös gewesen. Schon im Kindesalter
wenn sie auf den Geburtstag eines Klassenkameraden gehen sollte, fühlte sie sich etwas unwohl. Das lag jedoch nicht daran das
sie Angst vor Zurückweisung hatte. Es war eher eine Art Bauchgefühl, das ihr sagte, das etwas nicht stimmte, das etwas anders sein sollte als es war.
Meist wurde ihr jedoch klar sobald sie auf der Party war, wie schwachsinnig es war zu glauben, dass immer etwas schiefgehen würde.
Nach ihrer Schulzeit wurde diese Nervosität weniger, war aber immer noch ab und an zu spüren. Bei ihren ersten Bewerbungsgesprächen,
ihrem ersten Date und auch bei ihrem ersten Mal.
Samantha ernährte sich gesund, betrieb Sport und man konnte sie wahrscheinlich als eine von den Personen bezeichnen, die keiner
Fliege etwas zuleide tun würden. Als sie mit einundzwanzig Jahren ihren Mann Henry in der Bar “Die fliegenden Bohne” kennen lernte,
hatte sie zum ersten Mal bei einer neuen Situation kein komisches Gefühl im Magen.
Die Bar verdank ihren Namen dem gleichnamigen
Cocktail, in dem eine einzelne Bohne war die durch eine bestimmte Zutat, die niemand wusste, da es ein langjähriges Familienrezept war,
aussah als ob sie fliegen würde. Henry liebte diesen Drink, da er nicht allzu süß war und wegen der Bohne, denn Henry war der einzige
in der Stadt der sie aß. Samantha liebte das an ihm, er war schon immer sehr eigensinnig gewesen und hatte viel Fantasie. Henry war
allerdings auch jemand der sehr Stur sein konnte. Als sie John bekamen, benannt nach Samanthas Vater,
beschlossen sie aus ihrer Heimatstadt in ein kleines Dorf zu ziehen. Womit Henry stark zu kämpfen hatte. Er hing sehr an seiner Heimat,
aber nicht so sehr wie an Sam und John, die ihm alles bedeuteten.
Die Jahre vergingen, John wurde älter, zog aus und gründete selbst eine Familie, die allerdings nicht so reibungslos lief. Seine Frau verließ
ihn und seine Tochter durfte er nur am Wochenende sehen, aber das ist eine andere Geschichte. Sam und Henry waren glücklich, sie hatten ein Haus,
einen Sohn der erfolgreicher Professor war und am wichtigsten sie hatten sich. Jeden Sommer saßen sie draußen in ihrem Garten und geniesten das Leben.
Während Samantha las, versuchte Henry weiter an seinem Schuppen zu bauen, was nicht gerade mit Erfolg gekrönt war.
Dann kam die Zeit in der Henry immer weniger am Schuppen saß und Samantha langsam eine Lesebrille brauchte.
Sie wurden zwar alt, ließen sich allerdings nicht davon abhalten weiterhin ihren Spaß zu haben auch wenn es zunehmend schwieriger wurde.
Samantha war inzwischen Achtundsiebzig Jahre alt, drei Jahre jünger als ihr Mann. Auch wenn sie versuchte so gesund wie möglich zu
Leben so konnte sie nichts gegen die Demenz machen, die sie vor zwei Jahren heimsuchte.
Sie vergaß immer mehr, manchmal ging sie dreimal am Tag zum Briefkasten um nach Post zu schauen. Es wurde zunehmend schwieriger für Henry
sich um sie zu kümmern, sie stritten inzwischen öfter und Henry suchte sich eine neue Bar.
Das war die erste Zeit in ihrem gemeinsamen Leben in der sie sich stritten. Zumal es belanglose Gründe waren,
es ging auch nicht darum das der Rasen nicht gemäht war. Insgeheim wussten sie beide sie hatten einfach nur Angst den anderen zu verlieren. Als sie letzte Woche zum Arzt gingen,
war der Höhepunkt der innerlichen Verwüstung gekommen. Samantha würde nur noch eine Woche zu leben haben.
Die Nachricht schlug ein wie ein Meteor auf die Erde. Für einen ganzen Tag brachte niemand ein Wort heraus. Den Rest der Woche verbrachten
sie meist in ihrem kleinen Garten, mit der alten Eiche auf der John früher immer rum geklettert war. Sie redeten über alte Zeiten, wobei
sich Samantha nicht mehr an viel erinnerte. Sie wirkte oftmals abwesend und Henry zerbrach jedes Mal wenn er sie so sah ein Stück mehr.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ging Henry, wie fast jede Woche, in seine Bar.
Sie gefiel ihm zwar nicht so wie die alte, aber sie tat ihren dienst. Sie half ihm nicht dauernd darüber nach zu denken das es nicht mehr lange dauern würde, auch wenn er nicht genau wusste wann,
war es bald soweit. Er würde ohne seine Samantha im Garten sitzen, nur darauf wartend das er sie irgendwann wiedersehen wird.
Nach einer Zeit setzte sich ein junger Mann neben ihn und fragte, was ihn so bedrücken würde. Als Henry ihm die Geschichte erzählte
antwortete der junge Mann, der ein bisschen so aussah wie Al Pacino in “Der Pate”, er könne ihm auf gewisse Weise helfen. Er bot ihm
einen Deal an. Ein Tag seines Lebens für einen weiteren Tag für sie. Henry lachte zuerst lautstark, doch der junge Mann blieb emotionslos.
Henry fragte sich ob er grade verarscht wurde, denn wenn war es nicht Lustig, allerdings hatte er auch nichts zu verlieren, also schlug er mit zweifelnden Gedanken ein.
Der junge Al Pacino verschnitt zog seinen dunklen Mantel an und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen aus der Bar.
Als Samantha am Nächsten Tag aufwachte fühlte sie wieder so eine seltsame Nervosität, was sie aber nicht weiter beschäftigte,
da sie sich schon lange damit abgefunden hatte, das es sie manchmal überkam. Nachdem sie den Tisch für das Frühstück deckte,
klingelte es plötzlich an der Tür. Bevor sie öffnete krabbelte wieder so ein komisches Gefühl hoch. Vor der Tür stand John, durchnässt
vom Regen mit Tränen übersätem Gesicht. Sie fragte was den bloß los sei und warum er so weinen würde. Doch als John ihr erzählte
das Henry letzte Nacht von zwei Leuten, die sich darauf spezialisiert hatten ältere Menschen zu überfallen, abgestochen wurde,
war ihre einzige Antwort, das sie nicht wusste, wer Henry sei. Nachdem John ihr versuchte zu erklären wer Henry gewesen ist, sie sich jedoch einfach nicht
daran erinnern konnte, entschloss er sich sie in ein Pflegeheim unterzubringen.
Er hätte auf sie aufgepasst aber er musste viel reisen und konnte sich deshalb nicht selbst um sie kümmern.
Samantha hatte von dem Tag an als ihr Sohn vor der Tür stand bis zu dem Zeitpunkt, wo sie starb,
jeden Tag um die selbe Uhrzeit dieses komische Gefühl im Magen, das irgendwas nicht stimmte.

The End

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Bedenkzeit

Ich betrete das Büro meines Chefs und nehme Platz. Aufgrund meiner hervorragenden Arbeit bietet er mir eine Beförderung an. Er redet über Chancen, Geld und Ansehen. Ich habe einen Tag Bedenkzeit. Dann spricht er über seinen Pudel. Ich nicke ab und zu und darf irgendwann gehen.
Zügig durchschreite ich den hell erleuchteten Flur. Mein Büro befindet sich im Westflügel.
Beförderung - nach einem Jahr.
Schon während der Schulzeit hatte es sich abgezeichnet. Im Jahrbuch wurde ich zum klügsten Kopf gewählt. Ein Studium war die einzige Option, verlief frei von Komplikationen. Reibungslos und geradlinig schritt meine Biografie voran. Eine Tür nach der anderen, die sich öffnete, ohne dass ich je einen Schlüssel herumgedreht hätte. Ein Headhunter vermittelte mich an dieses Unternehmen, dessen Namen ein jeder kennt. Keine Lücke im Lebenslauf. Meine Eltern waren stolz.
Und nun werde ich befördert.
Ich gehe an Billardtischen vorbei. Auf der anderen Seite steigen Leute aus dem Bällebad. Ich werfe einen Blick auf die Snackbar, doch bin zu satt. Ich kann nicht sagen, wann ich das Gebäude zum letzten Mal verlassen habe. Es gibt immer Arbeit zu erledigen. Und dafür wurde ich ja eingestellt.
Ich passiere die Brücke über der Eingangshalle. Eine Rutsche führt ins Erdgeschoss, direkt zu einem imposanten Springbrunnen. Ich habe die Rutsche einmal benutzt. Habe mir den Rücken dabei wehgetan. Obwohl es später Abend ist, ist alles hell erleuchtet. Das ist immer so. Hier ist immer Tag. Ich habe seit drei Wochen nicht mehr geschlafen. Es ist ein langer Tag.
Nun werde ich befördert.
Wenn ich mit Kollegen spreche, sehe ich immer nur Neid. Ihre Karrieren sind wie Leitern, die es mühsam zu erklimmen gilt. Ich rutsche nur, rutsche noch. Dabei will ich endlich ankommen.
In Gedanken vertieft bin ich an meinem Büro vorbeigelaufen. Damit niemand den Fehler bemerkt, bleibe ich vor einem Whiteboard stehen. Das bunte Gekritzel verschwimmt vor meinen Augen. Mir fällt ein, dass ich Anlage B noch ausdrucken muss. Ich drehe mich also um, gehe in mein Büro und starte den Druckauftrag. Der Drucker steht im Raum gegenüber. Jedoch bewegt sich nichts. Ich schalte ihn aus und wieder ein. Dann bemerke ich den Post-it am Boden. Ich klebe ihn wieder an den Drucker, sodass jeder das Wort DEFEKT lesen kann, und gehe zurück in mein Büro.
Defekt. Schlechter kann es einem Drucker kaum ergehen. Arbeitet er nicht, ist er nutzlos. Ich arbeite. Warum fühle ich mich trotzdem so leer, so sinnlos und gefangen? Was soll ich anfangen mit Geld und Ansehen? Mein Leben wirkt wie eine Kettenreaktion, die ich nicht mehr aufhalten kann.
Ich bin noch jung. Ich kann doch noch frei sein. Habe alle Möglichkeiten. Kann mir Träume erfüllen. Nur welche Träume? Ich schlafe ja nicht. Dafür braucht man Zeit. Wer frei sein will, braucht Zeit. Und die werde ich mir nehmen.
Ich schalte den Bildschirm aus und verlasse mein Büro. Vorbei an der Rutsche nehme ich die Treppe ins Erdgeschoss. Langsam nähere ich mich dem Ausgang. War es drücken oder ziehen? Es ist drücken. Das erste Mal seit Wochen verlasse ich das Gebäude. Die Kühle der Nacht begrüßt mich. Es riecht nach Regen. Und ich gehe ins ungewisse Dunkel.

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Pure “Was zur Hölle stimmt mit dir eigentlich nicht”-heit

“Ein Tag” lies und sprach ich aus.
Das ist das Thema? Ein Tag? Bevor ich das Thema kannte hatte ich Angst es würde mich zu sehr einschränken.
Das ich gezwungen werde eine bestimmte Handlung zu benutzen. Wird mich das Schlauchige Level Design unter den Themenvorgaben erwarten?
Wird meine Kreativität und Fantasie (oder wie Freunde gerne sagen “was stimmt mit dir eigentlich nicht?”) in ein
Korsett gesteckt das jede Entfaltung der “Was stimmt mit dir eigentlich nicht”-heit verhindert?
Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ein Tag. Das könnte praktisch alles sein solange es die Zeitspanne von 24 Stunden nicht überschreitet.
Also fing ich an einen ganz normalen Tag im Leben eines angehenden Starautoren, Agrarphilosophen und einer Legende in der Schnittlauchszene zu beschreiben.

Ich wache auf. Wie immer 40 Minuten zu früh. Wenn Zahlen Sozialverhalten hätten dann sind die grellen Zahlen auf dem Handydisplay die Asis unter den Zahlen.
Sie vespotten mich und lachen mich aus. “Du Gartenschlauch* hättest noch 40 Minuten schön weiterschlafen können”.
“Dann leg ich mich wieder hin und schlaf schnell wieder ein” denke ich mir. “mach das! Das geblubber aus der Dusche neben an stört dich dabei bestimmt nicht.
Außerdem trällert der Duschende die schönsten Lieder der 80er, 90er und von Heute lautstark wie eine sterbene Seekuh vor sich hin”
Auch wenn man keine Ahnung hat wie sich eine Seekuh anhöret ob sterbend oder nicht müssen sie zugebebn, dass das Interesse nicht so wahnsinnig groß
ist diese Wissenslücke zu füllen. Zu Recht!
Also verbringe ich die ersten wachen Minuten des Tages damit, auf das erlösende Bimmeln des Weckers zu warten.
Aber gleichzeitig hoffe ich das Bimmeln des Weckers würde mich noch lange nicht aus dem Bett zerren und ich könnte noch ewig
im flaushgewordenen Paradies verweilen.
Ich bin Jacks gespaltene Persönlichkeit.

Aber weil das doch nirgendwo hinführt und nun wirklich nicht sonderlich spannend ist (bis auf den Teil mit der Seekuh) habe ich Diese Idee verworfen.
Nein, es muss doch einen anderne Weg geben um mit diesem Thema umzugehen. Und da kam mir Idee Nummer zwei.
Wenn die Aufgabe ist etwas zum Thema “Ein Tag” zu schreiben was ist dann naheliegender als das aufzuschreiben
was man an genau diesen Tag geschrieben hat?!
Also durchwühle ich meine Emails, durchkämme meine WhattsApp Chats und grabe meine Tweets aus.
Irgendwo muss sich doch noch geeigneter Content verstecken. Es versteckte sich kein geeigneter Content.
Was ich Vorfand würde jeden Alkohol und Drogentest überflüssig machen. Kein Schimpanse auf diesen Planeten
würde so einen Bullshit frewillig das Licht der Welt erblicken lassen geschweige denn es noch einmal irgendwo
der Welt zeigen.
Leider blieb mir keine andere Wahl als genau das zu machen.
Ihr habt Heute sicherlich noch besseres vor als euch das anzutun. Also wer jetzt noch dabei ist, ist selbst schuld.
Du Regenschirm.
Das folgende Glanzstück der Literaturgeschichte entstammt aus einer WhattsApp Unterhaltung:

So, das erste Kapitel meines unveröffentlichten Romans ist soeben vollendet worden. Also höret und staunet.
Räusper
Autobiografischer Science-Fiction Fantasy Roman (nicht von den Leuten die den neuen fantastic Four gemacht haben)
Sein Name war Chang. Chang war ein ausgewachsener mitteleuropäischer Rhododendron Rühde. eines Abends,
es war 12 Uhr Nachmittags, da erblickte Chang etwas. Es war etwas das Chang geliebt hat in seiner Kindheit.
Den Penis des mongolischen Dorfpfarrers. Er hatte einen Namen den aus westlichen Regionen stammende Südalbaner nur
schwer ausprechen konnten. Deswegen nannten ihn alle “(trauriger smiley) delfingeräusch (Bürostuhl Emoji)”. Er war etwa
groß und hatte Haare. In einem späteren Kapitel seines Lebens (er war etwa neun selten alt) stieß Chang auf einen Afrikanischen
halbautomatischen nazistisch veranlagten Narzissen hassenden Nazi bepöbelten Ninja Dackel namens Joey. Er entschuldigte
sich und ging weiter. Aber genug von Jack. Zurück zu den Abenteuern von Sir Zirkelkreistraining zu Zeiten von König Jay Jay Duschbruase
McPflaume (super Twittername btw. Leider zu lang. Du weißt du hast ein scheiss Leben wenn das einzige was zu lang an dir ist dein
Twittername ist. First World Problem? Vielleicht. Aber sind die First World Problems nicht die wichtigsten? Immerhin
heißt es first World Problem. Wer interessiert sich denn schon für die Probleme der zweiten dritten geschweige denn der achten Welt?
Richtig, Niemand! Die sollen mal froh sein das die da kein Internet haben und nicht Opfer grausamer Troll Attacken werden können)
Aber zurück zur Geschhichte.
Es war so gegen 6:00 uhr da war Sir Zirkeltrining der angesagteste Ritter im Ikea Kinderparadies und rettetetete dutzende Jungfräuliche
Drachen vor blutrünstigen Burgfräuleinen (nicht zu verwechseln mit Hundeleinen).

Wenn sie das hier noch lesen dann Respekt! Obwohl… Nein! Wenn sie das hier noch lesen
dann tun sie mir Leid. Sie scheinen wirklich nichts besseres im Moment zu tun zu haben und wohlmöglich sollten sie sich schenllst
möglich in Therapie begeben.
Bis die netten Männer in dne weißen Kitteln kommen um sie abzuholen lesen die doch einfach weiter.

“Naja was solls wenigstens habe ich jetzt endlich einen Text den ich einreichen kann” Dachte ich.
Aber, da das kopieren anderer Texte verboten ist musste ich auch diese geniale Idde wieder
verwerfen. Also wieder alles auf Null.
Da sitze ich nun, ich habe immernoch keinen Text geschweige den nur einen Hauch einer Ahnung worüber ich schreiben soll.
Aber irgendwie hat es doch Spaß gemacht bis jetzt, sogar sehr. “Wieso macht es dir soviel Spaß zu schreiben” frage ich mich.

Weil du die Tastatur liebst und sie einfach nie loslassen willst?
Weil du es liebst wie deine kleinen dicklichen schrumpel Finger die
klumpigen tasten runter drücken und sie dannach wieder hochschnellen?
Weil das auftauchen neuer kleiner Buchstaben auf deinem Bildschirm dir
das gefühl gibt Gott zu sein? Du kannst darüber entscheiden ob das kleine
süße Times New Roman “a” leben oder sterben wird. Oder ob es plötzlich zu
einem großen “A” heranwächst. Ob es von den bösen Arial “b’s” gemobbt wird weil
es jetzt ein Comic Sons “a” ist, eine depressive Frust-fress-Phase durch macht bis
es ein fettes Comic sons “a” ist, sich dann aber wieder aufrappelt, abnimmt und sich
bei einem tragischen Unfall eine Geh Behinderung zu zieht und nun als kleines
kursives Comic sons “a” durch die Welt der Textverarbeitungsprogramme wandeln muss
bis es irgendwann auf den Friedhof namens Papierkorb landet.

