Interstellar:
Irgendwie lustig. Habe kürzlich „Tenet“ gesehen und wieder realisiert, wie sehr ich Nolan doch bewundere. Dann habe ich angefangen mal wieder das Buch „The Science of Interstellar“ zu lesen und dachte die letzten Tage die ganze Zeit: „Hm, vielleicht sollte ich Interstellar mal wieder schauen“. Aber fand nie Zeit, da der Film halt doch etwa 3 Stunden geht.
Und gestern, als ich dabei war meinen Laptop auszuschalten und ins Bett zu gehen hatte ich „Netflix“ noch offen… und plötzlich fing es an den Trailer von „Interstellar“ zu spielen.
Ein solches Zeichen von den Filmgöttern konnte ich natürlich nicht ignorieren, weshalb ich kurzerhand den Laptop an meinen TV anschloss und mir den Film reinzog (jep… war schon mitten in der Nacht… aber war auch Freitag, also kein Grund früh aufzustehen am nächsten Tag )
Und muss sagen:
Der Film ist einfach eine Wucht! Er ist so extrem gut!
Auf der einen Seite haben wir die Technischen Aspekte welche einfach fehlerlos sind. „Interstellar“ ist bezüglich der Bilder vermutlich mein liebster Nolan-Film (auch wenn all seine Filme visuell spektakulär sind). Wie er all diese seltsamen Dinge welche die Charaktere erleben umgesetzt hat ist einfach genial. Und wenn man sich etwas mit dem Prozess auseinenander gesetzt hat, durch welche der Film zustande gekommen war (Nolan hat aktiv mit tatsächliche Astrophysikern zusammen gearbeitet um alles so wissenschaftlich realistisch wie möglich zu machen) der weiss, dass vor allem die Bilder der Wurmlöcher und des Schwarzen Loches sehr wahrscheinlich dem entsprechen, was man TATSÄCHLICH sehen würde, wenn man nahe genug an solche Dinge rankäme.
Aber nicht nur die Bilder sind genial.
Ich liebe den Score dieses Filmes!
Ich weiss noch, dass ich damals als der Film rauskam etwas Hans-Zimmer-Ermüdung hatte. Ich fand, dass der Mann zwar gute Filmmusik machte, aber hatte etwas den Eindruck, dass er in den Jahren zuvor etwas seine Kreativität verloren hatte (seine Musik war noch immer gut, aber wirkte eine Spur zu einheitlich). „Interstellar“, mit seinem Fokus auf bombastische Orgel-Musik, ist hier jedoch etwas ganz, ganz anderes als das Zeugs was ich vorher von ihm gehört hatte… und ich finde diesen Soundtrack genial! Die Musik ist so richtig „EPISCH“ und passt perfekt zu dem, was uns visuell geboten wird.
Was mich aber immer am meisten ansprach war der Plot. Und auch hier wieder: Nolan wollte sicher stellen, dass der Plot, auch wenn er mit völlig seltsamen Elementen experimentiert, wissenschaftlich Sinn macht. Und wie immer merkt man einfach, dass sich Nolan extrem viel Gedanken dazu gemacht hat, wie alles zusammen kommt.
In diesem Aspekt zeigt sich aber auch etwas, was für manche Zuschauer bei Nolan nicht immer ganz so gut ankommt:
Nolan’s Filme sind UNGLAUBLICH dicht an Informationsgehalt.
Wenn man sich die ersten 20 Minuten ansieht, dann wird man überrannt mit Informationen über die Welt und über die Hauptcharaktere. Man lernt dort über die Situation auf der Erde, über Coopers Leben auf der Farm, darüber dass er eigentlich etwas anderes Arbeiten will, über seine Familie, seine Beziehung mit seiner Tochter… Wir haben eine Verfolgungsjagd mit einer Drohne, wir lernen darüber, wie die USA ihre eigene Geschichte verleugnet um der Bevölkerung zu signalisieren, dass die Menschheit auf die Erde gehört…
All das, innerhalb kürzester Zeit. Und das obwohl gewisse Dinge (wie die Drohne) nur marginal etwas mit dem Plot zu tun hat. Und „Interstellar“ ist die ganze Zeit so, und die meisten Nolan-Filme sind es. Dicht gepackt mit Informationen, vor allem am Anfang. Und das KANN zum Teil etwas schwierig sein zu folgen.
