Seit kurzem wieder Warhammer Vermintide 2 mit ein paar Freunden. Da ist vor kurzem der Gratis-DLC Chaos Wastes erschienen, der Vermintide 2 um einen Rogue-Light Spielmodus erweitert.
Das Ist aus meiner Perspektive eine sehr gelungene Ergänzung, denn in den neuen „Expeditionen“ startet man stets nur mit Standardwaffen und ohne Gegenstände; das bedeutet man braucht keine legendären Gegenstände um sinnvoll mitzuspielen und
das bedeutet, der Modus ist perfekt für Anfänger und Wenig-Spieler.
So konnten wir „Veteranen“ dann auch schon zwei, drei Leute zum Spielen gewinnen, die vorher den „Grind“ gescheut hatten bzw. sich als Klotz am Bein fühlten. Doch vor den Chaos Wastes sind wir alle gleich¹. Das ist schön.
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Es gibt nach wie vor für jeden Charakter 35 Level, eingeteilt in 7 Stufen; auf jeder Stufe kann einer von 3 Skills aktiv sein. D.h. Charakterprogression bleibt ein Faktor, aber epische Gegenstände und Waffen sind aus der Gleichung gestrichen. So that’s nice.
Das „Rogue Light“ kommt durch drei Elemente zustande: Die Auswahl des nächsten Levels auf der Kampagnenkarte, die Nutzung der Schreine und die neue „kurze Progression“ über die Dauer der Session, die sich daraus ergibt und auf alle Entscheidungen auswirkt. Man bekommt quasi Charakterentwicklung im Schnelldurchlauf.
Die lange Progression
So nenne ich jetzt einfach mal die Progression im Hauptspiel. Im klassischen Vermintide 2 durchläuft man (leider meist im Quickplay ) die Story-Missionen und versucht währenddessen die in den Leveln versteckten Bücher zu finden. Schafft man es, den Level inklusive der Bücher zu beenden, gibt es mehr XP und besseres Loot. Sobald man auf der höchsten Stärke für seine Gegenstände angelangt ist, geht es darum auf „Legendary“-Schwierigkeit einzigartige Gegenstände zu grinden, die entsprechend selten sind. Hat man dann die drei Unterstützungsgegenstände (Charm, Trinket und Necklace) als unique vorliegen müssen dann noch die Traits so lange neu gewürfelt werden, bis man aus den zig Kombinationen, die „beste“ herausgeholt hat. Irgendwann ist dann idealerweise die Ausrüstung komplett „rot“ und mit den stärksten Trait-Combinations bewürfelt. Sowas dauert mindestens Wochen, eher Monate. Einige Gegenstände teilen sich zwar alle Charaktere, Waffen müssen aber für jeden Charakter (und oft auch für die verschiedenen Klassen) einzeln „veredelt“ werden. Kein Wunder also, dass da Leute, die nicht 2018 damit angefangen haben, keine große Lust drauf haben.
Bei Chaos Wastes gibt es am Ende einer Expedition auch Loot und XP (man levelt also auch langfristig den Char und schaltet ggf. dann Klassen und Skills frei), aber man arbeitet nicht wie im klassischen Spiel über hunderte Stunden an der Perfektionierung jeder Charakterausstattung. Stattdessen startet man aus dem Hauptmenü nur mit den zZt ausgerüsteten Waffen auf unterster Seltenheitsstufe in die Kampagne.
Auf der Kampagnenkarte stehen meistens zwei Zielorte zur Auswahl, die mit verschiedenen Gegnerarten und Besonderheiten sowie unterschiedlichen Belohnungen aufwarten. Beispielsweise kann durch den Abschluss eines Levels +20% HP für alle Partymitglieder verdient werden, aber es sind dafür dann auch mehr Horden und mehr Bossmonster im Level unterwegs.
Die Level selbst sind etwas weniger schlauchig als im Hauptspiel, aber folgen weiterhin einer inneren Dramaturgie. Es gibt allerdings hier und da kleine und große Ecken, in denen sich Loot finden lässt. Das sind zum einen die neuen Chaos-Potions, die die klassischen Potions (Schaden, Speed, Ult-Beschleuniger) ersetzen und so interessante Effekte haben können wie „Life Steal“ oder „Endless Bombs“ (genau was drauf steht ).
Zum anderen sind es die s.g. Pilgrim’s Coins, eine Ingame-Währung für die man an den kleinen Schreinen im Level zufällige verbesserte Waffen, zufällige persönliche Boni oder eine Verbesserung der aktuellen Waffe ertauschen kann. Es empfiehlt sich oft diese Münzen beisammen zu halten und an den großen Schreinen, zwischen den Leveln, gezielt bestimmte Verbesserungen einzukaufen. Da man sowas heute besser dazu sagt: Die Pilgrim’s Coins sind kein Echtgeld-zu-Quatschwährungs-Mechanismus und haben nix mit Micro-Transactions zu tun. Sind einfach blaue Münzen in kleinen Boxen, die im Level rumliegen.
Neben Gegnern, Loot und den Verbesserungsschreinen gibt es außerdem zufällig in Levels sogenannte „Trial Chests“. Öffnet man eine solche, spawnt sofort ein zufälliges Bossmonster, das die Party legen muss. Bei Erfolg kann man zur Trial Chest zurückkehren und sich einen von drei dauerhaften Vorteilen aussuchen. Gefällt mir gut, da man selbst entscheiden darf, ob man für die zufällige, zusätzliche Belohnung die Party riskieren will, oder nicht. Gleichzeitig liefern erledigte Trial Chests am Ende der Expedition mehr XP.