Jetzt bin ich doch schon etwas ergriffen. Erstmal durchatmen.
Ich meine, es war erst voll das süße kleine Times New Roman “a” wo ich immernoch Tränen in den Augen bekomme
wenn ich nur dran denke. ES WAR SO SÜß! Es hätte jede Hauptrolle in jedem Disney, Dreamworks, Pixar oder sonst was
kinderfilm mäßiges bekommen können (abgesehen davon dass man für Animationsfilme keine Schauspieler braucht)
Und dann wurde es das nerdige Comic sons “a”. Der peinliche Sidekick unter den Buchstaben. Wo jeder
sagt: “der ist voll nett und witzig aber Hoffentlich spricht er mich nicht an”. Und dann wurde er auch
noch von diesen fiesen College-Sportler Arial “b’s” gemobbt und im die Fettsucht getrieben. (es ist Oke
jetzt zu weinen. Wirklich!) Aber hat das kleine fette Comic Sons “a” aufgegeben? Hat es den Freitod
durch die Backspace-Taste gewählt? Nein! Es hat sich ins Leben zurück gekämpft und den fiesen Bully Arial
“b’s” gezeigt, dass sie keine Gewalt über ihn haben. Und am Ende wurde es auch noch ein hässlicher
von der Gesellschaft ausgestoßener kursiv Krüppel. Also wenn du mich fragst sollte DiCaprio mal schnell hier
anrufen und mich anflehen die Rolle des “a’s” im kommenden 8 Stunden Epos (namens “a Movie”) übernehmen zu
dürfen. Das riecht hier aber mal ganz streng nach Oscar.

Wenn ich mir den Text nochmal so durchlesen schien die Idee mit den WhattsApp Verläufen garnicht so schlecht gewesen zu sein.
Naja besser als nichts (wobei ich mir nicht sicher bin ob es wirklich besser ist als überhaupt kein Text) , dachte ich mir und schickte es ab.

*Weil die Wörter die die asige Uhr im Handy mir entgegenbrüllt höchst verstörend sind habe ich sie durch irgendwelche harmlosen Wörter ersetzt.
Ich habe diese Methode dann beibehalten wenn die Aussagen zu opsön wurden um sie hier zu veröffentlichen.

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Der Tag des Phönix

Ich starrte in die Leere Dunkelheit, nur die Sterne waren zu sehen. Hin und wieder wurden sie jedoch von Rauchschwaden verdeckt, erstickt im Rauch, genau so wie wir die hier in der Dunkelheit standen. Wir standen auf einer Leiche, nicht auf einer menschlichen sondern auf einer Leiche die einst unsere Heimat war. Unser Planet war Tod. Nicht durch einen Unfall oder einer Naturkatastrophe. Nein, sie wurde getötet.
Zusammen mit meinem 10 jährigen Sohn Stand ich da und wartete. Wir alle warteten, das komplette Dorf war versammelt, tuschelten und tauschten besorgte blicke aus. Sie alle starrten wie ich in den Nachthimmel. Einerseits um nach unseren Rettern Ausschau zu halten und anderseits um nicht unsere Tote Heimat sehen zu müssen. Ich war der erste der sie schließlich sah, sie waren für das ungeübte Auge kaum zu erkennen. Ich beugte mich zu meinem Sohn und flüsterte ihn in sein Ohr: “Siehst du sie? Sie sehen aus wie Sterne, aber wenn du genau hin siehst dann erkennst du dass sie sich bewegen.” Schließlich entdeckten auch wenige andere unsere Retter. “Sie kommen!” rief jemand aus der Meute. Das Leid verschwand aus den Gesichtern der Menschen und leichte Euphorie machte sich breit. Vereinzelte Jubelrufe waren zu hören.
Jetzt blieben die hell leuchtende Punkte plötzlich stehen und es bewegte sich nur noch ein kleiner Punkt der schließlich immer größer wurde. Das Raumschiff, welches langsam auf uns zu kam, sah mit seinen Scheinwerfern aus wie ein Engel. Der Engel der uns Retten wird und uns den Weg aus der Apokalypse zeigt. Ein Engel aus Metall der nun fast über uns war und zur Landung ansetzte. Die schweren Türen gingen auf und Soldaten verließen das Schiff um eine geordnete Evakuierung einzuleiten. Ich nahm meinen Sohn an die Hand und trat ein.
Auf den Monitoren an den Sitzplätzen konnte man nun die Flotte sehen die auf uns wartete. Die Augen meines Sohnes wurden größer und er sagte: “Woah, so viele Raumschiffe. Papa mit so vielen Raumschiffen kann uns niemand besiegen nicht wahr?” Ich sah ihm in die Augen und zwang mir ein Lächeln ins Gesicht uns sagte “Nein Mein Sohn, uns kann nichts passieren.” während ich ihm über die Haare fuhr. Leider wusste ich, dass das nicht stimmte.

“Sie haben Glück meine Damen und Herren.” sagte der Mann mit den vielen Abzeichen auf der Brust der mit hinter den Rücken verschränkten Armen vor einem Projektor stand.
“Ich bin General Schukoch. Ich merke freundlichst an dass der erste der meint meinen Namen witzig zu finden ohne Umschweife aus der nächsten Luftschleuse entlassen wird.
Sie und Ihre Familien haben das einmalige Privileg an einem der größten Projekte der Menschheit Geschichte teilzuhaben.” sagte er mit einer typischen Militärischen strengen Mine. “Wie ihnen vielleicht aus erster Hand bekannt ist steht es nicht gut um die Menschheit Der Fremde Eindringling drängt uns immer mehr zurück. Doch sie, meine Damen und Herren haben das Glück dass sie der “vereinten Nationen der Erde kurz VNE” am Herzen liegen.” Natürlich lagen wir ihnen nicht am Herzen, wir waren nur mittel zum Zweck, eine Nummer, eine Statistik.
“Die klügsten Köpfe der VNE haben einen Notfallplan entwickelt um die Menschheit zu retten.
Dieser Plan wird auch “Operation Phönix” genannt. Eigentlich ist “Operation Phönix” Top secret aber ich habe so dass Gefühl dass sie nicht dazu kommen werden es in die Welt hinauszuposaunen”
Sagte der Mann mit einem hässlichen süffisanten grinsen. Dieser Mann genoss es, er genoss den Krieg, den Kampf egal wie aussichtslos er auch sein mag. Er genoss es dass alle anwesenden Erwachsenen in dem Konferenzraum Wachs in seinen Händen waren.
“Ich werde ihnen nun kurz erklären was hinter dem Namen “Operation Phönix” steckt. Ich erwarte allerdings nicht dass sie es wirklich verstehen. Nun… dann fangen wir mal an.” Er Räusperte sich und zeigte eine Projektion eines Schwarzen Lochs. “Das ist ein Schwarzes Loch, wir nennen es “Demon´s Maw” wenn ihr in der Schule ein wenig aufgepasst habt dann werdet ihr ein paar Eigenschaften eines Schwarzen Lochs kennen. Hier nun die Kurzfassung. Ein schwarzes Loch ist ein toter Stern. Bisher irgendwelche Fragen? Nein? Gut! Also weiter im Text. Wie ihnen vielleicht bekannt sein könnte schrumpft der Tote Stern und erreicht so eine extrem Dichte Masse, so dicht dass ihre Anziehungskraft so stark wird dass ihr Nichteinmal licht entkommt. Das war das Grundschulwissen jetzt kommt der kompliziertere Teil. Die Masse eines Schwarzen Loches ist so extrem dicht, dass sie nicht nur Licht anzieht, sondern auch noch den umliegenden Raum krümmt. Das hat die Folge, dass auch die Zeit in der Nähe eines schwarzen Loches langsamer vergeht als im normalen Raum. Um ein Vielfaches langsamer. So langsam, dass wenn sie ein paar Stunden in der Nähe eines Schwarzen Loches verweilen im normalen Raum Jahrzehnte vergehen. Fragen sie mich nicht wie das genau funktioniert ich dachte auch immer das Zeit nur eine Einbildung der Menschheit sei. So viel zum Theoretischen teil, nun kommen wir zum Plan. Die VNE hat mehrere Raumstationen bauen lassen und sie in die Umlaufbahn von “Demon´s Maw” gebracht. Vielleicht haben ein paar helle Köpfchen unter euch 1+1 zusammengezählt und den Namen Phönix mit den Stationen um Demon´s Maw kombiniert. Für alle anderen werde ich es noch etwas deutlicher Erklären. Wie sie wissen ist ein Phönix ein Vogel der aus seiner eigenen Asche wieder aufersteht, vielleicht erkennt der eine oder andere eine parallele zu unserer Situation. Die VNE hat vor ein paar der klügsten Köpfe, besten Soldaten und erfahrensten Generälen und Politikern in den Stationen um Demons Maw unterzubringen. Natürlich wäre das für eine neue Zivilisation zu wenig und hier kommt ihr ins Spiel. Ihr könnt euch glücklich schätzen, ihr habt quasi den Checkpott geknackt.” Sagte er mit einer Tonlage die eher gelangweilt als euphorisch klang.
“Ihr habt das Privileg mit euren Familien, die sich auf demselben Schiff befinden auf einer der 22 Stationen rund um Demons Maw niederlassen.” Es wurde plötzlich laut im Saal. Die Menschenmasse diskutierte heftig miteinander, die Meinung über das vorhaben war gespalten. Plötzlich rief jemand aus der menge: “Lieber sterbe ich als mich in die nähe dieses Schwarzen Loches zu begeben!” “Ich würde mir ihre Wortwahl gut überlegen Mister! Es ist nicht so als ob sie eine Wahl hätten! Niemand hier in diesen Raum hat eine Wahl! Es geht nicht um euch paar Individuen sondern um das überleben der Rasse. Ihr könnt euch glücklich schätzen dass ihr und eure Familien so eine Chance bekommt! Um ehrlich zu sein ist mir euer Leben ziemlich egal aber die Befehle der VNE sind unmissverständlich. Allerdings werde ich keine Revolte akzeptieren und der Nächste der meint hier mich unterbrechen zu müssen darf unser wunderschönes Schiff aus der Außenperspektive betrachten!” Es wurde allmählich wieder ruhig im Saal und der Mann der ihn unterbrach hatte es sich wohl anders überlegt und ergab sich seinen Schicksal nun schweigend. Der General setzte mit seinem emotionslosen Gesichtsausdruck fort: “Ihnen wird es vielleicht freuen zu hören dass sie nur ungefähr einen Tag auf der Station verbringen werden. Doch wenn dieser eine Tag für sie Zuende ist, werden im normalen Raum Jahrzehnte vergangen. Wahrscheinlich werde ich entweder unter der Erde Liegen oder meine Überreste werden im all vor sich hin treiben. Da sie allerdings nur einen Tag verbringen muss die VNE keinerlei Verpflegung und sonstiges liefern. Sie müssen sich auch keine Sorgen um die Aliens machen da sie keine Interesse daran haben sich das schwarze Loch zu nähern um nicht auch in dieser Zeitschleife zu gelangen. Sie werden auch nicht darauf warten bis eure Verpflegung zur Neige geht da wie gesagt sie Jahrzehnte darauf warten müssten und das wird es ihnen nicht wert sein. Sie sehen sie dass sie nirgends sicherer sein könnten als auf einer Phönix Station. Ich beneide sie.” Man hörte wieder ein leichtes Tuscheln, diesmal aber deutlich zurückhaltender. Die meisten schienen überzeugt worden zu sein. “Mit etwas Glück ist nach euren 24 Stunden der krieg vorbei und vielleicht haben wir sogar gewonnen. Sie, meine Damen und Herren sind die Zukunft, die Zukunft der Menschheit Die reise bis zu Demon´s Maw dauert noch ungefähr 7 Tage. Bis dahin fühlen sie sich auf dem Schiff wie zuhaue. Aber fassen sie nichts an sonst fliegen sie aus der Luftschleuse!”
Als ich endlich den Konferenz Raum verließ, suchte ich meine Kajüte auf wo mein Sohn schon auf mich wartete.

7 tage später waren wir endlich angekommen und ich stand mit meinem Sohn vor der Fähre in der Schlange die direkt zur “Phönix 7” fliegen würde. Doch plötzlich erbebte das ganze Schiff und sämtliche lichter fackelten kurz auf. Panik machte sich bei den Passagieren breit und die Soldaten die den Transport überwachen sollten schauten sich nervös um und sprachen in ihre Kommunikatoren. Wieder erbebte das Schiff und diesmal meldete sich sogar der Alarm. Der Hangar wurde in ein unheimliches Rot getaucht und über den Lautsprechern war auf einmal eine Stimme zu hören: “Hier spricht General Schuhkoch, wir sind in einen Hinterhalt der Aliens geraten die offenbar von unseren Plänen erfahren haben. Die Mission wird fortgesetzt! Ich wiederhole die Mission wird fortgesetzt! Die Shuttles erhalten Feuerdeckung und sobald sie dem Schwarzen Loch nahe genug gekommen sind sind sie in Sicherheit!” Die Soldaten ergriffen sofort die Initiative und beschleunigten den Prozess. Die menschenmasse stürmte auf den Shuttle zu, an Ordnung war nicht mehr zu denken. Ich hielt meinen Sohn fest an der Hand der zu weinen begann um ihn bei dem Gedränge nicht zu verlieren. Das Schiff wurde ein drittes mal getroffen und dieses mal so heftig dass sich ein Querbalken von der Decke löste und das Shuttle erfasste. Schreie waren zu hören als der Shuttle explodierte und die Überreste der Menschen herab regnete. Die aufgebrachte Menschenmasse konnte nur noch beruhigt werden als ein Soldat mehrere Salven in die Luft schoss und über ein Verstärker sprach: “RUHE! Wir führen euch zu einem anderen Shuttle an dem noch platz für einige weitere Passagiere ist!” Die Menschenmasse geleitet von den Soldaten machte sich nun auf zum nächstgelegenen Hangar. Die Soldaten in diesem Hangar warteten bereits auf die deutlich geschrumpfte Gruppe und riefen im befehlenden Ton: “Beeilung! Beeilung!” Die ersten Menschen traten bereits im Shuttle ein. Das Gedränge war allerdings so groß, dass viele Leute, vor allem Frauen und Kindern erdrückt wurden und ohnmächtig auf den Boden liegen blieben. Als der Strom immer weiter nach vorne drang stolperte ich über einen leblosen Körper und lies dabei meinen Sohn los der verzweifelt nach mir schrie und mit der Menschenmaß mit gedrängt wurde. “Papa! Papa wo bist du? Papa!!” Ich versuchte mich aufzurappeln aber ich wurde immer wieder von der Menschenmasse zu Boden getreten. “Papa!” Ich sah nur noch wie mein Sohn von einem Soldaten ergriffen wurde und in das Shuttle gebracht wurde. Ich rief nach ihm doch ich hatte kaum noch kraft. Dann sagte der Soldat der das Kommando hatte: “Das Shuttle ist voll es tut mir leid. Wir können keine weiter Person mehr aufnehmen.” Die Menge fing an zu schreien und man sah wie Frauen ihre Kinder in die Höhe streckten und riefen dass sie wenigstens ihre Kinder retten sollten. Endlich konnte ich mich wieder aufraffen und kämpfte mich nach vorne und sah ihn schließlich, Meinen Sohn wie er die menge nach mir absuchte und mich schließlich erblickte. “Papa!” Rief er “Papa ich will zu Papa!” “Nein, bleib da, bleib bei den Soldaten sie werden auf dich aufpassen! Es ist nur ein Tag! Nur ein Tag!” Rief ich als sich das Tor vom Shuttle langsam Schloss. In einem Tag werden wir uns wieder sehen!" Das letzte was ich sah war sein verzweifeltes weinendes Gesicht. “Nur ein Tag” murmelte ich leise vor mir her. Für ihn nur ein Tag aber für mich eine Ewigkeit. Aber ich werde nicht kampflos aufgeben, ich werde alles dafür tun um zu überleben, ich werde Kämpfen bis am Schluss damit ich ihn wieder sehen kann, meinen Sohn!"