Der Grund warum ICH seinen Erzählstil jedoch extrem mag ist, weil er halt eben nicht das macht, was viele andere Regisseure in diesem Fall machen würde. Nolan präsentiert NICHT einfach Exposition, Voice-over oder billige, kurze Szenen in welchen die Charaktere nur Exposition schwafeln. Ja, Expositions-Dialoge haben seine Filme oft (und Interstellar am Anfang eine ganze Menge), aber diese Dialoge haben IMMER noch einen anderen Zweck.
In diesen ersten zwanzig Minuten dienen 90% der Expositions-Dialoge AUCH dazu, Coopers Beziehung zu seiner Tochter zu definieren. Und wer den Film gesehen hat weiss, dass das wichtig ist. Die Szene mit der Drohne zeigt uns, dass Cooper ein cleverer Wissenschaftler ist, dass die Arbeit an diesen technischen, wissenschaftlichen Dingen in ihm eine massive Leidenschaft auslöst (mehr als die Farm-Arbeit)… aber es zeigt auch, wie er mit seinen Kindern zusammen arbeitet, und vor allem, wie einfühlsam er auf die Fragen und Bedenken seiner Tochter eingeht.
Wirklich, diese ganze Anfangsphase in der man ihn, die Liebe zu seiner Tochter und den Stand der Welt kennenlernt gefällt mir immer mehr, je mehr ich sie sehe.
Und das ganze wird dann auch extrem wichtig, wenn der Hauptplot fahrt aufnimmt. Der Film hat in der Mitte und in der zweiten Hälfte einige wirklich bewegende Momente, welche nur so gut funktionieren, weil wir halt zu Beginn so viel Kontext erhalten haben.
Wenn es etwas gibt, was in meinen Augen gar nicht funktioniert, dann sind es die Abschnitte zum Schluss des Filmes, wo man zwischen Cooper im Weltraum und der Situation auf der Erde hin und her wechselt. Murphs Bruder zeigt sich hier als massiver Schwachpunkt. Es wirkt eh schon etwas problematisch, dass der Film den Eindruck gibt, als liebe Cooper seine Tochter wesentlich mehr als seinen Sohn, aber der Sohn und das „Ticking Clock Element“ welches man plötzlich auf der Erde hat wirkt so gestellt, so unnatürlich und kommt so aus dem Nichts, dass es schwierig ist überhaupt zu verstehen, was da genau läuft. Warum ist da der Konflikt mit dem Bruder? Was genau ist da passiert? Hä?
Diese Schlussphase, dieses Hin- und Her zwischen den Schauplätzen ist auch eigenartig geschnitten. Es wirkt fast so, als sollten die Dinge welche Cooper im Weltraum passiert und das, was auf der Erde läuft thematisch verknüpft sein (z.B. wie zwischen dem Kampf mit Dr. Mann und dem Streit zwischen Coopers Kindern vor und zurück gewechselt wird) aber ich sehe die Verbindung da nicht. Das ist der einzige Teil des Filmes der immer WENIGER funktioniert, je öfters ich den Film sehe.
Aber abgesehen davon muss ich wirklich sagen, dass der Film einmal mehr ein wahnsinnig tolles Erlebniss war!
Die Schauspieler will ich hier auch noch kurz erwähnen, mit zwei ganz, ganz herausstehenden Leistungen von Matthew McConaughey als Cooper und der jungen Mackenzie Foy als Murph. Deren Zusammenspiel ist einfach wundervoll, und ich kann nur nochmals betonen, wie wichtig es ist, dass diese Beziehung gleich von Anfang an glaubwürdig und emotional rüber kommt.
Fazit: Ein sagenhaft genialer SciFi-Film mit einem emotionalen, menschlichen Drama in der Mitte.