Alle 1-2 Maps trifft man dann auf einen der besagten großen Schreine (Fortune, Wealth, Strife und Harmony) und kann dort überschüssige Pilgrim’s Coins für dauerhafte persönliche Vorteile oder einmalige Vorteile für die ganze Party eintauschen. Je nach Schrein, variieren auch die käuflichen Vorteile: Harmony zielt z.B. auf Gesundheit, Strife auf Schadensverteilung usw.
Insgesamt gibt es 15 neue Level, die außerdem jeweils noch von den vier verschiedenen Chaos-Göttern auf eine von jeweils drei Arten verflucht gesegnet sein können.
Beispielsweise steckt Khorne zufällig einige getöten Gegnern Bomben zu, denen man dann schnell ausweichen muss. Die Level, die diesmal
nicht im Herzen des Imperiums liegen sondern in den namensgebenden Ödlanden im hohen Norden, sind auch merklich chaotischer gestaltet. Die Warp-Magie durchdringt hier alles, von riesigen Schädeln aufgespießt auf Bäumen…
…zu riesigen Schädeln an fliegenden Felsen. So skull, very Variety!
Es gibt natürlich mehr als große Schädel zu entdecken, aber alles ist schon merklich anders. Das ganze geht damit in Sachen Hintergrundgeschichte auch schon mehr in Richtung „Age of Sigmar“, das ja ebenfalls in Umgebungen spielt, die massiv magisch beeinflusst sind. Wirklich eine schöne Erweiterung der ohnehin fantastischen Bandbreite der Vermintide-Level. Meine bisherigen Highlights war die „Pit of Reflections“: Diese besteht aus neu angeordneten und magisch verschwurbelten Stücken der klassischen Vermintide 2 Level. Wer die nicht kennt, hat einfach wunderbar weirde Vistas und wer Vermintide 2 bis zum Erbrechen gespielt hat (), der hat hier ständig nostalgische „oh“ und „ahhh“-Momente. Dabei sind die Level aber auch nicht faul einfach 1:1 „ausgeschnitten“, sondern eben tatsächlich verdreht, anders, aber dabei erkennbar. Ein bisschen wie der Waldtempel aus Ocarina of Time, vielleicht? Zweiter Pluspunkt: Es gibt mehr als eine Variante dieser Reflexionsgrube…
Insgesamt bedeuten die verschiedenen Level, zufälligen Verfügbarkeiten von Waffen und Fertigkeiten, dass die Spieler*innen regelmäßig Entscheidungen treffen müssen und dürfen, sowohl strategisch auf der Kampagnenkarte, als auch taktisch im Level.
Welche Belohnung wollen wir erspielen? Welche Gegner sind uns vielleicht zu schwierig? Welche Flüche Segnungen umgehen wir lieber? Wollen wir zu einem bestimmten Schrein? Sammle ich Münzen für den großen Schrein, oder will ich lieber sofort einen zufälligen Vorteil - und verpasse dadurch gegebenenfalls eine bestimmte Fähigkeit? Tausche ich meine Waffe gegen eine zufällige andere, aber vielleicht bessere Waffe? Welche Vorteile passen am besten zu meinem aktuellen Build?
Nach 60-120 Minuten ist eine Expedition, je nach Schwierigkeit (und Diskussionsbedarf der Party), dann vorbei. Es gibt Erfahrungspunkte (mehr für überstandene Flüche und Trial Chests) und Loot; die im Verlauf zusammengestellten Vorteile/Segnungen, Waffen und Upgrades verschwinden allerdings wieder. Man behält allerdings 25% seiner übriggebliebenen Pilgrim#s Coins.
Wir hatten schon sehr lustige Kombos, z.B. erhielt unser Zwerg einen Segen, bei dem er pro geworfener Bombe automatisch eine zweite Bombe warf. Dazu bekam er auch noch eine 50% Chance, geworfene Bomben gar nicht zu verbrauchen. Natürlich arbeitete der Rest der Party nun stetig daran, den Zwerg mit Bomben und „Endless Bombs“-Potions zu versorgen. Der Artillerie-Zwerg war geboren.
Und auch abseits der Neuerungen macht Vermintide 2 einfach immer wieder Spaß. Die wuchtigen Schläge, das Trefferfeedback, das gesamte Sounddesign von der Musik, über die Unterhaltungen der Charaktere und die verschiedenen Voice-Lines und Sounds der Gegner bis hin zum Ambiente. Es macht einfach Spaß durch Horden von Gegnern zu pflügen, auszuweichen, zu blocken, Gegner wegzustoßen und im richtigen Rhythmus „anzukommen“.
Meiner Meinung nach ermuntert dieser neue Modus alte Hasen, wieder mehr zu experimentieren statt das einmal optimierte Build rauf- und runterzuspielen und bietet Anfängern einen relativ entspannten Einstieg in die wunderbar knusprig-knirschende Schädelspalterei von Vermintide 2. Nach den zuletzt eher misslungenen kostenpflichtigen DLCs ist die kostenlose Erweiterung „Chaos Wastes“ ein absoluter Traum.
Jetzt ist es irgendwie eine halbe Review geworden. Tl;dr: Bin begeistert, dringende Empfehlung!