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Der alltägliche Arbeitsgestank

Schon der erste Schritt ins Büro fiel Daniel schwer. Es war beklemmend für ihn, surreal, dass eine Notwendigkeit besteht jeden Morgen aufs neue durch die gleiche Tür zu gehen, die gleichen Menschen zu sehen und die gleichen Dinge zu tun. Aber sonst könnte er für seine Familie, bei der es gerade ohnehin nicht gut lief, kein Geld verdienen. Sie wären ohne seine Arbeit sicher nicht am Existenzminimum, trotzdem war es schön etwas dazu beizutragen, dass Daniels Frau und seine Tochter einen gewissen Standard an Luxus bekommen können. Das war gerade das Mindeste, das er tun konnte.
Die moderne Stechuhr zeigte 8:03. Er zog zwei Karten durch den Schlitz. Daniel kam oft zu spät, wenn er seine Tochter noch in den Kindergarten bringen musste. Der Streit am Morgen half ihm auch nicht dabei früh raus zu kommen. Für ihn bedeutete das, er müsse heute zwanzig Minuten länger arbeiten, ansonsten hielt ihm sein Chef wieder einen seiner berühmten Vorträge. Zumindest darin waren sie kulant; die Verspätung an sich war kein Problem im Betrieb.
Daniel begrüßte ein paar Gesichter auf dem Weg zu seinem Platz, den, wie er feststellen musste, einen neuen Aktenstapel zierte. Die Brust wurde Daniel ein Stück enger. Der gelbe Zettel der daran klebte machte ihn noch ein wenig wütender: „Bitte dringend an die neuen Vertragsbedingungen anpassen!!!“. So viele Ausrufezeichen empfand er als nichts Weiteres als Hohn. Er legte den Stapel beiseite, nahm sich ein paar Akten vor seine Tastatur, klappte die oberste in der Mitte auf und machte sich daran die Zusammenfassung des gestrigen Redskins-Spiels zu sehen. Das war eines der wenigen Sachen, die ihn etwas entspannen ließen. Der Chef brauchte noch eine Weile bis er im Büro ankommen würde.
Unnötig laut sagte eine hohe Stimme spitz „Ach, du schaust wieder dieses Rugby am Arbeitsplatz? Willst du noch eine Abmahnung?“ Der harmlose Speichellecker des Chefs, Dirk, war immer gewollt anderen eins reinzuwürgen. Somit würde er etwas besser dastehen. Aber es war niemand da, den es interessierte.
„Musst du nicht noch die Schuhe vom Chef putzen, Dirk?“, meinte mein Tischnachbar, der eben angekommen war. Michael war der einzige Mensch mit dem Daniel hier etwas anfangen konnte. Daniel gab ihm seinen Arbeitsausweis. Es war mittlerweile kurz vor 9 Uhr.
„Sorry, ich war 3 Minuten zu spät.“, sagte Daniel entschuldigend.
„Wieder Streit mit deiner Frau? Musstest du Maren noch in den Kindergarten bringen?“, gab er schulterzuckend zurück. Zur Antwort gab es ein zustimmendes Brummen.
Nachdem die Zusammenfassung fertig war, lies er sich noch einige Überschriften auf der Welt-Seite durch.
„In Göppingen gab es einen Amoklauf?“, wollte Daniel von Michael wissen. Er war in solchen Dingen immer bestens informiert.
„Ja, Freitag schon. Es gab 4 Tote.“. Daniel wurde schlecht. In solchen Momenten hasste er das Leben, hasste die Menschen, die Welt und vor allem den Tod. Seine Brust schnürte sich zu, es war als würde er durch einen langen Strohhalm atmen.
„Ich geh eine rauchen.“
Als er draußen war fühlte er sich ein wenig freier. Der Druck auf ihm war zwar nicht verschwunden, aber er wurde geschwächt. Daniel wusste, dass das ein kurzzeitiges Gefühl bleiben würde.
Als er seinen Chef anschlendern sah, ließ Daniel die Kippe fallen und lief zur Tür hinein.
Als das zweite Mal die Tür ging, hörte er seinen Chef sarkastisch rufen „Schon fertig mit den Verträgen?“ Zur Antwort bekam er ein undefinierbares Brummen. Das war wohl die größte Gabe seines Arbeitsgebers. Er konnte sich an jede laufende Aufgabe seiner Mitarbeiter erinnern.
Zurück am Arbeitsplatz machte er sich endlich an seine Aufgabe, die er ja „dringend“ ausführen sollte. Mit jeder neuen Akte, die er zu sich rüberzog, wurde ihm wärmer. Er fing an zu schwitzen.
Es war als würde ihn diese Arbeit aussaugen und immer schwächer machen, wie das Rauchen einen Husten verschlimmert. Doch hier half rauchen. Er ging vor der Mittagspause noch einmal raus, um sich zu beruhigen.
Warum fiel ihm die Arbeit so schwer? Es war eigentlich ganz einfach. Die veralteten Seiten durch neue austauschen, beim Kunden gegebenenfalls die neue Adresse erfragen und eine Änderungsmitteilung zuschicken. Das war alles. Das klang so leicht und nun fühlte es sich auch viel leichter an als noch vor 5 Minuten.
Entschlossenen Schrittes ging er zurück, selbstbewusster als zuvor.
Eifrig machte er sich an die nächste Akte. Es konnte so einfach sein. Es war als hätte man ihm den langen Strohhalm abgenommen und ihn direkt an die Sauerstoffflasche gehängt. Er vergaß seinen Chef, den Schleimbeutel Dirk, der immer wieder von hinten auf seine Arbeit blinzelte, auch den sonst eher ruhigen Michael, der heute immer mal wieder laut „Scheiße“ sagte, weil sein Drucker mal wieder nicht ging. Er ging nicht in die Mittagspause und vergaß sogar fast das Rauchen. Sein Motivationsschub konnte durch nichts gestoppt werden.
Als er etwa zwei Drittel des Stapels geschafft hatte, war es 14:22 Uhr.
„Sie wollten mir doch die Akte von Teichmann bis 2 Uhr auf den Tisch legen.“
Verdutzt schaute sich Daniel um. Sein Chef stand hinter ihm und musterte ihn mit einem strengen Blick. „Von Teichmann? Hatten Sie das gesagt?“
„Stand es denn nicht auf Ihrem Zettel?“ Für den Bruchteil einer Sekunde war ein Schmunzeln auf den Lippen des schlaksigen Mannes zu sehen. Zu kurz, um nicht Einbildung gewesen zu sein, wie der erste Blitz eines weitentfernten Gewitters.
„Nein, leider nicht.“ Daniel musste sich bemühen, um ruhig zu bleiben. Er schien plötzlich viel weniger Platz zu haben. Als wäre er an seinen Schreibttisch gepresst. Er durchsuchte die fertigen Akten.
„Hier ist sie ja. Teichmann.“ Er reichte ihm die Akte ohne ihm in die Augen zu schauen.
„Und die Akte Zeller?“
Die Sauerstoffflasche wurde ihm abrupt entrissen. Daniel musste sich konzentrieren, damit er nicht aufjapste. Er suchte mit schnellen Atemzügen die Akte Zeller. Sie war nicht im fertigen Stapel.
„Die ist noch nicht so weit.“
„An Ihrer Einstellung sollte sich bald etwas ändern!“, knurrte er und ging.
Die Sauerstoffflasche war wieder da. Zusätzlich eine Wasserstoffflasche. Wenn er nicht aufpasste, müssten bald alle Zeugen einer Knallgasprobe werden.
Da Daniel wieder alleine vor seinem Schreibttisch war, nahm er sich eine Zigarette aus der Schachtel und ging vor die Tür. Der Rauch löschte das Streichholz in der Lunge, das man für eine positive Knallgasprobe brauchte. Zumindest für eine Weile.
Da kam er wieder. Mit erhobenem Finger und einer Zigarette in der anderen Hand kam sein Vorgesetzter auf Daniel zu.
„Ihre Pause war vor 2 Stunden! Wenn Sie Ihren Beruf nicht ernst nehmen, sollten Sie sich vielleicht nach etwas Anderem umsehen!“
Daniel bekam ein breites Grinsen auf’s Gesicht. Fast hätte er angefangen zu Lachen. Alles war weg, der Druck auf den Schultern, die Enge um die Brust, der Streit mit seiner Frau, der Amoklauf, der schleimige Dirk, der Strohhalm, die Wasserstoffflasche, auch die Sauerstoffflasche. Zurück blieb Daniel, wie er war. Er ließ die angefangene Zigarette fallen.
„Na gut!“, sagte er zufrieden und ging.

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Brüder für einen Tag

Padus sah durch ein dreckiges Fenster die Sonne aufgehen. Es war ein heißer Morgen und am Himmel war keine Wolke zu sehen. Es war sehr still und nur der Wind zischte gelegentlich durch einige Spalten der Holzwände. Durch das erste Licht konnte Padus sehen, in was für eine trostlose Hütte er geflohen war. Eine Fensterscheibe war zerbrochen, die ganze Hütte war in einer Staubschicht eingehüllt, der Fußboden war von Sand bedeckt, aus dem vereinzelt Scherben herausragten. Doch inmitten dieser leblosen Umgebung kniete direkt hinter ihm seine Tochter. Ihre Jeans waren durchlöchert, ihrem Hemd fehlte der Kragen, ihre Unterlippe war aufgerissen und blutete und auch ihren langen, goldenen Haaren fehlte jeglicher Glanz. Padus wandte endlich seinen Blick von der Ödnis ab und drehte sich zu seiner Tochter.
»Melanie lies mir nochmal die ersten Sätze vor.«, sagte er und schaute konzentriert auf die Eingangstür.
Melanie nickte kurz, spuckte angeekelt von der staubigen Luft auf den Boden und las aus ihrem Notizheft vor,
»Das ist die Geschichte von Paul Padus Marcian. Der Ungeliebte, der Hochbegabte, der Hoffnungsträger, der Gescheiterte, der Mörder.«, Padus unterbrach sie mit trockener Stimme. »Lass Padus raus! Meine Mutter wollte mir nie erzählen, was es mit dem Name auf sich hat, also ist er unbedeutend.«
»Frag sie doch noch, was er bedeutet. Das könnte immerhin dein letzter Tag sein.«, antwortete Melanie zähneknirschend.
»Was denkst du? Werden die Leute mich nur als Mörder in Erinnerung behalten?«, fragte Padus zitterig.
»Viele Leute in unserem Land werden das tun. Doch wir wissen was geschehen ist und uns wirst du als Held in Erinnerung bleiben und mir als guter Vater.«, sagte Melanie und umarmte Padus. Dieser ließ seine Arme aber nur schlaff hängen und schaute ausdruckslos ins Leere. »Aber bin ich nicht noch mehr als das? Für dich bin ich ein guter Vater. Für meine Mutter bin ich der Ungeliebte. In der Schule war ich der größte Streber und für meine Generation war ich ein Aktivist, Politiker und sogar der große Hoffnungsträger. Deine Mutter prangerte mein Scheitern an, sagte mir ich solle fliehen aber ich hielt es für feige. Und mein Volk sieht mich jetzt als kaltblütigen Mörder. Das bin ich nicht. Niemand hat je gefragt als was ich mich sehe. Niemand hat je gefragt wer ich bin.«, vertraute Padus seiner Tochter an, während er sich mit dem Handballen einige Tränen aus den Augen wischte.
»Wer bist du?«, fragte Melanie leise, nachdem sie zum Fenster ging.
»Der Traurige.«, klagte Padus, hielt kurz inne, biss die Zähne zusammen und fuhr fort. »Der Einsame. Der Unvollkommene.«
»Es ist kein Wunder, dass du dich unvollkommen fühlst, wenn dein Leben wirklich schon im Alter von 50 Jahren enden sollte. Außerdem hat jeder mal einen Tag an dem er sich einsam und traurig fühlt.«, antwortete Melanie achtsam.
»Kein Tag. Ein Leben. Mir fehlte etwas mein ganzes Leben lang. Eine Lücke, die ich nie schließen konnte, die mich traurig machte, die mich verzweifeln ließ. Und jeder noch so schöne Tag in meinem Leben brachte mir im kürzesten, stillsten Moment eine tiefes Gefühl von Einsamkeit.«, sagte Padus beklommen. Melanie schaute ihn betroffen an.
»Und wer willst du sein?«, fragte sie Ihn. Darauf hörten beide ein immer näher kommendes Auto aus der Ferne, welches in Richtung der Hütte fuhr. Padus und Melanie schauten gemeinsam aus dem Fenster und sahen einen großen, schwarzen Jeep der eine riesige Staubwolke hinter sich ließ. Padus drehte sich vom Fenster weg, legte Melanie seine Hände auf die Wangen und küsste sie auf die Stirn. »Ich liebe dich Melanie. Deine Mutter liebt dich. Such nach ihr in Nordchile! Die Grenze ist nicht weit.«, sagte Padus und sah ihr dabei tief in die Augen, bevor er eilig zur Tür ging. »Was tust du?«, fragte Melanie irritiert. »Einmal das Richtige tun, mich stellen und dich nicht in Gefahr bringen.«
»Dich stellen? Du weist doch nicht einmal wer da kommt! Vielleicht ist es Großmutter.«, schrie Melanie ihm hinterher, während er zur Tür hinaus ging.
Der Jeep hielt wenige Schritte von Padus entfernt. Die Scheiben des Jeeps waren verdunkelt, sodass Padus nicht sehen konnte, wer sich im Jeep befand. Nach einiger Zeit öffnete sich eine Hintertür des Jeeps und Padus Mutter trat heraus. Padus war erleichtert, atmete tief aus, ging zu seiner Mutter und warf ihr einen genervten Blick zu. »Es ist sehr heiß. Du solltest nicht hier sein.«
»Ich bin in dieser Hitze aufgewachsen und kann damit leben.«, sagte die alte Frau mürrisch.
»Kommst du um mich sterben zu sehen? Hast du schon die Polizei verständigt? Oder sogar das Militär?«, fragte Padus aufgeregt und gleichzeitig wütend. »Ja, ich habe ihnen deine Position mitgeteilt aber ich bin nicht hier um dich sterben zu sehen.«, erklärte seine Mutter Ihm. Sie sprach für ihr Alter zwar sehr langsam aber immernoch ziemlich sicher und präzise. »Willst du mich etwa mitnehmen und mir bei einer weiteren Flucht helfen?«, wollte Padus wissen.
»Einen Teufel werd ich tun und mit dir in einem Kugelhagel sterben!«, schimpfte seine Mutter. »Deine Bündnisse sind am Ende. Deine Friedfertigkeit ist am Ende. Deine Politik ist am Ende und damit deine Pläne für ein besseres Peru. Ein erbärmliches Ende für ein erbärmliches Leben«, spottete die alte Frau.
»Ich war einer der größten Politiker dieses Landes, habe mein Leben lang für mein Land gekämpft, gegen Verbrecher wie dich gekämpft und nie die Unterstützung bekommen, die ich so dringend gebraucht hätte. Und jetzt stehst du vor mir, in meiner schlimmsten Stunde und machst mir Vorwürfe über mein erbärmliches Leben?«, fauchte Padus seine Mutter an.
»Das war kein Vorwurf, das war eine Entschuldigung.«, antwortete sie.
»Warum bist du hier?«, erkundigte sich Padus ungeduldig. »Ich muss dir jemanden vorstellen Paul.«
»Dustin komm raus!«, rief seine Mutter zum Wagen. Aus dem Wagen kam ein dünner, etwa 1,80 Meter großer Mann heraus. Er trug einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und roter Krawatte und an seinem Handgelenk trug er eine goldene Uhr. Er hatte die gleichen dünnen, grauen Haare wie Padus nur einen deutlich volleren Bart. Der Blick auf seine ovale Kopfform, seine großen, grünen Augen, den vertraut wirkenden Abstand seiner Augen, die kleinen Ohren, sowie die großen Lippen ließen Padus entgeistert mit offenem Mund vor den beiden stehen. Auch Dustin hatte seine Augen weit aufgerissen und schaute die alte Frau fassungslos an.
»Dustin das ist dein Zwillingsbruder Paul. Paul das ist dein Zwillingsbruder Dustin.«, sagte die alte Frau ernst und schaute dabei ihre Söhne an bevor sie zur Hütte ging. Paul und Dustin ignorierten ihre Mutter schauten sich gegenseitig an und gaben sich die Hand. »Hallo Paul.«, sagte Dustin grinsend. »Hallo, mein Bruder!«, antwortete Paul schockiert. »Ich kann das nicht glauben. Du…du siehst tatsächlich aus wie ich.«, flüsterte Paul. »Es hat etwas gefehlt, es hat immer etwas gefehlt!«, weinte Paul bitterlich.
»Ich weiß!«, sprach Dustin immernoch erschrocken. Die alte Frau kam mit Melanie zum Wagen. Auch Melanie staunte und war sprachlos. »Schaut mal zu mir, ich will ein Foto von euch machen.«, sagte Melanie immernoch perplex. Nachdem sie mit ihrem Handy ein Foto von ihrem Vater und seinem Zwillingsbruder gemacht hatte, forderte ihre Großmutter sie dazu auf in den Wagen zu steigen.
Melanie setzte sich in den Jeep und flüsterte leise vor sich her,»Ich habe Vater noch nie so emotional gesehen«. Plötzlich hörte man von weitem die Rotoren eines Helikopters, worauf sich Pauls Mutter ebenfalls in den Jeep setzte und die Türen abschloss.
»Es tut mir Leid mein Kind.«, sagte die alte Frau und legte Melanie Handschellen an, die sie an einer festen Stange unter ihrem Sitz befestigte. Der Helikopter landete nach einiger Zeit direkt neben ihnen und zwei maskierte, stark-bewaffnete Männer liefen auf die beiden Brüder zu, schlugen Dustin mit einem Sturmgewehr auf den Hinterkopf zu Boden, fesselten Paul und nahmen ihn mit in den Helikopter.
»Neiiiinn!Papa!Neiiiiin!«, schrie Melanie laut und tritt wild um sich.
»Dein Vater war ein wichtiger Politiker. Vielmehr ist er aber ein wichtiger Mensch, der ein besseres Leben verdient hat. Ich bin nur eine Kriminelle.«, sagte die alte Frau und klebte Melanie mit Panzertape den Mund zu. Der Helikopter startete wieder und flog mit Paul davon. Es vergingen nur wenige Minuten, bis Sirenen die fürchterliche Stille beendeten. Als Dustin wieder zu Bewusstsein kam, vernahm er sofort die Sirenen und versuchte in den Jeep zu steigen. Er trommelte gegen die Fenster und zog mit aller Kraft an den Türen doch diese gaben nicht nach. »Der eine Sohn hatte ein tolles Leben. Der andere Sohn hatte ein furchtbares. Und nur ein Tag reicht um zwei Leben für immer zu ändern.«, flüsterte die alte Frau sich selber zu. Kurz bevor Dustin wegrennen wollte, hörte er wie mehrere Wagen hinter ihm anhielten und die Sirenen verstummten. »Hände nach oben und umdrehen! Es ist vorbei Marcian!«, rief eine Stimme hinter ihm. Der ahnungslose Dustin hob seine Hände, drehte sich mit gesenktem Kopf um und schaute schließlich nach oben. Als die Polizisten und Soldaten sein Gesicht sahen, eröffneten sie sofort das Feuer und Hunderte von Geschossen durchlöcherten Dustin und den Jeep. Nachdem Dustin von Kugeln zerlöchert in einer riesigen Blutlache auf dem Boden lag, rückten die Polizisten und Soldaten zum Jeep vor, zerschlugen die Scheiben und entdeckten dabei die Leichen einer jungen Frau und einer alten Frau. Die alte Frau trug ein Brief bei sich auf dem geschrieben stand: Für Sarah Marcian. Von Olithia Marcian. 23 Stunden und 40 Minuten nach ihrer Geburt trennte man meine Kinder. Heute war ich hier um ihnen die restlichen 20 Minuten für mindestens einen gemeinsamen, gelebten Tag zu ermöglichen. Paul Marcian hat das Marcian-Kartell nie unterstützt. In dieser Hinsicht ist er unschuldig. Bitte verzeihe mir, bitte verzeihe ihm. Die zuständigen Ermittler hatten den Brief zunächst nicht deuten können bis die Geheimdienste das Handy der jungen Frau entschlüsseln konnten und ihr letztes Foto sahen.

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The Way Of The Wiesel

Am Ende eines langen Zweiges im Baumdiagramm der hundeartigen Karnivoren findet sich ein wahrlich gerissener Räuber, das Hermelin. Es ist auf diesem Ast des Diagramms beileibe nicht der einzige skrupellose Killer. In seiner Familie gibt es neben ihm noch so manchen üblen Zeitgenossen mehr. Vor allem sein Großonkel, der Honigdachs, hat aufgrund seiner Furchtlosigkeit und Aggressivität internationale Berühmtheit erlangt. Doch von diesem dreisten und feisten, unpässlichen und berechenbar brutalen Artgenossen ist zumindest dieses eine Hermelin, um das es sich hier dreht, weit entfernt.

Das Hermelin ist klein, nur drei Viertel Pfund bringt es auf die Waage. Es ist schnell, blitzartig bewegt es sich von A nach B. Es ist leise, das erzählerische Geräusch seiner Bewegung kennt keine Vokale. Und es ist zu guter Letzt vor allem eins, extrem. Sein Gemüt kennt lediglich zwei Modi körperlicher Aktivität, Chillen und Terror. Zwischen diesen Zuständen wechselt es in einer Tour hin und her. Die Frequenz der Gemütszustandswechsel übersteigt bisweilen die Fähigkeit des Hermelins einzelne Gedankengänge voneinander zu separieren, beziehungsweise zu Ende zu denken. Daher passiert es regelmäßig, dass das Hermelin erst nach erfolgter körperlicher Aktion seiner selbst, geistig darauf zu reagieren vermag.

Hermelin: “Hände hoch Mörchenfresser, sonst…”

PENG!

Eiskalt streckt das Hermelin mit seinem Colt Peacemaker ein Kaninchen nieder. Der Mörchenfresser kippt vornüber in den Schlamm. Seine Brille rutscht ihm von der Nase.

Hermelin: ”…knallts!”

Überrascht senkt das Hermelin den rauchenden Colt. Es nickt wissend, dreht den Colt einige Male um die Abzugskralle im Kreis und lässt ihn anschließend geschmeidig in den Halfter an seiner Hüfte gleiten. Es zieht die Oberlippe hoch und entblößt weiße, sehr spitze Reißzähne.

Hermelin: “Well, well.”

Rechtlich gesehen gilt das Hermelin als geisteskrank, genau genommen als unerkannt geisteskrank. Das hat vor allem in Bezug auf die Haftbarkeit des Hermelins so seine Vorteile, da es aufgrund dieser Tatsache nicht für seine vorschnellen Taten belangt werden kann. Allerdings, und dieses allerdings ist leider nicht ganz unerheblich, gilt dieses eine Hermelin in den hiesigen Breiten des zoologischen Rechtsstaats im Gegenzug als vogelfrei. Aktuell ist sogar ein Kopfgeld auf den braunen Banditen mit dem cremefarbenen Bauchfell ausgesetzt. Einhundert Tropfen Gold gibt es für denjenigen, der das Hermelin tot oder lebendig den exekutiven Organen der feudalen Fauna übergibt.

Der Gesuchte selbst ist diesbezüglich indifferent. Je nach Gemütszustand ist er entweder stolz auf seine Gesetzlosigkeit oder er läuft Amok. Tendenziell häufiger erlebt man Letzteres. Ungerichtete Gewaltakte samt monumentalen Kollateralschäden entsprechen einfach mehr dem leicht hitzköpfigen Charakter des Hermelins. Dieser wiederum entspringt naturgemäß seinem adrenalingeschwängerten Metabolismus. Es ist folglich quod erat demonstrandum unschuldig und lediglich das Opfer seiner Triebe. So drückt sich das Hermelin selbst gerne aus und unterstreicht die Beweisführung stets mit einem klackernden Kichern.

Meistens, ja eigentlich immer, nicken diejenigen, denen das Hermelin diesen Bullshit aufgetischt, eifrig zustimmend. Nicht weil sie ihm wirklich zustimmen, sondern weil sie der maschinengewehrartigen Kadenz seines Wort-Outputs nicht in dem Maße folgen können um in dem Haufen Mist überhaupt irgendeinen Sinn zu erkennen. Und wenn doch, so stimmen sie der gequirlten Scheiße lieber schnell zu, als das sie dem hohen, schmerzvoll anzuhörenden Singsang des Hermelins noch weiter zuhören müssen. Es bedarf nicht vieler Worte des Hermelins bis einem das Blut in den Adern gefriert, sich alle Haare am Körper aufstellen und es eiskalt den Rücken hinunterläuft.

„LIFE IS DEDICATION“ – The Hermelin

Just gerade erwacht das Hermelin in seinem Bau. Es reckt sich und streckt sich und putzt sich das im Schlaf zerzauste Fell. Einen Moment guckt es verpeilt aus dem Fenster und versucht zu begreifen. Dann schüttelt es das „what the fuck happened“ mit einer Frequenz nahe dem Ultraschall von sich ab, trinkt einen Schluck und geht an die Arbeit. Das Hermelin folgt einem geheimen Masterplan der über allem schwebt, was es war, ist und sein wird. Die Verfolgung des Plans unterteilt sich in zwei Kategorien, on the job und off the job. Es sei angemerkt, dass Hermelin hat keinen Job, zumindest keinen richtigen. Es ist nicht so, dass es sich nicht als Angestellter im Betrieb der grandes mères versucht hätte, aber letztendlich musste es sich eingestehen, dass es mit einer ihm übergeordneten Autorität nicht klar kommt. Auch Kreativität ist nicht seine Stärke. Seine Stärke ist der Ehrgeiz, die Verbissenheit mit der es einen Plan verfolgt, DEN Plan. Sein Dienstherr ist folglich niemand anderer als es selbst. Es bezeichnet sich daher auch gern als freier Unternehmer, versteht sich aber mehr als ONE-MAN-ARMY. Das passt perfekt zum Masterplan und hat zudem den Vorteil, dass es nicht erst auf den Feierabend warten muss bis es das machen kann, was es machen will, was es gerne macht, wozu es geboren wurde es zu tun.

Entsprechend seiner Devise versteht das Hermelin alles was es im Rahmen seiner Zielverfolgung unternimmt als sinnvolle Arbeit. Es arbeitet also quasi immer, sobald es aus seinem leidlich notwendigen, komatösen Schlaf erwacht. Das klingt nach einem faulen Hund? Weit gefehlt! Nur selten zeigt das Hermelin in freier Wildbahn Zeichen entspannter Faulenzerei. Das Hermelin träumt nicht, es ist auf Zack. Es zieht zu nächtlicher Stunde von Spelunke zu Spelunke und stiftet Unruhe. Nicht wie pöbelnde Saufbolde. Nicht wie seine Ahnen die sich noch mit Fäusten rauften, bissen und mit Krallen bearbeiteten. Nein, Unruhe stiften, das ist mehr als rohe Gewalt. Es ist Einflussnahme! Es ist Meinungsbildung und -vertretung. Es ist die physische Präsenz des Gegensätzlichen, des ungewollten Ungeliebten. Es ist Disput und Diskussion und ja auch hin und wieder etwas oder etwas mehr animalische Auseinandersetzung auf Basis niederer Instinkte. Aber nicht aus Jux und Tollerei! Nicht zum Vergnügen oder aus Niedertracht! Nein wenn, dann allein zur Befriedigung essentieller Bedürfnisse. Da wäre allem voran sein Hunger auf rohes, blutiges Fleisch, von am liebsten nicht allzu altem Geschmeiß mit langen Ohren. Mord, sozusagen, als notwendiges Übel zur Bewahrung des somatischen Status Quo. Leben, durch Leben nehmen. Ein Procedere das zunehmend in Verruf gerät. Es gilt selbst dem nicht mehr als minder-gebildeten Proletariat als reichlich überholt zu Genusszwecken anderen Lebewesen Leid zuzufügen. Aber ist es wirklich barbarisch, einen leckeren Wiederkäuer zu zerhacken und mit Salat und Gurken zwischen Brot zu stecken?

Damit nicht genug, meint der Volksmund neuerdings, dass mittlerweile nun wirklich jeder noch so weit hinter dem Mond Lebende mitbekommen haben müsste, das laut neuesten Erkenntnissen, gerade das rohe, rote Fleisch als krebserregend entlarvt wurde. Kein Wunder also, dass es in der heutigen aufgeklärten Zeit für die Generation 2.0, der Generation next und 28 Days after, schier undenkbar, ja fast schon unnatürlich erscheint, es zu verzehren. Deshalb gehen sie für ihre Überzeugung auf die Straße, verlangen ein generelles Verbot des Fleischverzehrs und tragen T-Shirts mit dem Aufdruck: MEAT IS MURDER! Nicht gerade unglücklich ist das Hermelin darüber, dass gerade diejenigen, die diese oder ähnlich geartete Parolen am lautesten proklamieren, ganz vorzüglich schmecken, irgendwie exotisch.

Es ist Mittag. Die Sonne brennt auf das ausgedörrte Land hinab. Die feigen Killerhasen verschanzen sich vor der Hitze in ihren Löchern. Instinktiv weiß das Hermelin das zu dieser Tageszeit nichts zu holen ist. Gerade deshalb gestaltet sich seine Arbeit jetzt mindestens ebenso kraftzehrend wie des Nachts. Es tut zwar nichts, aber eben dieses Nichts umzusetzen stellt eine große Herausforderung dar. Um seiner naturgegebenen, körperlichen Triebsamkeit entgegen zu wirken, muss sich das Hermelin tagsüber massiv herunterkiffen. Dazu kaut es Stechäpfel und trinkt Eichelweise Schnaps. Mit Hilfe des Drogencocktails kommt es einigermaßen zur Ruhe und ist zeitweise sogar in der Lage Maus und Tastatur zu bedienen. Die langen Mittagsstunden verbringt es dann vor dem Bildschirm und streamt für den Kanal seines Bruders „WildWeasel“ Ego-Shooter. Zuerst spielt es Serious Sam mit der populären Rabbit-Skin Mod. Zu Dutzenden stürmen darin hasenartige Wesen auf ihn zu. Es gleicht einem aussichtslosen Kampf. Immer mehr Langohren stürmen hervor. Rote Selbstmord-Rammler, weiße Giftzahn-Welpen und scharen blitzschneller Kung Fu - Feldhasen. Doch „B4nd1t-W34sel“ behält die Übersicht, weicht langsam zurück und reinigt den Bildschirm mit langen Salven aus der AK 47, wieder und wieder. Der Chat rastet aus, M-M-M-MULTIKILL, PENTA-KILL, RAMPAGE! „Hasenhexxler33“ spendet 3 Tropfen Gold. Schließlich läuft der Abspann und eine Friedenstaube steigt auf. Die AK spricht ein letztes Mal, Feierabend.

Zufrieden widmet sich das Hermelin anschließend den sozialen Medien. Der Stream-Chat ist live dabei. Die Stimmung ist erregt. Das Hermelin führt den digitalen Mob an. Es durchforstet Foren und Blogs, Tubes und Chats und trollt zu jedem noch so harmlosen Thema das die Kanickel meinen im Web breittreten zu müssen.

Lila Häschen: “Hallo Leute! Heute präsentiere ich euch mein neuestes Rezept für den Sommer: Löwenzahn-Heidekraut-Kompott. Klingt das nicht lecker?”

Hermelin: “Gegenvorschlag: Hasenbraten”

Lila Häschen: “Haha, sehr witzig du Idiot.”

Hermelin: “Alternativ: Schmorbraten vom Lila Kanickel, am Spieß gebraten oder fettarm im eigenen Saft gegart”

Willi Widder: “Du kranker Psychopath. Du hast wohl nichts Besseres zu tun als hier deine schlechten Sprüche zu klopfen. Verpiss Dich!”

Lila Häschen: “Echt jetzt, get a life!”

Hermelin: “Schlachterplatte”

Der Chat grölt. Die Spenden erreichen ein neues Allzeithoch. Zeit Schluss zu machen, schließlich setzt erneut die Dämmerung ein. Es ist Zeit wieder los zu ziehen um den Akt der Unruhestiftung als dedizierte Form der Weltverbesserung erneut zu praktizieren. Ach ja, und das Loch im Magen mit leckerer Hasenkeule zu füllen. Das Hermelin pirscht im Zwielicht durch den Wald, stielt sich über Wiesen und Felder und stellt sich der überall lauernden Bedrohung durch die zahllosen Jünger des King of Fuck, El’Rabbit de Continuamente Caliente.

Eben jener, männliche Vertreter vom Aste der hasenartigen Herbivoren, ist der heimliche Herrscher über die Fauna und der Antagonist des Hermelins. Hinter einer Fassade aus Niedlichkeit und dem medienwirksamen, augenscheinlich harmlosen Mümmeln, versteckt er die in ihm beheimatete, gnadenlose und unbändige Geilheit. In gebeugter Fresshaltung weiß der gewaltige Rammler von seiner hinter vorgehaltener Pfote propagierten Direktive zur vollständigen Verdrängung aller fleischfressenden Rassen durch hyperexponentielle Vermehrung seines Gleichen abzulenken. Ob eine solche überhaupt existiert sei dahingestellt. Ob eine solche funktioniert? Fakt! Während die Rassen vom herrlichen Baume der Karnivoren stets weniger werden, entwickelt sich die Gesellschaft der Pflanzenfresser in geradezu angsteinflößendem Maß exponentiell. Wie? Easy peasy, eben ein paar Vertreter der eigenen Art mit irgendeiner Krätze infizieren, Hasenseuche, Kanickelpest oder weiß der Geier was es sonst so gibt und ab mit den armen Schweinen auf die Wiese. Da kommt auch schon der smarte Prädator daher, sieht, riecht, versteht aber nicht, frisst den Dreck und zack, tot.

Deshalb, so hat das Hermelin für sich beschlossen, wird es sein Leben dem Widerstand gegen den apokalyptischen Frieden widmen. Schritt 1 hierbei: Ein gewisser weißer Riese muss das Zeitliche segnen. Der globale Warlord der Herbivoren ist jedoch wahrlich ein Riese mit der vielfachen Körpermasse des Hermelins. Der Colt Peacemaker, des Hermelins bevorzugtes Mittel zur Futterbeschaffung und Meinungsvertretung, kommt für diesen Job folglich nicht in Frage. Es muss etwas mit mehr Durchschlagskraft sein, etwas Drastisches.

Kurz vor der Morgendämmerung hat das Hermelin einen Geistesblitz. Seine schmalen Lippen ziehen sich hinauf bis fast zu den kleinen süßen Puschelohren. Seine Messerscharfen weißen Zähne blitzen auf. Das Hermelin reibt sich die Pfoten und starrt in weite Ferne. Ein heiseres Klackern steigt aus der Tiefe seines filigranen Körpers auf. Dann zischt es davon, hektisch und ohne Vokale. Es sprintet über Wiesen und Felder zurück in seinen Bau. Mit einem weiten Satz schießt es den Eingangstunnel hinab, prescht durch die Stube, vorbei an abgenagten Hasenknochen, übervollen Aschenbechern und leeren Schnapseicheln. Es schlüpft durch die Tür zur Schlafkammer mit dem weichen Moos und dem runden Fenster. Hier kann es gelingen, hier wird es gelingen. Hier, wo es nach Hermelin und Frieden riecht und auch ein bisschen wie damals bei Mama, hat es auf einmal ein Déjà-vu, einen kurzen Moment der vollkommenen Erkenntnis. Ein Tag, mein Leben, ein Tag. Dann ist es bereits eingeschlafen.

Such is the way of the Wiesel.

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Wie viel Zeit bleibt uns?

Als seine Augen das reflektierte Neonlicht einfingen, dauerte es keine Sekunde bis das Gehirn die alten Kassetten vom Dachboden holte, den Recorder entstaubte und auf Abspielen drückte. Man kann sich das wie eines dieser Top 10 Youtube-Videos vorstellen. Die gesamte Jugend zu durchleben würde natürlich viel zu lange dauern, deshalb hat das Gehirn, schon lange bevor so etwas cool war, angefangen die besten Momente zu sortieren und mit Jumpcuts und viel Dramatik zu einem Best Off gemeinsame Jugend zusammen zu schneiden. Genau dass spielte sich gerade in Davids Kopf ab.

Er hatte Alex schon seit mindestens 15 Jahren nicht mehr gesehen. Natürlich verändert man sich in dieser Zeit, aber unter Hipster-Bart und Hornbrille war noch glasklar der beste Freunde und ungeschlagene Mario-Kart König der Jahrtausendwende zu sehen. Als sich ihre Blicke trafen zauberte es auch Alex ein erst ungläubiges, doch dann sehr freudiges Lächeln ins Gesicht.

Hallo!

Hallo.

Kennst du mich noch?

Ja sicher. Du mich eh auch?

Jaja!

Was machst du hier?

Naja, das ist die einzige Unterkunft hier in der Gegend. Wie kommst du hier her, ich dachte du bist mit Anja in die große Stadt gezogen?

Ja das stimmt schon, aber wir haben uns schon vor einem halben Jahr getrennt. Dann bin ich noch eine Weile in der Wohnung geblieben und jetzt wieder raus und vorübergehend bei meinen Eltern. Das war zumindest der Plan bis ich jetzt wie die Meisten hier her bin.

Ah ok. Sind deine Eltern auch hier? Meine sitzen da drüben.

Nein, die kommen erst am Nachmittag nach weil sie vorher noch meine Oma besuchen wollten.

Jedenfalls cool das ich dich hier treffe. Dachte nicht dass ich vor dem Ende noch ein paar Freunde hier sehe. Sind ja alle weg gezogen.

Ja leider haben sich alle irgendwie verloren. Nach dem Abi hatte ich mit eine paar Leute noch etwas Kontakt aber nach einem Jahr hab ich keinen mehr gesehen.

War schon eine geile Zeit damals. Nächte lang zocken, im Sommer mit Würstchen und Bier zum Baggersee. Zockst du noch recht viel oder hast eh auch nicht mehr viel Zeit dafür?

Naja, ab und zu zock ich schon noch, kennst du ja. Schlafen, Arbeiten, Essen. Irgendwie kann ich die Spiele auch nicht mehr so genießen wie früher. Oft erwische ich mich dabei, wenn ich mir denke: “Warum eigentlich? Was bringts mir?”

Ja kenne ich. Ich denke mir auch manchmal ob es nicht eher verschwendete Zeit ist. Vermutlich sollte man beim Zocken eher den Weg als Ziel sehen. Du zockst nicht um irgendein Achievement zu erhalten, denn dass bringt dir ja nichts im Real Life. Du zockst einfach um zu zocken. Einfach weils Spaß macht.

Stimmt. … Naja und was macht man hier unten so den ganzen Tag? Schon irgendwie komisch. Ich hab überhaupt kein Zeitgefühl wenn ich nicht sehe wie hell es draußen ist.

Mir fällts auch immer noch schwer die innere Uhr zu justieren. Aktuell bin ich ziemlich viel am lesen und Musik hören. Die meisten Leute hier unten kenne ich nicht gut genug um einfach mal hin zu gehen und ein Gespräch oder ein Brettspiel anzufangen.

Frag mich mal. Du bist seit zwei Wochen das erste bekannte Gesicht das ich außer meinen Eltern gesehen habe.

Weißt du noch die eine LAN auf der wir gemeinsam waren? Mein Vater hat uns hin gebracht. Jeder hatte seinen Tower dabei und diese riesigen CRT Kisten.

Ja total. Pizza bestellt und auf irgendwelchen Stühlen oder am Boden geschlafen. Wenn ich daran denke … COD2, Wacraft 3, Counter Strike. Ich würde gerne wieder mal ein Spiel so genießen können wie damals.

Alter und ohne Internet damals. Wie haben wir das nur geschafft? Ich kann mir heute garnichts mehr ohne Internet vorstellen. Damals jeden auf der Festnetzleitung anrufen. Dann hat deine Mutter abgehoben und ich gefühlte 3 Millionen mal: “Hallo, ist Alexander zu Hause?”

Ach das war ne schöne Zeit. Man hat sich auch mehr auf einenader verlassen können. Damals hast du ausgemacht dass du dich um 15:00 mit jemanden triffst und der kam dann auch um 15:00. Heute bekommst du um 14:50 eine Facebook Messenger Nachricht “Hey, ich kann leider doch erst um 16:00”.

Du sprichst mir aus der Seele.

Die Beiden saßen einfach nur nebeneinander auf einem Feldbett. Keiner sagte etwas aber es war keine peinliche Stille. Eher eine “gemeinsam in längst vergangenen Tagen schwelgen” Stille. Davids Lagerkoller war wie weggeblasen. Wo vorher graue Betonwände und fahles Licht gespeichert waren, spielte nun die Erinnerung an die Jugend.

Sollen wir irgendwas machen? Kann sonst ziemlich langweilig werden hier unten.

Hat du einen Laptop hier?

Ja.

Kennst du die RocketBeans?

Ja klar. Ich meine, den musste man ja schauen, wenn man mit Game One aufgewachsen ist.

Stimmt! Naja, jedenfalls habe ich gestern noch einen Stick gefunden auf dem alle Folgen T.E.A.R.S und B.E.A.R.D.S drauf sind. Wollte ihn eigentlich löschen bevor ich ihn einpacke. Hatte dann aber keine Zeit mehr.

Geil!

Habt ihr eigentlich ein Radio oder soetwas hier unten? Damit man ab und zu Infos der Regierung hört? Vielleicht streift uns dieser Meteorid doch nur.

Ja vielleicht. Vormittag und Abend wird das Radio aufgedreht. Da hört man dann immer den aktuellen stand und die Vorhersage.

Wie lange bleibt uns aktuell noch?

Ein Tag.

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Eine Ewigkeit

In der Leere von Moment und Existenz jedes Zeitgefühl verloren. Die Wände werden Spiegel, während sich die Hände in das eigne Fleisch verbohren. Keine Ahnung wie lange schon, nur eine diffuse wie lange noch, das Warten auf den nächsten Tag wie ein Warten auf den Tod.
Sowohl Sehnsucht als auch Angst, weniger weil es endet mehr wegen der Furcht, dass man was verschwendet hat. So all augenblicklich Sinnfragen unter der Schädeldecke brennen, der Versuch der Verdrängung mit Hilfe stumpfer Unterhaltung aus Dummheit verbreitenden Medien.
Reste von Selbstachtung und Stolz stehen noch als letzte Bastion, Anspruch und Willenskraft sind schon gefallen im Kampf gegen Langeweile und Prokrastination, ungewiss wie lange ihre Mauern noch halten.
Die Gedanken sind zu frei, sie verschwimmen, verschwinden will man sie greifen, das Nachschauen ernährt fleißig die zernagenden Selbstzweifel. So viel was zu tun wäre, zu unfähig was zu machen, jede Minute die vergeht brüllt ein herablassendes Lachen.
Rekursiver Hass der wie Galle, aus dem Innerstem, nach oben schießt, ist kein Rammbock der die Ketten der Geißlung löst, sondern ein Gift was die Lähmung nur weiter vertieft. Ein Sturm zieht durch den Kopf und bis es unmöglich wird sich zu fokussieren. Ein Streifen durch das Zimmer wie ein Schiff, dass droht die Orientierung zu verlieren.
Gedächtnislücken, verschmelzende Erinnerungen, Realität und Fiktion die immer schwerer zu trennen sind. Kein Halt mehr in der echten Welt, Dunkelheit die das Sichtfeld komplett verschlingt. Eintauchen in Fantasie und Albträume, ein Gespräch über Ehrlichkeit und Liebe mit dem Teufel.
Monolog mit konträre Hintergrundmusik. Die Playlist von Schranz zu Death Metal zu Emopunkrap springt. Jeder Schlag der Bassline, ein Drücken auf die Brust. Das Hören der Songs gleicht fast einer Reanimation. Der Müll des verdreckten Apartments, und alle Kleintiere die ihm inne wohnen, bilden die Zuschauerschaft dieser skurrilen Show.
Keine Freunde, Keine Familie, keine Arbeit, keine Nachbarn die den Rettungsring werfen können. Das jämmerliche ertrinken im Meer aus Nichts scheint vorher bestimmt. Kein Kampfeswillen mehr, das Strampeln nur noch aus Reflex. Egal wie nur noch der Wunsch das es endet.
Die Zeit dehnt sich bis zum Maximum. Aus Sekunden werden Jahre, aus einer Minute ein Millennium. Aus Stunden Äonen und der Tag fühlt sich an als hätte er mit dem Urknall begonnen. Man sagt Zeit ist nur die Maßeinheit für den Fluss der Welt, doch wie misst man etwas was scheinbar auf ewig inne hält.
Wenn man glaubt, dass sich alles Rückwärts bewegt, dann ist ein Tag nur eine Bezeichnung eines lächerlichen Konzept dessen Sinn man nicht mehr versteht. Man zum Schluss nicht mehr weiß wann, wo oder wie es vorbei war, nur dass der Zeiger auf einmal hinter der Verbindung aus Eins und Zwei stand.
Nur noch ein Dumpfer Schatten bleibt von dem Gefühl und die Stille Hoffnung, trotz gegenteiliger Gewissheit, dass so etwas nie wieder passiert. So legt man sich ins Bett, träumt von Dingen an die man sich später nicht mehr erinnert. Und die letzten Worte die vor dem Einschlafen immer wieder hallen sind in unzähligen Intonationen „Was für ein Tag. Was für ein Tag?“

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"Wie Jeder Andere"

Das Messer bohrte sich mit einem haarstäubenden Kreischen in die Armaturen des aus Blech bestehenden Panzers und hinterließ einen schiefen, aber deutlich sichtbaren Strich. “Kannst du mit dem Scheiß mal aufhören?”, schrie Fried den Verursacher an, der nur gut eine Armlänge von ihm entfernt saß. Manni drehte sich um, kratzte sich mit einem vor Dreck starrenden Finger an der Schläfe bevor er sich in dem schwankenden Gefährt aufrichtete und ein Grinsen voller gelber Zähne offenbarte. “Kann ich? Ich muss, das weißt du.” Mit diesen Worten zog Manni sich das schweißnasse Shirt über den Bauch und offenbarte eine armlange Narbe, die sich quer über seinen Rumpf erstreckte. Fried wandte sich wieder dem kleinen Schlitz vor sich zu und gab Gas. Während sich der Panzer röhrend in Bewegung setze fuhr er seinen Begleiter an: “Nur weil du die Feuerprobe schon hinter dir hast, hast du mir nichts zu sagen Mann. Ich war schon drei Monate vor dir unterwegs, kann ja nichts 'für, dass ein Wühler unter dir hochgeht. Und deinen Glücksdreck kannst du dir in deinen Arsch schieben. Sind nur Kratzer.”
Manni wurde von dem plötzlichen Ruck zurück in seinen Sitz geworfen, mit dem er sich wieder den Armaturen zuwandte. Seine Finger ließ er sanft über die eingeritzten Striche gleiten, während sich sein Mund zu einem seligen Lächeln verzog. “Mach dir nichts draus Sarah”, flüsterte er leise zu dem Monstrum aus Blech und Stahl, “wir stehen das zusammen durch.” Manni wurde lauter, während seine Hände über die Tasten sprangen: “Klar kann ich dir Befehle geben, weil ich das Feuer hinter mir habe. Hast keine Ahnung was es heißt fast zu verrecken. Ist in deiner Flasche noch was?” “Ne, nichts mehr drin. Müssen auf die anderen warten. Was sagt die Karte?” Mit einem Ruck zog Manni eine verdreckte Karte hervor, positionierte sie vor sich und verglich Punkte mit Daten seiner analogen Anzeige. Mit einem zufriedenen Grunzen wandte er sich an Fried: “Alles gut, sollten wieder auf der Spur sein. Wenn wir den Hügel besetzen sind wir außerhalb der Kanonen und können die gleichzeitig sehen. Und morgen ist die Scheiße dann für uns erledigt.” Er lachte heiser. “Dann hast du auch deine Ruhe. Aber, Moment, halt mal an.” Vor Panik ergriffen sprang Manni auf, während Fried, die Ernsthaftigkeit seiner Stimme erkennend, sofort das Gefährt zum Stehen brachte. “Was ist los Manni?” fragte Fried, während Manni die Luke des Panzers aufstieß und nach außen kletterte.
Mit einem dumpfen Klatschen schlug der junge Mann unten auf und lief im Laufschritt zu seinem Platz. “Bewegung Kadett, das ist keine Übung, Feindkontakt! Bewegung!” Die Stimme des Offiziers klang noch in seinen Ohren, während sein Herz heftig in seiner weiß uniformierten Brust schlug. Ein metallisches Klirren hinter ihm kündigte das Kommen des Offiziers an, der sich erhobenen Hauptes neben ihn stellte und nach draußen starrte, vorbei an jener Bestie von Kanone, die sich bedrohlich Richtung Horizont erstreckte. Der Offizier griff mit seiner linken einen Flachmann aus seiner Uniform, öffnete seine Rechte und ließ das Wasser großzügig hineinfließen, bevor er sich mit der flachen Hand über das glattrasierte Gesicht strich. “Kadett, Hand.” Sofort öffnete der Kadett seine Rechte und empfing das Kühle nass, dass die Hitze des Tages für einen kurzen Augenblick aus seinen Gedanken verbannte. Mit neuem Fokus drehte er Kurbeln, betätigte Schalter und gab knapp zurück: “Waffensysteme bereit zum Abfeuern Herr Offizier!” Die darauf folgende Stille füllte ihn mit einer Anspannung, die er noch nie in seinem Leben erlebt hatte. Der Offizier stand ohne Regung neben ihm, die makellose Uniform fast eine Tarnung gegen den weißen Hintergrund des Bunkerinneren. Mit einem kalten Schauer fiel dem jungen Mann wieder ein, weswegen er hier saß und wandte sich sofort wieder seiner Aufgabe zu, die linke an der Kurbel, die rechte über den Tasten ruhend, gelernt, mechanisch. Als sich die Situation bis zur Unerträglichkeit zu ziehen schien, hörte er den harschen Befehl des Offizier: “Vier Grad Nordnordost.” Kaum hatte er die Stimme vernommen begann er schon zu Kurbeln was sein Arm hergab, seine Muskeln spannten sich und fast sofort stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Mit einem letzten Ruck war das Rohr perfekt ausgerichtet. “Ausgerichtet auf vier Grad Nordnordost. Waffensystem zum Abschuss bereit.” Weitere unerträgliche Sekunden folgten, bis der ruhige Befehl des Offiziers an sein Ohr drang: “Feuer!” Der Kadett presste einen Knopf und ein Knall durchschlug die Stille. Die Kanone schickte ihre tödliche Fracht in die Ferne und als der Kadett aufblickte, sah er den Aufschlag des Geschosses, eine Explosion und Rauchschwaden, die in der Ferne nach oben stiegen. Die Hitze des explodierenden Geschosses hatte das trockene Gestrüpp rund um das Ziel in Brand gesteckt und breitete sich blitzschnell aus, sodass das Gefährt innerhalb kürzester Zeit hinter schwarzen Rauchschwaden verschwand.
“Gut gemacht Kadett. Lassen Sie mich Ihnen zu ihrem Abschuss gratulieren! Der Rat ist Ihnen zum größten Dank verpflichtet.” Mit diesen Worten griff der Offizier nach einem an der Wand hängenden Buch, schlug es auf und platzierte es samt Stift vor dem jungen Mann. Dieser hob mit zitternder Hand den Stift. Er suchte auf der aufgeschlagenen Seite seinen Namen, ging in die Spalte markiert mit “Tag 1” und hörte noch wie der Offizier ihm sagte, dass er noch viele Tage wie diesen zum Dienen hätte, während er zittrig und mit einem leisen Quietschen seinen ersten Abschuss mit einem Strich markierte.

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LEBENSWEGE

Es war wieder einer dieser Tage, Karma sei Dank, mit welchem ich schon lange abgeschlossen habe. Warum sollte es mir besser gehen als der überwiegenden Anzahl der Weltbevölkerung?
Ich weiß es nicht.
Warum mir, einem Mann, mittleren Alters, ungebunden und mit einem spießigen Bürojob?
Nein wirklich, das wäre nicht fair! Ist es das, was mein Leben bestimmt, einfach alles gut sein lassen, die Chancen nicht mehr erkennen und alles zu akzeptieren und anzunehmen wie es kommt?
Ich weiß es nicht.
Aber genau das ist es doch was mein Leben bestimmt, Tag ein Tag aus.
Familie, Freunde, Arbeitskollegen von allen Seiten hört man sie doch sagen, komm Junge mach was aus dir, ergreif die Chance, Lebe dein Leben, du musst es jetzt genießen, mache jeden Tag zu etwas Besonderem… Sollte das alles also wirklich so leicht sein? Was macht einen bzw. mich denn überhaupt glücklich, ist das Leben, so wie ich es lebe, nicht genau das was ich mir ausgesucht habe?
Ich weiß es nicht.
Sollte es wirklich so leicht zu ändern sein und wenn ja, ist das erstrebenswert nur weil andere mir dazu raten?
Ich weiß es nicht.
Sicher gibt es hier und da Lichtblicke auf dem tristen Weg des Lebens. Wodurch sind diese jedoch bestimmt? Schicksal, Karma, Familie, Freunde,…. Es gibt sicher abertausende Abzweigungen die das Leben bestimmen, aber welche ist mir wichtig, welche beeinflusst mich am meisten und warum?
Ich weiß es nicht.
So ziehen die Tage also ins Land, Tag für Tag, Woche für Woche und Jahr für Jahr. Nun sitze ich hier und schreibe meine Gedanken auf und lasse die Zeit Revue passieren, versuche mir die positiven Erlebnisse und Gedanken wieder vor mein Auge zu führen und zu hinterfragen. Was hat mich beeinflusst, warum haben Dinge die Auswirkung die Sie haben, trifft das alles nur bei mir so zu oder geht es anderen genauso?
Ich weiß es nicht.
Sollte ich mir überhaupt die Frage stellen was mich beeinflusst oder es einfach gut sein lassen? Ich bin doch nur einer von Vielen, ich kann doch nichts bewegen. Es steht mir nicht frei mir Gedanken über den Sinn des Lebens, Karma, etc. zu machen. Ich bin nur einer von vielen, von womöglich sehr vielen. Tut es also wirklich Not, seine Zeit damit zu vergeuden, sich zu hinterfragen und zu ändern?
Ich weiß es nicht.
Ist es erstrebenswert alles und jeden zu hinterfragen? Muss ich immer wissen wie oder warum etwas geschieht? Reicht es nicht einfach, es auf sich wirken zu lassen, sich dem hinzugeben was gerade passiert? Ist der Tag, an dem ich mich leiten lasse, gleich ein verlorener Tag? Wenn ja, warum?
Ich weiß es nicht.
Neugier und Wissensdurst sind Dinge die uns gegeben sind, dem einen mehr, dem anderen weniger, jedoch kann es ratsam sein, manche Dinge zu genießen. Ich gehe ja auch nicht in eine Zaubershow, wenn ich die „Magie“ nicht zulasse oder nicht zulassen will. Ich beschäftige mich nicht mit Ernährung, um mich dann im Supermarkt über die Auswahl zu beschweren. Ich erwarte von einem Tag nicht, dass er etwas Besonderes wird. Dinge kommen und gehen, sie passieren oder nicht.
Es ist sicherlich möglich hier und da Einfluss zu nehmen, aber ist das wirklich ratsam?
Ich weiß es nicht.
Ich persönlich, das bringt der Job vielleicht so mit, hinterfrage ständig getroffene Aussagen, auffälliges Verhalten, oder ähnliches. Macht mich das glücklich? Nun einerseits sicherlich, das Abwägen und Konstruieren der verschiedenen Möglichkeiten macht mir ja Spaß, zum anderen hemmt es mich, ich weiß es und kann es nur begrenzt ändern. Natürlich wollte man sich aus diesen Fängen befreien, was bis heute nicht gelungen ist. Ist das jetzt gut oder schlecht?
Habe ich Nachteile? Ja!
Habe ich Vorteile? Ja!
Warum also Sachen ändern die sowohl positive, als auch negative Wirkungen nach sich ziehen?
Ich weiß es nicht.
Sicher strebt der Mensch nach Glück und Geborgenheit, vielleicht auch nach Geld oder anderen materiellen Dingen, aber warum verbiegen? Wenn man sich die Zeit nimmt und einmal alles erlebte Revue passieren lässt, hat man dann vielleicht nicht schon sein Leben wie man es will? Kritisiert man vielleicht auf hohem Niveau?
Ich weiß es nicht.
Wieso wollen die Menschen etwas immer noch größeres? Warum soll es noch ein bisschen mehr sein? Überall in der Gesellschaft schwankt so etwas mit. Aber aus welchem Grund? Warum muss mein Tannenbaum größer und prachtvoller sein als der meines Nachbarn, warum braucht ein Kind noch mehr Spielsachen, warum fragt mich die Fleischereifachverkäuferin jedes Mal: Darf es noch etwas mehr sein?
Ich weiß es nicht.
Es muss immer etwas geben woran man sich orientieren, zudem man aufsehen oder etwas nach dem man sich richten kann. Ist das heutzutage aber noch zeitgemäß? Der olympische Gedanke, dabei sein ist alles, ist demnach nur eine Floskel. Natürlich findet man daran Gefallen diversen Wettstreiten beizuwohnen, sei es die momentane Fußball Europameisterschaft, den olympischen Spielen oder generell allen anderen Dingen wo Menschen sich messen. Es geht hier in erster Linie um den Sieg, dass, ich muss besser sein als jemand anderes, nur so werde ich in dem bestätigt was mich antreibt. Aber warum? Ist das alles wirklich so entscheidend?
Ich weiß es nicht.
Bleibt man bei dem Beispiel Fußball, ist es da nicht erstaunlich, dass jeder Sportaffine sich über den Meistertitel für Leicester City gefreut hat? Fiebern wir jetzt nicht gerade alle mit den Isländern mit? Waren wir damals nicht alle Europameister als der Mythos Rehakles geboren wurde? Die Faszination den „Kleinen“ zu unterstützen bringt die Menschen zusammen, da ist es dann auch nicht mehr entscheidend wie das Turnier für die Isländer zum Beispiel zu Ende geht. Die Spieler sind „Helden“, haben aber faktisch nichts erreicht, der olympische Gedanke lebt also noch. Ist es also doch nicht wichtig immer zu gewinnen und besser zu sein? Ist die Tatsache den Moment zu genieße vielleicht doch wichtiger, können wir uns aus solchen Dingen vielleicht mehr „Kraft“ ziehen?
Ich weiß es nicht.
Religion ist einer der tragenden Pfeiler der Menschheit. Aus keinem anderen Grund wurden mehr Kriege geführt, oder sind mehr Menschen gestorben. Nichts gibt dem Menschen mehr „Kraft“ als ihr Glaube. Warum sollte jedoch nur eine Religion die Richtige sein? Ist es am Ende wirklich entscheidend wie das alles zusammenhängt, wer die Welt erschaffen hat, welcher Glaube jetzt der „Richtige“ ist? Reicht es nicht, dass ich für mich meine Entscheidung getroffen habe? Ich lebe doch ganz gut damit oder etwa nicht?
Ich weiß es nicht.
Wer kann sich also Herr in meinem Leben nennen?
Soll er mich führen, soll er mich leiten oder soll er mich einfach nur begleiten?
Ich weiß es nicht.
Die Gesellschaft schreibt ein Korsett vor in welchem wir uns zu bewegen haben, diese Einschränkungen verleiten aber gerade dazu hier auszubrechen. Den Menschen sein zu lassen wie er oder sie will ist das nicht schon Korsett genug oder schränkt dieses die Gesellschaft wiederum zu sehr ein?
Ich weiß es nicht.
Es gibt Dinge oder Sachen die geben der Menschheit „Kraft“.
Was mir persönlich hilft muss aber nicht gleich allen anderen helfen oder gefallen und umgekehrt.
Vielleicht ist der Weg den ich einschlage hier und da steinig, vielleicht führt er auch einmal in eine Sackgasse, dennoch ist es mein Weg, den ich am Ende des Tages doch selber gehen muss.
Das weiß ich!

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Ein Tag

„Aus dem Weg, ich hab’s eilig“
Siggi erschrak und drehte sich um. Er blickte auf einen Soldaten, welcher gut 2 Köpfe größer als er selbst war und eine Kiste trug, welche offenbar recht schwer schien und das Gesicht verdeckte. Der tiefe Bass der Stimme ließ keine Widerrede zu, sodass Siggi unwillkürlich ein paar Schritte zur Seite ging. Das anschließende Schnauben des Kistenträgers konnte man nicht richtig deuten. War es ein dankendes Schnauben, welches nur von der puren Erschöpfung durch das Tragen der Kiste verzerrt war; oder war der Träger vielleicht doch verärgert, weil Siggi nicht nur seinen Weg blockiert hatte, sondern auch noch zu lange gebraucht hatte, um ihn wieder frei zu geben? Siggi wusste es nicht, entschied sich aber, diesem Kerl vorläufig und bei Möglichkeit nicht mehr über den Weg zu laufen. Sicher ist sicher. Bestärkt wurde er in diesem Beschluss noch durch die Schulterabzeichen, die er beim Vorübergehen bemerkte. Der Hüne war 3 Ränge über Siggi. Angesichts der Tatsache, dass Siggi selbst erst frischer Rekrut war und sich wunderte, dass er überhaupt einen Rang besaß, war der Kistenträger selbst wohl nur am unteren Ende der Befehlskette. Aber drei Ränge waren immerhin drei Ränge und mit etwaigen Vorgesetzten sollte man sich besser nicht anlegen, dass hatte ihm sein Großvater mit auf den Weg gegeben.
Trotz allem stand Siggi hilflos in der Gegend, in einer Auffahrt von der er weder wusste wo genau sie lag, noch welchen Weg er nehmen musste, um zu den anderen Rekruten zu stoßen.
„Bob, sei doch nicht immer so schroff zu den neuen, du vergraulst uns noch alle Frischen“ meinte der Mann der jetzt auf die Auffahrt zuhielt und den Siggi erst jetzt bemerkte
Bob grunzte irgendwas in vor sich hin und Siggi meinte zu hören, dass Bob gar nicht Bob hieße und den Namen nicht mochte. Aber ein kurzer Blick auf die Schultern des neuen Mannes erklärte, warum Bob seinen Ärger nicht weiter Luft machte.
Fünf Ränge. Fünf Ränge trennten Bob und den Neuen. Siggi stand sofort stramm und salutierte. Der Neue war nicht sonderlich groß, wirkte in seiner Uniform aber sehr elegant und strahlte eine gewisse Überlegenheit aus. So oder so ähnlich hatte sich Siggi immer die Generäle der Armee vorgestellt.
Sichtlich amüsiert über den Salut kam der Traum-General zu Siggi hinüber. Dieser wagte keinen Muskel zu bewegen. Das Gesicht des Mannes veränderte sich als er in Siggis Nähe kam und nahm einen prüfenden Ausdruck an. Er umkreiste ihn und inspizierte scheinbar alles an Siggi. Mit seinem alten Hemd und Schuhen musste er einen lausigen Eindruck hinterlassen. Selbst der Rucksack, erst letztes Jahr gekauft, wirkte ramponiert. Jetzt rächte sich, dass Siggi auf das Aussehen seiner Privatsachen nie besonders aufpasste. Im Dorf interessierte es auch niemanden. Aber dieser Mann war offensichtlich nicht vom Dorf, er musste aus der Stadt sein, das verriet sein Auftreten. Jetzt war Siggi froh, wenigstens seine neue Hose angezogen zu haben, welche ihm seine Mutter zur Abreise geschenkt hatte.
„Was machst du hier?“ fragte der Mann, welcher seine Inspektion beendet hatte und offenbar zu dem Schluss gekommen war, das man Siggi nicht ansehen konnte, was er hier tat.
„Ich bin Rekrut und soll dieser Armee beitreten, Herr“
„Rekrut? Und warum bist du dann nicht vorne beim Haupteingang, da wartet der Pförtner auf alle Rekruten.“
„Ha-Ha-upteingang?“ stammelte Siggi. Er begriff nicht. Das hier war doch der Haupteingang, er hatte seine Karte gründlich studiert. Er entschuldigte sich und holte zur weiteren Entschuldigung seine Karte hervor und zeigte sie dem Mann. Zusätzlich begleitete sein Finger den bisher gelaufenen Weg. Der man runzelte die Stirn und sah Siggi fragend an. „Hast du diese Karte gezeichnet?“ „Ja, Herr. Ich habe sie aus einem Buch aus der Bücherei abgezeichnet“ „Und du hast dir nicht mit eingezeichnet wo Norden oder Süden ist, oder wie rum du die Karte halten musst?“
Siggi wurde erst bleich und dann schamesrot. Nein, daran hatte er nicht gedacht. Er war schon so stolz auf sich gewesen überhaupt daran gedacht zu haben, eine Karte mitzunehmen. Kaufen konnte er sich keine, da er kein Geld hatte, deswegen der Extraweg zur Bücherei ins Nachbardorf. Der Mann sah Siggi knallrotes Gesicht, welches zum Boden blickte und fing laut an loszuprusten. Als er sich nach einigen Sekunden, welche Siggi wie Stunden vorkamen, wieder gefangen hatte, erklärte er, dass dies hier die Lagerauffahrt wäre. Siggi hätte zudem Glück gehabt, dass der diensthabende Wärter, offenbar gerade seinen Klogang absolvierte oder schlief oder sonst wo seinen Dienst nicht nachkam. Dafür sei er genau an den richtigen geraten. Er werde ihn zu seinen Rekrutenkameraden bringen, quer übers Gelände. Siggi nahm dieses Angebot nur allzu gerne an.
„Wie heißt du?“
„Siggi, Herr.“
„Siggi?“ Der Man ob eine Augenbraue, als würde er nicht recht glauben, dass jemand heutzutage so heißen würde. „Du hattest es in der Schule mit dem Namen wohl nicht leicht, was?“ Siggi verstand nicht. „Meine Klasse war klein, nur 5 Kinder. Davon 4 Jungen, von denen hieß auch ein Siggi“ der Mann blickte Siggi mit unverhohlenen Unglauben an. Aber da Siggi seine Geschichte nicht änderte, sondern noch hinzufüge, dass er vom Dorf kam, begann er langsam der Erzählung zu vertrauen. Siggi fragte vorsichtig nach dem Namen des Mannes, denn er hatte nicht darauf geachtet, ob er ein Namensschild trug und was für ein Name darauf war. Jetzt konnte er auch nicht mehr danach nach suchen, denn der Mann lief vorneweg und dreht sich kaum um. „Otto“ Siggi verstand nicht, wie man sich über seinen Namen lustig machen konnte, während man selbst Otto hieß. Otto klang doch viel blöder als Siggi.
Überall auf dem Gelände wuselte irgendwer irgendwo hin. Einige trugen etwas, andere schoben etwas oder luden Sachen von Wagen ab oder auf. Hektisches Treiben überall. Was konnte man auch anderes erwarten, von einer Armeebasis eines Landes das sich seit kurzem im Krieg befand? Die Einberufungen wurden schnellstmöglich zugestellt, jede Familie sollte einen Mann schicken, oder zwei, sollte es eine größere Familie sein.
Otto führte Siggi über das Gelände, niemand versuchte sie aufzuhalten oder stellte Fragen, sodass sie recht schnell an die andere Auffahrt kamen. Und wirklich, dort sammelten sich dutzende junge Männer, allesamt frisch eingetroffen, zumindest wenn man nach den Klamotten ging, die diese trugen. Siggi schämte sich jetzt noch mehr. Nicht nur weil ihm sein Fehler mit der Karte wieder vor Augen geführt wurde, sondern auch, weil seine Kleidung nicht so neu war wie die der meisten anderen.
„So Siggi, da wären wir. Gibt dem Pförtner deine Einberufungspapiere, er wird sich dann um alles kümmern.“
„Ich habe keine Einberufungspapiere, Herr“
„Du kommst hier her und hast deine Papiere vergessen?“
„Ich hatte nie welche, ich habe mich freiwillig gemelden, Herr“
Otto schwieg und starrte Siggi an. Lange. Damit hatte er nicht gerechnet. Völlig fassungslos, aber trotzdem versucht seine Gesichtszüge nicht ganz entgleisen zu lassen, brachte er schließlich ein „Was?“ hervor. Siggi erklärte, er wurde nicht einberufen, weil sein Dorf zu klein wäre, als dass man dort noch Männer abziehen könne. Zumindest meinte das der Beamte, der durch das Dorf kam und vom Krieg erzählte und eigentlich die Einberufungen zustellte. Er war ein guter Freund seines Vaters, warum sollte Siggi ihm also nicht glauben? Im Fernsehen hieß es dann, der Sieg sei sicher, es sei nur eine Frage der Zeit. Und da dachte er sich, warum nicht Zeit und damit Leid verkürzen und die Armee mit seiner Person stärken. Er konnte nicht viel, aber sein Großvater hatte ihn oft mit auf die Jagd genommen, er konnte also gut schießen und mit dem Gewehr umgehen. Dabei zeigte er auf die Gewehre von ein paar vorbeikommenden Soldaten. „Wir haben sogar mit dem gleichen Gewehr gejagt“
Stolz durchfuhr Siggis Brust und er steckte sie stolz vor.
Otto schien von dem Elan Siggis etwas niedergeschlagen und guckte ihn an, wie man Kind anguckt, das einfach nicht begreifen will, warum man seine Hand nicht auf die Herdplatte legen sollte. „Hör zu Junge, wenn man nicht muss, zieht man nicht in den Krieg. Siehst du die Gruppe von Rekruten da vorne? Was denkst du erwartet sie hier? Eine Woche Ausbildung und dann ab an die Front, das erwartet sie hier.“ „Eine Woche Ausbildung?“ Das schien Siggi sehr wenig. Selbst wenn der Feind schwach ist, sollte man Soldaten länger auf die Front vorbereiten, da war sich Siggi sicher. Er hatte immerhin fast 2 Monate gebraucht bis er so gut schießen konnte; und ab und an verfehlte er noch immer. Nein, Otto musste sich irren.
„ Eine Woche reicht doch nicht, Herr“ entgegnete Siggi weiter.
„Genau, eine Woche reicht nicht, aber haben wir eine andere Wahl? Unsere Armee ist dem Feind unterlegen, wir brauchen jeden Mann an der Front. Da wird dann die Ausbildung verkürzt und ab geht’s.“
Unterlegen? Siggi dachte der Sieg sei sicher. Warum waren sie dann unterlegen? Erste Zweifel kamen auf und wurden schließlich von Otto noch bestärkt, der die Zweifel in Siggis Augen sah.
„Verluste, wir werden mit Verlusten siegen. Wenn die Opferzahlen bei uns so angestiegen sind, wird die internationale Gemeinschaft eingreifen; zumindest hoffen das unsere Herren Generäle. Die da“ und Otto zeigte auf die Rekruten in der Auffahrt „ werden nur an der Front verheizt, um die Verluste zu erhöhen. Ein Tag. Länger schafft es kein Neuling an der Front zu überleben.“ Siggi wurde bleich. Dafür hatte er sich freiwillig gemeldet? „Ich sehe du begreifst jetzt. Geh nach Hause“ „Ich kann nicht.“ Siggis Knie wurden weich. Er war kurz davor auf den Boden zu sinken und zu schreien.
„Was soll das nun wieder heißen? Da ist der Ausgang. Geh und komm nicht wieder“ „Ich kann nicht“ wiederholte Siggi, „Ich hab‘ mich schon eintragen lassen. Ich sollte hier nur meinen Dienst antreten, weil das die nächste Kaserne war.“
Das war’s. Siggi brach zusammen und fing an zu heulen und zu schluchzen. Er kniete jetzt vor Otto und das Bild erinnerte an einen Vater mit Sohn. Die Rekruten in der Auffahrt schauten hinüber, einige lachten. Anderen sah man an, dass es ihnen nicht viel besser als Siggi ging. Sie wollten hier nicht sein und fürchteten sich. Keiner von ihnen wusste allerdings, was Siggi wusste.
Otto war es unangenehm, vor einem weinenden Mann zu stehen. Oder Kind, Siggis Alter konnte man nur schwer schätzen. Er würde ihm sogar zutrauen, noch nicht mal volljährig zu sein. Otto überlegte während er ungeschickt die Hand auf Siggis Schulter legte. „Kopf hoch“
Otto blickte jetzt in die Augen Siggis und sah nichts weiter als zerstörte Erwartungen, Scham über die eigene Dummheit und Verzweiflung. „Aber ich werde sterben. Eine Woche und einen Tag hab ich noch, das habt Ihr selbst gesagt.“ Ja, das hatte Otto wirklich und er bereute jedes Wort. Denn jetzt fühlte er sich schuldig und dem Jungen irgendwie pflichtverbunden. Wie konnte er ihm helfen? Abmelden wäre das gleiche wie Flucht und Desertation, das schied aus. Ottos Stirn legte sich in Falten, während Siggis Tränen beim Anblick des denkenden Ottos langsam versiegten, vielleicht gab es doch noch Hoffnung.
„Nun, ich denke es gäbe da eine Möglichkeit“ die Minuten die Otto gebraucht hatte, ehe er diesen Satz sagte, kamen Siggi endlos vor. „ du musst nicht an die Front, wenn du woanders gebraucht wirst. Du kannst doch ganz gut Karten zeichnen, oder? Ich hab da ein paar Freunde in Kartografie-Abteilung, ich werd‘ dich da unterbringen. Komm mit.“
Die Sicherheit, mit der Otto das sagte, beruhigte Siggi und er rappelte sich auf und folgte Otto.
Otto hoffte nur, dass er das wirklich hinbekommen würde. So gut waren seine Kontakte nicht, eigentlich war er nur mit der Kantinendame, der Frau des Kochs, in der Abteilung befreundet. „Hoffentlich reicht das“ murmelte Otto und schwor sich gleichzeitig keinen Neuling mehr anzusprechen, bis der Krieg vorbei war.

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Zeit des Zwillings

In einem noch sehr fernen Jahr
auf unserem Planeten,
wird wohnen dann ein Zwillingspaar,
die leben in Raketen.

Mit jedem Mal, das ich diese Zeilen lese, wird die Situation kurioser und noch unrealistischer. Immer und immer wieder sauge ich die Buchstaben auf, deren Inhalt so offensichtlich ist.

Einer bleibt
der andere entflieht und geht,
wir wollen wissen, was es treibt,
fragen nur “Wie spät?”

Das Gedicht habe ich in einem Buch gefunden, das mir in die Hände gefallen ist, als ich durch die Bibliothek gestreift bin. Die alte Schulbibliothek, die während meiner Schulzeit noch deutlich besser ausgestattet war, als sie es heute ist, suche ich dieser Tage immer noch gerne auf. Die einfache Uhr auf meinem Handgelenk verrät mir, dass es viertel vor acht ist, als ich die schwere Tür öffne und die Bibliothek betreten. Ich kenne mich dort aus, ich brauche keine Hilfe und ich kenne die Regeln, auch wenn ich keine Person mehr kenne, keine Lehrer und natürlich auch keine Schüler.

Einer steht
zuhause.
Nun seht
die Pause.

In den 30er Jahren als Einstein die Relativität der Zeit vorhersagte, war das Zwillings-Paradox der zentrale Punkt von vielen Diskussionen und Streitfragen, von Experten, Physikern, Philosophen und Biologen, hinab bis zu Kindern, die kaum verstanden haben, nach welchen Regeln das Universum funktioniert. Sie griffen ein paar Begriffe auf, verdrehen und missverstehen, bis nur noch die Perversion von Information übrig bleibt.

Der andere Zwilling, der im Raumschiff sitzt,
sollte die Rakete mit einem Knopfdruck starten,
damit sie schnell, wie Licht nur blitzt,
durch Leere fliegt, er sollte einen Tag lang warten.

Das Buch, das ich in der Hand halte, enthält nicht nur die Zeilen, die ich nun schon auswendig weiß, es stehen auch noch dutzende andere Gedichte darin. Dutzende andere Kinder, die, das Vorwort verrät es, das Schulprojekt zur Relativität durchgeführt haben, kindgerechte Erklärungen von Begriffen, die selbst die Lehrer nicht verstanden haben. Niemand hat etwas gelernt, niemand wurde danach schlauer und das einzig schöne, obgleich schaurige, ist dieses Gedicht.

Einen Tag lang, zwölf und noch zwölf Stunden,
sollte die Rakete weiter, tiefer, schneller fliegen,
bis sie nach der Halbzeit unumwunden,
umdreht und so versucht, die Zeit zu biegen.

Ich habe alle Texte gelesen, doch keiner ist so wahr wie dieser. Ich habe viel von nuklearen Waffen gelesen, von großen Explosionen, von Weltfrieden oder von verrückten Männern mit weißen Haaren. Doch dieser kurze Text ist anders, er ist korrekt, er ist wahr auf eine Art und Weise, die nicht direkt dem Leser ins Auge springt. Auf eine Art und Weise, die der Autor selbst nicht gesehen hat.

Während einer fliegt durch das weite, große All
bleibt einer hier
für den Fall
aus Wissensgier.

Leise, um die Ruhe nicht zu stören, stelle ich das Buch in das Regal zurück und schleiche langsam durch die Tür, um die Schule zu verlassen. Zu viele schlechte Erinnerungen halten sich hier hinter jeder Ecke verborgen und zu viele fremde Gesichter, die mich mustern.

Als der Zwilling in dem Schiff
zurück war und daheim
sein Bruder seine Hand ergriff
und so endet dieser Reim.

Ich öffne die schwere Eingangstür der Schule und verlasse das steinerne Gebäude. Ein Blick über die Schulter lässt mich die Uhrzeit von dem großen Ziffernblatt über der Tür ablesen, bevor ich mich wieder auf den Weg durch die leeren Straßen mache. Es ist halb 12.

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Ein Tag im unglaublichen Leben des Etienne Gardé

MEP! MEP! MEP! So dröhnt der Wecker auf Eddy’s Nachttisch. Nach einem gezielten Schlag mit der Faust vergeht diesem aber das mepen. Während sich unser Held so elegant aus dem Bett windet wie ein Reh mit 3 gebrochenen Beinen, denkt er sich „Warum muss ich Moin Moin machen? Wer kam überhaupt auf die blöde Idee mit dem Morgenmagazin?! Ach ja ich, geniale Idee.“ Diese Folge war dann so aufgebaut das Etienne zwei Kaffee getrunken, 45 Minuten wütend in die Kamera blickte und aus der Bild Zeitung vorgelesen hat. In Fachkreisen nennt man so etwas high Quality Entertaiment. Nach dieser Moderationsleistung auf höchstem Niveau musste er etwas machen zu was er am morgen nicht gekommen war. Er ging auf das Klo, schaute in den Spiegel, streichelte seinem Hinterkopf und sprach „Spieglein, Spieglein an der Wand wer hat den schönsten Zopf im ganzen Land?“ Der Spiegel Antwortete wie immer nichts den der Spiegel wusste genau das es keine schönen Zöpfe bei Männern gibt. Außerdem können Spiegel nicht reden, die Geschichte soll ja doch noch etwas realistisch bleiben. Langsam wurde Gardéchen munter und checkte erstmal Facebook, Erleichterung bei der Feststellung dass sein Profil noch in seiner Hand und nicht bei Viacom ist. Nun aber erstmal Mittagspause. Eddy begibt sich dabei auf die weite Reise durch das ganze Gebäude zu Dennis R. denn der hat immer Pizza und mit etwas Glück gibt er auch etwas ab. Heute ist ein guter Tag und Denzel gibt ihn einen Teil des Randes ab. Plötzlich entsteht gegen alle Erwartungen ein kleines lockeres Gespräch wo Dennis etwas lustiges erzählen will „Hehe ich habe am Wecker klingeln gemerkt das ich schon wieder die ganze Nacht durch gespielt habe.“ Durch diese gemeine Provokation musste Etienne reagieren und auch eine witzige Anekdote vom morgen präsentieren „Hehe auf dem Weg hier her habe ich drei fette Kinder überfahren. Stell dir mal vor was los wäre wenn das echte Menschen gewesen wären. Haha da habe ich noch mal Glück gehabt.“ Denzel stimmt ihn zu und beginnt über Dark Souls zu reden. Auch hier kann der allgemein Gelehrte Eddy mit reden „ja Dark Souls ist richtig schwer, ich bin letztens wieder nicht weiter als bis zum Hauptmenü gekommen.“ Das war zu viel für Denzel und er dreht sich angeekelt weg. Etienne denkt sich nur „der wird sich noch umsehen wenn ich mit meinen Stand up Programm durch starte.“ Aber nun erstmal ein Let’s Play aufnehmen, denn irgendwie muss man ja auch nachweisen das man was gemacht hat. Gespielt wird das neue Indie Spiel XYZ. Bei XYZ können bis zu 4 Spieler gleichzeitig irgendwas Spielen und es ist der neue heiße Scheiß auf Steam (letzteres ist besonders wichtig). Und so sitzen nun Grumpyeddy (wie er liebevoll von den Kollegen und Fans genannt wird), Nils, Collin und Jan (Nicht Böhmermann) zusammen und spielen XYZ. Eddy findet das Spiel leider nicht so gut und das liegt nicht daran das er die ersten 5 Runden verloren hat, sondern aus anderen Gründen die er nicht genauer Erläutern kann. Außerdem macht es auch kein Spaß. Und er ist sowieso momentan nur so schlecht weil keiner ihm die Steuerung erklärt und der Controller auch nicht richtig funktioniert. Plötzlich schafft er es doch eine Runde zu gewinnen und feiert das mit dem Literarisch sehr anspruchsvollen Ausruf „ALLES WIRD ANDERS DIESES MAL!“ Die Runde darauf verliert er jedoch wieder und die darauf ebenfalls. Langsam passt sich die Hautfarbe unseres Helden der Farbe seiner roten Kleidung an und es kommen Ausbrüche von spontan Touret vor. Als Eddy dann wutentbrannt ankündigt Collin dem Satan Opfern zu wollen ist die Aufnahme des Tages zum Glück vorbei und es kommt der ruhigere Teil des Tages, noch etwas redaktionelle Arbeit am PC. Diese ist Arbeitszeit wird vollgendermaßen Aufgeteilt: 1% schauen was Game Magazine Berichten, 1% schauen was bei Steam momentan im Trend ist, 2% schauen was bei YouPorn im Trend ist, 6% nach Tipps und Tricks für Pokemon suchen, 90% Eintracht Forum. Nach dem mit diesen Aktivitäten mehrere Stunden gefüllt wurden hat Eddy nun endlich seinen verdienten Feierabend. Auf dem Weg raus aus dem Bohnen Hauptquartier muss er jedoch noch einmal vorsichtig sein, denn wenn er Gino trifft müsste er noch einmal Sport machen. Allein die Vorstellung, ekelhaft. Während er nun durch die Gänge schleicht erhascht er noch einen Blick auf eine andere Videospiel Session. Hier sieht man nur Simon wie er den Controller auf den Boden wirft. Etienne kann da nur mit den Kopf schütteln. „Diese Sinnlose Gewalt und dieses Ausrasten bei Games kann ich nicht verstehen. Ich meine es sind doch nur Spiele. Und nur weil er schlecht ist wirft er den Controller auf den Boden? Und am Ende geht er wieder nicht richtig wenn ich spiele.“ Nur wenige Minuten später hat er es dann endlich geschafft und sitzt im Auto „heute war ein richtig guter Tag, jetzt noch eine kleine Musikalische Perle und dann ab zur Familie“ Und so haute er von Haftbefehl – ich roll mit meinen Besten rein und rollte los.

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Des Todes Tochter

Ich öffne meine Augen. Grüne Katzenaugen, sagte meine Mutter immer. Um mich herum ist nichts als Nebel und der Gestank des Schlachtfeldes. Wo bin ich?

Meine Glieder schmerzen und fühlen sich doch taub an. Um meinen Hals schmiegt sich grausam der eiskalte Stahl meiner Fessel. Wo bin ich?

Dumpf dringen Geräusche an mein Ohr und ich schmecke Blut. Ich habe mir auf die Zunge gebissen, wieder einmal – um nicht zu schreien.

Wo. Bin. Ich?

Finsternis hüllt mich ein, als ich die Augen öffne. Ein Traum! Die feucht-kalte Luft meines Unterschlupfs lässt mich kurz schaudern. Wasser tropft unstet auf meine sorgfältig geölte Rüstung und perlt daran ab.

Ich hasse es, wenn das derbe Leder beginnt zu knarren, weil man es nicht ordentlich gepflegt hat. Ich stehe auf und gehe um die verglühenden Reste meines Feuers herum. Mein Hintern schmerzt vom langen Ritt und noch immer bin ich nicht am Ziel!

Draußen singen die Grillen ihr nächtliches Lied und eine Eule ruft zur Jagd. Ich packe meine wenigen Habseligkeiten zusammen, binde meinen Stab auf meinen Rücken und lösche die kümmerliche Glut mit einem Schluck Wasser aus meinem Schlauch. Zischend vergeht die Hitze in einer Rauchwolke. Das ist es was ihnen blüht! Genau das wird es sein, wenn ich angekommen bin.

Ich lache und gespenstisch schön lacht mein Echo mit mir.

Als ich eingeschlafen bin, glühte der späte Nachmittag eines viel zu heißen Sommers über der verwilderten Ebene.

Als ich ins Freie trete, empfängt mich die Nacht mit ihrer samtenen Schwärze. Leuchtkäfer erhellen, wie kleine grüne Sterne, die Trostlosigkeit. Schön, diese Ruhe, doch lange wird es nicht dabei bleiben.

Ein Tag, wie jeder andere. Eine Nacht, jeder anderen so gleich und dennoch außergewöhnlich, wie keine zuvor. Für die Kinder der Dunkelheit, wird die Nacht zum Tag und geleitet uns im Schutze ihrer Schatten. Ein Tag um zu rächen was niemals ungesühnt bleiben darf!

Warmer Atem streift meinen Nacken und lässt ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheinen. Ich hebe meine Hand und streiche sanft über die weichen Nüstern des großen, bronzenen Hirsches. Shah’nlekh, sein Name fließt rau von meiner Zunge. Er beugt seinen Kopf mit dem mächtigen Geweih zu mir herunter und zieht mich mit Leichtigkeit auf seinen Rücken. Ich beuge mich über seinen Hals und vergrabe meine Hände in seinem dichten Fell. Der Weg durch das Unterholz des, langsam ins Flachland verebbenden Waldes, ist steil, doch die weiten Sprünge meines Freundes tragen uns schnell an mein Ziel. In unwegsamen Gelände ist er einem einfachen Klepper weit überlegen.

Ich lasse mich lautlos von seinem Rücken gleiten und begegne seinem Blick. Riesige, glasklare, dunkelblaue Augen schauen mich so voller Vertrautheit an. Eine kurze zärtliche Berührung seiner Nüstern ist unser Abschied. Er wendet sich zum gehen und auch ich trete meinen Weg an.

Ich ducke mich ins Dunkel und werde eins mit der Umgebung. Ich bin keine Assassine und dennoch ist mir die Nacht eine gute Freundin geworden. Einige Meter vor mir sitzen drei Gestalten im Schein eines trägen Feuers. Grobe Scherze und schallendes Gelächter hallen durch die Nacht.

Widerliches, stinkendes Pack! Späher, die die Sicherheit ihrer Burg gewährleisten sollen. Zu nichts sind sie in der Lage, nicht einmal dazu, die einfachsten Befehle zu befolgen. Stattdessen hocken sie wie Waschweiber um ein Feuer und warten auf das Ende der Dunkelheit.

Was kommt ist eine grausame Sinfonie aus Licht und Asche. Der erste meiner Blitze, der sich zuckend aus dunklen Wolken windet, streckt den ersten Späher nieder und hinterlässt ein klaffendes, qualmendes Loch an der Stelle, an der er den schlaffen Körper wieder verließ. Die anderen Beiden stehen völlig verschreckt Rücken an Rücken, als ich mich auf einem Stein zu erkennen gebe. Sie stinken nach Angst, nach ekelhafter Ork-Angst.

Grunzend bewegt sich einer der beiden auf mich zu und versucht seine schwere Streitaxt in meinen Leib zu versenken. Ich springe behände beiseite und tauche an anderer Stelle wieder auf, um ihnen die Sicht zu nehmen. Ein weiterer Blitz schlägt krachend in die Feuerstelle ein und verschluckt mit lautem Knall und einem grellen Aufleuchten, das mickrige Feuer. Dunkelheit legt sich wie ein Leichentuch über die Senke.

„Was willst du, kleine Elfenschlampe?“

Die raue, grunzende Stimme des Orks entfacht erneut den Ekel in mir. Er ist nicht eines meiner Worte wert! Wie ein Hund hält er seinen massigen Kopf in den Wind um meinen Geruch zu wittern. Der Wind weht mir entgegen und macht sich mir so ebenso zum Verbündeten. Als sich die beiden Orks von einander entfernen, folge ich dem einen. Als er stehen bleibt, erstarrt er und wagt keinen weiteren Schritt. Die Spitze meines schlangenförmigen Stabes bohrt sich tief und schmerzhaft in seinen Rücken. Sein Atem geht stoßweise und er schaut sich panisch nach seinem Begleiter um.

„Kein Wort!“

Ein dumpfes Grunzen ist die einzige Antwort die ich bekomme, bevor ein Blitz sich zuckend aus meinem Stab schlängelt und sich mit einem schmatzendem Geräusch den Weg aus seinem Körper sucht. Leblos sackt der massige Körper vor mir zu Boden.

Genugtuung ist nicht, was man beim Töten empfinden sollte und doch tue ich es. Reue ist nicht gerade meine treueste Begleiterin. Ich wende mich von der qualmenden Leiche ab und suche im Dunkel nach dem Dritten, dem eigentlichen Opfer meines Streifzuges.
Ich bin Dunkelheit gewohnt und sehe in ihr besser als im Licht. Ich sehe, was Gesichter zu Fratzen schmilzt und was Treuebekundungen zu Heucheleien stutzt. Im Rausch aus Kampf und Blut schärfen sich meine Sinne zu spitzen Dolchen. Vergeltung und Rache sind meine Zugpferde in diesem theatralischen Abschiedsgruß. Kein Blut, keine spritzenden Gedärme, nein, alles schön sauber und vielleicht etwas verrußt.

In den Schatten versucht er sich zu verstecken, der Narr!

Eigentlich ist es fast bedauerlich, dass er nicht sehen kann wer sein Henker in dieser Stunde sein wird.

Was gehen mich Paktschwüre noch an? Was interessiert mich, wer wem die Treue gelobt, ob des winkenden Reichtums und der verlogenen Ehre, die nie eine war? Pah, ich lernte, dass die Grausamkeit in den eigenen Reihen oftmals höher wächst als die aus der Fremde.

Orks, angeheuert aus den Riegen des propagierten Feindes, gesandt um Frauen und Kinder zu meucheln. Gesandt um denjenigen das Lebenslicht zu löschen, denen man Schutz versprach. Für was? Für ein paar Münzen und einen Haufen kalter Steine. Eine Festung, deren Zinnen vom Banner eines Vasallen meines Vaters geziert werden. Nichts blieb in dieser Welt, dass mich noch bindet. Rettung fand ich, halb verdurstet, auf dem Schlachtfeld. Gerettet durch Männer und Frauen die meine Feinde hätten sein sollen. Viele Jahre ist es her und doch lastet der Gestank des Verrats an seiner grau-grünen Haut. Ein Mann, ein einstiger General unter des Feindes Banner, führte die Klinge der Magie gegen meine Fessel. Schlug den Bann in den Ketten und gab mir von seinem Wasser. Dieser Mann verdient meine Treue. Niemandem sonst gebührt sie mehr. Nicht der Königin, nicht dem Pakt.

Der, dessen Kopf ich mit einem äthernen Pfeil an die Mauern der gestohlenen Festung nageln werde, war einst einer meiner Schwurbrüder. Vereint in einem ruhmreichen Traum. So ohne Ehre brach er mit uns und wandte sich gegen den einen Bund, den wahren Bund!

Ich ziehe den Dolch, den ich der Toten abgenommen habe. Kleine, unschuldige, junge Elfe. Der Vasall war es, der ihn schickte. Ein Elf schickte einen Ork, bah! Ehrloses Gesindel.

Mehr als zwei Köpfe ragt er über mir auf, als ich hinter ihm stehe. Offene Konfrontation? Nein das hat er nicht verdient. Er wird seinen Tod nicht kommen sehen und doch wird er leiden, denn ehrloses Sterben ist das schlimmste Sterben.

Meine kalten Finger legen sich um den schwarzen Griff des Dolches. Ich nutze einen Baum um mit einem Schwungvollen Sprung alle Kraft in einen fast grazilen Hieb zu legen, der einen tiefen, roten Schnitt im Nacken des Orks hinterlässt. Nicht so, dass er gleich die Schwelle des Todes übertreten könnte, nein, oh nein! Auskosten soll er es können, wie ihm das Leben schwindet!

Als der Morgen graut, spießt ein Kopf auf einem, aus Blitzen geschmiedeten Pfeil, am hölzernen Tor der Festung.

Ich bin nicht unsterblich, aber schwer zu töten. Er wird wissen, wer das blutige Geschenk überbracht hat. Der Blitz ziert mein Banner und der Adler reitet hoch erhobenen Hauptes auf ihm. Das Banner unter dem meine Truppen im tarnenden Schatten reiten. Ich bin Callista Iduna, und mein Name wird noch in vielen Alpträumen widerhallen!

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Adams Traum

„Fuck.“

„Fuck.“

„Fuck.“

Ein Schweißtropfen bildet sich auf seiner Stirn. Schlängelt sich langsam über seine Wange, kurz am Mundwinkel vorbei bis zum Kinn. Dort hängt er einen Sekundenbruchteil, fällt geräuschlos auf die heiße Erde Kubas. Jeder Schritt bringt ihn näher an die Kapelle. Jeder Schritt bringt ein neues,
kaum hörbares „Fuck“ hervor. Jeder Schritt bringt ihn vorbei an ausgetrockneten Palmen und verfallenen Mauern mit dem Antlitz Che Guevaras. Er hasst die heiße Sonne Mantanas. Einmal muss er noch hier sein. Kleine, baufällige Häuser standen dicht an dicht und tragen durch die offenen Fenster jedes Geräusch von innen nach außen auf die Straße. Der rauschende Ton der Fernsehgeräte, spielende Kinder, laut streitende Ehepaare, erregtes Gestöhn hier und da vermischt sich für ihn zu einer misstönigen Großstadtkakophonie. Doch mit jedem Schritt seinem Ziel näher, nimmt er die Stadt um sich herum weniger war. Sein Blick ist wie apathisch auf das Gebäude am Ende der Straße gerichtet, reibt seine Finger vor Anspannung immer wieder aneinander bis sie ganz rau sind.
„Fuck.“

„Fuck.“

„Fuck.“
Ein Mantra spukt in seinem Kopf. Zwei Monate lang hatte er im tiefsten Dschungel festgesessen. Sich am Anfang nur von Abfällen ernährt, später hätten sich selbst Schweine angeekelt von ihm ferngehalten.
„Fuck.“
Seine Gedanken fokussieren sich auf die Kapelle. Die kleine Kapelle am Ende der Straße. Als er vor der ramponierten Holztür angekommen ist, hält er inne. Seine Hand fährt in sein zerrissenes Jackett und holt seinen einzigen noch verbliebenen Besitz heraus. Ein silberner Flachmann, veredelt mit einem winzigen Smaragd auf dem Drehverschluss und den Initialen Tara A. Gallaghers auf der Unterseite. Er öffnet den Flachmann und stürzt den Inhalt in einem Rutsch hinunter. Er verzieht schmerzverzerrt das Gesicht, als sich der Alkohol durch seinen Hals brennt und Tränen steigen ihm in die Augen. Er hat Whisky schon immer gehasst.
Als er hört, wie sich die Tür der Kapelle knarzend öffnet, hebt er seinen Blick und sieht einen kleinen, dicken Mann aus dem Gebäude treten. Das weiße Hemd spannt sich um seinen massigen Körper und die lange, braune Kreuzkette hebt und senkt sich mit der Wampe des Pfarrers.
Der Pfarrer mustert ihn auffällig interessiert. Er kann es ihm nicht verübeln, ist sein Jackett doch voller Blutflecken, seine Hose zerrissen und mit Einschusslöchern überseht und seine Sonnenbrille hat nur noch ein Glas. Er hat keine Schuhe an und seine Füße sind dreckig, vernarbt und blutverkrustet. Das Auge, welches man auf Grund des fehlenden Glases sehen kann, ist weit aufgerissen und von einer Augenbraue fehlt jegliche Spur. Skeptisch bleibt der Pfarrer vor der Tür stehen.
Das sichtbare Auge zuckt, er schreckt aus dem Tagtraum auf und er sieht den Pfarrer unendlich lang und ausdruckslos an. Sein Blick fällt zurück auf den Flachmann. Ein kleiner Rest seiner Notration schwappte noch im Inneren. Er hob seine Hand und bot dem Pfarrer den letzten Rest an. Die Augen des Geistlichen weiteten sich freudestrahlend und er lacht beherzt.
Der Pfarrer geht durch die Tür ins Innere der Kapelle.
„Danke.“ Sagt er.
„Ohh! No hablo alemán!“
Er ignoriert die Worte des Pfarrers und folgt ihm. Sein Blick gleitet über die karge Einrichtung. Zerbrochenen Fenster, zerschrammte Bänke und von einem Altar fehlt jede Spur. Der Pfarrer macht es sich auf einem der hinteren Bänke gemütlich und unter seinem Gewicht ächzt sie laut auf.
„Fuck.“
Er folgt ihm. Neben dem Pfarrer wird seine ausgemergelte Statur noch deutlicher. Ihm fällt auf, wie sehr er dieser heruntergekommenen Kapelle ähnelt. Sein erster Besuch in diesem Haus Gottes liegt noch nicht lang zurück, doch fühlt es sich für ihn wie ein anderes Leben an. Die Kapelle war der schönste Ort in der ganzen Umgebung. Immer gut besucht von Bewohnern, war der Altar eine Sehenswürdigkeit an sich, die Unmengen an Touristen anlockte. Noch nie hatte er so etwas Beeindruckendes gesehen. Nie wieder würde er so etwas Beeindruckendes sehen.
Als er sich von seinen erneuten Tagträumen löst, starrt er an die Stelle, an der der Altar stand. Dort sieht man seit vier Monaten ein Symbol, das auf den Boden gesprüht wurde. Ein Währenddessen lehrt der Pfarrer den Flachmann und strahlt ihn rotbäckig an. Er achtet jedoch nicht darauf und lässt seinen Blick auf der leeren Stelle ruhen.
„There’s danger on the edge of town…“ summt er leise Taras Lieblingslied und holt tief Luft. Der Pfarrer verengt fragend die Augen.
“Fuck. Pfarrer. Jesus. Gott. Ich möchte beichten. Ich möchte dir beichten wie mein erfülltes Leben, meine Freunde, mein Besitz zu Staub wurden. Ich möchte dir beichten, dass ich alle zerstört habe, die ich berührt habe. Ich möchte dir beichten, dass niemand mehr lebt um meine Sünden zu belegen. Ich möchte dir beichten, dass Mord und Vergewaltigung nicht die schlimmsten Sünden sind, die ich begangen habe. Ich hoffe du hast viel Zeit, Pfarrer. Ich hoffe Gott hört mein Geständnis um mich danach direkt in die Hölle zu werfen um den Teufel abzulösen. Den selbst der Teufel wird sich angeekelt von mir abwenden und zurück in den Himmel wollen. Nach nur drei Jahren liegt alles in Trümmern. Städte. Menschen. Ich. “
Der Pfarrer sieht ihn immer noch fragend an und wiederholt:
„Amigo. No hablo alemán.“
Er nimmt die Stimme des Pfarrers nur als störendes Rauschen war. Fokussiert seine Sinne auf seine gesprochenen Worte. Er greift in seinen Hosenbund der von seinem Jackett verdeckt war und zieht eine schwere Pistole heraus. Der Pfarrer öffnet schreckgeweitet die Augen, ist starr vor Angst. Er legt die Waffe auf seinen Schoss und seine zum Gebet gefaltet auf die Pistole.
„Fuck. Mein Name ist Gabriel und dies, Gott, ist mein Geständnis. Für einen Tag vor drei Jahren. Für einen Traum am Grab.“
Keine Wolke verdunkelte den Augenblick, kein Regentropfen trübte den Blick. Die Sonne stand hoch am Himmel, wie um der ganzen Welt von diesem Tag erzählen zu wollen. Wie um den Anschein zu erwecken, heute wäre ein Tag wie jeder andere. Schweigend standen sie vor dem tiefen Loch im Boden. Warteten auf den Sarg. Tara stand an seiner Seite und Tränen liefen seit Stunden über ihr Gesicht. Gabriel hatte den Blick fest auf die Öffnung in der Erde gerichtet. Starr. Taub und blind für alles andere. Sein ganzer Körper fühlte sich leer an. Wie ein gefülltes Glas Wasser, das auf den Boden fällt und in tausend Stücke zerspringt. Er spürte nicht, dass Tara sich an ihm festkrallte, Angst den Halt zu verlieren. Er spürte nicht, wie die letzten Gäste der Beerdigung an ihm vorrübergingen. Er spürte nicht, wie Stunden vergingen ohne eine einzige Regung. Nur ein einziger Gedanke kreiste durch seinen Kopf. Schuld.
*
Tara hatte ihren Kopf in Gabriels Schoß gelegt. Die Augen geschlossen, denn die Sonne stand hoch am Himmel, wie um diesen Tag besonders in Erinnerung zu halten. Ihnen gegenüber
_saß Taras Bruder Adam und sah verträumt in die Sonne. Als Tara begann laut zu schnarchen, lachten Gabriel und Adam laut auf und Gabriel verfrachtete ihren Kopf vorsichtig auf ein Kissen und deckte sie mit einer leichten Sommerdecke zu. Adam sah ihm dabei zu, wie liebevoll er sich um seine Schwester kümmerte. _
_„Wann willst du es ihr sagen?“ fragte er Gabriel unerwartet. Dieser sah ihn überrascht an. Doch die Überraschung wich schnell einer tiefen Traurigkeit. _
„Fahren wir ein Stück?“
„Wie du willst.“
Gabriel stand auf, stellte sich hinter Adam und nahm die beiden Griffe des Rollstuhls in die Hand. Adam löste die Bremsen und lies sich von Gabriel schieben. Eine ganze Weile
_liefen sie schweigend durch den riesigen Park, vorbei an strahlend grünen Bäumen und Sträuchern und einer kaleidoskopartigen Ansammlung hunderter verschiedener Blumen und Blüten. _
„Wann willst du es ihr sagen?“ wiederholte Adam seine Frage.
_„Adam…“ fing Gabriel seinen Satz an und ging um Adams Rollstuhl herum. Kniete sich vor ihn und legte Adams Hand in seine. Adam spürte die Hitze die von Gabriels Körper ausging und wurde sofort rot. Sein Gegenüber zog am Rollstuhl etwas nach oben und gab Adam einen langen, warmen Kuss auf die Lippen. Adam schloss die Augen und erwiderte den Kuss. _
„Bald.“
Adam lachte leise auf.
„Gabriel, seit dem ich in diesem Mistding sitze, gibt es nichts was ich mehr begehre als dich. Aber du bist mit meiner Schwester seit zehn Jahren zusammen. Jeden Tag aufs Neue geisele
ich mich selbst und denke, dass ich zurecht in diesen Ketten gefangen bin. Und ich würde mich auch erneut zehn Jahre lang geiseln. Aber ich kann das meiner Schwester nicht mehr antun. Wir drei sind….wir drei waren schon immer unzertrennlich.“
„Ich weiß, dass du Recht hast, Adam. Aber jetzt ist nicht der richtige Moment es ihr zu sagen. Ich muss mein Leben erst in den Griff bekommen.“
„In den Griff bekommen? Du meinst diese dubiosen Drogendealer die du in deinen Fällen vertreten, aber dann kalte Füße bekommen hast? Oder so etwas wie moralische Vorstellungen entwickelt hast?“
_Gabriel wich Adams durchdringenden Blick aus. Scham. _
„Gib mir etwas Zeit. Ich möchte dich und Tara nicht in Dinge verwickeln, die noch gefährlich werden könnten.“
„Was zum Teufel hast du da eigentlich getrieben?“
„Kann ich dir nicht sagen, Adam. Glaub mir einfach, dass du damit nichts zu tun haben willst.“
„Gabriel…“ Adams Stimme zitterte jetzt. „Ich liebe dich. Aber morgen musst du meiner Schwester sagen, was wir hier treiben. Lass es uns zusammen tun. Ich will dir nicht allein diese Bürde auftragen. Lass es uns ihr zusammen sagen.“
_„Morgen.“ _
„Morgen.“ Wiederholte Adam und beugte sich zu Gabriel vor um ihn erneut zu küssen. Der Kuss hielt eine Ewigkeit, eine Unendlichkeit. Es gab keinen Park. Keine Menschen. Keine Tara. Keinen Rollstuhl. In seinen Gedanken lag Adam auf Gabriels nacktem Körper und nahm die gesamte Hitze seiner Liebe in sich auf. Adam träumte und wollte sich nie wieder von Gabriel lösen.
*
_Schuld. Schuld quälte ihn vor Adams Grab. Schuld, dass er einen Fehler gemacht hatte, den er nie wieder rückgängig machen konnte. Schuld, dass er Tara belogen und betrogen hatte. Er fing an zu zittern. Ein falsches Wort war ihm damals über die Lippen gekommen. Einmal zu viel hatte er sich mit den falschen Leuten eingelassen und ihnen vertraut. Einmal zu viel wurde er Missverstanden. Die Konsequenz war Adams Grab. _
_Das Zittern wurde stärker. Setzte sich von seinen Händen über seinen ganzen Körper bis zu seinen Zehenspitzen fort. Seine letzte Kraft schwand und er fiel auf die Knie, den Kopf nach unten gebeugt. _
_„Gabriel…“ flüsterte Tara mit tränenerstickter Stimme. Doch Gabriel nahm sie nicht wahr. Gabriel würde nie wieder irgendetwas wahrnehmen. Nicht bis er das bekommen hatte was er wollte. Was er in diesem Moment beschlossen hatte. Eine Träne schlängelt sich langsam über seine Wange, kurz am Mundwinkel vorbei bis zum Kinn. Dort hängt sie einen Sekundenbruchteil, fällt geräuschlos auf die die kalte Erde des Grabes. Sein Kopf brennt. Verbrennt jegliches Gefühl. Nur ein Gedanke überlebt das Feuer. Ein Traum. Adam. Ein Traum an Adams Grab. Den Traum, jeden einzelnen zu töten, zu foltern, zu massakrieren, der nur im Entferntesten etwas mit Adams Tod zu tun hatte. _
Gabriel stand auf und drehte sich zu Tara um. Das Feuer brannte in seinen Augen.
„Fuck.“

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Werwolf nach nur einem Tag

Ich packte ein paar Sachen zusammen, zog mich an und verließ das Haus. Niemand hielt mich auf. Denn letztlich bin ich niemand. Ich musste gehen und etwas zu finden. Ich schrieb eine Nachricht an meine Mutter.
„Suche nicht nach mir.“
Mehr ließ ich nicht zurück. Ich gehöre hier nicht hin. Ich bin ein Monster, doch das sollte sie besser wissen als ich. Ich muss in die große Welt gehen und heraus finden wie ich damit leben kann.
Es ist nicht so das ich eine rebellische Phase habe oder dergleichen. Es ist etwas vorgefallen.
Ich wurde bedroht. Ich war an einem Wochenende nachts auf dem Heimweg als ein Typ mit einem Messer auf mich zu rannte und mich erstochen hat. Ja. Er hat mich erstochen. Ich blutete sehr stark, und doch schaffte ich es das Messer wieder raus zuziehen. Seltsam sind hier zwei Dinge: Ich stand noch auf den Beinen und zog mir gerade ein Messer aus dem Bauch als wäre nichts und dann noch die Tatsache das ich es Tat ohne mir überhaupt bewusst zu sein was ich gerade tat. Mein Körper zog das Messer von alleine raus. In meinem Kopf herrschte zu dem Zeitpunkt Panik. Mein Körper machte weiter in dem er das Messer auf den Boden fallen gelassen hat. Das letzte, an das ich mich erinnerte, war das ich ihn gebissen habe. Danach wachte ich ganz normal in meinem Bett auf.
Die Wunde war nicht mehr da. Erst dachte ich es war ein Traum, bis ich meine Mutter bemerkte die an meinem Bett saß und mich ansah als wäre ich ein Geist.
Sie flüsterte: „Es ist soweit. Du bist soweit.“
Der Radiowecker ging an und ich hörte die Nachrichten.
„Heute Morgen fand die Polizei eine Leiche im Wald, laut Augenzeugenberichten mit diversen Kratz- und Bissspuren die einem Tier ähneln.“
Sofort wusste ich, es war kein Traum. Erschrocken sah ich zu meiner Mutter.
„Mum, was geht hier vor?“
„Schatz, hör mir jetzt zu. Es ist alles in Ordnung. Du wirst lernen damit umzugehen. Wir bringen es dir bei.“
„WIR? Wer ist WIR?“
„Die Menschen nennen sie Werwölfe.“
„Du verarscht mich doch. Mum. Die gibt es nicht.“
„Doch. Und du bist eine von ihnen. Ich meinte… von uns.“
Mir wurde schlecht.
„Ich lass dich wohl erst mal alleine. Ich fahre zur Arbeit. Heute Abend sprechen wir nochmal.“
Das war einfach zu viel für mich. Ich legte mich erst mal wieder ins Bett. Doch nicht mal 10 Minuten später habe ich mich entschlossen zu gehen.

Mit gepackten Sachen lief ich davon. Ich ging zu Fuß. Richtung Norden in den Wald. Direkt daneben lag ein verlassener Güterbahnhof. Die Sonne ging langsam unter. Es ist Nacht.
Es verging jetzt genau ein Tag seit diesem Vorfall.
Der Mond schimmert rot. Ich wollte schlafen doch ich konnte nicht. Irgendwas sagte mir das ich jetzt in den Wald gehen muss. Es war wie ein Verlangen das ich zu stillen versuchte.
Ich ließ den Rucksack ließ ich am Güterbahnhof. Ich rannte einfach los. Ich merkte, dass ich mich übernatürlich schnell bewegte.
Doch es war mir in diesem Moment egal. Ich rannte bis ich eine Lichtung fand. Das Mondlicht strahlte rot schimmert hinein. Ein leichter Abendwind wehte durch die Büsche. Ich blieb genau in der Mitte stehen.
Danach sah ich rot leuchtende Augen rund herum aus den Büschen an der Lichtung. Alle sahen mich an.
Ich hörte Wolfsgeheul. Die roten Augen gaben sich zu erkennen.
Ein Rudel Wölfe umzingelte mich.
Dann trat eine weitere Gestalt aus den Büschen. Meine Mutter!
Sie kam näher an mich und strich mit ihrer Hand über meinen Kopf.
„Schatz, du brauchst keine Angst zu haben.“
„Mum? Wie hast du mich gefunden?“
„Wir Werwölfe sind miteinander verbunden.Und wenn ein junger Wolf erwachsen wird, schließt er sich nach einem Tag nachdem seine Kräfte zum Vorschein kommen dem Rudel an. Wir sind eine Familie.“
„Das verstehe ich immer noch nicht so ganz. Ich bin doch kein Wolf.“
Erst sah sie mich überrascht an und dann lächelte sie mich an.
„Schau mal an dir runter Kleines.“
Also tat ich dies. Ich war sehr erschrocken als ich bemerkte das ich keine Hände und Füße mehr hatte, sondern schwarze mit langem Fell bedeckte Pfoten.
„Was zur Hölle?!“
„Hab keine Angst.“
Nachdem sie das gesagt hat, transformierte sie sich in einen grauen Wolf.
Ich verstand immer noch nicht ganz, aber ich fühle mich bei dem Rudel geborgen.
Und all dies passierte an einem Tag…

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